Buffl

Sitzung 9 - Medienwirkung & Computerspiele

HM
von Hanna M.

Wissenskluft-Hypothese

Wissenskluft-Hypothese:

„Wenn der Informationszufluss in ein Sozialsystem wächst, tendieren die Bevölkerungssegmente mit höherem sozio-ökonomischem Status und/oder höherer formaler Bildung zu einer rascheren Aneignung dieser Information als die status-und bildungsniedrigeren Segmente, so dass die Wissenskluft zwischen diesen Segmenten tendenziell zu-statt abnimmt“ (Tichenor, Donohue, & Olien, 1970, dt. nach Saxer, 1978)


-> Medien tragen nicht zur Informiertheit aller bei, sondern verstärken bestehende Trends in der sozialen Ungleichheit


Kommentar:

  • Bei der Wissensklufthypothese geht es um die Frage, welche Rolle Massenmedien bei der Herstellung bzw. Aufrechterhaltung von Wissensunterschieden zwischen sozioökonomisch unterschiedlich ausgestatteten Bevölkerungsgruppen spielen.

  • Es handelt sich hierbei um eine makrotheoretische Perspektive, in der nicht die einzelne Person, sondern gesellschaftliche Gruppen im Fokus stehen.


    Es gibt durchaus empirische Evidenz für diese Hypothese, wenngleich man einige Einschränkungen machen muss:

  • Beispielsweise gibt es durchaus Wissensbereiche, in denen ursprünglich bestehende Wissensunterschiede zwischen Gruppen verschwinden oder sich zumindest reduzieren, da die durch die Massenmedien transportierten Informationen in alle gesellschaftlichen Gruppen diffundieren.

  • Meist gilt das für einfaches Faktenwissen, bei dem sich sogenannte Decken-Effekte zeigen.

    • D. h., es geht um relativ einfaches Wissen wie beispielsweise die Namen von bestimmten Personen des öffentlichen Lebens oder das Auftreten von Ereignissen.

  • Stärker akzentuierte Wissensklüfte findet man hingegen, wenn es um Struktur-oder Hintergrundwissen geht, bei dem die Ursachen und Konsequenzen oder auch die Lösungsmöglichkeiten von sozialen Problemen im Fokus stehen, wie beispielsweise des Klimawandels


WIssenskluft-Hypothese - Erklärungen (2)

5 Erklärungsfaktoren für die Entstehung von Wissensklüften (Tichenor et al., 1970):


  • Formal höher gebildete Personen haben stärker ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten, d. h. bessere Lese-und Verstehensfähigkeiten, die sich positiv auf die Nutzung von den durch Massenmedien vermittelten Informationen aus Politik und Wissenschaft auswirkt.

  • Umfangreiches Vorwissen, welches durch die Schulbildung und Mediennutzung erworben wurde, macht Mediennutzer*innen gegenüber neuen Informationen motivierter und erlaubt ihnen bessere Lernleistungen wegen vorhandener kognitiver Konzepte.

  • Höhere Bildung geht häufig auch mit einer größeren Vielfalt an Alltagsaktivitäten einher, einer größeren Anzahl an Bezugsgruppen und mehr interpersonalen Kontakten, sodass sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass über Themen intensiver diskutiert wird. Es gibt bzgl. mehrerer Themen eine Koorientierung, sodass interpersonale Quellen bzw. relevante soziale Kontakte intensiver genutzt werden.

  • Selektiver Medienumgang (selective exposure, acceptance and retention) spielt ebenfalls eine Rolle, da die selektive Zuwendung zu bestimmten Informationsquellen, die Informationsaufnahme und -abspeicherung stark von Bildungsunterschieden abhängen.

  • Bildungshöhere Gruppen nutzen vielfältigere und informationsreichere Massenmedien, insbesondere Printmedien, in denen Informationen über öffentliche Angelegenheiten und die Wissenschaft bevorzugt und vertieft präsentiert werden.


Wissenskluft-Hypothese Kritik (3)




  • Eine hohe Motivation, sich mit einem Themenbereich auseinandersetzen zu wollen, kann demnach bestehende Bildungsnachteile zu einem gewissen Grad ausgleichen.

  • Wenn hingegen die Motivation gering ausgeprägt ist, haben die Gruppen mit höherer Bildung einen Vorteil und profitieren von bzw. lernen durch medienvermittelte Informationen mehr, sodass nach diesem Modell eine Zunahme der Wissenskluft erkennbar sein sollte.



  • Der dritte Kritikpunkt fokussiert auf die Phase im Rezeptionsprozess, d. h. ob man eher auf die prä-rezeptive Phase (Medienauswahlphase) oder die rezeptive Phase (Mediennutzungsphase) fokussiert

  • Digital Divide:

    • Wissensklüfte können entstehen, weil unterschiedliche sozioökonomische Gruppen einen unterschiedlichen Zugang zu Medien haben (access Gap)

      -> ärmere Bevölkerungsgruppen können sich ggf. keine teuren Printmedien oder kostenpflichtige digitale Medieninhalte im Internet leisten, in denen bestimmte Informationen vermittelt werden.

    • Auf der anderen Seite können Wissensklüfte durch die unterschiedliche Nutzung von zur Verfügung stehenden Medien erklärt werden, weil Gruppen mit höherer formaler Bildung vermehrt zu Printmedien greifen, in denen über wissenschaftliche Erkenntnisse und Fortschritte vertieft berichtet wird.

