Buffl

Vorlesung 6-10

CB
von Carolina B.

Welche Kognitive Intergruppentheorien und Intergruppenkonflikte gibt es? Erläutern sie sie?

• Kategorisierungstheorien

o Das Modell der Merkmalszuordnung von Tversky (1977)

In Anlehnung an dieses Modell:

→ Stereotype werden als Prototypen aufgefasst, die ein typisches

Gruppenmitglied repräsentieren

→ Eigengruppenmitglieder werden im Vergleich zu

Fremdgruppenmitgliedern dem Prototyp ähnlicher beurteilt als sie es

tatsächlich sind → Eigengruppenhomogenisierung

→ Taucht eine Fremdgruppe auf, erweitert sich der Beurteilungskontext.

Intergruppenunterschiede werden verstärkt. Gruppenzugehörigkeit wird

besonders salient.

• Schematheorie

o Neissers Schematheorie

→ Schemata: unbewusste, ineinander verschachtelte, aktive geistige

Prozesse, die auf allen Ebenen der Abstraktion Wissen repräsentieren

→ Verschiedene Formen von Schemata: Ereignisschemata (Skripts),

Selbstschemata, Personenschemata und Person-in-Situation-Schemata

→ Schemata gehen mit Beeinträchtigungsfehlern einher →

Schematypische Merkmale werden vorrangig aktiviert.

Außerdem: Einem bestimmten Stereotyp entsprechende Merkmale

werden in ihrer Auftretenshäufigkeit überschätzt

• Balance-Theorie

o Heiders Balance-Theorie

o Kritik: Ungenügende Berücksichtigung von Umgebungsbedingungen

• Selbstkategorisierungstheorien

o Turners Selbstkategorisierungstheorie

▪ Annahmen:

• Individuen = Handlungszentren, die Vorstellungen über ihr

eigenes Ich entwickeln, Selbstkategorisierungen und auch soziale

Kategorisierungen vornehmen

• Soziale Kategorisierungen als Vergleichshorizonte zur

individuellen Einschätzung

• Erhöhung der individuelle Selbstwerteinschätzung durch

Identifikation mit sozialen Kategorien mit positiven Wirkungen auf

das eigene Selbst

• Theorie der sozialen Identität

o soziale Kategorisierung

o soziale Identität

o sozialer Vergleich

o soziale Distinktheit

Wie kann Aggression erklärt werden?(allgemeines Rahmenmodell, aktualgenetische Erklärung antisozialen Handelns, Sozial-kognitives Modell, Die Macht der Situation)

Ein allgemeines Rahmenmodell

• Aktualgenese

o generalisierte Überzeugungen und Bewertungen, Kompetenzen,

Bewältigungsressourcen, Vulnerabilitäten, Dispositionen etc.;

o Überzeugungen, Bewertungen, aktualgenetische motivationale Prozesse,

Volitionsprozesse, Handlungsregulation

• Ontogenese

o Sozialisationsprozesse, Lernerfahrungen, biographische Erfahrungen; bio-

psycho-soziale Ontogenese

• Biologischer Kontext

o Genetische und physiologische Bedingungen

• Sozialer Kontext

o Makrokontext (Wirtschaftslage, soziale Normen, ethnische Konstellation u.a.);

Mesokontext (familiäre Bedingungen, sozialer Kontext, Peer-Gruppe u.a.)

Die aktualgenetische Erklärung antisozialen Handelns

Intrapersonale Prozesse der Verhaltenssteuerung

• Ausgangspunkt: Die Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard, Doob, Mowrer &

Sears, 1939) – baut auf der dualen Instinkttheorie von Freud auf

• Frühe Formulierung: Die Blockierung von Zielen bzw. zielgerichteter Aktivität führt zu

Frustration → erhöht die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens

• Spätere Differenzierung: Unter welchen Bedingungen zeigen frustrierte Menschen

aggressives Verhalten?

o Aggressive Hinweisreize

o Kognitiv-neoassoziationistisches Modell

▪ Aggressives Verhalten als Ergebnis eines negativen Affekts, der kognitiv

verarbeitet wird und dabei ein Netzwerk aggressiver Gedanken und

Gefühle aktiviert

Sozial-kognitives Modell

Intrapersonale Prozesse der Verhaltenssteuerung

Aggressive Skripts: kognitive Repräsentationen über Form und Zeitpunkt/Kontext aggressiven

Verhaltens

„Skripts sind die Basis des Sozialverhaltens im Allgemeinen und aggressiven Verhaltens im

