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schwere Wissensfragen

RS
von Rebecca S.

Handelt es sich bei einem auskragenden, doppelseitig beschriebenen Werbeschild mit den Maßen 100cm (L), 90cm (H) und 2 cm (B) um ein verfahrensfreies Innenbereichsvorhaben?

Ob das Schild im Innenbereich als verfahrensfrei einzustufen ist, richtet sich nach § 50 Abs. 1 LBO i. V. m. Nr. 9 a) des Anhangs zu dieser Bestimmung. Danach dürfte die Ansichtsfläche maximal 1 qm betragen.


Insoweit kommt es in diesem Fall darauf an, ob als Ansichtsfläche das einfache Flächenmaß (Flächenausdehnung) oder Gesamtmaß aller werbewirksamen Flächen anzusetzen ist. Denn im letztgenannten Fall betrüge die Ansichtsfläche 3,6 qm, sodass keine Verfahrensfreiheit gegeben wäre.

Für diese Auffassung lässt sich der Wortlaut anführen: bei einem auskragenden Schild lassen sich durchaus beide Seiten als Ansichtsfläche verstehen

 Für die Auffassung, die auf das einfache Flächenmaß abstellt, spricht der Sinn und Zweck der Norm: hiernach sollen v.a. Werbeanlagen, die eine bestimmte Größe überschreiten, unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.

Da die Größe nur durch das einfache Flächenmaß bestimmt wird, streitet die teleologische Auslegung für die 1. Auffassung. Sie ist mit dem Wortlaut vereinbar, da als Ansichtsfläche auch die Fläche verstanden werden kann, die man aus einer bestimmten Perspektive sieht.

 

Damit sprechen die besseren Argumente dafür nur das einfache Flächenmaß als Ansichtsfläche gem. Nr. 9 a) des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO einzustufen. Damit handelt es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben

Genügt die formelle Baurechtwidrigkeit für eine Nutzungsuntersagung gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO – oder muss zusätzlich materielle Baurechtswidrigkeit gegeben sein? Was spricht für die eine Auffassung, was für die andere?

Dafür, dass die formelle Baurechtswidrigkeit für eine Nutzungsuntersagung genügt, spricht, dass der „Schwarznutzer“ nicht besser gestellt sein darf als der gesetzestreue Bauherr, der eine Baugenehmigung einholt.

Würde noch die materielle Baurechtswidrigkeit gefordert, bräuchte der „Schwarznutzer“ keine Nutzungsuntersagung zu befürchten – und wäre der ehrliche Bauherr, der seine Nutzungsänderung zunächst genehmigen lassen will, der “Dumme”.

 

Auch der Umstand, dass eine Nutzungsuntersagung anders als eine Abrissverfügung nicht notwendigerweise zur Vernichtung eines neu geschaffenen Vermögensgegenstandes führt, spricht für eine im Vergleich zu Abrissverfügung geringeren Eingriffsintensität der Nutzungsuntersagung und – damit korrelierend – für niedrigere Eingriffsvoraussetzungen im Falle der Nutzungsuntersagung.

Für die Auffassung, wonach bei der Nutzungsuntersagung auch die materielle Baurechtswidrigkeit gegeben sein muss, lässt sich das Argument ins Feld führen, dass § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO der “Ahndung ungenehmigten Bauens” dient. Hierfür sieht § 75 Abs. 1 Nr. 8 LBO das eine Geldbuße vor.

Im Übrigen vernachlässigt die Gegenmeinung, dass durch eine Nutzungsuntersagung das Eigentum ebenso stark entwertet werden kann wie bei einer Beseitigungsverfügung. Damit ist mit Rücksicht auf die Eigentumsfreiheit, Art. 14 GG aus Bestandsschutzgründen auch materielle Illegalität zu fordern.

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Rebecca S.

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