Historische Perspektive
• Virtuelle Gemeinschaften schon Ende der 90er als Instrument der Kundenbindung entdeckt!
• 1997 Netgain
• schon damals Dialog und Beziehungen zentral!
Zentrale Fragen – damals wie heute
• Wie kann man Interaktion stimulieren?
• Wie soll man auf negative Kommentare reagieren?
• Anonymität oder echte Namen?
• Wieviel Kontrolle?
• Wieviele Mitglieder? Optimale Größe? (Quantität vs. Qualität)
Was ist dann neu?
• Größenordnung: Anzahl der Internetnutzer (1998: 148 Millionen weltweit, jetzt: über 5 Milliarden)
• Internetnutzer nicht länger “Nerds”
• Integration in Alltag
• Veränderung der virtuellen Gemeinschaften – themenzentriert => egozentriert
• Mehr Information über andere Mitglieder (Profile, aber auch Likes,...)
Frühe Studien zu Facebook Fanpages
Beukeboom, Kerkhof & De Vries (2015)
• meistens deskriptiv oder case studies
• mehr features genutzt => mehr Fans (Buffardi, 2011)
• Welche Posts bringen mehr Likes?
• wenig zur Rolle von Interaktion mit (potentiellen) Kunden
• Kausalität unklar
Führen Likes auf Facebook zu einer besseren Beurteilung der Marke?
• Zentrale Annahme: Like auf Facebook hilft; Art der Interaktion
wichtig => authentisch, menschlich (vs. formal, unpersönlich)
Hypothesen:
• H1: Bestehende Fans haben eine positivere Einstellung zur
Marke als neue Fans und Nicht-Fans.
• H2: Bestehende Fans und neue Fans haben bei der zweiten
Messung eine positivere Einstellung zur Marke als bei der
ersten Messung; kein Effekt für die Kontrollgruppe
• H3: Amount of exposure und Einstellung zur Facebook-Seite
korrelieren mit der Einstellungsänderung.
• H4: Wahrgenommener menschlicher Ton (conversational
human voice) mediiert die Effekte
Methode
Beukeboom, Kerkhof & De Vries (2015
• Experiment: bestehende Fans, neue Fans, Kontrollgruppe
• Old Holland Classic Colors
• 297 erste Messung; 197 beide Messungen (1 Monat später)
• 56.9% weiblich, Durchschnittsalter 34
• Einstellung zur Marke: 9 Items, z.B. gut-schlecht
• Brand equity: 8 Items, 5-Punkt Likert-Skala, z.B. „Diese Marke hat Persönlichkeit.“
• Net Promotor Score: Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die Marke einem Freund empfehlen? (1-10)
• Kaufabsicht: Wenn Sie Kunst kaufen würden, wie wahrscheinlich ist es, dass Sie bei Old Holland kaufen würden? (1-10)
• Human voice: 11 Items, 7-Punkt Likert-Skala, z.B. „Old Holland ist offen für einen Dialog.“
• Exposure: Wie oft Posts der Marke gesehen
• Kontrollvariablen: Facebooknutzung, Vorliebe für Kunst usw.
Gruppeneinteilung & Drop-outs
Gruppeneinteilung:
• bestehende Fans => Fans
• Rest: randomisiert => Folgen vs. Kontrolle Drop-Outs
– 19 von 74 Personen in der Fan-Bedingung haben sich geweigert, der Marke zu folgen
– 7 Personen in der „Neue Fans“-Bedingung haben aufgehört, Fan zu sein
– 8 bestehende Fans haben aufgehört, Fan zu sein
– 2 Personen der Kontrollgruppe sind Fan geworden
– => jeweils ausgeschlossen
Erste Messung: Followers haben höheres Kunstinteresse
Ergebnisse
Ergebnisse: Marke folgen hilft;
Deckeneffekt für bestehende Fans!
Zugrundeliegende Prozesse
• Keine Effekte von Exposure oder Einstellung auf
abhängige Variablen (H3 nicht bestätigt)
• Human voice sagt Werte auf allen abhängigen
Variablen vorher (H4)
Zusätzliche Analyse: Like-refusers
• negativere Einstellung in der ersten Messung als non-followers (Kunstinteresse M = 6.87; Einstellung zur Marke M = 6.20, Kaufabsicht M = 5.05)
• => Personen mit Gewinnaktionen u.ä. „zwingen“ eine Seite zu liken, hilft wenig!