Speziellen. Durch wiederholtes gleichartiges Reagieren auf denselben Stimulus entwickelt sich

allmählich eine generalisierte kognitive Repräsentation, welche den Stimulus eng mit der

entsprechenden Reaktion verknüpft. Wenn dann dieser Stimulus erneut auftritt, aktiviert dieser

mit zunehmender Wahrscheinlichkeit das dazugehörige Skript, woraufhin die in ihm

gespeicherten Verhaltensweisen ausgeführt werden. In dem ‚Verhaltensdrehbuch‘ sind nicht nur

die konkreten Verhaltensanweisungen enthalten, sondern auch verschiedene Variationen des

Skripts und Informationen darüber, wann ein aggressives Verhalten angemessen ist (normative

Überzeugungen)“

Die Macht der Situation

Wichtige situationale Faktoren:

• Alkoholkonsum schon in moderaten Mengen

• hohe Temperaturen

• Lärm

• Enge

• Schmerzen

• Medien

! Wichtig: Diese Faktoren wirken nicht einfach als Haupteffekte!

3.3 Die Ontogenese antisozialen Handelns

Erklärungsansätze

• Evolutionäre Erklärungen?

• Personale biographische Bedingungen?

• Aggressivität als überdauerndes Persönlichkeitsmerkmal?

• Konrad Lorenz‘ „Dampfkesselmodell“?

! Nur einige wenige Personen handeln antisozial – das dann aber zeitlich stabil

Lerntheoretische Ansätze

• Aggressives Verhalten als Resultat operanten Konditionierens

• Aggressives Verhalten als Resultat von Modelllernen

Entwicklungsverlaufformen:

• Moffitt (1993): Unterscheidung zwischen jugendtypischer Delinquenz vs. „persistenter“

Antisozialität

• Wie kann Diskontinuität im einen, Kontinuität im anderen Falle erklärt werden?

Erläutere das Milgram-Experiment? Beziehe dich auch auf die Hintergründe, die Variationen, Erklärungsansätze und Kritik.

Politischer Hintergrund

Die Suche nach einer Erklärung dafür, dass tausende „ganz normaler Menschen“ direkt oder

indirekt an der millionenfachen Ermordung von Juden, Sinti und Roma u.a. beteiligt waren

Psychologisch-theoretischer Hintergrund

Milgram war Mitarbeiter von Solomon Asch, dessen Experimente zur Konformität ihn beeinflusst

haben. Allerdings ist die politische Motivation bei Milgram wohl ausschlaggebender gewesen als

ganz spezielle psychologisch-theoretische Interessen.

Milgrams Standardexperiment

Räumliche Nähe

Nähe „Lehrer – Schüler“: Variationen

 Fernraum 65%

• Akustische Rückkopplung 62,5%

• Raumnähe 40%

• Berührungsnähe 30%

→ Je näher die Versuchsperson dem „Opfer“ war, je unmittelbarer die Leiden

wahrzunehmen waren, desto seltener wurde der Gehorsam, bis zur Maximalstufe zu

gehen.

Gehorsam in Gruppen

 Mehrzahl der Versuchspersonen ist nur dann gehorsam, wenn Anweisungen von einer

Autorität stammen

 Eine Bedingung für Gehorsam: körperliche Anwesenheit der Autorität zu sein.

 Alle Versuchspersonen brechen Experiment ab, wenn zwei statusgleiche

Versuchsleiter über dessen Fortführung oder Beendigung entgegengesetzte

Anordnungen erteilen

 Die beobachtete „Meuterei“ anderer scheint ein besonders wirksames Mittel zu sein,

Gehorsamsbereitschaft zu destruieren

Erklärungsansätze

Weitere Einflussfaktoren?

Individuelle Merkmale

„Gehorsame“

 Höhere Autoritarismuswerte

 Haben länger beim Militär gedient (Ausnahme: Oiziere)

 Niedrigere Bildungsabschlüsse

 Häufiger in techn-naturwiss. Berufen

 Sind jünger

„Ungehorsame“

 Personen in Führungspositionen

 Geübt darin, selbst Entscheidungen zu treen / Anordnungen zu erteilen

 Burley & McGuiness (1977): höhere Werte bei sozialer Intelligenz

 Höhere Empathiewerte

! Unterschiede nicht immer replizierbar

Kritik

Validität

Orne & Holland (1972):

 Kernthese: Versuchspersonen glaubten nicht, dass der „Schüler“ tatsächlich

Elektroschocks erhielt. In der Öentlichkeit hätte sich auch herumgesprochen, dass in

psychologischen Untersuchungen die Teilnehmer häufig belogen würden.

 Übertragbarkeit in einem Universitätslabor gewonnener Ergebnisse auf andere soziale

Kontexte?

