o Strukturelle Ungleichheit: Mit Positionen und den Renten, die man dafür bekommt verbunden
o Individuelle Ungleichheit: Mit individuellen Begabungen und Anstrengungen verbunden – häufig sind individuelle Ungleichheiten auch mit soziostrukturellen Ursachen verbunden (und können schonmal aussehen wie strukturelle Ungleichheiten)
-„Welches ist der Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen und ob sie durch das natürliche Gesetz autorisiert wird?“
==> „Der erste, der ein Stück Land eingezäunt hatte und es sich einfallen ließ zu sagen: dies ist mein und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der wahre Gründer der bürgerlichen Gesellschaft“ (Rousseau)
==>Macht und Herrschaft braucht auch Leute, die an diese Herrschaft glauben und sich von ihr beherrschen lassen (Legitimität als notwendiger Mechanismus zum Erhalt von Macht)
-„Wenn wir davon ausgehen, daß viele Dinge, welche die Menschen erstreben, knapp sind, dann muß es dieses Surplus wegen unweigerlich zu Konflikten und Kämpfen zwischen ihnen kommen. Wenn wir Weber folgend Macht als die Chance definieren, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen das Widerstreben der anderen durchzusetzen, dann folgt daraus, daß Macht weitgehend darüber bestimmt, wie der Surplus einer Gesellschaft verteilt wird.“ (Lenski 1973, S. 71)
-Herrschaft ermöglicht Arbeitsteilung und Privateigentum (baut diese und ihre wirtschaftliche Grundlage evtl. sogar weiter aus – erhöhte Effizienz) und darüber einen größeren Surplus / bestimmt aber auch dessen Verteilung
o Ausgangspunkt: Menschen streben nach knappen Gütern
§ Konkurrenz um Ressourcen
§ Macht bestimmt, wie das Surplus in einer Gesellschaft verteilt ist
§ Das Mehrprodukt oder der Surplus ist in der klassischen Nationalökonomie der Überschuss, der über das zum Leben notwendige Maß hinaus produziert wird
==> Herrschaft schafft letztlich auch wieder Ungleichheit,da dies die Verteilung der Güter bestimmt und Abhängigkeitsbeziehungen begünstigt
-Funktionalistische Schichtungstheorie (von Davis/Moore)
o Gesellschaft als System von (beruflichen) Positionen
o Besetzung dieser Positionen ist für den Fortbestand der Gesellschaft funktional notwendig.
o Für jede Position sind spezielle Begabungen und Ausbildungen (technical skills) erforderlich.
o Problem: Besetzung der (bedeutsamen) Positionen mit hohen Anforderungen mit (knappen) Talenten
o Lösung: Belohnungen wie höheres Einkommen und Prestige als Anreize für Mühen der Ausbildung und Tätigkeit.
o Strukturelle Folge: soziale Ungleichheit (nach „Anstrengung“ und „Leistung“!)
==> Schichtung funktional notwendig! (nach dem Davis/Moore-Modell)
==> Also keine Frage von Macht und Herrschaft, sondern von Angebot und Nachfrage?
o Oder sind Profifußballer für die Gesellschaft wirklich funktional notwendig?
o Dann gäbe es aber auch keine Leute, die in ihren Berufen unpassend wären
o Modell hält bspw. nicht den Pflegeberufen stand
§ Fraglich ob diese Anreize dann wirklich ein Gehaltsgefälle von 300:1 (Manager : Pflegekraft) benötigen
o D.h. Wir brauchen nichtdestotrotz Anreize um bestimmte Positionen zu füllen, da sich sonst alle die bequemsten und angenehmsten Positionen heraussuchen würden
==> Eine einseitige Beurteilung ist kaum möglich
-Annahme: Nachfrage nach der Leistung X steigt (z.B. wegen Wohlstandsmehrung oder gesetzlichen Ansprüchen auf Kinderbetreuung oder klinische Versorgung): Da ==> D ́
-Konstellation 1: Flexible Ausweitung des Angebots (S-), z.B. wegen geringer Qualifikationserfordernisse
==> Nur geringe Erhöhung des Einkommens (p ́-), z.B. weil es viele Bewerber für die „einfache“(!) Dienstleistung gibt
-Konstellation 2: Weniger flexible Ausweitung des Angebots (S+), z.B. aufgrund hoher Qualifikationsanforderungen
==> Stärkere Erhöhung des Einkommens (p ́+), z.B. weil es wegen der langwierigen Ausbildung kurzfristig nicht genügend Bewerber gibt
==> Dementsprechend gibt es langfristig aber auch mehr Bewerber, da Einkommen höher
-Annahme einer idealen Marktwelt: Einkommensungleichheit spiegelt unterschiedliche (Qualifikations-)Anforderungen von Berufen wider
==> D.h. Höhere Löhne würden größeren Aufwand oder geringeren intrinsischen Nutzen widerspiegeln
-Einkommensunterschiede seien im Gleichgewicht genau so, dass es allen Personen egal ist, welchen Beruf sie ausüben (Theorie kompensierender Lohndifferentiale)
==> Alle bekommen so viel Geld, dass Aufwand und geringerer intrinsischer Nutzen egal sind
==> Dafür wäre aber die entscheidende Voraussetzung ein perfekter Wettbewerbsmarkt – dort könnte dann aber auch jeder jeden Beruf jederzeit ausüben, da es keine Zugangsbeschränkungen mehr gäbe (d.h. wir betrachten wieder ein kurzfristiges Marktgleichgewicht bei perfektem Wettbewerb)
o Markttransparenz /vollständige Information
o Homogenität der Güter (Güter = völlig einheitlich/undifferenziert, keine Qualitätsunterschiede)
o Keine persönlichen oder räumliche Präferenzen
o Direkte Reaktion aller Markteilnehmer
==> Diese Annahmen sind empirisch nicht immer erfüllt!
