Ethik als Wissenschaft bei Kant
Revolutionierung der Praktischen Philosophie:
versuchte Ethik wissenschaftlich zu gestalten
komplementär zur Revolution in Theoretischer Philosophie
theo: Denken findet Erfüllung nur in Anbetracht des konkreten Anschauunsbezug; also: theoretische Erkenntnis nur im Kontext von Erfahrung instantiierbar
prakt: praktische Norm darf nicht aus der Erfahrung gezogen werden, muss von ihr vollständig unabhängig sein
Kritischer Ansatz:
gegenüber allen nur empirisch greifbaren normativen Ansprüchen
= Ausgangspunkt einer rationalen Ethik kann nie Sollensanmutungen als solche sein
Zurückweisung aller nur unmittelbaren Geltungsansprüche
Eröffnung eines Verfahrens der freien, unvoreingenommenen und öffentlichen Prüfung dieser Ansprüche hinsichtlich ihrer Rechtfertigung
Ziel: Überwindung unmittelbarer perspektivischer Beschränkungen ohne selbst eine überlegenere Position einzunehmen
Beurteilung der Maxime, nicht der Handlungen:
Handlungen immer einzelnes, somit nicht unabhängig von Erfahrung
sondern es geht um die Rechtfertigung der Zugrundeliegenden Maxime vor der praktischen Vernunft
Beurteilung anhand der Universalisierbarkeit
Maxime könnten sowieso nicht zwingend von Handlungen abgeleitet werden
Unterschied Ethik und Recht:
Recht befasst sich mit einzelnen Handlungen, Maxime sind nach Kant Gesetz gleichgültig
Theoretische Wende: Kant revolutionierte das Denken, indem er die Illusion überwinden wollte, dass man durch reines Denken zur Erkenntnis einer objektiven, „an sich“ vorhandenen Wahrheit gelangen könne.
Muss in Bezug zur konkreten Erfahrung stehen, um objektiv zu sein.
theoretische Erkenntnis nur im Kontext von Erfahrung instantiierbar
Praktische Wende in der Ethik: Diese Revolution übertrug Kant auch auf die Ethik, indem er sie von empirischen Normen löste und als eigenständige wissenschaftliche Disziplin etablierte.
Keine Ableitung von praktischen Normen aus der Erfahrung, sondern müssen unabhängig davon formuliert werden.
Ablehnung empirischer Normen: Kants Ethik stellt sich kritisch gegen alle nur empirisch greifbaren normativen Ansprüche, wie sie in politischen, kulturellen oder religiösen Traditionen vorkommen.
Vernunftprüfung: Alle Normen müssen einer freien und öffentlichen Prüfung durch die Vernunft standhalten. Nur was diese Prüfung besteht, kann moralischen Anspruch erheben.
Kritische Ethik: Die wissenschaftliche Ethik nach Kant beginnt mit der Zurückweisung aller unmittelbaren Geltungsansprüche und öffnet den Raum für eine rationale, unvoreingenommene Prüfung.
Maximen statt Handlungen: Ethik beurteilt nicht die Handlungen selbst (die immer nur empirische Erscheinungen sind), sondern die Maximen, die diesen Handlungen zugrunde liegen.
Ethik: Konzentriert sich auf die rationale Prüfung der Maximen nach dem Prinzip der Universalisierbarkeit.
Recht: Beurteilt konkrete Handlungen nach ihrer Normenkonformität und ist auf das empirische Geschehen gerichtet, während die dahinterliegenden Maximen weniger relevant sind.
