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weniger wichtig Zivilrecht

AL
von Ann-kathrin L.

Wann erfolgt der Zugang einer WE, wenn die WE den Server auf Seiten des Empfängers zwar erreicht, aber die Erklärung nicht abgerufen werden kann?

Z.B.: K nimmt in einer E-Mail an den V, der seine Adresse bei der Telefongesellschaft “n-online” hat, ein Kaufangebot des V an. Die Mail wird auf dem Server der “n-online” gespeichert; dort ist sie jedoch aus Gründen, die V nicht zu vertreten hat, nicht abrufbar.

z.T.:

Zugang schon bei Gelangen auf den Server, auch wenn anschließende wahrnehmbare Speicherung scheitert, aer der Abruf durch den Empfnger nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist.

  • Fehlende Wahrnehmbarkeit ist Empfängerrisiko, da der Server schon zu seinem Empfangsbereich gehört.

  • Nach der Verkehrsanschauung kann nach Absenden der Erklärung mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme gerechnet werden.

  • Technische Probleme auf Seiten des Empfängers müssen nach einer Abgrenzung der Risikosphären auch zu dessen Lasten gehen.

z.T.:

Empfänger muss die WE auch (abstrakt) abrufen oder speichern können.

  • Nach der Empfangstheorie ist für den Zugang nicht nur das Gelangen der WE in den Empfangsbereich konstitutiv, sondern auch, dass der Empfänger unter normalen Umständen zumindest eine abstrakte Kenntnisnahmemöglichkeit hat. Über den Mail Server des Providers hat der Empfänger aber keine Herrschaftsgewalt.

  • Zuordnung des Speicherrisikos zum Empfänger ist unbillig, wenn dieser die Erklärung nicht einmal abstrakt wahrnehmen oder speichern kann.

Beachte:

Unstreitig trägt der Empfänger das Zugangsrisiko, wenn er die Wahrnehmbarkeit der Erklärung infolge Pflichtwidrigkeit oder Arglist vereitelt (z.B. wenn der Speicherplatz auf Seiten des Empfängers voll ist).

Wann kommt in den folgenden Fällen ein Vertrag zustande?: Selbstbedienungskassen Supermarkt; Selbstbedienungstankstelle; Automatenverträge; Versandhandel; Internet

Selbstbedienungskassen Supermarkt:

h.M.:

Nach der h.M. ist das Bereitstellen der Ware eine invitatio ad offerendum. Das Angebot erfolgt mit Vorlegen der Ware an der Kasse und die Annahme durch Buchen des Preises.

a.A.:

Nach a.A. ist das Auslegen der Ware als Angebot mit Rechtsbindungswille anzusehen. Die Annahme wird im vorlegen an der Kasse gesehen.

Selbstbedienungstankstelle:

z.T.:

z.T. wird angenommen, der Vertrag komme wie im Supermarkt erst an der Kasse zustande.

Gegenansicht:

Die Gegenansicht erachtet bereits das Aufstellen der Säule als Angebot, welches der Kunde mit Einfüllen annimmt.

BGH RÜ 2011, 488:

Der Vertragsschluss kommt bereits durch das Betanken zustande, da - anders als bei Selbstbedienungsläden - durch das Einfüllen des Treibstoffes in den Tank ein praktisch unumkehrbarer Zustand geschaffen wird.

Automatenverträge:

h.M.:

Die wohl h.M. sieht im Aufstellen des Automaten ein Angebot an jedermann (ad incertas personas) uter der Bedingung der Funktion des Automaten. Das Einwerfen des Geldes ist sodann die nicht empfangsbedürftige Annahme (§ 151 S. 1 Fall 1 BGB).

a.A.:

Nach a.A. ist das Aufstellen des Automaten bloße invitatio ad offerendum. Das Einwerfen des Geldes durch den Kunden ist das Angebot. Die Annahme erfolgt konkludent mit Waren- oder Kartenausgabe durch den Automaten.

