Das Konfusionsargument im Kommunalrecht:
Ein Rechtsträger ist entweder grundrechtsberechtigt oder -verpflichtet, aber niemals beides
Gemeinden sind Teil der mittelbaren Staatsverwaltung und somit grundrechtsverpflichtet
Gemeinde kann sich somit nicht auf Grundrechte berufen (Ausnahme: grundrechtsdienende Anstalten o. Körperschaften, z.B. Rundfunk, Unis, Kirche = grundrechtstypische Gefährdungslage)
BayVerfGH: Gemeinden sind grundrechtsfähig, wenn sie sich in einer konkreten Schutzsituation befinden (vgl. grundrechtstypischen Gefährdungslage), v.a. bei Art. 103 I, 158 BV oder Art. 118 BV
Gemeinden können sich aber gegenüber staatl. Eingriffen auf das Recht der kommunalen Selbstverwaltung berufen (Art. 28 II GG, Art.11 II BV)
Welche Klagearten stehen der Gemeinde zur Verfügung?
Popularklage Art. 98 S.4 iVm Art.11 II BV
Kommunale Verfassungsbeschwerde Art. 93 I Nr.4b GG iVm Art.28 II GG
Wirkungskreis der Gemeinden:
= nach Art. 28 II 1 GG und Art. 11 II BV umfassend (universeller Wirkungskreis)
Wirkungskreis Bezirke/Landkreise:
= grundsätzlich auch gem. Art.28 II 2 umfassend, aber unter einem einfachen Gesetzesvorbehalt (Art.10 II BV)
Art. 51 LKrO: Eigene Angelegenheiten der Landkreise
Art. 3 BayAbfG: Landkreise als entsorgungspflichtige Körperschaften für Abfälle; Abfallentsorgung als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis
Art. 48 BezO: Eigene Angelegenheiten der Bezirke
Was ist die kommunale Allzuständigkeit?
= Recht der Gemeinden in ihrem Gebiet alle örtlichen Angelegenheiten zu ordnen und zu verwalten, d.h. alle öffentlichen Aufgaben zu erfüllen, Art.1 I, 6 GO
Grundsätzlich sind die Gemeinden befugt alle Angelegenheiten der örtl. Gemeinschaft (Art. 7 I GO) selbst und ohne besondere Aufgabenzuweisung wahrzunehmen („OB“)
Dabei handelt die Gemeinde eigenverantwortlich und weisungsfrei („WIE“) -> eingeschränkte Rechtsaufsicht
Was sind die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft?
Eigener Wirkungskreis, vgl. Art. 7 I GO
Angelegenheiten, die in der örtl. Gemeinschaft wurzeln, die den Gemeindebewohnern als solchen gemein sind und das Zusammenleben der Menschen betreffen (Rastede-Entscheidung)
Abzugrenzen von den überörtlichen Angelegenheiten
Nicht abschließende Aufzählung in Art. 57 GO und Art. 83 BV
Art.57 GO ergänzt Art.83 BV
Örtliche Polizei = gesamtes Sicherheitsrecht
Kontrolle im eigenen Wirkungskreis:
Rechtsaufsicht – Art. 109 I GO
Nur Rechtmäßigkeits-, nicht aber Zweckmäßigkeitsprüfung
Der Kernbereich kommunaler Selbstverwaltung:
-> in diesen darf nach Rspr. BVerfG nicht eingegriffen werden
Verwaltungshoheit, Art. 22, 27 GO
Satzungshoheit, Art. 23 S.1 GO
Finanzhoheit, Art. 22 II GO
Organisations- und Personalhoheit, Art. 56 II GO
Planungshoheit, insbesondere Bauleitplanung § 1 III, § 2 I, 5 I BauGB
Aufgabe der Staatsaufsicht
= Korrelat zur kommunalen Selbstverwaltung, indem es die Gemeinden an den Staat bindet
Zuständigkeiten der Rechtsaufsicht:
