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Einführung in die Klinisch-psychologische Diagnostik

JW
von Julia W.

Merkmale Klinisch-psychologischer Diagnostik

• Psychologische Diagnostik: Methodenlehre im Dienste der Angewandten Psychologie

• systematische Erfassung relevanter Daten und daraus erarbeitetes diagnostisches Urteil im Dienste einer Aufgabenstellung aus einem Anwendungsfeld (z.B. Indikationsentscheidung für eine Psychotherapie)

• Diagnostik und Klassifikation dienen in erster Linie der Behandlungsplanung sowie der Evaluation des Behandlungsverlaufs und des -ergebnisses

• Symptome von Patient*innen (z. B. Niedergeschlagenheit) werden im diagnostischen Prozess exploriert und u. a. mithilfe von Klassifikationssystemen wie ICD-10 oder DSM-5 in diagnostische Kategorien eingeordnet

• Diese Kategorien entsprechen Diagnosen (z. B. mittelgradige depressive Episode)

• Diagnosen von psychischen Störungen sind für Behandlungsplanung und -evaluation allein nicht ausreichend

• Diagnostik beinhaltet neben der Klassifikation auch die Erfassung von störungsspezifischen (z. B. Fragebogen zum Ausmaß depressiver Symptomatik) und störungsübergreifenden Merkmalen (z. B. Erfassung relevanter Aspekte der Lebensgeschichte)

• Maßgeblich für den diagnostischen Prozess: Prinzip der multimodalen Diagnostik.

○ verschiedene Datenebenen (psychologisch, biologisch, sozial, etc.),

○ mehrere Datenquellen (Selbstbeurteilung, Fremdbeurteilung, etc.),

○ mehrere Konstrukte (z. B. Wahrnehmung, Informationsverarbeitung, Emotion, Verhalten)

○ unterschiedliche Verfahren (z. B. Fragebögen, Interviews, Verhaltensbeobachtung)

• Warum multimodal?

• multimodale Diagnostik minimiert den Einfluss von Fehlerquellen:

○ des Diagnostizierenden (z. B. Nichtbeachtung von Kriterien, Voreingenommenheit durch theoretische Konzepte, etc.),

○ der Patient*innen (z. B. Verschweigen von Informationen, mangelnde Introspektionsfähigkeit, etc.)

○ der Klassifikationssystemen (z. B. unscharfe Definition von Symptomen)

• sicherstellen, dass psychische und körperliche Probleme von Patient*innen umfassend und differenziert erfasst werden!

• Neben dem primären Ziel der Planung und Evaluation der Behandlung ist die Diagnostik für folgende Bereiche nützlich:

• Dokumentation des Behandlungsverlaufs

• Supervision von Therapien

• interdisziplinäre Kommunikation

• klinisch-psychologische Forschung


• Sie haben einen Überblick über die Arten der klinisch-psychologischen Diagnostik:

Klassifikatorische Diagnostik, Störungsübergreifende Diagnostik, Störungsspezifische Diagnostik, Prozess-, Verlaufs- und Evaluationsdiagnostik

1. Klassifikatorische Diagnostik

• Erheben von Symptomen und zusätzlichen Informationen (z. B. Zeitverläufe) → Ableitung von Diagnosen mithilfe von Klassifikationssystemen

• Typische, überzufällig häufige Muster von Symptomen werden zu sogenannten Syndromen zusammengefasst (z. B. sind die Symptome Niedergeschlagenheit, Interessenverlust und Appetitlosigkeit u. a. Teil des depressiven Syndroms).

• Diagnosen setzen sich aus Symptomen, Syndromen und zusätzlichen Kriterien zusammen.

• Zusatzkriterien können sich auf den Zeitverlauf (z. B. Symptom muss mehr als die Hälfte der Zeit über einen Monat hinweg vorliegen) oder die Abgrenzung gegenüber anderen Diagnosen beziehen, was als Differentialdiagnostik bezeichnet wird.

• Differentialdiagnostik = beispielsweise kann das depressive Syndrom nicht nur bei Depression vorkommen, sondern auch im Rahmen einer Schizophrenie (sog. Negativsymptomatik). → Relevanz für Therapieform/ Medikation

• Wenn Symptome in einer einzelnen diagnostischen Kategorie nicht abbildbar sind, können weitere Diagnosen vergeben werden, sofern deren Kriterien ebenfalls voll erfüllt sind. → Komorbiditätsprinzip: ermöglicht simultane, komorbide Diagnosen

• gleichzeitiges Vorliegen von körperlichen und psychischen Diagnosen = Multimorbidität

• Begriff Doppeldiagnose: Sonderfall der Komorbidität; beschreibt das gleichzeitige Vorliegen einer substanzbezogenen und einer anderen psychischen Störung (z. B. Alkoholabhängigkeit und Schizophrenie).

• Die wichtigsten Klassifikationssysteme für psychische Störungen sind:

○ International Classification of Diseases in Version 10 (ICD-10; Dilling et al. 2000) der WHO

○ Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders in Version 5 (DSM-5) der American Psychiatric Association (2013; APA).


• Diese modernen Systeme sind operationalisiert, d.h. sie beinhalten explizite Kriterien für Symptome und Syndrome und darüber hinaus klare diagnostische Entscheidungsregeln, z. B. durch Ein- und Ausschlusskriterien oder Verknüpfungsregeln.

• Dadurch haben die Diagnosen eine höhere Reliabilität (im Vergleich zu früheren, nicht operationalen Definitionen).


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Julia W.

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