Versandhandel:

Im Versandhandel gibt der Kunde mit der Bestellung ein Angebot ab. Dieses wird spätestens durch das Abschicken der Ware durch den Verkäufer angenommen, wobei der zugang der Annahmeerklärung nach § 151 BGB entbehrlich ist. Es gilt:

Der Kaufvertrag kommt bereits mit Abschicken zustande.

Zugleich macht der Versender mit Abschicken ein Angebot zur dinglichen Übereignung §§ 929, 145 BGB, welches der Käufer mit Entgegennahme und Billigung annimmt §§ 929, 147, 151 BGB. Etwas anderes gilt nur, soweit die Parteien (ausdrücklich) einen Eigentumsvorbehalt vereinbart haben, indem ein Eigentumsvorbehaltskauf geschlossen wurde §§ 433, 449; 929, 158 BGB.

Internet:

Versandhandel etc

Grds. wie beim normalen Handel: Die Produktpräsentation ist kein Angebot; der Kunde gibt das Angebot ab. Annahme per Antwortmail oder Abschicken der Ware. Vertragsschluss aber nur bei entsprechendem Hinweise auf Kostenpflicht, sog. Button-Lösung, § 312j III, IV BGB.

Online-Auktion

Keine Versteigerung i.S.v. § 156 BGB, da es am Zuschlag fehlt.

  • BGH NJW 2017, 468: verbindliches Verkaufsangebot i.S.v. § 145 BGB, welches an denjenigen gerichtet ist, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit als der nach § 148 BGB bestimmten Annahmefrist das Höchstgebot abgegeben hat.

  • Keine Bindung, wenn Anbietendem das Recht vorbehalten war, sein Angebot vorher zurückzunehmen.

Untervollmacht: Wer haftet dem Vertragspartner aus § 179 BGB, wenn die Hauptvollmacht fehlt?

Rechtsprechung und h.M.:

Die h.M. unterscheidet dagege, zwischen verdeckter und offengelegter Untervertretung.

  • Verdeckte Untervertretung liegt vor, wenn der Untervertreter auftritt, als sei ihm vom Vertretenen persönlich die Vollmacht erteilt worden. Da der Untervertreter den Anschein erweckt, Hauptvertreter zu sein und das Vertrauen des Geschäftspartners in Anspruch nimmt, dass er den Geschäftsherrn unmittelbar verpflichten könne, muss er wie ein unmittelbar Bevollmächtigter haften.

  • Offengelegte Untervertretung ist gegeben, wenn der Untervertreter aufdeckt, dass eine mehrstufige Vertretung vorliegt und er als “Vertreter des Vertreters” handelt. In diesem Fall nimmt er nur das Vertrauen des Geschäftspartners in die Untervollmacht in Anspruch. Der Geschäftspartner ist dann auch nur diesbezüglich schutzwürdig, da dem Unterbevollmächtigten die Überprüfung der Hauptvollmacht i.d.R. nicht leichter fällt als dem Geschäftsgegner.

  • Interessengerechte Lösung

  • Untervertreter ist nicht weniger schutzwürdig als Dritte

-> Vertreter haftet nur soweit, wie er Vertrauen in seine Bevollmächtigung in Anspruch nimmt.

e.A.:

Es kommt stets zu einer Eigenhaftung des Untervertreters gem. § 179 BGB. Alle Mängel der Hauptvollmacht schlagen durch!

  • § 179 BGB differenziert nicht, warum die Vertretungsmacht nicht vorliegt. Das Risiko der unwirksamen Vertretung trägt immer der Vertreter, also auch der Untervertreter.

  • Verkehrsschutz

  • Untervertreter hat seinerseits Anspruch auf § 179 BGB gegen Hauptvertreter und wird daher nicht unbillig belastet

a.A.:

Eine andere Meinung verneint die Haftung des Untervertreters.

  • Liegt der Mangel in der Hauptvollmacht, ist er der Sphäre des Hauptvertreters zuzurechnen. Es ist dann unbillig, den Untervertreter haften zu lassen.

Ist eine Irrtumsanfechtung über den Inhalt eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens einzuschränken, weil das kaufmännische Bestätigungsschreiben gerade die Funktion hat, eventuelle Missverständnisse auszuräumen?

e.A.:

Eine Ansicht lässt die Vorschriften über die Anfechtung uneingeschränkt für das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gelten.