Der kategorische Imperativ
Maximenvielfalt:
aus Unterscheidung der Gegegnstände von Recht und Ethik ergibt sich :
Distanz zur Welt der Handlungen
Distanz zu Deutung von Handlungen auf ihre Motive
oder ihre Bestimmung als gut oder böse
->. moralisches Urteil nur vor dem Forum des Gewissens; Ethik nur bis Niveau der Maxime (Rangfolge)
gegebene Maximenvielfalt ohne vorläufige Wertung dieser ist Ausgangspunkt der Ethik
Maxime können:
willkürlich sein
müssen nur auf ihre Rationalität hin prüfbar sein
Kritische Maximenprüfung:
Prinzip anhand Prüfung stattfindet darf nicht selbst material besimmt sein
materiale Bestimmungsgründe setzten das als “gut” Bestimmte bereits voraus
wie bspw. Gott in christlichen Ethik oder Lust im Hedonismus
-> erfordert also formales Prinzip: hier kategorische Imperativ
dieser gilt unbedingt, und nicht nur unter einzelnen VSS
Standardformel: “Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Princip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne:”
Willkür der Maximen:
wichtig! es gibt unabsehbar viele Maximen, die auch willkürliche gewählt sein können
=/ wie bei Ethos, der Vorauswahl vorgibt
= Freiheit der Maximenwahl
Ziel Kantischer Ethik: =/ Homogenisierung, in welcher alle zu allen praktischen Fragen die gleichen Maximen hätten
also kein wissenschaftlich vermitteltes Ethos oder eine Gesinnungsgesellschaft
auch nicht durch kritische Prüfung am kategorischen Imperativ
Willkürfreiheit ist
weil:
philosophische Skepsis den absolut allgemeinen Standpunkt einnehmen zu können uas dem isch materualiter eine rationale Maximenordnung ergäbe (sekundär)
unhintergehbare Freiheitlichkeit des Menschen, welche auch die negative Freiheit miteinschließt (primär)
(deutlichste Unterschied zu Tugend- oder Güterethik)
aber Ziel: Übergang von negativer zu qualifizierter Freiheit durch Maximenprüfung am kategorischen Imperativ
Beispiel: immer Wahreheit oder ab und zu Lügen
Maximenprüfung bei Lügen scheitert, weil wenn alle stets lügen, dann verliert das Lügen seinen Sinn, weil alle damit rechnen angelogen zu werden
aber Lügner profitiert davon, dass Gegenüber es nicht weiß
Wahrheit: Sinn erfüllt sich erst hierdurch der Sinn der sprachlichen Kommunikation
wird deutlich in:
Naturgesetzformel: “Handle so, als ob die Maxime deiner Habdlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.”
wendet sich an Imagination: wenn sich durch einen Willensakt meine Maxime zu einem Naturgesetz entwickeln würde - kann ich das als Vernunftwesen wollen?
hierbei geht es um Widerspruch mit mir selbst, nicht um unliebsame Folgen
Bsp.: wenn alle immer lügen, kann ich dann noch sinnvoll sprechen wollen? was ich aber schon getan habe, wenn ich lüge
auch bei: klauen, Eigentum; Ehe
basiert auf Willen, der sich durch Vernunft bestimmen möchte
und das wir dieser Wille sind folgt aus dritten Formulierung des kategorischen Inperatives:
Menschheitsformel: “Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst”
kategorisch, weil es allgemeingültig ist
, nicht auf einen einzelnes Subjekt zurückgeht
dieses allgemeine ist die Menschheit, ich bin Repräsentant dieser, wie jeder andere Mensch auch
jeder Mensch ist Gesetzgeber im Sinne praktischer Vernunft
Menschenwürde:
er hat damit eine Würde, die es verbietet, ihn zu einem bloßen Mittel herabwürdigen darf, wie sich Mensch auch nicht selbst
= Konzept der Menschenwürde
Mensch= Repräsentant der Menschheit damit Würde, die niemals in einen relativen Wert übersetzt werden kann
= Zsmhang von Würdebegriff und Anerkennungspostulat
Ethik und ihre Distanz zum Handeln: Kants Ethik unterscheidet sich grundlegend von der Welt des Handelns. Sie beschäftigt sich nicht mit der Bewertung von Handlungen als „gut“ oder „böse“ im Alltag, sondern konzentriert sich auf die Ebene der Maximen (Grundsätze, die das Handeln leiten).
