Einführung
· „Textform“ ist in Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik bisher kein etablierter oder terminologisch fixierter Begriff.
In juristischen Kontexten wird der Begriff verwendet, jedoch nicht in sprachdidaktischen.
Eine relevante Fundstelle in der Sprachdidaktik ist das Themenheft „Textformen“ der Zeitschrift „Grundschule Deutsch“ (Brinkmann Hg. 2006).
Ziel des Sammelbandes: den Begriff „Textform“ präzise definieren und etablieren.
Motivation zur Begriffsbildung
· Bedarf nach einem neuen Begriff, da bestehende Konzepte wie „Textsorte“, „Texttyp“ und „Textmuster“ nicht ausreichen.
· Beispiele für Schreibanlässe: Portfolio, Diktat, Mitschreiben, mathematische Textaufgaben, Textlupe, Elfchen, Rechengeschichte.
· Gemeinsame Merkmale dieser Schreibanlässe: Sie sind fest mit einem Lehr-Lern-Kontext verbunden und existieren teilweise nicht als eigenständige „Textsorten“.
Definition von Textformen & Entwicklungsvariable
Textform ist ein didaktisch fundiertes Konzept.
Textformen sind Lernformen, eng verknüpft mit unterrichtlichen Variablen wie Schreibsetting, Lehr-/Lernziel, Schreibauftrag.
· Entwicklungsvariable:
Textformen sind Lernerformen, d.h., sie sind Produkte von Lernenden und spiegeln spezifische Entwicklungsphasen wider.
Unterscheidung von Textsorten/Texttypen/Textmustern: Diese sind an abstrakten Kompetenzidealen orientiert, während Textformen entwicklungsbezogen sind.
Medial-konzeptionelle Kopplung
Textformen besitzen ein spezifisches Ermöglichungs- und Anforderungsprofil, das auf mediale und konzeptionelle Faktoren zurückzuführen ist.
Diese Faktoren wurden bisher in der fachlichen Diskussion vernachlässigt, obwohl sie entscheidend für Lernprozesse sind.
„Text“ steht für den konzeptionellen, „Form“ für den medialen Aspekt.
Textformen sind Lernformen durch spezifische Medium-Konzeption-Kopplungen, die verschiedene Aneignungsprozesse auslösen.
Textform als Inskriptionsverhältnis von Medialität und Konzeptionalität
Ausgangspunkt und Theoriehintergrund
Koch und Oesterreicher (1985, 1994) erweitern die einfache Differenzierung zwischen mündlich und schriftlich in eine doppelte Unterscheidung:
Mediale Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Diese Differenzierung ermöglicht eine Betrachtung jenseits der reinen medialen Manifestation und fokussiert auf das „schriftliche Moment“, das auch in mediale Mündlichkeit einfließen kann.
Der von Ehlich (1984) geprägte Textbegriff unterstützt diese Sichtweise durch seine A-Medialität oder mediale Offenheit, was die Entwicklung literaler Fähigkeiten und die Produktion von Texten fördert.
Konzeptionelle Schriftlichkeit
Koch und Oesterreicher verstehen konzeptionelle Schriftlichkeit als kulturelle Praxis, nicht als bloße Technik der „Verschriftlichung“.
Diese Praxis wird durch spezifische Kommunikationsbedingungen (z. B. Monologizität, raum-zeitliche Trennung, Themenfixierung) und Versprachlichungsstrategien (z. B. Planung, Komplexität, Elaboriertheit) geprägt.
Konzeptionelle Schriftlichkeit ist als Kontinuum zu betrachten, d. h., Äußerungen können mehr oder weniger schriftlich sein (z. B. Unterschied zwischen einem Chat und einem Gesetzestext).
Literalisierung wird als umfassender Aneignungsprozess sprachlicher, kognitiver und sozial-kommunikativer Fähigkeiten betrachtet.
Bedeutung in der Fachdidaktik
Konzeptionelle Schriftlichkeit ist ein wichtiges heuristisches Werkzeug zur Bestimmung didaktischer Zielkompetenzen.
Sie wird sowohl in der muttersprachlichen als auch in der fremdsprachlichen Fachdidaktik als übergeordnetes Ziel für sprachliche Erwerbs- und Lernprozesse betrachtet.
Günther (1993) spricht von einer „Erziehung zur Schriftlichkeit“ mit dem Ziel, „Kinder erfolgreich zu lehren, sprachlich erwachsen zu werden“.
