Strafausschließungsgründe
= gesetzlich normierte Umstände, deren Gegebensein von vornherein zur Straflosigkeit führt
Persönliche:
Beruhen auf im Tatzeitpunkt vorliegenden persönlichen Eigenschaften oder Verhältnissen des Täters
§ 28 II StGB: Kommen nur demjenigen zu Gute, der sie erfüllt
§ 258 VI StGB: Angehörigenprivileg
§§ 258 V, 257 III 1 StGB: Vortatbeteiligung
§ 173 III StGB: jugendliches Alter
§ 36 StGB, Art. 46 I GG: Abgeordnetenimmunität
Sachliche
Beruhen auf einem nicht personengebundenen Sachverhalt
§ 37 StGB: Wahrheitsgetreue Parlamentsberichte
§ 326 VI StGB
=> P.: Irrtümliche Annahme des Eingreifens eines Strafausschließungsgrund
e.A.: Unbeachtlich
Arg.: Handelt sich um objektive Straflosigkeitsbedinungen => begründen aber Unrecht und Schuld nicht mit
a.A.: Differenzierung
Wen die gesetzliche Regelung ausschließlich oder überwiegend staatspolitischen Belangen dient oder auf kriminalpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen beruht: Allein auf obj. Sachlage abstellen
z.B. § 36 StGB dient staatspolitischen Belangen
z.B. §§ 173 III, 257 III StGB dienen kriminalpolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen
Beachtlich: Wenn es sich um die Privilegierung einer schuldmindernden, notstandsähnlichen Konfliktlage handelt
z.B. § 258 VI StGB
Arg.: Schuldausschließungsgründe wurzeln eigentlich im Schuldbereich und nähern sich den Entschuldigungsgründen
P.: Entsprechende Heranziehung des Rechtsgedanken des § 35 II StGB oder des § 16 II StGB
Bei Anwendung des § 35 II StGB würde es dann auf die Vermeidbarkeit ankommen
Strafaufhebungsgründe
= bereits begründete Strafbarkeit wird rückwirkend beseitigt
Tätige Reue, z.B. §§ 306e, 314a StGB, § 98 II 2 StGB, § 330b StGB
Rücktritt, §§ 24, 31 StGB
Strafaufhebungsgrund kann sich auch daraus ergeben, dass man die zivilrechtliche Rückwirkung rechtsgeschäftlicher Erklärungen auch im Strafrecht anerkennt
z.B. Anfechtung oder nachträgliche Genehmigung
Absehen von Strafe
§ 60 StGB
§ 60 S. 1 StGB: Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.
Schwere Folgen: Körperliche und wirtschaftliche Umstände, Verlust von Angehörigen
Insb. bei Fahrlässigkeitsdelikten
Bsp.: A fährt im angetrunkenen Zustand fahrlässig zu schnell und kommt deshalb von der Straße ab. Seine Frau auf dem Beifahrersitz stirbt
Entscheidung des Gerichts ist obligatorisch
§ 60 S. 2 StGB: Gilt nicht, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt ist
Bei einer Gesamtstrafe nach §§ 54 ff. StGB gilt § 60 StGB für jede Einzelstrafe
§ 129 VI StGB: Bildung krimineller Vereinigungen
§ 139 I StGB: Nichtanzeige geplanter Straftaten
§ 157 I, II StGB: Aussagenotstand
§ 158 I StGB: Berichtigung einer falschen Aussage
§ 199 StGB: Wechselseitige Beleidigungen
Prozessvoraussetzungen
=> Welche Voraussetzungen gibt es?
Strafantrag, §§ 77 ff. StGB
Verjährung, §§ 78 ff. StGB
P.: Lockspitzel
=> Allgemeines
Bei einem Antragsdelikt kann die Straftat nur verfolgt werden, wenn ein Strafantrag gestellt ist.
Bei Offizialdelikten hingegen ist kein Antrag erforderlich
Strafverfolgung erfolgt von Amts wegen
= gesetzlicher Regelfall
Strafantrag = Prozessvoraussetzung
=> Welche Delikte gibt es?
Absolute Antragdelikte: Strafverfolgung ist nur dann möglich, wenn ein solcher Antrag gestellt wurde
z.B. §§ 194, 205 StGB
Relative Antragsdelikte: Strafverfolgung ist nicht stets antragsbedürftig, sondern nur unter bestimmten Vss.
z.B. bei § 247 StGB bei Angehörigeneigenschaft
Bestimmte Vss. müssen zum Tatzeitpunkt vorliegen
Mischform von absoluten und relativen Antragsdelikten: Wenn das Delikt grds. nur auf Antrag verfolgbar ist, die Staatsanwaltschaft durch Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses das Antragserfordernis aber ersetzen kann
z.B. § 303c StGB
=> Welche Abgrenzungen sind zu beachten?