Moralisches Urteil im Gewissen: Ein moralisches Urteil über konkrete Handlungen kann nur vor dem eigenen Gewissen gefällt werden. Ethik hingegen untersucht Maximen, nicht die Handlungen selbst.
Keine Vorurteile hinsichtlich der Maximenqualität: Kantische Ethik beginnt mit der Anerkennung der Vielfalt an Maximen ohne Vorurteile über deren Qualität.
Willkürlichkeit der Maximen: Maximen können „willkürlich“ sein, d.h., sie können ohne äußere Vorgaben oder spezifische moralische Qualitätsansprüche gewählt werden. Die einzige Bedingung ist, dass sie der Prüfung auf ihre Rationalität und Verallgemeinerbarkeit standhalten müssen. Grund ist insbesondere die unhintergehbare Freiheitlichkeit des Menschen, welche auch die negative Freiheit miteinschließt.
Keine Vereinheitlichung der Maximen: Kant strebt keine ethische Homogenität oder eine Gesinnungsgemeinschaft an, in der alle Menschen dieselben Maximen teilen. Die Verpflichtung zur Prüfung der Maximen am kategorischen Imperativ bedeutet nicht, dass Menschen notwendigerweise in ihren Maximen übereinstimmen müssen.
Unterscheidung zur Tugend- und Güterethik: Kants Ansatz unterscheidet sich darin signifikant von traditionellen Tugend- und Güterethiken, die oft von einem bereits festgelegten Ethos oder Wertesystem ausgehen. Seine Offenheit für die Vielfalt der Maximen spiegelt die zentrale Rolle der Freiheit in seinem ethischen Denken wider, einschließlich der negativen Freiheit, die die Möglichkeit zur willkürlichen Wahl der Maximen einschließt.
Formales Prinzip der Prüfung: Die Prüfung der Maximen erfolgt nicht anhand von „materialen“ (inhaltlichen) Kriterien, wie z.B. das Streben nach Lust (Hedonismus), das moralische Gefühl oder der Wille Gottes. Diese sind oft umstritten und können nicht objektiv als „gut“ bestimmt werden.
Kategorischer Imperativ als Prüfungsinstrument: Kant verwendet den kategorischen Imperativ als formales Prinzip, um Maximen zu prüfen. Der Imperativ fordert: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Dies bedeutet, dass eine Maxime nur dann moralisch ist, wenn sie verallgemeinert werden kann, d.h., wenn jeder nach dieser Maxime handeln könnte.
Von negativer zu qualifizierter Freiheit: Kant verwendet die Prüfung von Maximen am kategorischen Imperativ, um von bloßer negativer Freiheit (der Freiheit, willkürlich zu handeln) zu einer qualifizierten Freiheit zu gelangen. Qualifizierte Freiheit bedeutet, dass die eigenen Handlungen durch Vernunft geleitet werden, indem die Maximen auf ihre Verallgemeinerbarkeit geprüft werden.
Willkürliche Wahl der Maxime: Zunächst kann man willkürlich entscheiden, ob man stets die Wahrheit sagt oder in bestimmten Situationen lügt.
Prüfung der Maxime durch den kategorischen Imperativ:
Die Maxime „In bestimmten Fällen zu lügen“ scheitert an der Prüfung: Wenn das Lügen ein allgemeines Gesetz würde, würde die Kommunikation insgesamt zusammenbrechen, weil jeder damit rechnet, angelogen zu werden. Der Lügner würde dann keinen Vorteil mehr haben, weil die Grundlage für das Lügen (das Vertrauen des anderen) zerstört wäre.
Im Gegensatz dazu zerstört die Maxime „Ich sage stets die Wahrheit“ nicht die Grundlage der Kommunikation. Im Gegenteil, sie erfüllt den Sinn der sprachlichen Kommunikation, da Vertrauen und Verlässlichkeit gewährleistet sind.