Ethische Legitimität

Diana Baumrind (1972)

 Kritik daran, dass Versuchspersonen extrem gelitten hätten.

 Gefahr langfristiger Schäden

Erläutere das Stanford-Prison Experiment. Gehe auf die Ausgangssituation, Versuchsteilnehmer und Instruktionen, Ergebnisse und Kritik ein.

Ausgangssituation

 Verhaftung einer Reihe von Studenten der kalifornischen Stadt Palo Alto durch die Polizei

 Aufnahme der Personalien, Anfertigung von Fingerabdrücken

 Arrestzelle, danach mit Augenbinde in ein Simulationsgefängnis

• Entkleidung und Entlausung, Anziehen sackähnlicher Kleider mit Erkennungsnummer

Versuchsteilnehmer und Instruktionen

• Anzeige in der Zeitung, in der nach Freiwilligen für ein Experiment gesucht wird:

• Die 75 Interessenten werden umfangreichen psychologischen Diagnosen unterzogen

• 24 Personen werden ausgewählt, die im Hinblick auf die Diagnostik unauällig waren

Wärterrolle - Instruktion

• Aufrechterhaltung eines vernünftigen Grads von Ordnung innerhalb des Gefängnisses,

damit es eektiv funktioniere

• Anwendung körperlicher Strafen oder Gewalt wurde ausdrücklich untersagt.

Gefangenenrolle - Instruktion:

• Die Studenten, die eine Gefangenenrolle übernehmen sollten, wurden gebeten an einem

bestimmten Sonntagmorgen zuhause zu sein

Ergebnisse

Generell: Die Ergebnisse waren dramatisch und in dieser Form unerwartet.

• 1. Tag: Noch ohne Zwischenfälle

• 2. Tag: Aufstand der Gefangenen → von den Wärtern brutal niedergeschlagen

Beginnende Solidarität unter den Gefangen → subtile psychologische Taktiken der Wärter

um diese zu brechen

Nach 36 Stunden: ein Gefangener bricht psychisch zusammen und wird entlassen.

• 3. Tag: Wärter steigerten Schikanen wegen Gerücht eines angeblich geplanten

Ausbruchs

drei weitere Gefangene mussten aufgrund hysterischen Weinens und depressiven

Verhaltens entlassen werden

Rest der Gefangenen: Hilflosigkeit und Resignation

• 6. Tag: Simulationsgefängnis musste am Abend geschlossen werden, weil für

Rollenspieler und Beobachter nicht mehr ersichtlich war, wo die Simulation endete und

einer neuen Realität Platz machte

Misshandlungen u.a.: Gefangene in Einzelzellen untergebracht; Zählappelle auch nachts

durchgeführt, dauerten mitunter eine Stunde; Gang zur Toilette reglementiert

Zimbardo‘s Erklärungsansatz: Situationale und systemische Faktoren üben dominierenden

Einfluss aus

Kritik

Ethische Bedenken: ähnlich Milgram

Methodisch konzeptuelle Einwände: Spezifische Auorderungscharakteristiken und

eingebrachte Rollenklischees erzeugten die resultierende Dynamik. Zimbardo und seine

Mitarbeitenden waren keine unbeteiligten Beobachter

Was versteht man unter Konformität oder Majoritätseinfluss. Nenne und erkläre Sherif und der autokinetische Effekt und das Asch Experiment.

Sherif und der autokinetische Eekt (1935)

Versuchsanordnung: Darbietung eines einzigen stationären Lichtes in 5 Metern Entfernung

Versuchsbedingung (VB) 1:

• Zuerst: Probanden sollen einzeln eine mündliche

Schätzung des Ausmaßes der Lichtbewegung

abgeben

• An den folgenden Tagen: Drei weitere Durchgänge,

nun aber in Gruppen von zwei oder drei Personen

Versuchsbedingung (VB) 2:

• Wie VB 1, nur in umgekehrter Reihenfolge

Befund: Anpassung der eigenen persönlichen Norm an die Gruppennorm bzw. Beibehaltung

einer Gruppennorm

Das Asch-Experiment (1950er Jahre)

Versuchsanordnung: „Experiment zur visuellen Diskrimination“ mit 7 Teilnehmenden.

Aufgabe: Die Teilnehmer sollen 18mal entscheiden, welche von drei Versuchslinien genausolang

ist wie eine Referenzlinie.

