Klassische kommunale Instrumente
Kritische Betrachtung allgemeiner Praxis
Neuere Instrumente der Wirtschaftsförderung
Kooperation als strategischer Ansatz moderner Wirtschaftsförderung
Vorbemerkung (F. 4)
„Informieren, beraten, ansiedeln, vernetzen, strategisch entwickeln“ – was bedeutet das konkret?
Zunächst: Diese Aktivitäten finden sich in vielen Instrumenten wieder und sind Kennzeichen einer handlungsorientierten Selbstverständnisses moderner Wirtschaftsförderung
Die Betrachtung der klassischen Instrumente lehnt sich an den „Wirtschaftsförderklassiker“ Boyken an, allerdings unter
Hervorhebung von Aspekten, die an Bedeutung gewonnen haben
kritischer Betrachtung und Bewertung in Hinblick auf heutige Relevanz und Akzeptanz
Hinzufügung von Aspekten, die in den letzten Jahren hinzugekommen sind
Berücksichtigung aktueller Praxisbeispiele
Übersicht - Klassische kommunale Instrumente (F. 5)
1. Gewerbeflächenmanagement
2. Förderung des Innovationspotentials und des TT
3. (Anwendung von steuer- und tarifpolitischen Massnahmen)
4. Planung und Ausbau der wirtschaftsnahen
technischen Infrastruktur
5. Ausbau der haushaltsnahen Infrastruktur
6. (Verbesserung der personellen Infrastruktur)
7. (Beschäftigungspolitik)
8. Vergabepolitik
9. Lobbying
10. Standortmarketing
11. Information und Beratung
Gewerbeflächenmanagement (F. 6)
Ankauf, Erschließung und Verringerung von (Gewerbe)Flächen
Abräumung und Wiederherrichtung von (Gewerbe-)Brachen
Ausweisung von Gewerbe und Industriegebieten in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen (Innenentwicklung versus „Grüne Wiese“?) —> Einflussnahme auf die Erstellung von Bauleitplänen
Miet- und Verkaufspolitik für kommunale Flächen
Anmerkung: weiterhin Kernelement der Wirtschaftsförderung, aber bitte intelligent eingebettet in ein Gesamtkonzept, das die Wechselwirkungen mit technischer und sozialer Infrastruktur („Suprastruktur“, „social overhead capital“) berücksichtigt.
Aktuelle Beispiele: Breitband, Kinderbetreuung
Gewerbeflächenmanagement (F. 7)
Gewerbliche Liegenschaftspolitik
Die gewerbliche Liegenschaftspolitik* ist das eigentliche strategische Element des Gewerbeflächenmanagement. Es geht darum,
Flächen (gezielt auf Vorrat) sichern und wenn nötig entwickeln, um auf Nachfrage unmittelbar reagieren zu können.
Veräußerung, Ver(erb)pachtung und Vermietung von kommunalen Liegenschaften
Wiederherrichtung (evtl. nach vorherigem Erwerb) von Brachen
* (kommunale) Liegenschaft i.e.S.: (kommunale) Gewerbefläche; Grundstück mit oder ohne Bebauung, das entsprechend einem Flächennutzungsplan (Bauleitplanung) und ggf. einem kommunalen Bebauungsplan als industriell oder gewerblich zu nutzende Fläche ausgewiesen ist oder faktisch entsprechend genutzt wird
Gewerbeflächenmanagement (F. 8)
Aktuell wichtige Fragestellungen in diesem Zusammenhang sind:
Flächenkonkurrenz (Wohnbebauung, Erholungs- und Naturräume, LAWI)
Innenentwicklung versus „Grüne Wiese“
Qualifizierung von Gewerbegebieten (Infrastruktur, Städtebau/Anmutung, etc.)
Profilierung nach außen -> Vermarktung im Standortwettbewerb -> Preisstrategie vs. Differenzierung
Differenzierung als standortangepasste Profilierungsstrategie
Klassisch: Anbindung, Größe, geringe Einschränkungen (Lärm, Emmissionen usw.)
Modern: Nachhaltigkeit, Digitalität, moderne Vermarktung
Gewerbeflächenmanagement - revised??