Vorstellung einer Maxime als Naturgesetz: Kant fordert, sich vorzustellen, dass die Maxime der eigenen Handlung durch den eigenen Willen zu einem Naturgesetz würde, das mechanisch wirksam ist (ähnlich wie das Fallgesetz oder die Gravitation).
Widerspruch im eigenen Willen:
Wenn alle lügen, stehlen oder die Ehe brechen würden, könnten grundlegende menschliche Aktivitäten wie Kommunikation, Eigentum oder Ehe nicht mehr sinnvoll existieren.
Hierbei entsteht ein Widerspruch: Man kann nicht gleichzeitig wollen, dass alle lügen, stehlen oder die Ehe brechen, und trotzdem die entsprechenden Institutionen (wie Ehe, Eigentum) aufrechterhalten wollen.
Prinzip des „stimmigen Lebens“: Kant lehnt sich an das stoische Prinzip des „stimmigen Lebens“ an, jedoch nicht durch einen vorausgesetzten Weltlogos, sondern durch einen Willen, der sich selbst durch Vernunft bestimmt.
Selbstbestimmung durch Vernunft: Der Mensch soll sich immer so ansehen, als wäre er durch Vernunft bestimmt, was bedeutet, dass er in Übereinstimmung mit den allgemeinen moralischen Gesetzen handelt.
Achtung der Menschheit als Zweck: Kants dritte Formulierung des kategorischen Imperativs lautet: „Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Gesetzgeber der Menschheit: Wenn man im Sinne des Sittengesetzes handelt, handelt man nicht nur als individuelles Subjekt, sondern als Repräsentant der Menschheit, die durch Vernunft spricht.
Achtung der Würde anderer: Jeder Mensch ist ein Gesetzgeber im Sinne praktischer Vernunft und hat daher eine Würde, die es verbietet, ihn lediglich als Mittel für eigene Zwecke zu benutzen. Diese Würde gilt gleichermaßen für sich selbst und für andere.
Unveräußerliche Menschenwürde: Kant betont, dass die Würde des Menschen niemals in einen relativen Wert, einen bloßen „Preis“, übersetzt werden kann. Jeder Mensch hat das Recht auf Achtung von seinen Mitmenschen, und ist gleichzeitig verpflichtet, diese Achtung auch anderen zu erweisen.
Selbstachtung und Achtung anderer: Der Mensch darf sich selbst nicht als bloßes Mittel behandeln (z.B. sich verkaufen), und ebenso darf er die notwendige Selbstachtung anderer nicht missachten. Die Pflicht zur Achtung der Menschenwürde ist also eine universelle moralische Verpflichtung.
Menschenwürde bei Kant
Würde = niemals gegenrechenbarer Wert der Menschheit
tritt in Erscheinung in:
Existenz des Menschen als eines zur Freiheit bestimmten Wesen und Repräsentant der Menschheit
aus qualifizierter Freiheit heraus motivierte Handlungen
ration-reflexiv bestimmten Äußerungen
Würde gebietet kategorisch (ohne Ausnahme oder Bedingungen):
Achtung in allen zwischenmenschlichen Beziehungen
angeboren und unverlierbar
Grund = universale Verbindlichkeit ausnahmslos jedes Menschrnbdie Menschenwürde an jedem Menschen praktisch anzuerkennen
Kern der Würde = sittlichen Autonomie des Menschen = Fähigkeit, allgemein gesetzgebend und gleichzeitig dieser Gesetzgebung selbst unterworfen zu sein
Reich der Zwecke:
weitere Formel des kategorischen Imperativs
“Idee des Willens jedes vernünftiges Wesens als eines allgemein gesetzgebenden Willens”
hierin ist Begriff des Reichs der Zwecke enthalten
Würde und wechselseitige Achtung: Kants Begriff der Würde ist eng mit dem Prinzip der wechselseitigen Achtung verbunden. Würde im Kantischen Sinne kann nicht durch Privilegien oder eine Sonderstellung eines Individuums entstehen, sondern erfordert eine gegenseitige Anerkennung zwischen allen Menschen.