Kritik und Ergänzungen
Wrobel kritisiert die Theorie von Koch und Oesterreicher und fordert eine Rückbesinnung auf die Bedeutung des Mediums selbst.
Wrobel wirft ihnen vor, das Mediale zu vernachlässigen und betont die wechselseitige Bezogenheit von Medialität und Konzeptionalität.
Er argumentiert, dass Medium und Konzeption nicht unabhängig voneinander existieren, sondern eng miteinander verknüpft sind.
Mündliche Äußerungen sind nicht einfach schriftlich „übersetzbar“, da Mündlichkeit und Schriftlichkeit grundlegend unterschiedliche mediale Bedingungen haben.
Einzigartigkeit mündlicher Kommunikation
Wrobel beschreibt die mündliche Kommunikation als einzigartigen Erlebensraum, der sich radikal von schriftlicher Kommunikation unterscheidet.
Elemente wie Stimmlichkeit, Stimmlage, Pausen, Gestik und Interventionen durch den Hörer sind spezifisch für mündliche Kommunikation und lassen sich nicht in schriftliche Form übertragen.
Historische Perspektive und Medium-Konzeption-Koppelungen
Ehlich beschreibt in seiner historischen Rekonstruktion der Textevolution (1984), dass Texte durch die Erfindung der Schrift ihre besondere Geformtheit verlieren und „prosaisch“ werden, bevor spezifisch schriftliche Formen entstehen.
Diese Formen können als sozial stabilisierte Medium-Konzeption-Koppelungen verstanden werden, die das schriftliche Handeln bestimmen.
Begriff der Textform
Der Begriff „Textform“ soll das Inskriptionsverhältnis von Medium und Konzeption verdeutlichen.
„Text“ steht für den konzeptionellen Aspekt der Schriftlichkeit, „Form“ für den medialen Aspekt.
Der Begriff soll die wechselseitige Einschreibung von Medium und Konzeption reflektieren und das Zusammenspiel dieser beiden Dimensionen betonen.
Texte schreiben und Lernen 1 – mediale und konzeptionelle Faktoren
Zentrale Frage
Warum wird dem Schreiben, insbesondere dem Schreiben von Texten, ein besonders hoher didaktischer Wert zugeschrieben, im Vergleich zu anderen Tätigkeiten wie Sprechen, Mitmachen oder Nachmachen?
Die Begründung liegt in den medialen und konzeptionellen Faktoren des Schreibens, die besondere Lernprozesse bei Lernenden auslösen.
Analytische Trennung von medialen und konzeptionellen Faktoren
Obwohl mediale und konzeptionelle Bedingungen in der realen Schreibhandlung zusammenwirken, können sie analytisch getrennt betrachtet werden, um ihre Rolle bei Lernprozessen zu verstehen.
Medial-bedingte Faktoren, die Lernprozesse fördern
Langsamkeit des Schreibens:
Ermöglicht umfangreiche Planungsprozesse.
Erlaubt die Nutzung externer Wissensspeicher (z. B. Notizen, Referenzen) zusätzlich zum Langzeitgedächtnis.
Schafft ein spezifisches Planungspotenzial.
Vorläufigkeit des Schreibens:
Erlaubt intensive Überarbeitungsphasen, einschließlich der Revision ganzer Texte.
Schafft ein spezifisches Überarbeitungspotenzial.
Objektivation von Sprache:
Schreiben macht Sprache materiell und permanent (nicht-flüchtig).
Verändert die Wahrnehmung von akustisch zu optisch, macht Sprache „dinghaft“.
Ermöglicht Reflexion, Analyse und Bewusstsein über die eigene Ausdrucksweise.
Schafft ein spezifisches Reflexionspotenzial.
Konzeptionell-bedingte Faktoren, die Lernprozesse fördern
Diese Faktoren resultieren aus der „Zerdehntheitskonstellation“ beim Schreiben, d. h., der fehlende gemeinsame sinnliche Kontext zwischen Sender und Empfänger, der durch den Text selbst geschaffen werden muss (Kontextualisierung).
Orientiert an den „Fundamenten“ des Organon-Modells von Bühler (1982) und in Anlehnung an Feilke und Augst (1989):
Ausdrucksfunktion:
Zwingt den Schreiber zur vollständigen Verbalisierung, da Mimik, Gestik und Intonation nicht verfügbar sind.
Fördert einen sprachlichen Lernprozess und eine „symbolische Durchstrukturierung der Ausdruckskommunikation“.
Ergebnis: Förderung von sprachlich-verbalem Wissen und Lernen.