  • Der Absender des Bestätigungsschreiben soll nur in seinem Vertrauen darauf geschützt werden, dass das Schweigen Zustimmung bedeutet. Dass dieses Schweigen keinen Willensmängeln unterliegt, kann er dagegen nicht annehmen.

  • Es gibt keinen Grund, dem Bestätigenden beim Schweigen mehr Schutz zu gewähren als be einer ausdrücklichen irrtumsbelasteten Zustimmung des Adressaten des Bestätigungsschreibens, die ihm unstreitig ein Anfechtungsrecht geben würde.

a.A.:

Die Gegenmeinung schließt dagegen auch im Falle des Irrtums über den Inhalt des Bestätigungsschreibens eine Anfechtung generell aus.

  • So kann dem Sicherheits- und dem Beschleunigungszweck des Bestätigungsschreibens am ehesten gerecht werden.

  • Die Wirkungen des Bestätigungsschreibens können durch einen rechtzeitig erklärten Widerspruch aufgehoben werden.

a.A.:

Eine weitere Auffassung spricht dem Schweigenden nur dann ein Anfechtungsrecht zu, wenn er den Irrtum bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätte vermeiden können.

  • Der Absender soll nach Sinn und Zweck des kaufmännischen Bestätigungsschreibens darauf vertrauen dürfen, dass der Empfänger das Schreiben sorgfältig liest. Als zumindest kaufmannsähnlicher Unternehmer muss er sich über die Bedeutung seines Verhaltens im Geschäftsverkehr im Klaren sein. Ein weiterer Schutz ist durch den Sinn und Zweck des Bestätigungsschreibens nicht geboten.

  • Der Empfänger wird beim Schweigen zwar stärker als bei ausdrücklicher Erklärung gebunden, jedoch kann er diese Bindung durch Ausübung der gebotenen Sorgfalt vermeiden.

-> Diese Ansicht ist vorzugswürdig, weil sie einen billigen Ausgleich zwischen dem Schutzbedürfnis des Absenders und dem des Empfängers schafft und dabei Sinn und Zweck des kaufmännischen Bestätigungsschreibens berücksichtigt.

Was sind die Rechtsfolgen des Missbrauchs der Vertretungsmacht?

e.A.:

Eine Ansicht wendet beim Missbrauch als Rechtsfolge die §§ 177 ff. BGB an. Der Geschäftsgegner wird also so behandelt, als ob der Vertreter keine Vertretungsmacht hätte. Dadurch erhält der Geschäftsherr die Möglichkeit, das Geschäft gem. § 177 I BGB zu genehmigen. Ist dem Vertreter dagegen erst durch fahrlässiges Verhalten des Geschäftsherren der Missbrauch ermöglicht worden, führt dies zu einer Haftung des GEschäftsherrn aus c.i.c. gem. §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB. Ein Fehlverhalten des Geschäftsgegners ist dabei über § 254 BGB zu berücksichtigen.

-> für diese Meinung spricht, dass auch das Verhalten des Geschäftsherrn, der ja grds. das Missbrauchsrisiko trägt, berücksichtigt wird.

a.A.:

Dagegen lässt die Gegenmeinung die Vertretungsmacht an sich bestehen. Der Vertrag kommt also wirksam zustande. Jedoch steht dem Geschäftsherrn nach § 242 BGB die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung zu, die er dem Erfüllungsanspruch des Geschäftsherrn entgegensetzen kann. So wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Vertretungsmacht grds. besteht.

Stellungnahme:

Für die erste Ansicht spricht, dass hierdurch ein sachgerechter Interessenausgleich zwischen den Interessen des Geschäftsherrn und des Geschäftspartners vorgenommen werden kann. Der Geschäftsherr kann sich wie in den Fällen, in denen die Vertretungsmacht fehlt, überlegen, ob er das Geschäft gegen sich gelten lassen will. Da der Geschäftspartner an dem Missbrauch beteiligt war, ist er nur eingeschränkt schutzwürdig. War der Geschäftsherr selbst für den Missbrauch mitverantwortlich, ist wiederum er nur eingeschränkt schutwürdig.