Hintergrund & Ablauf: Nur eine Person ist tatsächlich eine Versuchsperson, die anderen sind

Konföderierte. In sechs „neutralen“ Durchgängen geben die Konföderierten korrekte Antworten,

in „kritischen“ Durchgängen geben sie übereinstimmend eine falsche Linie an

Befund: Die Versuchspersonen machen fast 37% Fehler; nur 25% der Versuchspersonen

machen keinen einzigen Fehler, 28% machen acht oder mehr Fehler, die übrigen Teilnehmer

machen 1 bis 7 Fehler

Erklärungen für Asch-Eekt:

• Normativer Einfluss: Wir haben ein Bedürfnis nach Sympathie und Anerkennung durch

eine Gruppe und wollen Ablehnung vermeiden.

• Informationseinfluss: Mitunter vertrauen wir dem Urteil anderer mehr als unserem

eigenen Urteil

Wichtige Unterscheidung

• Konversion

• Öentliche Konformität

• „compliance“

• private Konformität

Befunde aus Folgeuntersuchungen:

• Mehr Konformität bei Versuchspersonen mit mittlerem als bei Personen mit niedrigem

oder hohem Status.

• Aufgabenschwierigkeit und Mehrdeutigkeit des Reizes spielen eine Rolle.

• Mehrere unabhängige Informationsquellen werden als verlässlicher wahrgenommen als

eine einzige.

• Eine widersprechende Meinung senkt den Majoritätseinfluss deutlich

Erläutere das Experiment zu Innovation und Minoritätseinfluss. Erkläre sowohl das Vorexperiment als auch das Hauptexperiment.

Experimente zum Minoritäteneinfluss (Moscovici et al., 1969; 1979)

Vorexperiment (1969)

Die Farbe von 36 Bildern soll von sechs Personen eingeschätzt werden; davon zwei

Konföderierte des Versuchsleiters – die Bilder sind objektiv blau und variieren nur in ihrer

Intensität

- Konsistente Bedingung: Konföderierte sagen immer

„grün“

- Inkonsistente Bedingung: Konföderierte sagen mal

„grün“, mal „blau“

- Kontrollbedingung: Besteht nur aus echten Vpn

Die Beeinflussungsmechanismen

- Mehrheitseinfluss: Ein Prozess des sozialen Vergleichs = man achtet darauf, was die

anderen sagen, um sich ihren Meinungen anzupassen

- Minderheitseinfluss: Ein Validierungsprozess setzt eine kognitive Aktivität in Gang (den

Versuch zu verstehen)

Hauptexperiment (1979)

Zwei Hypothesen:

- Eine konsistente Minderheit hat die Macht, die Wahrnehmung der Menschen zu

modifizieren, während die Mehrheit solch eine Wirkung nicht unbedingt hat.

- Diese Modifizierung bleibt auch bestehen, wenn die Einflussquelle nicht mehr präsent

ist

Wieder blaue Dias - 4 Phasen

1. Urteile (Dias und Nachbild) privat; Info, dass 82% (Mehrheit) bzw. 18% (Minderheit) die

Dias als „grün“ sahen;

2. Urteile (nur Dias) öentlich, Vertraute des VL antwortete konsistent „grün“

3. Urteile (Dias und Nachbild) privat, Vertraute des VL anwesend

4. Urteile (Dias und Nachbild) privat, VP allein

Ergebnisse: Bestätigung der 2 Hypothesen

- Veränderung des Verhaltens trat nur in der Situation des Minderheitseinflusses und nicht

in der Situation des Mehrheitseinflusses auf.

- Diese Veränderung blieb stabil auch in der 4. Phase

Fazit

- Eindeutige Belege dafür, dass Minderheiten Einfluss auf Mehrheit ausüben

- Ihr Einfluss ist in ihrem Verhaltensstil begründet

- Das wichtigste Element dieses Verhalten ist die Konsistenz (Aufrechterhaltung derselben

Position über die Zeit hinweg)

! Studie hat heftige Diskussionen ausgelöst und zu mehr Forschung angeregt

Trotz eindeutiger Ergebnisse Probleme

- Alle unabhängigen Replikationsversuche durch andere Forschungsteams sind

gescheitert (z.B. Doms & Van Avermaet,1980; Martin, 1995, 1998; Martin & Hewstone,

2001)

- In Replikationen wurde der Eekt auch bei Mehrheitseinfluss nachgewiesen (Martin,

1998)

„Es ist […] eine typische Beobachtung, daß der Minoritätseekt im Gegensatz zu

Konformitätsstudien erst nach einer gewissen Weile auftaucht […]. Der Eindruck möglicher

Richtigkeit der Position der Minorität verstärkt sich noch, wenn Angehörige der Majorität

bemerken, daß ein oder mehrere Mitglieder ihrer eigenen Gruppe anfangen, wie die Minorität zu

antworten“ (Avermaet, 1992, S. 381)

Weshalb und wann führt Konsistenz zu Einfluss?

Author

Carolina B.

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