Darstellungsfunktion:
Zwingt den Schreiber dazu, im Text Informationen zu vermitteln, die in face-to-face-Kommunikation selbstverständlich und nicht verbalisiert werden müssen.
Erfordert eine bewusste Auseinandersetzung und Versprachlichung von Wissen.
Ergebnis: Förderung von sprachlich-hermeneutischem Wissen und Lernen.
Appellfunktion:
Zwingt den Schreiber, Leserreaktionen und -bedürfnisse im Voraus zu antizipieren.
Erfordert soziales Wissen, das sprachlich umgesetzt werden muss.
Ergebnis: Förderung von sprachlich-sozialem Wissen und Lernen.
Wechselwirkungen zwischen medialen und konzeptionellen Faktoren
Diese Faktoren sind in der realen Schreibhandlung eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig.
Beispielsweise:
Die Ausdehnung von Planungshandlungen ermöglicht eine intensivere Antizipation von Leserreaktionen.
Der Zwang zur Verbalisierung wird durch das reflexive Potenzial des Schreibens verstärkt, was zur Suche nach dem passenden Ausdruck führt.
Das Reflexionspotenzial ermöglicht eine Kontrolle über die Qualität des sprachlichen Ausdrucks.
Texte schreiben und Lernen 2 – Schreibentwicklung, Schreibprozess- und Schreibarrangement
Schreibentwicklung
Bereiters Schreibentwicklungsmodell (1980)
Modell ist rein theoretisch und wurde nie empirisch verifiziert.
Wird dennoch häufig in wissenschaftlichen Übersichten referiert.
Höchste Stufe der Kompetenzentwicklung: „epistemic writing“.
Schreiben wird als Werkzeug zur Steigerung kognitiver Komplexität genutzt.
Schreiben dient der Schaffung, Strukturierung und Klärung von Wissen.
Kritisiert von Augst et al. (2007) in ihrer longitudinalen Studie zur Textsortenentwicklung bei Grundschülern.
Kritik von Augst et al. am „epistemic writing“
Grundschüler können ihre Schreibaktivitäten nicht bewusst steuern, um neues Wissen zu erschaffen.
Dennoch gibt es Parallelen zwischen „epistemic writing“ und den Anfängen der Literalitätsentwicklung.
Bei Grundschülern führt das Schreiben dazu, grundlegende Aspekte des Schreibauftrags zu erschließen.
Epistemisches Schreiben wird als Bedingung für Schreibentwicklungsprozesse verstanden, nicht nur als höchste Kompetenzstufe.
Unterscheidung der Lernvorgänge (Bereiter vs. Augst et al.)
Bereiter: Lernvorgänge fokussieren auf den Schreibgegenstand oder das Schreibthema (z. B. Sach- oder Erkenntnisfragen).
Augst et al.: Lernvorgänge beziehen sich auch auf den „Aneignungsgegenstand“ (z. B. die sich entwickelnde Textsortenkompetenz).
Beispiel: Schreibnovizen kennen ihr Lieblingsspiel und dessen Regeln, lernen aber die sprachlich-textuelle Darstellung in Spielanleitungen zu verbessern.
Ergebnisse der Studie von Augst et al & Implikationen für den Textformen-Begriff
Ergebnisse der Studie von Augst et al.:
Schreibentwicklung zeigt eine Bewegung vom Impliziten zum Expliziten.
Zuwachs an Darstellungsgenauigkeit und -komplexität.
Schüler und Schülerinnen lernen, Spielanleitungen präziser und erklärender zu formulieren.
· Implikationen für den Textformen-Begriff:
Texte einer bestimmten Entwicklungsphase sind als „Textformen“ zu betrachten.
Schreibprodukte reflektieren das jeweilige Erwerbsstadium und weisen entwicklungsbedingte Besonderheiten oder Defizite auf.
Zwei grundsätzliche Ausrichtungen der in Textformen eingebundenen Lernprozesse:
Lernvorgänge, bei denen der Lerngegenstand außerhalb des Schreibens liegt (Schreiben als Lernmedium).
Lernvorgänge, bei denen Schreiben sowohl Lernmedium als auch Lerngegenstand ist (epistemische Möglichkeiten des Schreibens beeinflussen das Schreibprodukt).
Schreibprozess
Textproduktion als kognitiver Problemlösungsprozess (Hayes & Flower, 1980)
Drei globale Phasen des Schreibprozesses: Planung (Vorstrukturierung), Formulierung (Versprachlichung), Überarbeitung (Revision).
