3) Gesichtsausdruck/ Mimik
Mimik ist vielschichtig im Ausdruck und auch nicht immer eindeutig zu bewerten.
Beispiel für interindividuelle Unterschiede im Emotionsausdruck:
So gibt es beispielsweise Geschlechtsunterschiede in der Expressivität von Emotionen im Gesicht, z. B. lachen Frauen mehr als Männer laut einer Meta-Analyse von LaFranceet al. (2003) mit 448 Effektgrößen. Der Effekt ist aber eher klein: d= .41.
Beispiel für interindividuelle Unterschiede in der Emotionswahrnehmung:
Das Volumen der Amygdala (Teil des limbischen Systems, der insbesondere bei der Emotionsverarbeitung und Erinnerung eine Rolle spielt) scheint mit der Fähigkeit, ängstliche Gesichter richtig erkennen zu können, korreliert zu sein (Zhoaet al., 2013).
Anmerkungen:
Menschen sind grundsätzlich sehr gut im Erkennen vom Gesichtern, da diese mitunter die wichtigsten sozialen Hinweisreize für uns sind, die wir von unseren Mitmenschen erhalten
gibt zahlreiche Befunde, die die Existenz eines neuronalen Moduls nahelegen, dass auf die visuelle Verarbeitung von Gesichtern spezialisiert ist —> fusiforme Gesichtsareal
Interessanter Befund dazu: Erkennungsleistung für Gesichter bei einer Person mit Objekt-Agnosie blieb auf einem normalen Niveau, obwohl andere Objekte nicht als solche erkannt werden konnten
Verzerrte Mimik
Balkendiagramm: wenn zu Gesichtsaudruck passende Haltung dabei war wurde Emotion oft richtig erkannt
Zu Gesicht andere haltung (grün): nicht mehr trivial welche Emotion gezeigt wird (bei 50% = Zufall)
Gesichtsausdrück wird häufiger falsch erkannt bei Inkongruenten Sit.
Diagramm unten: Reaktion/ Zeit bis zum erkennen (Kongruent: Wurde schneller reagiert und sich festgelegt -> blaue Balken niedriger)
Gesichtsausdruck passt nicht zur Haltung: schlechter im Erkennen und man braucht mehr Zeit bis zum Erkennen
Die Erkennung von Mimik kann beeinflusst, verzerrt oder gestört sein durch…
…stereotype Vorurteile (Hugenberg& Bodenhausen, 2003):
Weiße Proband*innen mit relativ stark ausgeprägten Vorurteilen gegenüber Schwarzen Proband*innen erkannten in Studie 1 länger Feindseligkeit/Wut („hostility/anger“) in den sich sukzessive verändernden Gesichtern (von wütend/feindselig bis fröhlich), wenn diese Schwarz waren (vs. Weiß)
bzw. erkannten bei diesen Gesichtern früher Feindseligkeit (wenn Gesichter von neutral zu feindselig morphten) in Studie 2.
Gibt Unterscheide in der Erkennungsleiste von Gesichtern zwischen Individueen
Abhängig von Gesichtern und Kongruenz/Inkonkruenz (siehe Folie zuvor) aber auch von Betrachter und Stereotype
Links: feindseliger Ausdruck wurde gemorphed zu fröhlichen Gesicht
Aufgabe Teilnehmer Studie 1: taste drücken bei Fröhlichem Gesicht
Studie 2: Neutrales Gesicht das in Richtung feindselig verändert wurde (drücken wenn Wahrnehmung von neutral zu feindselig wechselte)
Kommentare:
Die leitende Hypothese der Autoren lautete:
„We hypothesized that ambiguously hostile Black faces would be perceived as more hostile than similar White faces, which would be consistent with the cultural stereotype of African Americans as aggressive (Devine, 1989).” (Hugenberg& Bodenhausen, 2003, S. 640).
In der obigen Studie wurden die dargestellten Gesichter als Filme produziert, in denen das Gesicht –ausgehend von einem feindseligen/wütenden Gesichtsausdruck (links) –langsam zu einem fröhlichen Ausdruck wechselte (in Studie 1)
In Studie 2 hingegen von neutral zu feindselig/wütend.
Die Aufgabe der Proband*innen war wie folgt:
„…participants were seated at computers in individual cubicles and instructed to watch each movie and press the space bar when they saw that the target face no longer expressed itsinitial emotion“ (S. 641).
Die Frage in Studie 1 lautete also: Wie lange sehen die Proband*innen im Gesicht einen negativen Gesichtsausdruck? Die Autor*innen sprechen dabei etwas inkonsistent von „anger“ bzw. allgemeiner von „hostileexpression“.
Die Frage in Studie 2 lautete umgekehrt: Ab wann wird Feindseligkeit/Wut erkannt, wenn die Stimuli von neutralem Gesichtsausdruck langsam zu feindseligem Gesichtsausdruck morphen?