Ist § 311b II BGB auf eine Bürgschaft analog anzuwenden?

e.A. (+):

Eine Ansicht wendet § 311b II BGB analog auf die Bürgschaft eines vermögenslosen Bürgen an.

  • Sinn und Zweck des § 311b II BGB ist es, zu verhindern, dass eine Person alle Motivation hinsichtlich ihrer Erwerbstätigkeit verliert. Verpflichtet sich ein Vermögensloser zur Zahlung einer hohen Geldsumme, igbt er ebenfals seine wirtschaftliche Handlungsfreiheit auf, denn wenn er in Anspruch genommen wird, wird er sein Leben lang die Schulden abzahlen müssen.

h.M. (-):

Die h.M. lehnt dagegen die analoge Anwendung bei der Begründung einer Geldschuld generell ab.

  • Da bei der Übertragung des künftigen Vermögens der Verpflichtete seinen Erwerb ganz oder zum vereinbarten Bruchteil verliert, ist die Situation mit der Verpflichtung zur Übertragung des gesamten künftigen Vermögens nicht zu vergleichen. In jedem Fall verliert er umso mehr, desto mehr er verdient, ohne dass sich dadurch seine Schuld mindern würde. Bei demjenigen, der sich zu einer Geldschuld verpflichtet, ist es zwar auch möglich, dass er sein gesamtes pfändbares Einkommen zahlen muss. Je mehr er aber verdient, desto mehr verringert sich seine Schuld. Bei der Übertragung des Vermögens wird also der Antrieb zum Erwerb in ungleich höherem Ausmaß gefährdet, als bei der Verpflichtung zur Zahlung einer hohen Geldsumme.

  • Der Zahlungspflichtige wird zudem durch den Pfändungsschutz der §§ 850 ff. ZPO geschützt.

  • Auch kann zur Zeit des Vertragsschlusses nicht mit hinreichender Sicherheit vorhergesehen werden, wie sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners entwickelt. Es ist daher gar nicht gesagt, dass die Erfüllung der Verpflichtung tatsächlich das ganze Vermögen des Schuldners oder nur einen Teil davon umfasst.

-> Die h.M. ist vorzugswürdig, weil schon im Zeitpunkt des Vertrages feststellbar sein muss, ob die Vereinbarung gem. § 311b II BGB nichtig ist und die Nichtigkeit nicht davon abhängen darf, ob sich die Vermögenssituation des Schuldners wesentlich bessert oder nicht. Auch die Möglichkeit der Privatinsolvenz spricht gegen eine Analogie. Der Bürgschaftsvertrag ist nicht analog § 311b II BGB nichtig.

Bleibt bei beiderseitigem Vertretenmüssen der Unmöglichkeit der Anspruch des Schuldners der unmöglich gewordenen Leistung auf die Gegenleistung nach § 326 II S. 1 Fall 1 BGB bestehen?

Teil des Schrifttums:

Ein Teil des Schrifttums nimmt an, dass der Fall der beiderseitig zu vertretenden Unmöglichkeit in § 326 II S. 1 Fall 2 BGB nur unvollständig geregelt sei. Geregelt sei nur der Fall der “weit überwiegenden Verantwortlichkeit” des Gäubigers. Im Übrigen weise das Gesetz aber eine Lücke auf, wie die beiderseitigen Verursachungsanteile in anderen Fällen zu gewichten seien. Wie die Verursachungsbeiträge berücksichtigt werden können, wird innerhalb dieser Ansicht unterschiedlich beurteilt:

  • Nach einer (Unter-) Ansicht behält der Schuldner seinen Anspruch auf die Gegenleistung (in Anwendung des § 326 II BGB), der jedoch gemäß § 254 BGB analog um seinen Mitverschuldensanteil zu kürzen ist. Demgegenüber hat der Gläubiger einen Schadensersatzanspruch nach §§ 280 I, III, 283 BGB, der nach der Differenztheorie zu berechnen und ebenfalls um den eigenen Verschuldensanteil zu krzen ist. Bei einem Verlustgeschäft des Käufers hat er jedoch keinen Schaden, sodass sein Anspruch entfällt.