Förderung des Innovationspotentials und des Technologietransfers (F. 11,12)
Errichtung von Technologie- und Gründerzentren
Etablierung von Technologietransferstellen
Anmerkung: seit Jahren in größeren Kommunen Standard, daher als „klassisch“ zu bezeichnen. Inzwischen wird die Effektivität dieses Instrumentes diskutiert, teilweise in Frage gestellt. Z.T. schwacher Impact (Auslastung, Arbeitsplätze, keine Spillovers) provoziert die Frage:
Versagt Konzept oder Umsetzung????
Planung und Ausbau der wirtschaftsnahen technischen Infrastruktur (F. 13, 14)
1. Verbesserung der Verkehrsanbindung (auch ÖPNV)
2. Ausbau kommunaler Ver- und Entsorgungsanlagen
3. Breitbandversorgung
Anmerkung: weiter Kernelement der Wirtschaftsförderung im Sinne einer Grundvoraussetzung
Exkurs: Breitbandversorgung
Ausbau der haushaltsnahen Infrastruktur / Vorhaltung öffentlicher Einrichtungen (F. 15)
„weiche Standortfaktoren“
1. Krankenhäuser, Schulen…
2. Freizeit- und Kulturangebot
3. Einkaufsmöglichkeiten, Gastgewerbe, Tourismus
Anmerkung: Bleibt von höchster Bedeutung! Stichworte: „weiche“ Standortfaktoren, Standortwettbewerb, Standortprofil, wenngleich: selbstverständlich kein Feld, das durch Wifö allein bestellt werden kann!
Vergabepolitik (F. 16)
Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Kommune als Ankurbelung der örtlichen Wirtschaft
Anmerkung: nach wie vor ein Instrument (wenn auch nicht der Wifö direkt), welches nach Ansicht der Unternehmer(-vertreter) vielerorts großes Potenzial aufweist.
Allerdings:
Kollisionsgefahr mit EU-Recht
Gefahr der Fehlallokation knapper öffentlicher Ressourcen (wenn Nähe mehr zählt als das Preis-Leistungsverhältnis)
Gefahr entsprechender Reaktionen anderer Kommunen
Beschäftigungsförderung (F. 17,18,19)
Aktivierung der Kommune als Arbeitgeberin/ Beschäftigungsförderung innerhalb der Verwaltung
⇒ Heute angesichts leerer Kassen kein probates Instrument, zudem ordnungspolitisch bzw. unter Allokationseffizienzgesichtspunkten hoch problematisch
Seit einiger Zeit wird Beschäftigungsförderung daher als Instrument der Wirtschaftsförderung neu interpretiert:
Aktivierung spezieller Gruppen (Frauen, Migranten etc.)
Sensibilisierung zu relevanten Themen und
Vernetzung der Akteure …dazu „später“ mehr…
Beschäftigungsförderung heute: Fachkräfte!!
Lobbing (F. 20)
Einflussnahme bei der Formulierung und beim Vollzug von EU-, Bundes- und Landesprogrammen
Anmerkung: faktisch beschränkte Möglichkeiten, dennoch Daueraufgabe, jedoch nicht für die Wirtschaftsförderung i.e.S. als Verwaltungseinheit, sondern eher für die politische Spitze (Bürgermeister, Landrat usw.)
Wichtig: Lobbying im Sinne eines Eintretens für die Interessen der regionalen Wirtschaft und den Wirtschaftsstandort generell ist selbstverständlich Daueraufgabe der Wirtschaftsförderung – überall und bei jedem Anlass…
Information und Beratung (F. 21)
Standortinformationen
Information und Beratung ist als klassisches Querschnittsinstrument der kommunalen Wirtschaftsförderung zu verstehen:
Interessierte erhalten Informationen zum Standort wie
Bevölkerungsdaten
Wirtschafts- und Infrastruktur
Übersicht über Gewerbeflächen
Wirtschaftliche Besonderheiten der Kommune bzw. Region
Information und Beratung (F. 22)
Beratung
Beratung bezieht sich klassischer Weise auf Umsetzungs- fragen der Ansiedlung, aber auch der Bestandsentwicklung:
Wahl des geeigneten Standortes
Behördengänge
Baurechtliche Fragen
Kontaktvermittlung zu Behörden und anderen Institutionen
Förderprogramme von Bund, Land, Agentur für Arbeit
Gründungs- und Nachfolgeberatung
Anmerkung: gewinnt weiter an Bedeutung und Komplexität!
