Allgemeine Grundlagen der Sinnesphysiologie
- Wahrnehmungspsychologie
- Physiologie: das reguläre Funktionieren <-> Medizin: das irreguläre Funktionieren des Körpers (Dysfunktion)
Sinnesmodalitäten
Arten von Sensoren
1. Mechanosensoren
-> die größte Klasse der Sensoren
-> mechanische Veränderungen aus der Umwelt werden in Information umgewandelt
2. Thermosensoren
3. Chemosensoren
-> chemische Stoffe, Botenstoffe
4. Nozisensoren
-> sind sensibel für spezifischen Schmerz
-> [von latein. nocere = schädigen, receptor = Empfänger], Nociceptoren, Nozirezeptoren, spezialisierte Nervenendigungen (freie Nervenendigung) zur Aufnahme und Weitermeldung potentiell schädlicher Reize (Nozizeption, Schmerz), sog. "Schadensfühler".
5. Photosensoren
-> können Photonen aufnehmen
-> visuell
nur 5, keine 9 spezialisierten Sensorzellen -> Energieeffizienz
stark reduzierte Information aus der Umwelt
entwickeln oder rekonstruieren des Sinneseindrucks
sehr breite Erlebniswelt
- A: sekundäre Sinneszelle -> erzeugt Sensorpotenzial, braucht aber ein nachgelagertes Neuron, das das AP bildet
- C: primäre Sinneszelle -> einfacher Aufbau, können dies alles direkt selbst machen, AP muss vor SP gebildet werden
Definition Sensoren
· In jedem Sinnesorgan gibt es Rezeptor, deren Erregung den sensorischen Prozess auslösen
· Rezeptoren sind Molekülkomplexe in Zellmembranen, die mit anderen Molekülen spezifisch reagieren -> formt Reize in neuronale Information
· Sinnesphysiologischer Rezeptor => Sensor
Primäre/sekundäre Sinneszellen
Primäre Sinneszellen
„P.S. sind embryologisch gesehen Neurone des ZNS, die neuroektodermalem Ursprungs sind und im Laufe der Entwicklung in die Peripherie verlagert wurden.“
· Embryologie: Lehre der Keimentwicklung
· Neuroektoderm: Teil des äußeren Keimblatts (Ektoderm), aus dem sich in Embryonalzeit das Nervensystem entwickelt
· Können Sensorpotentiale in APs umwandeln
· Leitet Information direkt ins Nervensystem
· Können Transduktion und Transformation vornehmen
Sekundäre Sinneszellen
„S.S. sind aus embryologischer Sicht Zellen, die sich von Glia der Peripherie oder con den endo-/ektodermalen Epitheliten ableiten.“
· Können Sensorpotential erzeugen, brauchen jedoch nachgelagertes Neuron, welches Bildung des APs übernimmt
· Können nur Transduktion vornehmen
Prinzip des adäquaten Reizes
-> adäquater Reiz: jeder physikalische Reiz, der mit minimaler Energie einen Reiz erzeugt
Adäquater Reiz
· Evolution hat bestimmte Sinnesorgane herausgebildet, die darauf angelegt sind, auf bestimmte physikalische/chemische Reize optimal zu reagieren
· Meist ist das der Reiz, der die minimale Energie benötigt , um betreffende Organ zu erregen
· „Jede physikalische Veränderung, die von Sensorzellen verarbeitet werden kann“
Inadäquater Reiz
· Sensorzellen nicht nur vom a. Reiz aktiviert -> können AP bilden, obwohl Reiz unpassend
o Bsp. Kopfstoßen-SterneSehen -> Druck löst Aktivität in Photosensoren aus
Nur bei sehr intensiven Reizen
Gesetz der spezifischen Sinnesenergie (Müller, 1840)
Sinneszelle bildet Sensorpotenzial aus für einen Reiz, für den sie nicht optimiert ist
aus dem, was uns objektiv umgibt (Reize), wird eine subjektive Wahrnehmung
im Normalfall passen die wahrgenommene Sinnesmodalität und der Reiz zusammen (?)
wenn nicht: Bsp. „Sterne sehen“-> ein mechanischer Reiz kann dafür sorgen, dass Bewegung in die Netzhaut gelangt, welche Aktivität in den Photosensoren hervorruft -> inadäquater -> die wahrgenommene Sinnesmodalität ist hier unabhängig davon, ob ein mechanischer oder visueller Reiz vorliegt
- Wahrgenommene Sinnesmodalität wird nicht durch physikalischen Reiz bestimmt, sondern allein durch das gereizte Sinnesorgan/Aktivierung der Sensorzellen -> System entscheidet
Das Sensorpotenzial
- Veränderungen im inneren Milieu der Zelle sind als Potenzial messbar
- AP verändern das Prinzip der direkten Kodierung (?)