  • Nach anderer (Unter-) Ansicht behält der Schuldner unter Anwendung des § 326 II S. 1 BGB den ungekürzten Anspruch auf die Gegenleistung. Diese Sichtweise gewährt jedoch dem Gläubiger einen gemäß § 254 BGB zu kürzenden Schadensersatzanspruch, der aber zwingend nach der Surrogationstheorie zu berechnen ist.

wohl h.M.:

Nach der mittlerweile wohl h.M. regelt § 326 II S. 1 Fall 1 BGB jedoch eindeutig, dass der Gegenleistungsanspruch des Schuldners der unmöglich gewordenen Leistung nur dann bestehen bleibt, wenn der Gläubiger die Unmöglichkeit allein oder so weit überwiegend zu vertreten hat, dass dem Schuldner kein Verursachungsbeitrag gemäß § 254 BGB zuzurechnen ist. Von einer Lücke im Gesetz könne nicht ausgegangen werden. Eine Lösung ist über gegenseitige Schadensersatzansprüche zu suchen, nicht aber über eine (teilweise) Aufrechterhaltung des Gegenleistungsanspruchs.

Stellungnahme:

Zu folgen ist der h.M.. Nur dieser Ansatz entspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Der Verursachungsbeitrag des Gläubigers kann vom Schuldner im Rahmen eines Schadensersatzanspruches geltend gemacht werden, sodass die jeweiligen Verantwortungsbereiche der Parteien mit Anwendung des § 254 BGB dogmatisch sauber herausgearbeitet werden können. Umgekehrt kann auf den Kaufpreisanspruch als Erfüllungsanspruch nicht § 254 BGB (analog) angewandt werden, da § 254 BGB nur für Schadensersatzansprüche gilt, wie die systematische Stellung im allgemeinen Schadensrecht der §§ 249 ff. BGB zeigt.

Hat der Gläubiger das Recht während der Verzugszeit, ein Erfüllungsangebot des Schuldners zurückzuweisen, bevor er den Rücktritt überhaupt erklärt hat?

Teil der Literatur:

Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, dass der Gläubiger grds. mit einem den Annahmeverzug begründenden Angebot die Befugnis verliere, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen oder zurückzutreten (§ 242 BGB).

  • Bis zur Rücktrittserklärung könne der Schuldner die Leistung noch in den Annahmeverzug begründender Weise anbieten und dadurch die Schwebelage beenden. Der Gläubiger könne die Leistung dann nicht mehr durch Rücktritt zurückweisen.

  • Ein Angebot des Schuldners, das geeignet ist, dessen Schuldnerverzug zu beenden und den Gläubiger in Annahmverzug zu setzen, müsse dieselbe Wirkung haben wie die erfolgt Tilgung der Schuld.

  • Von diesem Grundsatz sei nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn das Angebot so kurzfristig nach Ablauf der Nachfrist erfolge, dass nicht zu erwarten sei, dass der Gläubiger bereits zu einer Entscheidung über die Wahl zwischen Erfüllung und Schadensersatz gekommen ist. Der Gläubiger müsse eine gewisse, wenn auch nur kurze Überlegungsfrist haben.

Gegenansicht:

Nach der Gegenansicht bleiben der Schadensersatzanspruch statt der Leistung bzw. das Rücktrittsrecht des Gläubigers auch dann bestehen, wenn der Schuldner die Primärleistung in Annahmeverzug begründender Weise anbietet.

  • Ein beträchtlicher Teil dieser Gegenansicht geht allerdings davon aus, dass der Gläubiger sich im Zeitpunkt des Angebots entscheiden müsse. Nur wenn der Gläubiger unmittelbar nach dem Zeitpunkt des Angebots Schadensersatz statt der Leistung verlange oder zurücktrete, habe sein Wahlrecht Vorrang und er gerate nicht in Annahmeverzug.