Zusätzlich bearbeiteten alle Proband*innen die ImplicitAssociationTask (IAT), damit deren Tendenz zu impliziten Vorurteilen abgeschätzt werden konnte.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Studie 1 zeigten, dass bei geringer Ausprägung von impliziten Vorurteilen (-1 SD) Weiße und Schwarze Gesichtsanimationen gleich lang als feindselig/wütend wahrgenommen wurden, bevor sie sich aus Sicht der Proband*innen in einen fröhlichen Ausdruck verändert hatten.
Anders sieht es bei Proband*innen mit höher ausgeprägten impliziten Vorurteilen aus (+1 SD): Hier war die Wahrnehmung von Feindseligkeit/Wut von Schwarzen Gesichtsausdrücken länger anhaltend (Ergebnisse der Studie 2 sind entsprechend zu interpretieren).
Diese Studien zeigen, dass auch spezielle psychologische Variablen/Faktoren –hier die individuelle Tendenz zu impliziten Vorurteilen –einen moderierenden Effekt auf die Erkennungsleistung von Emotionen haben können
…eigene körperliche und/oder geistige Beeinträchtigungen, z. B. Schizophrenie (Kohler et al., 2003)
4) Distanz
In obiger Referenz zeigt TableII auf Seite 93 sehr anschaulich, wie sich die verschiedenen Distanzen zwischen Menschen abbilden.
Grundsätzlich lässt sich am obigen Modell jedoch kritisieren, dass die Wahl der sehr konkreten Übergangsmaße von einem Raum zum nächsten etwas beliebig erscheint.
Die Idee, anhand der beobachtbaren räumlichen Nähe, die Personen zueinander einnehmen, auf deren zwischenmenschliche Beziehungsqualität zu schließen, ist bzw. war damals jedoch sehr innovativ und ist sicherlich grundsätzlich nicht falsch.
Stellen Sie sich nur vor, dass Sie bei einem Bewerbungsgespräch vor Ihrer*Ihrem potentiellen Arbeitgeber*in nur einen Abstand von 30cm einnehmen, wenn Sie sich das erste Mal sehen und begrüßen –es wäre wahrscheinlich unangemessen nah für die Beziehung, die Sie zu dieser Person haben (es mag Ausnahmen geben, z. B. kulturell variierende Kontakt-/Begrüßungsgesten).
5) Blickverhalten
Blickverhalten kann
…auf bestimmte kognitive Prozesse hindeuten, maßgeblich ist dabei die Blickrichtung (vgl. Teufel et al. 2009).
…eine deiktische Funktion haben, d. h. mit den Blicken auf etwas deuten, was mit Aufmerksamkeit bedacht wurde, wird oder werden sollte (vgl. Frischen et al., 2007). (den Blicken des Gegenübers folgen)
…Indikator für den aktuellen Grad der (gewünschten) Intimität sein und damit auch die Kommunikation beeinflussen (z. B. Dauer bzw. Konstanz des Blickkontaktes, vgl. Abele, 1986; Ellsworth & Ross, 1975). (Bei fremden werden längere Blicken auf einem vl als unangenehm/ komisch gewertet, da Zeichen von Intimität)
…die aktuelle kognitive Beanspruchung oder das Erregungslevel indizieren via Pupillendurchmesser (vgl. Bradley et al., 2008).
…Zustimmung durch gezieltes Zwinkern andeuten; die Frequenz des Zwinkerns kann u. a. aber auch ein Indikator für das Lügen sein (vgl. Leal & Vrij, 2008)
Beim Lügen war die Frequenz des Zwinkern evoziert (wenn man lügt ist man kognitiv stärker gefordert; kognitiv sich was ausdenken was zusammenpasst, deshalb sind Augen dort länger geöffnet, Blinzelt weniger)
6) Körperkontakt
Berührungen werden im Modell von McNeill (1992) nicht berücksichtigt, sind aber in der nonverbalen Kommunikation bedeutsam.
Es gibt unterschiedliche Formen von Berührungen, unter anderem:
Selbstberührungen (z. B. mit der Hand durch die Haare fahren, ins Gesicht fassen -> z.B. Fußballer nach Spiel beim Interview)
Rituale (z. B. Hand reichen, „High-Five“) –diese variieren in Häufigkeit und situationsabhängiger Angemessenheit, aber auch über Kulturen hinweg stark (vgl. Brunsch, 2017)
Spontaner, intendierter interpersoneller Körperkontakt (z. B. bei Politiker*innen als Zeichen des Zusammenhaltes oder bei Sportler*innen als Zeichen für Aggressivität)
Beiläufiger interpersoneller Körperkontakt –z. B. fanden Fisher et al. (1976) in einer Studie, in der ein beiläufiger kurzer Handkontakt mit den Mitarbeiter*innen bei der Bücherrückgabe in einer Bibliothek stattfand:
„A 2 (touch-no touch) x 2 (sex of confederate) x 2 (sex of subject) between subjects design tested the affective and evaluative consequences of receiving an interpersonal touch in a Professional/Functional situation.