- eine Sensorzelle kann auch Schaden nehmen
- Membranpotenziale: AP, postsynaptisches Potenzial, SP
- Schwelle: bestimmte Reizschwelle, damit ein SP ausgelöst wird -> Filterfunktion
- Plateau: ab einem bestimmten Punkt reagiert die Sensorzelle nicht mehr mit einer Verstärkung der Aktivität
- zwischen Schwelle und Plateau: Reaktionsfenster
- je nach Sensortyp stärkeres oder schwächeres SP
- Potential bilden, damit AP gebildet werden kann
- Reizung von Sensoren führen zu lokalen Änderungen des Membranpotentials, dem SP
- Veränderungen in physischen Umwelt können in Veränderungen im inneren Milieu der Zellen übertragen werden (Kopplung Um-/Innenwelt)
- Direkte Codierung: starker Druck erzeugt stärkeren Reiz
- Nicht jede Veränderung ist SP auslösend -> Reizschwelle
- Sensortypen unterscheiden sich in ihren Schwellen/Plateaus/Reaktionsstärken
- Ab bestimmter Stärke entsteht Plateau -> keine erhöhte Reaktion der Sensorzelle möglich
- Schutzfunktion: präventiert Schaden der Sensorzelle
Transduktion und Transformation
Transduktion
Übertragung eines mechanischen Reizes in ein SP -> „Übersetzung in die Sprache des Nervensystems“
Transformation
- SP wird in AP übertragen -> verlustfreie Transportierung der Information in ZNS oder PNS
Funktionen einer primären Sinneszelle
Transduktion & Transformation
Funktionen einer sekundären Sinneszelle
nur Transduktion (nachgelagerte Zelle notwendig)
mechanisch aktivierte Kanäle
Kanal öffnet sich, wenn Druck darauf ausgeübt wird (weniger Druck -> weniger Kanäle und andersherum)
Kanäle
- bei deren Öffnung verändert sich die Ladung -> SP (?)
- Physikalischer Reiz -> Sensorpotential
Adaptation der Sensoren
Adaptation
Anpassung und Veränderung auf der Ebene der Sensorzelle -> Sensorzelle bestimmt, ob die Information ins System kommt
Habituation
- findet im Neokortex (ZNS) statt -> einfacher Lernmechanismus -> Information ist schon im System) -> wo Schwelle/Plateau?
- Veränderungen sind wichtiger als das Vorhandensein eines Reizes -> Energieeffizienz
langsam adaptierende Sensoren
- wenn kein Reiz anliegt -> kein AP (untypisch)
-> Besitzen keine Baseline
-> Zeigen nach Adaptation noch statische Antwort
-> Bei Beendigung des Reizes endet auch ihre Aktivität
-> Proportional-Differential-Fühler
-> Bspw. Mechanorezeptoren
-> Druckempfindung adaptiert
schnell adaptierende Sensoren (z.B. Photosensoren)
- größere Bandbreite an Informationskodierung, Grundrhythmus der selbstgenerierten APs -> Grundaktivität, Abnehmen eines Reizes wird auch wahrgenommen
-> Keine statische Reizantwort (d.h. keine Aktionspotenziale während der Plateauphase)
-> Reiz erzeugt kein AP, sondern moduliert seine Frequenz
-> Reine Differenzialfühler
-> Typischer Weise im ZNS Grundrythmus, selbst wenn kein Reiz da
- Sensorzellen können schneller/langsamer adaptieren
Organisationsprinzipien sensorischer Systeme
„Bereich von Sinnesrezeptoren, der an ein einziges nachgeschaltetes Neuron Infos weiterleitet“
· Bereich, wo verarbeitet wird
· Großes Rezeptives Feld -> viele Neurone hinverschaltet
o Arbeitet gröber; Zelle A “vergisst”, von welcher Synapse Information kommt
o Durch höhere Konvergenz nimmt jedoch auch Fähigkeit zu, wahrzunehmen
Rezeptive Felder
Konvergenz und Divergenz
- Ermöglicht frühe Vorverarbeitung, bevor Information ZNS erreicht
- Bestimmt die Größe der rezeptiven Felder bei nachgeschalteten Neuronen im ZNS