Würde vs. Preis:
Würde: Bezeichnet bei Kant den absoluten, unvergleichbaren Wert der Menschheit, der sich in drei Bereichen zeigt:
Existenz: Die bloße Existenz eines Menschen, der zur Freiheit bestimmt ist und die Menschheit repräsentiert.
Handlungen: Handlungen, die aus qualifizierter Freiheit motiviert sind und bestimmte Ziele verfolgen.
Rationalität: Andere rational-reflexive Äußerungen, wie beispielsweise philosophisches Denken.
Preis: Im Gegensatz dazu ist der Preis ein relativer Wert, der sich vergleichen und gegeneinander aufrechnen lässt.
Unbedingte Achtung: Die Würde des Menschen gebietet, dass jeder Mensch kategorisch und bedingungslos Achtung verdient. Diese Achtung ist der Rahmen für alle zwischenmenschlichen Beziehungen.
Angeborene und unverlierbare Würde: Nach Kant ist die Würde jedem Menschen angeboren und kann niemals verloren gehen. Sie ist keine äußere Auszeichnung oder das Ergebnis einer kollektiven Entscheidung, sondern eine universelle Verbindlichkeit.
Praktische Anerkennung der Würde: Jeder Mensch ist verpflichtet, die Würde der Menschheit nicht nur bei einigen, sondern bei allen Menschen anzuerkennen.
Sittliche Autonomie: Der zentrale Aspekt der „Würde der Menschheit“ ist die sittliche Autonomie des Menschen, also die Fähigkeit, allgemeine Gesetze zu schaffen, denen man selbst unterworfen ist. Dies verweist über die bloße Erscheinung hinaus auf eine tiefere moralische Dimension.
Weiterer Aspekt des kategorischen Imperativs: Kant entwickelt eine weitere Formel des kategorischen Imperativs, die sich auf die Idee eines „Willens jedes vernünftigen Wesens als eines allgemein gesetzgebenden Willens“ bezieht.
Reich der Zwecke: Diese Formel impliziert ein „Reich der Zwecke“, eine Art „Republik“ aller würdebegabten Wesen. In diesem Reich ist jedes vernünftige Wesen ein Repräsentant des Gemeinwillens, was die Verbindung und gegenseitige Verpflichtung zwischen den Vernunftwesen verstärkt.
Einfluss von Rousseau: Kant greift hier Ideen von Rousseau auf, insbesondere die Vorstellung des Gemeinwillens, wobei Kant jedoch eine konkrete Umsetzung dieser Idee durch den kategorischen Imperativ vorschlägt.
Formalismusvorwurf Kant
kein Bezug mehr zur konkreten Lebensrealität und damit auch der Motivationshorizonte von Menschen
pro Vorwurf:
Hegel: Sitllichkeit, die nicht in einem integralen Ethos gründet, nicht zu einer das Leben wirklicher Menschen bestimmenden Größe werden kann auch wenn die rationale Einsicht auf die der Handlung zugrundelegenden Maximen besteht
Beispiel:
Sache, die Freund zum Aufbewahren anvertraut hat, wird nicht deswegen nicht angefasst, weil wir dann mit uns selbst im Widerspruch stehen, da wir entgegen der Maxime handeln, sondern da Freund einem vertraut
Vertrauen brechen = eigenen Ethos brechen
contra Vorwurf:
keine Blindheits Kants gegenüber der sinnlichen Sittlichkeit
kennt Insatnzen des sinnlich werdenden sittlichen Bewusstseins (z. B. Gefühl der Achtung oder “Biß” des Gewissens)
Einmündung der Kritik der praktischen Vernunft in Methodenlehre um die “Gründung und Kultur echter moralischer Gesinnungen” die letzlich eine Pädagogik der Moralität -> dort spielt das immer sinnliche Beispiel eine große Rolle
will kritische Rolle auf praktische Fragen: dies setzt voraus, dass alles was nur faktisch gilt einklammert und auf deren Grund hin befragt
Formalismusvorwurf: Kant wird vorgeworfen, dass seine Ethik zu abstrakt und formal ist, weil sie außerhalb der konkreten Lebenswelten und Motivationshorizonte realer Menschen angesiedelt ist.