Diese Phasen sind rekursiv, d. h., sie laufen nicht linear ab, sondern wiederholen sich während des Schreibens in verschiedenen Zyklen.
Rekursivität ist entscheidend für das Konzept der Textformen und macht Schreiben zu einem einzigartigen Medium mit großem Aneignungspotential.
Rekursivität und Problemlösungsprozess
Das Schreiben ist ein kontinuierlicher Prozess, bei dem jede neue Textzeile das ursprüngliche Problem verändert und neue Probleme schafft.
Der Schreibprozess ist dialektisch und führt dazu, dass der Schreibende über seine ursprünglichen Pläne hinausgeht und neue Gedanken entwickelt.
Modell von Hayes & Flower und dialektisches Problemlösen
Das Modell zeigt, dass der Schreibprozess prinzipiell unabschließbar ist und nur durch äußere Faktoren beendet wird (z. B. Zeitdruck, Zufriedenheit mit dem Text).
Das Schreiben hat eine doppelte Ausrichtung: Es ist sowohl Medium als auch Gegenstand des Lernens.
Beispiele für epistemische Prozesse beim Schreiben & Beispiel aus der Schreibentwicklung
Beim Schreiben über ein Thema werden Gedanken entwickelt und geprüft.
Das Schreiben hilft, die Sprache zu entdecken, die für die Schaffung eines Sprachwerks benötigt wird.
Ein Schüler (Nils, 2. Schuljahr) überwindet während des Schreibprozesses ein typisches Phänomen seines Alters (stereotype Satzstrukturen) und entwickelt argumentativere Sätze.
Schlussfolgerungen für den Textformen-Begriff
Alle Realisierungsvarianten eines Textes (Skizzen, Entwürfe, Stichwortsammlungen, Überarbeitungsversionen) sind als Textformen zu betrachten.
Die rekursiven und dialektischen Eigenschaften des Schreibprozesses führen zu epistemischen Prozessen, die sowohl auf den Schreibgegenstand als auch auf das Schreibmedium ausgerichtet sind.
Dies gilt für sowohl für Schreibexperten als auch für Schreibnovizen, wobei im letzteren Fall Schreibentwicklung und Schreibprozess zusammenfallen können.
Schreibarrangement
Schreibanlässe und Textformen als Lernformen
In Abschnitt 1 wurden verschiedene Schreibanlässe genannt, die fest einem Lehr-Lern-Kontext zugeordnet sind (z. B. Portfolio, Mitschreiben, Beantworten mathematischer Textaufgaben, Elfchen).
Diese Textformen dienen primär der Reflexion und dem Lernen beim Schreiben und sind weniger auf Kommunikation mit anderen ausgerichtet.
Sie erzeugen unterschiedliche Effekte: epistemisch-heuristisch (Portfolio), konservierend (Mitschreiben), kognitiv-verbal (Textaufgaben), kreativ-schöpferisch (Elfchen).
Schreibprozess- und Schreibarrangement
Textformen als Lernformen im engeren vs. weiteren Sinne
Enger Sinn: Text selbst ist Medium des Lernvorgangs (z. B. Portfolio).
Weiterer Sinn: Text selbst ist Gegenstand des Lernvorgangs (z. B. Schreiben einer Spielanleitung).
Die Unterscheidung ist nützlich für didaktische Planung, aber äußerlich gegenüber dem Textformen-Konzept.
Wesentliche Erkenntnisse
Auch Textformen im engeren Sinne erfordern einen Aneignungs- oder Entwicklungsprozess.
Textformen im weiteren Sinne können ebenfalls zu Lernprozessen auf der Gegenstandsebene führen, auch wenn dies nicht die primäre didaktische Zielsetzung ist.
Der Erfolg von Lernprozessen hängt entscheidend von der schreibdidaktischen Situierung ab, d. h. von Faktoren wie dem Schreibarrangement, dem Lehr-/Lernziel und dem konkreten Schreibauftrag.
Kritik und Ausblick
Die traditionelle Unterscheidung zwischen Textformen im engeren und weiteren Sinne greift zu kurz.
Textformen sind immer didaktisch situiert und können nicht losgelöst von den Einflussvariablen des Schreibarrangements betrachtet werden.
Das Konzept der Textformen berücksichtigt die Reaktion der Lernenden auf spezifische unterrichtliche Arrangements und betont die Bedeutung dieser Arrangements für den Lernerfolg.