Diskussion
• einer Marke folgen hilft
• aber auch: Selektionseffekte
• Like/follow sollte besser freiwillig sein!
• human voice wichtig
• aber: nur eine Marke untersucht =>
Generalisierbarkeit!
Noch relativ wenig genutzt: proaktive,
innovative Methoden des Kundendialogs
Influencer Marketing
• “individuals who have accrued a sizable and engaged
following on one or more social media platforms, and
who possess the power to shape attitudes, opinions, and
behaviors of their audience through their online content”
(Freberg et al., 2011, p. 90)
• Micro celebrities (aber: große Varianz in Followerzahl)
• Vor allem auf Instagram und Youtube, zunehmend TikTok
• Grundidee: mehr Vertrauen in Personen als in die Marke
• Gesponserte Produkte
Einflussfaktoren
• Charakteristika der Influencer*innen
• Inhalt der Nachrichten
• Eigenschaften der Konsument*innen
• Metaanalyse von Han und Balabanis (2024)
Metaanalyse von Han und Balabanis (2024)
Zentrale Theorien
• Glaubwürdigkeit der Quelle
• Parasoziale Interaktionen: asymmetrische
Beziehungen mit Medienfiguren
– Ähnlichkeit => höhere Soziale Attraktion
• Two-step flow: ursprünglich Massenmedien =>
Meinungsführer => Bevölkerung; ähnlich für soziale
Medien => Followers
• Kongruenztheorie: Passung der Botschaft mit
Einstellung Konsument*in & Passung Marke zum
Influencer
• Persuasion Knowledge: wenn man weiß, dass es
Werbung ist, wirkt es weniger
Zentrale Befunde
• Glaubwürdigkeit zeigt die höchsten Korrelationen mit Einstellung und Verhalten, besonders für Gebrauchsprodukte
• Parasoziale Interaktion ist wichtig für Einstellungen, besonders für hedonische Produkte, aber weniger für Verhalten
• Kongruenz spielt eine relative kleine Rolle für Einstellungen, aber mehr bei Verhalten
• Mega-Influencers stärker über Glaubwürdigkeit, Micro-Influencer über Meinungsführerschaft
ONLINEREPUTATIONSMANAGEMENT
Reputation
"Der Ruf eines Unternehmens ist die Wahrnehmung einer
Organisation, die auf der Interpretation ihrer Stakeholder
Interpretation der vergangenen,
gegenwärtigen und zukünftigen Aktivitäten und der Art und Weise
die Art und Weise, wie diese kommuniziert werden"
(Tucker & Melewar, 2005, S. 378)
applause
you dont own men
•
„Corporate reputation is the perception of an organization based on its stakeholders’ interpretation of that organization’s past, present, and future activities and the ways in which these are communicated”
(Tucker & Melewar, 2005, p. 378)
• => Basis ist Verhalten!
• Aber: soziale Konstruktion
➢ Rolle von Psychologie und Kommunikation
Wie Kommunikation auf sozialen Medien die
Reputation bedrohen kann
• Auch früher schon: unzufriedene Kunden oder
negative Berichterstattung in Zeitungen oder im
Fernsehen
• Heute:
– Schneller
– Größere Reichweite
– Weniger Kontrolle
Shitstorm
Onlinereputationsmanagement – wie dann?
Schritt 1: Zuhören
– Was wird über meine Marke gesagt?
• Auf Vergleichsportalen
• Auf Foren
• Auf twitter
• Auf facebook, Instagram, ...
Schritt 2: Reagieren
WebCare Experimente
(mit Peter Kerkhof & Camiel Beukeboom)
• Theoretische Basis: Forschung zum Servicemanagement oder
Wiederherstellung von Vertrauen
• Untersuchte Variablen:
➢ Art der Reaktion (Entschuldigung, Abstreiten, Kompensation)
➢ Stil der Reaktion
➢ Sender der Reaktion
➢ Produkt
➢ Status reviewer
➢ commitment zur Marke
➢…
• Managerial response strategies to eWOM: A framework and research agenda for webcare
Antworten auf zentrale Fragen
• Review von Van Noort et al. (2015)
• Soll man reagieren? Ja!
