Primär- und Sekundärdaten: Unterscheidung
Primärdaten
Originalität: wurden von den Forschenden selbst erhoben
Spezifität: sind gezielt für die spezifischen Bedürfnisse und –ziele der Studie erhoben worden, um eine Forschungsfrage zu beantworten
Aktualität: sind typischerweise aktuell
Sekundärdaten
Verfügbarkeit: Daten sind bereits gesammelt und verfügbar
Breite: können mehr Befragungseinheiten erheben (da sie möglicherweise in großen Erhebungen gesammelt werden)
Kosteneffizienz: Nutzung kostengünstiger und weniger zeitaufwendig (im Vergleich mit Erhebung von Primärdaten)
Primär- und Sekundärdaten: Nachnutzung
Primärdaten werden zu Sekundärdaten, wenn diese von anderen Forschenden (nach-) genutzt werden
• Erhebung der Primärdaten
• Analyse und Nutzung der Primärdaten
• Archivierung und Speicherung
• Zugang für andere Forschende
—> Wiederverwendung der Daten als Sekundärdaten
Welche Datenerhebungsprojekte gibt es?
Primär- und Sekundärdaten Beispiele
Studien
1.Einzelprojekte
Jeckenstudie (PI Lea Ellwardt; Sitzung am 10.07.; https://jeckenstudie.uni-koeln.de/de/)
KINMATRIX (PI Thomas Leopold; https://kinmatrix.eu/home/)
JuKO (PI Clemens Kroneberg; https://uni.koeln/AKKS3)
2. Strukturprojekte
FReDA (PI u.a. Karsten Hank; https://www.freda-panel.de/FReDA/DE/Startseite.html)
ESS (https://www.europeansocialsurvey.org/data-portal)
ALLBUS (https://www.gesis.org/allbus)
Primär- und Sekundärdaten: Passung zu Forschungsfrage
Bedeutung für die Bearbeitung von Forschungsfragen
• Sie können in beiden Projektformen ihre Forschungsfrage (präzise) beantworten
• Jedoch ist die Chance größer, eine genaue Passung herzustellen, wenn Forschende selbst Daten erheben
• Je nach Forschungsfrage ist es aber nicht möglich, zwischen beiden Projektformen zu wählen
Beispiele
• Experimente: zielen genau auf den Unterschied durch das Treatment / die Treatments ab
• Viele Kontexte / Befragungseinheiten: können ggf. nicht durch einzelne Forscherende / singuläre Forschendengruppen erhoben werden
Primär- und Sekundärdaten: Folgen für die Analyse
Zur Erinnerung:
Operationalisierung: Prozess, durch den (abstrakte) theoretische Konstrukte in konkret messbare Indikatoren (Variablen) umgewandelt werden
Unterscheidung zwischen direkter- und indirekter Messstrategie
direkte Messstrategie
das interessierende Merkmal (bzw. Phänomen) kann unmittelbar erfasst, also gemessen, werden
indirekte Messstrategie
das interessierende Merkmal (bzw. Phänomen) wird nicht direkt gemessen, sondern aus anderen Merkmalen abgeleitet
(Auch direkte Messungen bleiben mit Fehlern behaftet)
Bsp. Indirekte Messstrategie
Umfragen zur Messung von Einstellungen & Meinungen
In den Sozialwissenschaften wird oft auf indirekte Messstrategien zurückgegriffen, um Phänomene zu erfassen, die nicht direkt beobachtbar sind. Ein Beispiel für eine indirekte Messstrategie ist die Verwendung von Umfragen zur Messung von Einstellungen und Meinungen.
Angenommen, ein Forscher möchte die Einstellung der Bevölkerung gegenüber Umweltfragen messen. Da Einstellungen und Meinungen nicht direkt beobachtbar sind, nutzt der Forscher einen Fragebogen mit Aussagen wie:
„Ich bin bereit, höhere Steuern zu zahlen, um den Klimawandel zu bekämpfen.“
„Umweltschutz ist wichtiger als Wirtschaftswachstum.“
Die Befragten sollen auf einer Skala von 1 (stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) angeben, inwieweit sie den Aussagen zustimmen.
Einfachheit und Effizienz:
Umfragen sind relativ einfach zu erstellen und durchzuführen.
Sie ermöglichen die Erhebung von Daten bei einer großen Anzahl von Personen in relativ kurzer Zeit.
Standardisierung:
Die Fragen sind standardisiert, was eine vergleichbare Datenerhebung ermöglicht.
Durch die Verwendung derselben Fragen kann die Zuverlässigkeit der Messungen erhöht werden.
Breite Anwendbarkeit:
Umfragen können in vielen verschiedenen Kontexten und für unterschiedliche Themen eingesetzt werden.
Sie können sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgewertet werden.
Subjektivität und soziale Erwünschtheit:
Die Antworten der Befragten können durch soziale Erwünschtheit verzerrt sein, d.h., sie geben Antworten, die sozial akzeptabel erscheinen, aber nicht unbedingt ihrer wahren Meinung entsprechen.
Die Interpretation von Fragen kann subjektiv unterschiedlich sein, was die Validität der Ergebnisse beeinträchtigen kann.
Begrenzte Tiefe:
Standardisierte Umfragen bieten oft keine tiefgehenden Einblicke in die Beweggründe und Motivationen hinter den Einstellungen und Meinungen der Befragten.
Komplexe Sachverhalte können in kurzen Fragebögen nur schwer erfasst werden.
Operationalisierungsprobleme:
Die genaue Operationalisierung der zu messenden Konstrukte (z.B. Umweltbewusstsein) kann schwierig sein, da es oft viele verschiedene Dimensionen gibt, die berücksichtigt werden müssen.
Es besteht das Risiko, dass die Fragen nicht alle relevanten Aspekte eines Konstrukts abdecken oder dass sie missverständlich formuliert sind.
Indirekte Messstrategien wie Umfragen sind in den Sozialwissenschaften weit verbreitet und bieten viele Vorteile, insbesondere in Bezug auf Effizienz und Standardisierung. Allerdings müssen Forscher die Nachteile, insbesondere die möglichen Verzerrungen durch soziale Erwünschtheit und die Herausforderungen bei der Operationalisierung, sorgfältig berücksichtigen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Validität und Reliabilität der Ergebnisse zu gewährleisten.
Fazit
• Es kann zwischen Primär- und Sekundärdaten unterschieden werden
• Primärdaten können Sekundärdaten werden
• Ihr Nutzen kann differenziert betrachtet werden
• Ihre Nutzung hat wesentliche Implikation für die Beantwortung von Forschungsfragen
Take home message
• Es lohnt der Blick in die Operationalisierung für die Bewertung von Studienergebnisse (sie werden hier zu Fachpersonen ausgebildet und können solche Bewertungen vornehmen)
• Operationalisierungen können das Einfallstor für Diskussionen sein
• Es kann gute Gründe geben, um indirekte Messungen zu nutzen (Vor- und Nachteile müssen abgewogen werden)
Zuletzt geändertvor 5 Monaten