Epistemisches Schreiben vs. lernendes Schreiben
epistemisches Schreiben nach Bereiter
· epistemisches Schreiben nach Bereiter:
Fokussiert auf Vorgänge, die sich auf den Schreibgegenstand oder das Schreibthema beziehen.
Bezieht sich vorwiegend auf deklaratives Wissen.
Setzt einen hohen Bewusstheitsgrad und ausgeprägte Reflexionsfähigkeit voraus.
Wird hauptsächlich bei erwachsenen Vielschreibern (z. B. Schriftstellern) angewendet.
Beschrieben als bewusst gewählte und zielgerichtete Strategie, die von Experten genutzt wird.
Kritik an Bereiters Modell
Es ist unrealistisch, Lernprozesse beim Schreiben nur bei einem hohen Reflexionsniveau zu erwarten.
Ein Großteil des Sprach- und Weltwissens wird bereits beim Schreiben erworben, bevor metakognitive Fähigkeiten vollständig entwickelt sind.
Das beim Schreiben gewonnene Wissen kann implizit und unbewusst sein.
Dieses implizite Wissen wird nicht aktiv „gesucht“, sondern entsteht während des Schreibprozesses und ist oft nicht sofort verbalisierbar.
Vielfalt und Facettenreichtum des lernenden Schreibens
Lernendes Schreiben betrifft alle Schreiber, von Novizen bis hin zu Experten.
Diese Form des Schreibens umfasst nicht nur explizite, bewusste Lernprozesse, sondern auch implizite, unbewusste Wissensgewinne.
Lernendes Schreiben kann auch metakognitive Effekte haben, z. B. durch Reflexion über das eigene Denken und Handeln.
Beispiel: Portfolioarbeit bei Grundschülern kann zu einer verbesserten Selbstreflexion und Steuerung des Lernverhaltens führen.
Zusammenfassung
Lernendes Schreiben ist umfassender und facettenreicher als das epistemische Schreiben, da es sowohl bewusste als auch unbewusste Lernprozesse umfasst.
Es ist nicht auf Experten beschränkt, sondern betrifft alle Schreiber, unabhängig von ihrem Reflexionsniveau.
Der Textformen-Begriff: Dimensionen, Kompetenzen, Philosophie
Textformen-Konzept: Ein radikal empirisches Konzept
Verstehen des Textschreibens als Performanzphänomen.
Konzept basiert auf drei entscheidenden empirischen Variablen:
Textform als Ausformung einer konkreten Schreibentwicklungsphase.
Textform als Ausformung einer konkreten Schreibprozessphase.
Textform als Reaktion auf eine konkrete schreibdidaktische Situierung.
Textformen sind in einem dreidimensionalen Bezugsraum zu verorten:
Erwerbsdimension: Entwicklung des Schreibens.
Prozessdimension: Schreibprozess.
Situierungsdimension: Didaktische Einbettung.
Kompetenzbegriff und Textformen
Kompetenzkonzepte basieren auf Performanz, d.h., Kompetenz zeigt sich nur in der tatsächlichen Schreibleistung.
Der Textformen-Begriff ermöglicht stichhaltige Kompetenzurteile, indem er die drei Dimensionen (Entwicklung, Prozess, Situation) berücksichtigt.
Wichtig ist die genaue Spezifikation dessen, was als „fertiges“ Schreibprodukt gilt.
Kompetenz wird relational definiert: Leistungen werden im Kontext der Entwicklungsphase bewertet, nicht an idealisierten Normen.
Philosophie des Textformen-Konzepts für den Schreibunterricht
Textform betont den aktiven Prozess des Schreibens („Text formen“).
Offenheit gegenüber verschiedenen Lernprozessen:
Lernergebnisoffenheit: Unterschiedliche Ergebnisse werden akzeptiert.
Erwerbsoffenheit: Unterschiedliche Entwicklungsstände werden berücksichtigt.
Prozessoffenheit: Schreibprozesse sind flexibel und nicht starr vorgegeben.
Didaktische Konzeptionen sind hingegen ergebnisorientiert:
Kontextuelle Situierung: Schreibaufgaben müssen im passenden Kontext verankert sein.
Funktionale Motivierung: Schreibaufgaben sollten eine klare Funktion haben.
Lernerorientierte Differenzierung: Schreibaufgaben müssen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Lernenden abgestimmt sein.
Schlussfolgerung
Das Textformen-Konzept vereint empirische Fundierung mit einer klaren didaktischen Philosophie, die den Schreibprozess, die Entwicklung der Schreibkompetenz und die situative Einbettung im Unterricht betont.
Zuletzt geändertvor 2 Monaten