Rigorismusvorwurf: Ihm wird auch vorgeworfen, die realen Konsequenzen seiner Ethik nicht ausreichend bedacht zu haben.
Sittlichkeit und Ethos: Hegel argumentiert, dass eine Sittlichkeit, die nicht in einem integralen Ethos (einem umfassenden, gelebten moralischen Bewusstsein) verwurzelt ist, durch rationale Einsicht allein nicht das Leben realer Menschen bestimmen kann.
Beispiel des Deposits: Hegel illustriert dies mit dem Beispiel eines Freundes, der uns ein Gut zur Aufbewahrung anvertraut. Wir würden dieses Gut nicht deshalb unangetastet lassen, weil Kant uns lehrt, dass das Anrühren eines Deposits uns in einen Widerspruch mit uns selbst bringt. Stattdessen tun wir dies aus einem Gefühl des Vertrauens und der Loyalität gegenüber dem Freund, was Teil unseres gelebten Ethos ist.
Lebendige Sittlichkeit: Gelebte Sittlichkeit entsteht nicht nur durch reine Reflexion oder rationale Überlegung. Praktische Vernunft allein reicht nicht aus, um einen umfassend moralisch motivierten Menschen zu formen.
Achtung und Gewissen: Kant ist sich der sinnlichen Aspekte der Sittlichkeit bewusst, wie etwa dem Gefühl der Achtung oder dem „Biss“ des Gewissens.
Methodenlehre: Die „Kritik der praktischen Vernunft“ endet nicht zufällig mit einer Methodenlehre, die sich mit der Gründung und Kultur echter moralischer Gesinnungen befasst, was auch eine moralische Erziehung (Pädagogik der Moralität) umfasst.
Kritische Hinterfragung: Kants Ethik zielt darauf ab, eine kritische Perspektive auf praktische Fragen einzunehmen. Dies erfordert, dass man alle bestehenden Normen, einschließlich der „vital“ geltenden, zunächst beiseite legt und ihren Grund hinterfragt.
Rigorismusvorwurf Kant
Soziologe Max Weber unterscheidet Gesinnungsethik und Verwantwortungsethik
Gesinnungsethik: es geht darum mit sich selbst im Reinen zu sein; will sich für die Folgen des Handelns und die Mittel nicht zu Rechenschaft ziehen lassen
Kant soll Prototyp sein
Verantwortungsethik: will sich für Handlungen zur Rechenschaft ziehen lassen; untersucht Handlungen her von einem Ergebnis
Kant würde dies nicht zulassen, weil hierbei schon eine vorherige Beurteilung von “Gut” stattgefunden hätte und diese die eigentliche ethische Fragestellungen verhindern würde
Beispiel, welches Kant selbst dikutiert hat:
französische Publizist Benjamin Constant Broschüre aus dem ajhr 1796: nicht jeder hat ein “Recht auf die Wahrheit”
Notlüge & Mörder
Knat diskutiert die Frage ob es ein wirkliches Recht geben kann jemanden die Unwahrheit zu sagen, wenn die Person einer anderen Schaden zufügen will
Nein!
Recht= allgemeine, öffentlich geltende und zudem zwangsbewehrte Norm
Schaffung eines institutionellen Rahmen für Unwahrheiten
aber Unwahrheit macht die Rechtsquelle unbrauchbar
Mensch kann dann nicht mehr autonom genannt werden
wer lügt, stiftet jetzt Schaden, weil er einer rationalen Verfassung der menschlichen Gemeinschaft den Boden entzieht
Probleme bei Constant:
was stellt wann einen Schaden dar? muss allgemeingültig entschieden werden
macht Wahrhaftigkeit nicht mehr zu einer allgemeinen Struktur: nur noch empirische Entscheiung wem wann welche Wahrheit zusteht
= der politische Umgang bestimmt dann den rechtlichen; müsste aber andersherum sein
Machthaber sind dann die, die entscheiden
Aber: muss man Mörder nun die Wahrheit sagen?