  • Werden hingegen in hoher Intensität einfache Informationen (beispielsweise Sportresultate) über Medien vermittelt, sind verhältnismäßig homogene gesamtgesellschaftliche Lernprozesse zu erwarten.

  • Zu beachten ist, dass all diese Annahmen und Kritiken bereits in einer Zeit formuliert wurden, in der es noch nicht die große Fülle und Diversität –aber auch Qualität –an frei zugänglichen Inhalten im Internet gab, wie wir sie heute vorfinden. Insofern wäre es interessant und wichtig, die Gültigkeit dieser Punkte heute noch einmal empirisch zu überprüfen.


Medienwirkung: Kultivierungseffekte

  • Kultivierungseffekte: Medieninhalte kultivieren eine Konvergenz von Wahrnehmung, Perspektiven und Erwartungen gegenüber der Realität

-> Medien beeinflussen, wie Menschen die Welt sehen, verstehen und was sie von ihr erwarten, indem sie gemeinsame Vorstellungen und Standards verbreiten.

-> Diese „Konvergenz“ bedeutet, dass unterschiedliche Menschen durch die Medien eine ähnliche Sichtweise auf die Realität entwickeln.

  • Die Effekte wurden zuerst im Rahmen von Unterhaltungsprogrammen im US-Fernsehen untersucht, wobei anfangs die Gewaltdarstellung interessierte (Gerbner & Gross, 1976).

  • Von 1967 bis Mitte der 1980er Jahre erhärtete sich der Befund, dass das US-Fernsehen in seinen Unterhaltungsprogrammen bestimmte Gesellschaftsbilder vermittelt, die von der Alltagsrealität systematisch abweichen–jedoch laut Gerbner et al. die Mainstream-Ideologie der Gesellschaft widerspiegeln.

  • Das Fernsehen produziert eine standardisierte Symbolwelt, die geteilte Vorstellungen und Perzeptionen der sozialen Realität beim Publikum kultiviert.

  • Insbesondere bei Vielseher*innen ist die Wahrnehmung der Welt von inhaltlichen Strukturen des Fernsehens geprägt.


Kommentar:

  • Bei der Kultivierungshypothese bzw. bei den Kultivierungseffekten geht es darum, dass in Massenmedien eine bestimmte Welt erschaffen wird, die nicht zwangsläufig mit der Realität bzw. den objektiven Fakten korrespondieren muss, jedoch die Wahrnehmung der Rezipienten*innen so sehr beeinflusst, dass diese die in den Medien dargestellten Ereignisse sowie deren Ursachen, Konsequenzen und Zusammenhänge für (teilweise) real halten.

  • Die ersten Studien dazu wurden von Gerbner et al. durchgeführt, wobei sich die Forscher*innen angeschaut haben, inwiefern die im US-Fernsehen vermittelte Welt die Wahrnehmung und Beurteilung der Realität durch die Rezipient*innen beeinflusst.

  • Grundsätzlich interessiert(e) dabei insbesondere der Vergleich zwischen Personen mit geringem TV-Konsum und jenen Personen, die einen sehr hohen TV-Konsum zeigten.

  • Die Annahme lautete, dass insbesondere die Wahrnehmung der Realität bei den Vielseher*innen stärker der im Fernsehen dargestellten Welt/Medienrealität entspricht, da intensiverer Konsum im psychologisch-experimentellen Sinne mit einer stärkeren Behandlung/Intervention zu vergleichen ist.


Klassifikation von Games

  • Problematisch ist die Einteilung von Spielen anhand von Genres

    • häufig beinhalten Spiele die Elemente des Abenteuers, des Rollenspiels, des Problemlösens, des Sports etc.

    • Sie sehen diese Schwierigkeit auch bei Filmen, wenn beispielsweise von einer „Action-Fantasy-Komödie“ die Rede ist, weil sich der Film eben nicht eindeutig einem Genre zuordnen lässt. Bei Games ist das teilweise noch schwieriger.


Klimmt (2001) schlägt drei Komponenten vor, anhand derer Games klassifiziert werden können:

  • Narrativer Kontext: Gibt dem Spiel einen Sinn und bietet den Spieler*innen eine Rolle an (Eriegnisse werden z.B. visualisiert, Personen kommen zu Wort usw. -> historische Games)

  • Art der Aufgabe: Zeitdruck und Komplexität der Aufgabe sind die wichtigsten Anforderungen in Games (Motivation spielt hier eine Rolle -> Mission, aber keinen Handlungsdruck, sodass man nicht ins Tun kommt (Beispielsweise “stirbt” Charakter wenn Pause eingelegt wird)

  • Darstellungsform: Die Darstellung von Spielraum (z. B. 2D vs. 3D, Ego-vs. Third-vs. Vogel-Perspektive) und Spielzeit (z. B. Zeitraffer vs. Echtzeit) ist die Oberfläche eines Games

  • Aber: Auch die auditive Komponente (Soundeffekte, Musik) leistet einen wichtigen Beitrag für das Immersionserlebnis, ggf. auch die haptische Komponente (z. B. via Controllervibration)

  • Zudem spielen das stereoskopische 3D und Head-Tracking eine zunehmend größere Rolle (wobei hier das Problem der induzierten Bewegungsübelkeit noch nicht befriedigend gelöst ist).

  • Als weitere Komponente kann ggf. die Stärke der sozialen Interaktion zwischen den Spieler*innen gelten, abhängig von der Art des Zusammenspiels (z. B. Splitscreen vs. Massively Multiplayer Online Games wie World of Warcraft)


Author

Hanna M.

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