  • Nach einem anderen Teil der Gegenansicht besteht nach Fristablauf keine Verpflichtung des Gläubigers, die ihm angebotene Leistung abzunehmen, obwohl der Erfüllungsanspruch fortbestehe. Verweiger er die Annahme bleibe der Schwebezustand und das Wahlrecht bestehen. Der Schuldner könne nur gemäß § 350 BGB analog eine Frist setzen, um diesen Schwebezustand zu beenden. Auch hiernach bleibt vorliegend der Aufwendungsersatzanspruch bestehen.

Stellungnahme:

Vorzugswürdig ist die Ansicht, die den Gläubiger zwingt, sich im Zeitpunkt des Angebots unverzüglich zu entscheiden, ob er die Erfüllung annimmt oder Sekundärleistungsrechte geltend macht. Hierdurch werden die Interessen beider Parteien umfassend berücksichtigt. Der Erfüllungsanspruch des Gläubigers bleibt trotz Ablauf der gesetzten Frist zunächst bestehen, sodass auch der Anspruch des Schuldners (Verkäufers) auf Abnahme der verkauften Sache aus § 433 II BGB bestehen bleibt. Daher kann der Verkäufer den Käufer mit einem den §§ 293 ff. BGB entsprechenden Angebot grundsätzlich in Annahmverzug versetzen. Gemäß § 242 BGB wäre dann jedoch der Schadensersatzanspruch statt der Leistung des Käufers ausgeschlossen. Im Rahmen des § 242 BGB sind aer nach Treu und Glauben auch die Interessen des Gläubigers zu berücksichtigen, sodass ihm eine (kurze) Überlegungszeit zu gewähren ist, in der er den Annahmeverzug verhindern kann. Der Schuldner wird hierdurch nicht übermäßig benachteiligt, weil er allein mit seinem Angebot die ihm unliebsame Schwebesituation beenden kann und von da an weiß, welchen Ansprüchen er ausgesetzt ist.

Reicht i.R.e. Schadensersatzanspruches aus §§ 280 I i.V.m. II, 286 I BGB aufgrund Verzuges das Angebot der ursprünglichen Leistung durch den Schuldner aus, um den Schuldnerverzug zu beenden oder muss zudem auch der Ersatz des Verzugsschadens angeboten werden?

Teilweise:

Teilweise wird vertreten, das Angebot des Schuldners i.S.v. § 294 BGB müsse den Ersatz des bisher entstandenen Verzögerungsschadens umfassen. Andernfalls liege nur das Angebot einer Teilleistung vor, wozu der Schuldner jedoch nach § 266 BGB nicht berechtigt ist.

Gegenansicht:

Die Gegenansicht hält dies für zu weitgehend. Danach muss der säumige Schuldner neben der ursprünglichen Leistung weder Schadensersatz noch Verzugszinsen anbieten, um den Schuldnerverzug im Hinblick auf die ursprünglich geschuldete Leistung aufzuheben. Es genüge, wenn er genau das anbietet, womit er in Verzug gekommen ist, also das ursprünglich Geschuldete.

Stellungnahme:

Gegen die erste Auffassung spricht bereits, dass der Schuldner in der Regel nicht weiß, ob und in welcher Höhe überhaupt ein Verzugsschaden entstanden ist. Zudem bilden die Ansprüche aus §§ 280 I, II, 286, 288 BGB nicht lediglich einen Teil der Hauptforderung, sondern stellen selbstständige, auf einer zusätzlichen Rechtsgrundlage beruhende Nebenforderungen dar. Da es schließlich für den Verzugseintritt nur auf die geschuldete Leistung ankommt, muss dasselbe für die Beseitigung des Verzuges als actus contrarius gelten. Nach der vorzugswürdigen zweiten Ansicht ist damit allein durch das Angebot der ursprünglich geschuldeten Leistung der Verzug beendet worden. Nur bis zu diesem Zeitpunkt kann der bis dahin eingetretene Verzugsschaden geltend gemacht werden.

Nach § 281 II Fall 2 BGB kann eine Nachfristsetzung entbehrlich sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung von Schadensersatz rechtfertigen. Fraglich ist, ob darunter auch das Verstreichen der Leistungszeit fallen kann?