Strafanzeige gem. § 158 I 1 Alt. 1 StPO
= Mitteilung eines Sachverhaltes, der nach Meinung des Anzeigenden Anlass für eine Strafverfolgung bietet
Strafantrag gem. § 158 I 1 Alt. 2 StPO
= Nicht nur Mitteilung eines strafbaren Sachverhalts, sondern auch Klarstellung, dass der Anzeigende ein Interesse an der Strafverfolgung hat
Bei Einstellung der Verfahrens ist dem Antragsteller unter Angabe der Gründe einen Bescheid zu schicken, § 171 S. 1 StPO
Muss über die Möglichkeit eines Klageerzwingungsverfahrens gem. § 172 StPO belehrt werden, § 171 S. 2 StPO
Abgrenzung zur Strafanzeige durch Auslegung
Strafantrag gem. § 158 II StPO
Nur dieser unterfällt den Vss. der §§ 77 ff. StGB und ist Prozessvoraussetzung
=> Schema
Vorliegen eines Antrags
Vorliegen eines Antragsdelikts
Antragsberechtigung, §§ 77, 77a StGB
Form und Frist, §§ 77b, 77c StGB, § 158 II StPO
Antrag nicht zurückgenommen, § 77d StPO
Inhalt: Muss nur das Begehren eines strafrechtlichen Einschreitens wegen einer bestimmten Handlung erkennbar sein
Rechtliche Qualifizierung nicht erforderlich; fälschliche unschädlich
Bezeichnung einer konkret beschuldigten Person i.d.R. nicht erforderlich
lässt sich dem jeweiligen Straftatbestand entnehmen
P.: Wenn hinsichtlich eines Antragsdelikts kein Antrag gestellt wird, das in Tateinheit zu einem Offizialdelikt steht?
Nur das Offizialdelikt allein darf verfolgt werden
§ 77 I StGB: grds. ist der Verletzte antragsberechtigt
= der Träger des durch die Tat unmittelbar verletzten Rechtsguts
Juristische Person kann insoweit antragsberechtigt sein, wie sie fähig ist, Träger von Rechtsgütern zu sein
Insb. bei Vermögens- und Eigentumsdelikten
Wer den Strafantrag stellt, richtet sich nach den Vertretungsregeln
§ 77 III StGB: Gesetzlicher Vertreter kann den Antrag stellen
Gesetzliche Vertretung nach den Regeln des Zivilrechts
§ 77 II StGB: Wenn der Verletzte stirbt, geht das Antragsrecht auf die Angehörigen über
Übergang des Antragsrechts muss aber ausdrücklich gesetzlich bestimmt sein
Bei § 230 I 2 StGB (+)
Bei § 247 StGB (-)
§ 77a StGB: Wenn die Tat von einem Amtsträger, einem für den öfftl. Dienst besonders Verpflichteten oder Soldaten oder gegen ihn begangen und auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgbar, ist der Dienstvorgesetzte antragsberechtigt
z.B. § 355 III 1 StGB
Form und Frist, §§ 158 II StPO, 77b, 77c StGB
§ 158 II StPO: Schriftlicher Antrag mit Unterschrift oder zu Protokoll bei Gericht oder Staatsanwaltschaft
(+): Telegramm, Fernschreiben, Telefax
(-): fernmündliche Antragstellung
§ 77b StGB: 3-Monatsfrist
= Ausschlussfrist
Frist beginnt gem. § 77b II StGB mit Ablauf des Tages an dem der Antragsberechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt hat
Berechtigter muss persönlich Kenntnis erlangen
Kenntnis eines Vertreters ist unerheblich
§ 77 III StGB: Frist läuft für jeden Antragsberechtigten und jeden Tatbeteiligten gesondert
§ 77c StGB: Verkürzung der Antragsfrist möglich bei wechselseitig begangenen Taten
Form und Frist, §§ 77b, 77c StGB
Antrag nicht zurückgenommen
§ 77d StGB:
Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens möglich, § 77d I 2 StGB ➔ also selbst in der Revisionsinstanz noch möglich
Keine bestimmte Form erforderlich
Muss ggü. dem Rücknahmeadressaten erklärt werden ➔ = Behörde, die zur Zeit mit der Sache befasst ist
Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden, § 77 I 3 StGB
Rücknahmeberechtigt: Antragsteller
Beschränkt auf seinen eigenen Antrag
Stellvertretung ist möglich
Verjährung = Verfahrenshindernis
Rechtsfolge: Einstellung des Verfahrens durch Urteil nach § 260 III StPO oder durch Beschluss nach § 206a StPO
Verjährung ist von Amts wegen zu beachten ➔ also auch im Rechtsmittelverfahren
Verjährungsfristen in § 278 III StGB geregelt ➔ richten sich nach dem Höchstmaß der angedrohten Strafe
§ 278 II StGB: Mord verjährt nicht
=> Fristbeginn
Fristbeginn gem. § 78a StGB:
Die Verjährung beginnt, sobald die Tat beendet ist, § 78a S. 1 StGB
Wenn der zum TB gehörende Erfolg erst später eintritt, beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt, § 78 S. 2 StGB (abweichend von S. 1)
Hier Unterscheidung der verschiedenen Deliktsarten wichtig
Fall: Wenn ein Polizist eine Person, die bislang nicht polizeibekannt ist, zu einer Tat überredet und die Person dann unmittelbar nach Veruchsbeginn festnimmt, was von dem Polizist von Anfang an geplant war.
= Straftat wird durch ein den staatlichen Stellen zurechenbares Verhalten ausgelöst
Frühre Rspr.: Strafzumessungslösung
In Fällen einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation durch Polizeibeamte wird die Strafe für den Täter gemildert
EGMR:
Wenn ein unschuldiger, unverdächtiger Mensch zum „Werkzeug“ der Kriminalpolitik gemacht wird, indem staatliche Behörden ihn selbst anstiften, um ihn anschließend bestrafen zu können, liegt darin ein Verstoß gegen Art. 6 I EMRK
„Strafzumessungslösung“ genügt nicht, um die Menschenrechtsverletzung kompensieren zu können
BVerfG deshalb: Verfahrenshindernis, wenn die Vorgaben des EGMR für eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation erfüllt sind
Zur Strafbarkeit des Polizisten siehe Schema Anstiftung
Zuletzt geändertvor 6 Monaten