==> Ergänze ich nun aber die langfristige Perspektive im inperfekten Markt in dem jeder jeden Job ausüben kann, dann kommt es zu einer Konkurrenz um Jobs, die das System dysfunktional werden lassen und den Wettbewerb egalisieren, weil alle immer direkt den Job wechsel würden, sobald ihnen der Nutzen höher erscheint
==> Genau dieses Problem wird ausgeglichen dadurch, dass Berufsgruppen den Zugang zu den Berufen einschränken
==> „Auf einem Markt mit vollständiger Konkurrenz ist es ohne Bedeutung, wer wen beschäftigt, also ob Kapital Arbeit oder ob Arbeit Kapital mietet. In einer solchen ökonomischen Umgebung kann es keine Klassen geben. Jeder Akteur hat zu jeder Position den gleichen Zugang. Arbeiter könnten ohne jedes Problem in die Rolle von Kapitalisten schlüpfen. Sie müßten dafür nur an einem ihnen offenstehenden Kapitalmarkt einen Kredit aufnehmen und anschließend Arbeiter beschäftigen. Klassenbildung kommt dann zustande, wenn der Kreditmarkt unvollkommen ist. Die Einkommensungleichheit kommt also in die Welt durch Marktunvollkommenheiten. Diese münden immer in Zutrittsbeschränkungen“ (Berger 2004)
o Hier werden Markt und Jobs von gesellschaftlichen Einrichtungen (wie Patenten, etc.) beschränkt und reglementiert
o Diese sind nicht grundsätzlich schlecht – sie schaffen zwar Ungleichheit, aber eben auch Anreize
§ Ein perfekt chancengleicher Wettbewerbsmarkt, schafft zwar keine Ungleichheit – aber eben auch keine Anreize (u.a. auch nicht für Entwicklung, Fortschritt, etc.) – das System kommt somit zum Erliegen
==> die Steigung der Angebotsfunktion entsteht nicht natürlich, sondern ist u.a. Resultat politischer Aushandlungen
==> Interessengruppen verhindern, dass das Angebot flexibel ausgeweitet werden kann
==> strukturelle Vorgaben (z.B. Beschränkung von Zulassungen, lange/kostspielige Ausbildung) beschränken das Angebot und erhöhen die Preise
-d.h. Einkommensungleichheit unter Bedingungen vollständiger Konkurrenz ≠ Gleichheit aller Einkommen ==> System würde zusammenbrechen, da Anreize fehlen
-Aber:
o Problem eines kontrafaktischen Vergleichsmaßstabes - Bedingung der vollständigen Konkurrenz kann nicht gemessen werden
o Achtung vor Ideologiefalle: Dies bedeutet keineswegs, dass „Mehr Markt“ (≠ vollständige Konkurrenz!) immer zu einer Reduzierung von Ungleichheiten führt ==> wenn man nur an einzelnen Schrauben dreht, bedeutet das oft mehr (systematische) Ungleichheit für bestimmte Gruppen
-Zulassungsbeschränkungen von Berufsverbänden (z.B. der Ärzte)
o Bspw. bräuchten die Bevölkerung mehr Psychologen – die bestehenden Psychologen müssten sich dann aber mehr um Patienten bemühen – die Psychologen sind aber nunmal besser organisiert als die Bevölkerung (Motive: Qualitätssicherung und Interessenspolitik) – Form des heute noch existenten Klassenhandels
-Karrierestufen (z.B. Professuren)
-„Statusgemäße“ Bezahlung (u.a. Tariflöhne)
-Patente
-Seltene Talente (sog. „natürliche“ Monopole)
-Rechtliche oder räumliche Mobilitätseinschränkungen der Nachfrager (u.a. Leibeigenschaft) - u.v.m.