Wahrhaftigkeit =/ Offenheit in jeder empirischen Situation
Verweigerung der Aussage
Umstimmen des Mörders
tätliche Verteidigung
alles möglich und trotzdem Wahrhaftigkeit wahrend
reine Gewissensentscheidung:
=/ Regel
in Metaphysik der Sitten: kasuistische Fragen, bei denen es um Grenzfälle der moralischen Norm geht
z. B. Unwahrheit aus Höflichkeit (ganz gehorsamer Diener am Ende eines Briefes)
Lösung = keine Regel aufstellen, sondern Extremfälle basieren immer auf einem reflexiv-rationalen Selbstverhältnis
Gesinnungsethik vs. Verantwortungsethik:
Max Weber: Er bezeichnet Kant als Prototyp der „Gesinnungsethik“, bei der es primär darum geht, mit sich selbst im Reinen zu sein und sich nicht für die Folgen oder Mittel des eigenen Handelns rechtfertigen zu müssen.
Hans Jonas: In seinem Werk „Das Prinzip Verantwortung“ vertritt Jonas eine Position, die Kants Ethik entgegensetzt. Er betont die Notwendigkeit, heutiges Handeln unter Berücksichtigung der Folgen für zukünftige Generationen zu bewerten, während Kant dies als Hindernis für die eigentliche ethische Fragestellung sieht.
Benjamin Constant: Er kritisiert Kant, indem er ein Beispiel aus einer Broschüre von 1796 anführt. Ein Freund versteckt sich bei mir vor einem Mörder, der mich fragt, ob der Freund bei mir ist. Constant fragt, ob der kategorische Imperativ auch hier gilt, oder ob man lügen darf, um dem Mörder nicht zu helfen.
Kants Antwort: Kant argumentiert nicht, was getan werden darf, um den Mörder zu stoppen, sondern beantwortet die spezifische Frage, ob es ein Recht gibt, jemandem die Unwahrheit zu sagen, wenn diese Person einem anderen schaden will. Seine Antwort ist ein klares Nein.
Institutionelle Erlaubnis zur Lüge:
Ein „Recht zu lügen“ würde bedeuten, eine allgemeine Norm zu schaffen, die das Lügen erlaubt. Laut Kant würde dies die Grundlage für Recht und Moral zerstören, da der Mensch nicht mehr als autonomer Gesetzgeber der Menschheit gelten könnte.
Wer lügt, schadet der rationalen Verfassung der menschlichen Gemeinschaft, da er die Grundlage für ein gemeinschaftliches Zusammenleben untergräbt.
Probleme bei Constants Position:
Definition von Schaden: Constants Argument erfordert eine allgemeingültige Definition, was einen „Schaden“ darstellt, und wer wann ein „Recht auf die Wahrheit“ hat.
Gefahr empirischer Entscheidungen: Wenn Wahrheit und Lüge von situativen Entscheidungen abhängig gemacht werden, wird die Wahrhaftigkeit als allgemeine Bedingung einer rational geordneten Gemeinschaft untergraben.
Politik und Recht: Kant betont, dass das Recht immer Vorrang vor der Politik haben muss. Die Politik muss sich dem Recht anpassen, nicht umgekehrt.
Gefahr politischer Manipulation: Kant warnt vor der Gefahr, dass politische Machthaber bestimmen könnten, „wann es ernst wird“ und damit entscheiden, wann Lügen erlaubt sind. Dies untergräbt die moralische Autorität und die praktische Vernunft als Kontrollinstanz.
Kein naiver Rationalitätsglaube:
Aus Kants Ethik folgt nicht zwangsläufig, dass man einem Mörder Auskunft geben muss.