• Was und wie soll man antworten?
– Entschuldigung (wenn angebracht) und Abhilfe
– Empathisch
– Schnell
– Einfache Prozeduren
– Informeller Stil / conversational human voice
– Authentisch
Klassische Forschung zur
Krisenkommunikation
isen beschädigen die Reputation einer Organisation => Wiederherstellung wichtig
• Klassische Forschung: Fokus v.a. auf Kommunikationsstrategien, z.B. Situational Crisis
Communication Theory (Coombs & Holladay, 1996;
Coombs, 2007)
• Zentrale Aussage: die Krisenkommunikationsstrategie beeinflusst die wahrgenommene Schuld und dadurch auch die Reputation
• Kritik: Erzeugung von Wirklichkeiten kann nicht durch Krisenkommunikation gesteuert werden => soziale Konstruktion, sensemaking & sensegiving Prozesse
Krisenkommunikation via soziale
Medien
✓ Vorteile
– Kommt den Bedürfnissen der Stakeholder nach schneller
Information entgegen
– Direkte Kommunikation mit Stakeholdern, kein Journalist als
Gatekeeper
– Oft persönlicher/informeller
– Dialog möglich
✓ Nachteile
– Kürzer
– Aus dem Kontext gerissen
– Kontrollverlust
– Vertrauenswürdigkeit des Senders
Eigene Arbeiten
(Schultz, Utz, & Göritz, 2011; Utz, Schultz, & Glocka, 2013)
• Medium (Twitter, Blog, Zeitung) vs. Strategie
(Entschuldigung, Mitleid, Information)
• Follow-up Studie: Medium (Facebook, Twitter, Zeitung) x
Krisistyp (Opfer vs. intentional)
➢ soziale Medien besser für Reputation, weniger
Boykott & negative word-of-mouth-Kommunikation
➢ aber: Menschen (auch aktive Twitternutzer!) reden
am meisten über die Zeitung => vertrauenswürdiger!
Krise oder Parakrise?
• Coombs & Holladay (2012)
• paracrisis = “a publicly visible crisis threat that
charges an organization with irresponsible or
unethical behavior” (p. 409)
• Schritt 1: Ist die Bedrohung so ernsthaft, dass
das Unternehmen reagieren muss?
• Wenn ja, wie? => Schritt 2: Auswahl Strategie
Einschätzung der Bedrohung
Der Einfluss der Stakeholder ist abhängig von
– Macht
– Legitimation
– Dringlichkeit
—> Auswirkung
—> Wahrscheinlichkeit
Wichtige Fragen
• Haben die Kritiker nicht ganz unrecht?
• Anzahl und Valenz (sentiment) der social media Berichte?
• Social media echo?
• Crossover auf andere Medien?
• Anzahl der Folger/potentielles Publikum?
• Reaktion fokussiert oder diffus? Kurzfristig vs. langfristig? Anzahl Kanäle?
Beschränkungen seitens des
Unternehmens
• Kosten einer Veränderung (tatsächliche Kosten + möglicher Reputationsschaden)
• Konsistenz mit Unternehmensstrategie
Mögliche Strategien
• Refute: Unternehmen verteidigen (Ziel: meiste Stakeholders unterstützen Unternehmen)
• Reform: implizit oder explizit zugeben, dass ein Problem besteht; Verhalten ändern (Ziel: Problem verschwindet)
• Refuse: nichts am Problem tun, positive Aspekte des Unternehmens betonen (Ziel: Aufmerksamkeit verschwindet)
Analyse
• Legitimation: Ja, Kritik zurecht
• Macht: Ja, viele Berichte, virale Kampagne, Chance, neue Gruppen zu beteiligen
• Dringlichkeit: hoch organisiert durch Greenpeace, langfristig, verschiedene Kanäle
➢ ja, reagieren!
Wie reagieren?
• Letztendlich: reform
• Fehler (zumindest indirekt) zugeben, Lieferant wechseln
• Beschränkungen? => keine
– Kostet kein/kaum extra Geld
– Passt zu den Unternehmenswerten
Zuletzt geändertvor 5 Monaten