Information und Beratung (F. 23)
Proaktives Instrument: Der Unternehmensbesuch
Ein Unternehmensbesuch erfüllt 4 Funktionen:
Wirtschaftsförderung kann sich als aktiv präsentieren, „sich kümmern“, Nähe erzeugen, den „Behördencharakter“ (Dallmann/Richter, S. 272) mindern
Es kann vor Ort Beratung geleistet werden, evtl. „am Objekt“, etwa im Falle einer Förderberatung für Investitionen
Informationen über die Unternehmen und ihre Probleme, Wünsche, Forderungen und Pläne aus erster Hand erhalten
Dem Unternehmen Wertschätzung entgegenbringen (dies erhöht evtl. auch die Bindung an den Standort)
Anm. Manche Wirtschaftsförderung differenziert hier nach Bedeutung und identifiziert so genannte „Key-Account-Kunden“, die aufgrund ihrer Größe, Gewerbesteuerzahlung, Wachstum etc. besondere Behandlung erfahren…
Information und Beratung (F. 24)
Instrument Unternehmensbefragung
Eine Unternehmensbefragung kann als „Marktforschung“ in eigener Sache eingesetzt werden, um
Mehr Unternehmen aktiv anzusprechen, als dies durch Besuche möglich ist
Die eigenen Unternehmen(sstruktur) besser kennenzulernen
Die Nöte und Vorschläge aufzunehmen
—> Die eigenen Angebote und Aktivitäten besser auf die Kunden
abzustimmen!
Problem: Unternehmen dürfen nicht mit Umfragen überfrachtet werden, dies sorgt für Unmut! Zu beachten ist: immer mehr Akteure setzen dieses Instrument ein bzw. fordern von Amts wegen Auskünfte…
Standortwerbung. (F. 25)
Klassisch verstanden als Kommunikation der Vorzüge nach außen
Ziel: Ansiedlung von Unternehmen von außerhalb
Kommunikationswege:
Anzeigen, bevorzugt in Printmedien
Messeauftritte, Teilnahme an Ausstellungen u.ä.
Direktwerbung bei einzelnen Unternehmen
Anmerkung: Klassische Standortwerbung ist nicht mit modernem Standortmarketing zu verwechseln!
Kritische Bestandaufnahme der Praxis - Was läuft flasch? Läuft was falsch? (F. 26)
Beschränkte inhaltliche Aussrichtung
Fehlende Kundenorientierung
Mangelnde Erfolgskontrolle
Fehlende Verzahnung der Instrumente
Fehlende Kooperation und Kommunikation
Fehlende Entscheidungshoheit
—> Fazit: Komplexität überfordert!
Beschränkte inhaltliche Ausrichtung (F. 27)
Häufig starker Schwerpunkt auf Liegenschaftspolitik
Angebot der kommunalen Wifö wird bestimmt durch eigene Beschränkungen in personeller und inhaltlicher Hinsicht
Fehlende Leistungsanreize im öffentlichen Dienst
Immer noch zu starke Ausrichtung auf die Verbesserung der „harten“ Standortfaktoren! „Weiche“ werden oft noch vernachlässigt
Notizen:
Kleine WF kümmern sich oft nur um den Verkauf von Gewerbeflächen
One man show kann nicht alles regeln, deshalb Netzwerk Gedanken wichtig
Subjetiven, die an den Personen orientieren, Fachkräfte orientieren fallen oft zurück
Harte = messbare, vermeintlich objektiven —> Straßen, Bahnhof, Flughafen, hat einen nutzen direkt für das Unternehmen
Weiche = Lebensqualität vor Ort, sehr subjektiv, aber muss heute mit in den Blick genommen werden!
Fehlende Kundenorientierung (F. 28)
Verwaltungs- statt Servicementalität
Mangel an Leitbildern und klaren Visionen
Unklarheit über Zielgruppen
Reaktives statt proaktives Agieren
Verwaltungsmentaltität = Antwort: Nicht zuständig (trifft auf die meisten WF heute nicht mehr zu)
Servicementalität= Kundenorientierung, Empathie
Leitbild und Visionen: Was macht man eigentlich? Für wen machen wir das? Was wollen wir erreichen? Wo sehen wir unsere Rolle? An Leitbildern kann man sich orientieren
Zielgruppen: Für wen wollen wir agieren?