Johann Gottlieb Fichte: Fichte betont, dass aus der allgemeinen Pflicht zur Wahrhaftigkeit keine Pflicht zur Offenheit in jeder Situation abgeleitet werden kann.
Alternative Handlungsoptionen: Auskunftsverweigerung und Versuch der Einsicht
Keine allgemeine Regel:
Kant bietet keine allgemeine Regel, wie in solchen Extremfällen zu handeln ist. Die Entscheidung muss individuell getroffen werden, basierend auf dem Gewissen.
Kasuistische Fragen:
Kant integriert in seiner „Tugendlehre“ Fragen zu Grenzfällen moralischer Normen, wie z.B. der „Unwahrheit aus bloßer Höflichkeit“.
Keine Einschränkung der Norm:
Es wird keine Regel aufgestellt, die die zuvor entwickelte Norm (z.B. das Verbot des Lügens) einschränkt. Stattdessen bleibt die Entscheidung dem individuellen Gewissen überlassen.
Einzelfallentscheidung:
Die Gewissensentscheidung bezieht sich auf individuelle, reflexiv-rationale Überlegungen und nicht auf eine allgemeine Regel, die auf „Fälle wie diesen“ angewendet werden kann.
Kein Recht zur Lüge:
Auch in Extremfällen wie dem von Constant beschriebenen gibt es kein allgemeines Recht zur Lüge.
Autonomie und Heteronomie
Autonomie bei Kant =/ Autonomie in heutiger Sicht: Willkürfreiheit, die sich nicht rechtfertigen muss
negative Freiheit kann nur heteronom verfasst, also fremdbestimmt sein
willkürliche o spontane Handlungen =/ motivationslos
-> von äußerlichen oder sinnlich-gegenständlichen Antrieben motiviert
aber das keine wahrhafte selbstbesimmte Motivation
Autonomie = wörtlich Selbst-Gesetzgebung
Handlen ein Gesetz, keine rationale Regelmäßigkeit unterstellen
Urheber = ich, aber kann von anderen Vernunftwesen eingesehen werden, da sie sich auf Gründe beruft
Bsp. Selbstmörder = heteronom, weil Vernunft sich nicht selbst wollen kann
Böse resultiert daraus, dass Individuum ein sinnliches Motiv über ein rationales stellt
Autonomie:
Definition: Selbst-Gesetzgebung (vom Griechischen „autós“ = „selbst“ und „nómos“ = „Gesetz“).
Kernpunkt: Autonomie bedeutet, dass Handeln auf einem Gesetz basiert, dessen Urheber man selbst ist, aber das auch von anderen Vernunftwesen nachvollzogen werden kann.
Verständlichkeit: Autonomes Handeln beruft sich auf rationale Gründe, nicht einfach auf einen willkürlichen Willen („sic volo, sic iubeo“).
Heteronomie:
Definition: Handlungen, die von äußeren, fremdbestimmenden Faktoren beeinflusst sind.
Beispiel: Ein Selbstmörder handelt heteronom, weil seine Handlung durch physische Umstände bestimmt ist, nicht durch reine Vernunft.
Negative Freiheit:
Nach Kant kann negative Freiheit (das Fehlen von äußeren Zwängen) dennoch heteronom sein, wenn sie nicht auf rationaler Selbstgesetzgebung basiert.
Böse und Heteronomie:
Das Böse resultiert laut Kant daraus, dass ein sinnliches, partikuläres Motiv über ein rationales Gesetzesmotiv gestellt wird.
Das Böse besteht darin, für sich als empirisches Wesen eine Ausnahme von einem Gesetz zu beanspruchen, dessen Urheber man als Vernunftwesen selbst ist.
Autonomie vs. Alltag:
In Kants Perspektive kann das alltägliche Verständnis von „Freiheit“ heteronom sein, da es oft von sinnlichen oder äußeren Einflüssen geprägt ist.
Rationale Selbstbindung:
Autonomie ist mit einer rationalen Selbstbindung vereinbar, da sie auf einem selbstgesetzten, verständlichen Gesetz basiert.
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