It was found that the affective and evaluative response to touch was uniformly positive for females, who felt affectively more positive and evaluated the toucher and the environmental setting more favorably than in no touch conditions.
The male response to touch was more ambivalent.” (S. 416)
Es gibt auch Modelle, die –ähnlich dem Proxemics-Ansatz –Formen und Funktionen von Berührungen mit Beziehungsqualitäten in Verbindung bringen (z. B. Jenkinson, 2017)
7) Merkmale äußerer Erscheinung und Umgebungsgestaltung
Die äußere Erscheinung ist auch Teil der nonverbalen Kommunikation, wenn auch zeitlich relativ statisch (bis zum nächsten Kleidungswechsel).
Wie bei allen nonverbalen Zeichen lässt die äußere Erscheinung unter Umständen mehrere Interpretation zu
Mit der Wahl der Kleidung kann u. a. ausgedrückt werden:
Eigene Einstellung zur Wichtigkeit bestimmter Anlässe (Sakko oder Bademantel beim Vorstellungsgespräch?)
Wissen um bestimmten Dress-Code (z. B. in bestimmten Berufen)
Gruppenzugehörigkeit bzw. -akzeptanz (z. B. durch Tragen von Markenkleidung, vgl. Beaudoin & Lachance, 2006)
Umweltbewusstsein (nachhaltige Kleidung, z. B. Gardemin& Kleinhückelkotten, 2017)
Weiteres:
Auch die Verwendung von Schmuck und bestimmten schmückenden Symbolen (z. B. Tattoos, vgl. Naudéet al., 2019) sind Aspekte nonverbaler Kommunikation (z.B. Kreuz Kette/ Tattoo)
Manchmal ist man sich der Wirkung bestimmter optischer Aspekte u.U. nicht bewusst, z. B. bei Farben: Rot machte in einer Studie Frauen für Männer attraktiver (aber nicht intelligenter und sympathischer) (Elliott & Niesta, 2008)
Die Umgebung, in der Kommunikation stattfindet, kann auch als nonverbales Zeichen bewertet werden, da sie i. d. R. gezielt ausgewählt oder hergestellt werden kann (z. B. Auswahl der „richtigen“ Location für eine Party)
Meine Notizen:
Selbstbewusstsein in Zusammenhang mit Sensitivity (Gran Sensitivity hoch: erkennt, das diese bei bestimmten Persönlichkeitsfaktoren höhere scores haben als Vergleichsgruppe)
Rot: Oft als Signal (Vorsicht usw.); aber auch für Wahrnehmung wichtg: kann leichter identifiziert werden als andere (Manchester United: früher graue Tricots: schlechter zu erkennen; heute rot: wichtig, damit auch peripher erkennbar/ Seewinkel der größer ist, auch für Fans)
Beim Ringen: Kämpfer mit roten Gürtel häufiger gewonnen (Olympiade 2004); Gegenüber automatisch defensiver bei Gegener mit roten Gürtel
wirk unbewusst, aber hat teilweise starken kognitiven Einfluss
8) Geruch
Gerüche können auf verschiedenen Ebenen wirksam werden, u. a. auf emotionaler Ebene, bei der Partner*innenwahl, Gesundheit, Hormonsystem
Oft entfalten Gerüche ihre Wirksamkeit auch ohne bewusste Wahrnehmung dieser
Weibliche Tränen enthalten offenbar ein Chemosignal, das in einer Studie unbewusst die sexuelle Attraktivität von weiblichen Personen sowie die sexuelle Erregung bei männlichen Personen reduzierte (Gelstein et al., 2011).
Ähnlich scheinen Chemosignale die Wahrnehmung von Agressivität triggern zu können (Muticet al., 2013)
T-Shirts von den eigenen vs. fremdem Kindern konnten durch Geschwister und Eltern anhand des Geruchs korrekt diskriminiert werden (Porter & Moore, 1981)
Die Erkennungsleistung des Geruchs des*der Partners*Partnerin schwankt stark zwischen Individuen, jedoch wurde unabhängig von der Erkennungsfähigkeit der eigene Duft häufiger als angenehm (von Frauen) bzw. unangenehm (von Männern) bewertet, der Geruch des*der Partner*Partnerin aber jeweils häufiger als angenehm als unangenehm (Hold & Schleidt, 1977)
Der Geruch von Fisch konnte Misstrauen hervorrufen („somethingsmellsfishy“) und Misstrauen förderte die richtige Erkennung von Fischgeruch (Lee & Schwarz, 2012). Dieser Effekt wird über „verkörperte Metaphern“ erklärt und ist insofern ggf. sprachspezifisch nur bei englischsprachigen Proband*innen zu beobachten.
Zuletzt geändertvor 5 Monaten