Kreisangehörige Gemeinden und GrKr-Städte
LRA als unmittelbare Staatsbehörde
Art. 110 S.1 GO
Kreisfreie Gemeinden
Regierungen, weil kreisfreie Gemeinde an die Stelle des LRA tritt, Art.9 I GO
Art. 110 S.2 GO
Landkreis
Regierung
Art. 96 S.1 LKrO
Bezirk
Staatsministerium des Inneren, Sport und Integration
Art. 92 BezO
Rechtsschutz der Gemeinden gegen aufsichtliche Maßnahmen:
Bundesgesetz
Kommunale Verfassungsbeschwerde
Art. 93 I Nr.4b GG
Subsidiär
Rechtswegs-erschöpfung
Landesgesetz
Popularklage zum BayVerfGH
Art. 98 S.4 BV
Verletzung von Art. 11 II BV
Kommunal Verfassungsbeschwerde ist hierzu subsidiär
Satzungen/ Verordnungen
Normenkontrolle
§ 47 I Nr.2 VwGO iVm Art.4 S.1 AGVwG
Wegen landesverfassungsrechtlichem Vorbehalt in § 47 III VwGO kann der BayVGH nicht am Maßstab der bayr. Verfassung messen
Umdeutung von Art.11 II BV in Art. 28 II GG
Neben Popularklage möglich
Aufsichtlichen Verwaltungsakt
Anfechtungsklage
§ 42 I Alt. 1 VwGO
Klagebefugnis: Art. 28 II GG/ Art.11 II BV
Welche Arten von kommunalen Gebietskörperschaften gibt es?
Kreisangehörige Gemeinde
Ist einem Landkreis zugeordnet
Große Kreisstadt
Ist einem Landkreis zugeordnet, übernimmt bestimmte Aufgaben aber selbst
§ 1 GrKrV
Art.9 II GO
Sind keinem Landkreis zugeordnet, sondern stehen mit dem Landkreis auf einer Stufe
Art.9 I GO
Abgrenzung zwischen eigenem u. übertragenem Wirkungskreis?
Eigener Wirkungskreis
Übertragener Wirkungskreis
= Gemeinde erfüllt Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, Art.7 I GO
= Gemeinde erfüllt ihr übertragene staatlichen Aufgaben, Art. 8 I GO
v.a. wenn der örtlichen Vielfalt Rechnung getragen werden soll und die Selbstverwaltungsgarantie greift
v.a. wenn ein einheitlicher Vollzug des Rechts im gesamten Staatsgebiet erreicht werden soll (z.B. Sicherheitsrecht)
BVerfG: Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind alle Angelegenheiten, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinde betreffen
z.B. Art.9 GO (Gemeinde handelt statt LRA als staatl. Behörde), Art. 58 GO, Art. 42 LStVG
Art. 57 GO, Art. 83 BV
Zweifel: Aufgrund des Universalprinzips eher eigener Wirkungskreis (Selbstverwaltungsgarantie)
Wo wirkt sich die Unterscheidung von eigenem u. übertragenem Wirkungskreis aus?
Ermessens-Spielraum
Gemeinde handelt nach eigenem Ermessen, vgl. Art.7 II 1 GO
Gemeinde ist weisungsgebunden, Art. 8 II GO
Staats-aufsicht
Rechtsaufsicht kann nur die Rechtmäßigkeit überprüfen, Art. 109 I GO
Fachaufsicht kann Recht- und Zweckmäßigkeit überprüfen, Art. 109 II GO
Statthafte
Klageart
Rechtsaufsichtliche Maßnahme ist immer ein VA (h.M.) ® AFK
Verwaltungsakt (str.)
Klagebefugnis
Art.28 II GG/ Art.11 II BV (+), weil Gemeinde in ihrer eigene Rechts-sphäre betroffen ist
Art.28 II GG/ Art.11 II BV (-), weil Gemeinde grds. weisungsgebunden ist;
® Irrelevant hingegen für Passivlegitimation: Handelt Gemeinde ist auch diese zu verklagen!!
Welche unterschiedlichen Aufgaben gibt es im eigenen Wirkungskreis?