==> also u.a. wiederum: Macht und Herrschaft
o Unter Umständen aber vielleicht sogar wünschenswert?
-Renten = Zahlungen über den Betrag hinaus, der erforderlich wäre, damit jemand die Tätigkeit/einen Beruf ausübt (Geld, soziales Prestige, etc.) (bei Erziehern wenig Rente / bei Spitzenmanagern ein vermutlich ein Vielfaches der Rente, die als Mindestanreiz nötig wäre)
o Angebot des Faktors ist nicht beliebig vermehrbar
o Zahlungen an Inhaber einer sozialen Position (unabhängig von den individuellen Anstrengungen und Fähigkeiten)
o Zahlungen, deren Grundlage lediglich ein Besitztitel und keine Leistung ist
-Ursache für Ungleichheiten: Wettbewerbsbeschränkungen, die aus Prozessen der sozialen Schließung hervorgehen (==> Entstehung nicht-konkurrierender Gruppen)
-Renten lassen Klassen entstehen
o „(...) rents are advantages that prevent other actors from realizing the full return on their assets. Rents are crucial for the emergence of exploitation classes because those who benefit from rents have an interest in protecting their rights to the rent-producing assets, while those who are prevented from realizing the full return on their assets have an interest in eliminating the rents. Rents thus may create antagonistic interests and conflict.“ (Sørensen 2000: 1535)
o Renten hindern andere Akteure daran, ihre Ressourcen vollkommen auszuschöpfen
o Klassenhandeln (Klassen-Handeln) = rent seeking, Verteidigung von eigenen Renten, Reduzierung von anderen Renten
o Durch Herrschaft kann darüber hinaus festgelegt werden, welche Zutrittsbeschränkungen geltend sind, um ökonomische Renten in bestimmten sozialen Positionen zu erlangen
Ist nicht ein großer Teil der beobachtbaren Ungleichheit „individuell“?
==> Beispiel: Enorme Varianz im „Einkommen“ von Künstlern
-Eine Frage der Begabung?
o Individuelle Ungleichheit ergibt sich aus unterschiedlichen Talenten und erworbenen Qualifikationen
o Seltene Talente ermöglichen oftmals sehr hohe Erträge (==> nicht vermehrbarer Faktor)
==> Aber seltenes Talent ist nicht zwangsläufig der Grund für Erfolg - siehe die oft unterschätzte Bedeutung sozialer Prozesse
==> Verschiedene Herangehensweisen sich die Musik auszusuchen – von links nach rechts, über von oben nach unten, den meisten Downloads folgen oder danach auszuwählen, was sich am Besten anhört
==> Muss sich natürlich um unbekannte Bands handeln
-Fragestellungen: Welche Wirkung hat die Stärke sozialer Beeinflussung...
o ...auf die Ungleichheit im Marktanteil?
o ...auf die Vorhersagbarkeit des Erfolgs?
o Wie stark ist der Erfolg in diesem kulturellen Markt ein Zeichen der Qualität der Produkte?
==> Unabhängige Entscheidungen in Kontrollgruppe als Qualitätsmessung
==> Qualität und Erfolg des Songs
o Wenn das Verhältnis der x- (unabhängige Bewertung der tatsächlichen Songqualität) und y-Achse (Reichweite) 1:1 wäre, dann müssten die Punkte alle auf der Punktlinie liegen
o Soz. Beeinflussung (wie viele haben den Song bereits gehört und für gut befunden?) zeigen, dass die Songs mit einer höheren Reichweite immer noch höhere Reichweiten entwickeln, als sie es wegen ihrer Qualität ohnehin schon täten
==> Soz. Beeinflussung verstärkt Ungleichheit
==> Unvorhersehbare Entkoppelung des Erfolgs von der Qualität – Verbesserung o.Ä. sind gar nicht mehr nötig
-Sozialer Einfluss führt zu einer stärkeren Ungleichheit und größeren Unvorhersagbarkeit des Erfolgs in kulturellen Märkten
-Ein Beispiel für den allgemeineren Mechanismus des „kumulativen Vorteils“
o sog. Matthäus-Effekt: „wem hat, dem wird gegeben“ / Kumulativer Vorteil
o Hier: Extreme Verstärkung (weitgehend) zufälliger Anfangsunterschiede durch sozialen Prozess
==> Individuelle Ungleichheit ergibt sich aus unterschiedlichen Talenten und erworbenen Qualifikationen sowie dynamischen sozialen Prozessen der Vorteilsverstärkung (Zufall spielt eine große Rolle)
Zuletzt geändertvor 3 Monaten