Konvergenz
Zusammenlaufen von verschiedenen Neuronen auf ein Neuron -> Datensparsamkeit (Energieeffizienz)
„Unterschiedlich viele primär afferente Neurone entsenden Nervenfasern, die auf ein zentrales Zielneuron konvergieren und synaptische Kontakte mit einzelnen zentralen sensorischen Neuronen haben.“ - > mehrere Zellen konvergieren auf gemeinsame nachgeschaltete Sensorzelle
Reduktion
Flut an eingehender Information wird reduziert, sodass Signale leichter bearbeitet werden können (Energieeffizienz)
Höhere Empfindlichkeit
ein Neuron wird von mehreren Rezeptoren angeregt -> Signal wird durch Konvergenz verstärkt -> Empf. bei höherer Konvergenz größer
Spezifität
nachgeschaltete Neurone nicht aktiviert, wenn zu geringer Teil angeregt
Divergenz
Information wird verbreitet -> ermöglicht bereits eine relativ frühe Vorverarbeitung (divergieren: aufteilen)
· Aufteilung -> eine vorgelagerte Zelle kann mehrere nachgelagerte Zelle erreichen
Prinzip der lateralen Hemmung
· “Lateral”: seitlich/auf der Seite liegend
· Verschaltungsmuster von Neuronen; Überlagerung zweier rezeptiver Felder
o Z.B.: Neuron wird vom Zentrum seines rezeptiven Feldes her erregt, von einem mehr oder minder regelmäßig geformten Umfeld hingegen gehemmt
o Hemmende Felder durch Verbindung der primären Afferenzen mit Interneuronen, die an betreffenden zentralen sensorischen Neuronen hemmende Synapsen bilden
Afferenzen: alle Zuflüsse von Information zu einer definierten Struktur
Interneurone
· Inhibitorisch: Glycin, y-Aminobuttersäure, Serotonin, Dopamin
· Exzitatorisch: Acetylcholin, Noradrenalin
o Da Hemmung von sozusagen „seitwärts“ liegenden Neuronen derselben Sinnesbahn ausgeht, wird von lateraler Hemmung gesprochen
- Zelle kann ihre Nachbarzellen daran hindern, sich in gleicher Weise zu differenzieren wie sie selbst -> so kann System erkennen, ob Information von verschiedenen Orten kommt
Organisationsprinzipien sensorischer Bahnen
Wo liegt der periphere Sensorbereich?
Auge z.B. bis Neokortex (im visuellen System)
Thalamus
- erste Verschaltung auf der Ebene des Gehirns („Tor zum Bewusstsein“)
Woraus bestehen sensorische Bahnen?
· Sensorische Bahnen besteht aus Kette von zentralen Neuronen, die durch Impulse der betreffenden Sensoren erregt werden und durch Synapsen miteinander verbunden sind
· Alle neuronalen Verschaltungen innerhalb sensorischer Bahn/verbundener Hemmsysteme bilden gemeinsam ein Sinnessystem
Weiterleitung der Informationen besitzt typische Abfolge
· Primär afferenten Nervenfasern enden nach ihrem Eintritt ins Rückenmark/Hirnstamm an sekundären sensorischen Neuronen
o Deren Axone sammeln sich zu sensorischen Bahnen, die in höheren Kerngebieten enden
o Hirnstamm/Rückenmark als Weiterleiter/ “Kabel”
· Letzte Station bei fast allen Sinnen sind die Neurone im Projektionsfeld der Hirnrinde
o Diesen sind meistens Neurone in einem thalamischen Projektionskern vorgeschaltet
o Erste Verschaltungen im Thalamus
Organisation sensorischer Systeme (5)
Funktionsprinzipien sensorischer Systeme
· Hierarchischer Aufbau
o Rezeptoren
o Thalamische Relaiskerne
o Primärer sensorischer Cortex
o Sekundärer sensorischer Cortex
o Assoziationscortex
· Funktionelle Trennung der Ebenen
· Parallele Verbindungen zwischen Ebenen
· Zahlreiche Feedback-Bahnen
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