Zum Teil:

Zum Teil wird vertreten, dass unter § 281 II Fall 2 BGB das relative Fixgeschäft fallen soll. Haben die Parteien eine Leistungszeit vereinbart und macht der Gläubiger dem Schuldner deutlich, dass er ein besonderes Interesse an der Leistungszeiteinhaltung hat, soll ein sofortiges Schadensersatzverlangen (“statt der Leistung”) ohne Fristsetzung möglich sein.

  • Zur Begründung wird auf die Entstehungsgeschichte des § 281 BGB verwiesen. So soll es der Wille des Gesetzgeber gewesen sein, bei Vorliegen eines relativen Fixgeschäftes ohne Frist Schadensersatz nach § 281 I BGB zu erhalten.

  • Macht der Gläubiger dem Schuldner sein besonderes Bedürfnis nach besonders pünktlicher Lieferung deutlich, ist der nicht rechtzeitig leistende Schuldner nicht schutzwürdig.

Gegenansicht:

Die Gegenansicht sieht das relative Fixgeschäft als nicht von § 281 II Fall 2 BGB erfasst an.

  • Hierfür spricht der insoweit eindeutige Gesetzeswortlaut. Anders als in der Parallelvorschrift zum Rücktritt, wo das relative Fixgeschäft ausdrücklich normiert ist (vgl. § 323 II Nr. 2 BGB), fehlt eine entsprechende Nennung in § 281 II BGB.

  • Würde § 281 II Fall 2 BGB das relative Fixgeschäft erfassen, wäre die spezielle handelsrechtliche Vorschrift des § 376 HGB entbehrlich.

Stellungnahme:

Letztgenannter Ansicht ist aus den genannten Gründen zu folgen.

Ist die Anfechtung einer Willenserklärung nach § 119 I i.V.m. § 166 II BGB im Rahmen eines Irrtums des Geschäftsherrn möglich?

Rechtsprechung und Teile der Literatur (-):

Rechtsprechung und Teile der Literatur lehnen die analoge Anwendung des § 166 II BGB im Rahmen eines Irrtums des Geschäftsherrn ab.

  • § 166 II BGB bezweckt nicht den Schutz des irrenden Geschäftsherrn, sondern allein den des Geschäftspartners. Es soll z.B. verhindert werden, dass der bösgläubige Geschäftsherr den gutgläubigen Vertreter vorschiebt, um gemäß §§ 932 II, 892 BGB vom Nichtberechtigten zu erwerben.

  • Bei der irrtumsbehafteten Spezialvollmacht hebelt die analoge Anwendung des § 166 II BGB das Trennungsprinzip des Vertretungsrechtes aus.

  • Kann der Geschäftsherr nach irrtumsfreier Vollmachtserklärung einen Fehler bei der Weisungserteilung anfechten, wird das Trennungsprinzip, wonach Innenverhältnis und Außenverhältnis streng getrennt werden müssen, ausgehöhlt.

h.M. im Schrifttum (+):

Die heute wohl h.M. im Schrifttum will § 166 II BGB auch für andere Willensmängel des Vertretenen bei der Bevollmächtigung gelten lassen. Sie billigt daher dem Vertretenen in analoger Anwendung des § 166 II BGB bei einer “Vertretung mit gebundener Marschroute”, bei der der Vertreter tatsächlich nur eine Erklärung des Vertretenen reproduziert, ein Anfechtungsrecht wegen eines eigenen rechtserheblichen Irrtums i.S.d. § 199 I BGB zu.

  • Nach dem Grundgedanken von § 166 I und II BGB ist die Willensbildung der Person entscheidend, auf deren Entschluss der Vertragsschluss im Wesentlichen beruht.

  • Hätte der Geschäftspartner selbst gehandelt, wäre er zur Anfechtung berechtigt. Es ist kein Grund ersichtlich, den Geschäftspartner besser zu stellen, nur weil der an sich anfechtungsberechtigte Geschäftsherr einen Vertreter eingeschalten hat.

Scheidet ein Rückgriff auf die Grundsätze der c.i.c. aus, wenn eine Anfechtung des Vertrages in Betracht kommt?

starke Minderansicht (-):

Eine starke Minderansicht plädiert für den Vorrang einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung über § 812 BGB i.V.m. einer Anfechtung nach § 123 BGB.