Art. 57 I GO: Fakultative Aufgaben -> Leistungsfähigkeitsvorbehalt
Entschließungsermessen („ob“) und
Auswahlermessen („wie“)
Art. 57 II GO: Pflichtaufgaben -> müssen durchgeführt werden
Entschließungsermessen wird gesetzlich auf Null reduziert
Auswahlermessen bleibt bestehen
Weitere Pflichtaufgaben: Art. 34 BayWG, Art. 1 BayFwG, Art. 51 BayStrWG, Art. 47 BayStrWG
Prüfungsmaßstab der Rechtsaufsicht:
= Gemeinde handelt im eigenen Wirkungskreis nach eigenem Ermessen (Art. 7 II GO), deswegen darf die Rechtsaufsicht nur die Rechtmäßigkeit überprüfen (Art. 109 I GO)
Instrumente der Rechtsaufsicht:
Informationsrecht, Art. 111 GO
Beanstandungsrecht, Art. 112 GO
Ersatzvornahme, Art. 113 GO
Bestellung eines Beauftragten, Art. 114 GO
Das Beanstandungsrecht der Rechtsaufsicht, Art. 112 GO:
Aufsichtsgegenstand: Beschluss o. Verfügung der Gemeinde
Beschluss/ Verfügung muss formell o. materiell rechtswidrig sein
Ermessensfehler
Beanstandung und Aufhebung (nur wenn Aufhebung möglich ist -> Art.48, 49 BayVwVfG)
Das Recht auf Ersatzvornahme, Art. 113 GO:
= Vollstreckung des Beanstandungs- und Aufhebungsverlangen
Angemessene Frist (bei zur kurzen Frist tritt nicht automatisch eine angemessene Frist in Lauf)
Anordnung nach Art.112 GO muss bestandskräftig oder sofort vollziehbar sein
Ersatzvornahme muss nochmal angedroht werden (str.)
Prüfungsmaßstab der Fachaufsicht:
= Gemeinde handelt im übertragenen Wirkungskreis weisungsgebunden (Art. 8 II GO), deswegen darf die Fachaufsicht die Rechts- und Zweckmäßigkeit überprüfen (Art. 109 II GO)
Instrumente der Fachaufsicht:
Informationsrecht, Art. 116 I 1, 111 GO
Weisungsrecht, Art. 116 I 2 GO
Beanstandung (wie Art.112 GO), weil milderes Mittel zur Weisung
P: Rechtsnatur von fachaufsichtlichen Maßnahmen, insbesondere der Weisung?
e.A: keine Außenwirkung und somit kein VA, weil die Gemeinde als verlängerter Arm des Staates handelt; außerdem fehlt es an einer Klagebefugnis, weil sich die Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis nicht auf Art. 28 II GG berufen kann; Ausnahme wenn Fachaufsicht in das durch Art.109 II 2 GO geschützte Ermessen eingreift
a.A: Außenwirkung und VA (+), weil Gemeinde ihr eigener Rechtsträger bleibt und die übertragene Aufgabe als eigene ausführt; aber Klagebefugnis kann sich nur aus Art.109 II 2 GO ergeben, nicht Art.28 II GG!!
Anspruch des Bürgers auf Aufsichtsmaßnahme:
= besteht nicht, weil:
Aufsichtsmaßnahmen im Ermessen der Aufsichtsbehörden stehen
Nur ein öffentliches Interesse an Aufsichtsmaßnahmen besteht (bei Bürgern lediglich Rechtsreflex)
Abwehrmöglichkeiten des Bürgers gegen eine Ersatzvornahme der Rechtsaufsicht:
Ersatzvornahme = Verwaltungsakt
Statthaft: Anfechtungsklage
P: Passivlegitimation
h.M: Freistaat Bayern als Rechtsträger der Aufsichtsbehörde
a.A: Ersatzvornahme ist der Gemeinde zuzurechnen, daher ist auch diese zu verklagen
Zuletzt geändertvor 4 Monaten