Reaktives statt proaktiveres Agieren —> Beispiel Corona, Wie bekommen wir die Corona Hilfen, was Fülle ich aus, Was dürfen wir machen? WF haben richtig geackert, und dann gab es welche, die nichts gemacht haben —> irgendwas lief bei denen falsch —> Unternehmen haben gar nicht die Idee ihre WF anzurufen, die ist nicht hilfreich!!! WF große Distanz zu Unternehmen, WF auch aktiv auf Unternehmen zu gehen —> Unternehmen sind geschwommen, kleine und Mittelständische Unternehmen, Handwerk + Innenstadthandel, nicht die großen Unternehmen
Mangelnde Erfolgskontrolle (F. 29)
Wenn Erfolgskontrolle, dann inputorientiert und mehr oder weniger in Selbstevaluation
Generelles Glaubwürdigkeitsproblem der Selbstevaluation
Häufig Fehlen von Informationen über negative Aspekte, z.B. Abwanderungen, Schließungen und Schrumpfungen
Mangelnde Transparenz und Nachhaltigkeit der Erfolgsmessung und ihrer Methoden
Inputindikatoren und projektierte Zahlen sind in ihrer Aussagekraft per se beschränkt
Mangelnde Erfolgskontrolle:
Problematisch sich selbst zu evaluieren —> Glaubwürdigkeitsproblem, erwähnen nur die positiven Aspekte
—> nächstes Semester, nicht Prüfungsrelevant
Thema Evaluation + Erfolgskontrolle Zukunftsthemen für uns, wird immer mehr kommen
Fehlende Verzahnung der Instrumente (F. 30)
Es gibt Berührungen, aber keine Verzahnung
Fehlende Kooperation und Kommunikation (F. 31)
Innerhalb der Kommune
− zwischen Verwaltungseinheiten
− zwischen Verwaltung und wichtigen Institutionen wie Kammern, Verbände, Gewerbevereinen etc.
Zwischen den Kommunen (einer Region)
Zwischen Kommune und Landkreis oder Region
Fehlende Entscheidungshoheit (F. 32)
Die Instrumente unterliegen nur zum Teil einer eindeutigen Entscheidungshoheit der kommunalen Wirtschaftsförderung
Ergo: nicht in allen Bereichen hat die kommunale Wirtschaftsförderung tatsächlich bedeutenden Einfluss
Bereiche, wo man als Kommunale WF Entscheidungen treffen kann und wo nicht
Fazit?
—> Komplexität überfordert
Operative Aufgaben = Pflichtaufgaben —> muss man machen, wie gut ist eine andere Frage, kann man abdecken auch als Einzelkämpfer
Strategischer operieren kann man mit Anfangen - paar Akzente setzten aber alles dann im Roten Bereich kann man oft nicht leisten, wenn man mehr Geld bekommt und Ressourcen kann man vielleicht Aufgaben aus dem Roten Bereich machen, wenn gekürzt wird, weniger machen
Wie kann diese Grenze verschoben werden.
—> Mehr Mitarbeiter einstellen (größeres Budget) —> mehr Gewerbesteuer einnahmen, haben tollen Job gemacht
—> Outsourcen: Abgeben an die WF des Landkreises, bietet WF des Kreises oft selbst an und macht Angebot, lasst uns mal überlegen, was wir euch abnehmen können —> Teile der Aufgaben erfüllen andere, damit man für anderes Kapazitäten hat
Kein Standortmarketing ist nicht Tourismusmarketing
Warum ist für Stadt-Göttingen (Gebietskulisse) Standortmarketing quatsch? Fachkräfte werden gesucht, was tun sie als WF? —> Notwendig das Umland mit einzubinden! Als Anwerbefaktor
Warum reduziert man sein Angebot künstlich auf Göttingen? —> Umland mit einbeziehen! Arbeitgeber, wohnen, Arbeiten im Umland einbeziehen. Reicht nicht, Wissen in Wertschöpfung umsetzen das ist wichtig! Regionen mitdenken!
Alle brauchen Standortmarketing!
Was ist eine Region — Handlungsraum von Unternehmen und Akteuren, nicht an administrative Grenzen denken
Arbeitsmarktgrenzen gehen über die Stadt hinaus
Abbildung vorher abfrage:
Operative Aufgaben (unten)
Dazwischen
Steuerung und Strategie (oben)
Flächenangebot, Bestandspflege, Ansiedlungen und Genehmigungen
Existenzgründung, Flächenmanagement
—> Finanzielle und personelle Ressourcengrenze
Standortmarketing, Beschäftigkunsförderung —> weiter oben Clusterstrategie
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