  • Angeführt wird, dass anderenfalls die kurze Ausschlussfrist des § 124 I BGB umgangen würde, denn Ansprüche aus c.i.c. verjähren gemäß § 195 BGB erst in 3 Jahren.

  • Des Weiteren besteht die Möglichkeit, entgegen den verschärften Anforderungen des § 123 BGB - Voraussetzung ist hier eine arglistige Täuschung -, bereits bei leichter Fahrlässigkeit zu einer Aufhebung des Vertrages zu kommen.

h.M. (+):

Die herrschende Meinung wendet die Grundsätze der c.i.c. neben § 123 I BGB an.

  • § 123 I BGB und c.i.c. sind in Voraussetzungen und Rechtsfolgen verschieden. So schützt § 123 I BGB die Willensfreiheit unabhängig vom Eintritt eines Schadens. Die Anfechtung nach § 123 I BGB führt anders als die c.i.c. nicht bloß zu einem Anspruch auf Aufhebung des Vertrages, sondern unmittelbar zur Nichtigkeit des Vertrages nach § 142 I BGB.

  • Wer mit der ganz h.M. anerkennt, dass bereits im vorvertraglichen Bereich Verhaltenspflichten bestehen, für deren schuldhafte Verletzung die Haftung aus c.i.c. eingreift, kann für den Fall der Aufklärungspflichtverletzung keine Ausnahme machen.

  • Das Argument der Aushöhlung der Verjährungsvorschriften überzeugt nicht. Die kurze Ausschlussfrist des § 124 BGB wird z.B. auch durch konkurrierende Ansprüche des Deliktsrechtes (z.B. § 823 BGB) umgangen, die nach § 195 BGB grundsätzlich in 3 Jahren verjähren.

Ist im Dreipersonenverhältnis (Eigentümer, Erwerber, Verkäufer (der abhandengekommene Sache verkauft hat)) die Rückgabe an den Eigentümer (§985 BGB) ein Verschulden im Sinne des § 346 BGB, wenn der Verkäufer Herausgabe nach § 346 I BGB verlangt, weil der Erwerber den Rücktritt erklärt hat?

MA (+):

Eine Minderansicht nimmt für die vorliegende Fallkonstellation ein Verschulden des Rücktrittsberechtigten an. Unabhängig davon, ob dieser einem Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB ausgesetzt sei, müsser er an seinen ursprünglichen Vertragspartner herausgeben.

  • Der vertragliche Rückgabanspruch aus § 346 I BGB wirkt stärker als der dingliche Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 985 BGB (Schlagwort: Vertrag, Vertrauen, Gesetz)

  • Der Eigentümer ist ausreichend durch den späteren Herausgabeanspruch gegen den Verkäufer aus § 985 BGB geschützt.

  • Der Schutz des Verkäufers erfordert eine Herausgabe an ihn. Wenn der Verkäufer seinerseits Verwendungen im Rahmen eines EBV getätigt hat, kann er das Zurückbehaltungsrecht des § 1000 BGB einem etwaigen Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen ihn aus § 985 BGB entgegenhalten. Würde der Erwerber sogleich an den Eigentümer heruasgeben, würde der Erwerber dem Verkäufer seine Einreden aus § 1000 BGB nehmen (Schlagwort: Kein Einredeabschnitt).

Rechtsprechung (-):

Die Rechtsprechung verneint demgegenüber jedwedes Verschulden des Rücktrittsberechtigten, der eine gestohlene Sache an den Eigentümer herausgibt.

  • Nicht der vertragliche Rückgabeanspruch aus § 346 I BGB ist stärker, sondern der dingliche Anspruch des Eigentümers aus § 985 BGB. Der Rücktrittsberechtigte steckt in einer juristischen Zwickmühle, da er der Anspruchsgegner zweier Anspruchssteller bezüglich einer Sache ist und nur einem gegenüber erfüllen kann. In einem solchen Fall ist § 985 BGB daher stärker.

  • Des Weiteren ist anzuführen, dass der Rücktrittsberechtigte mit der Herausgabe an den Eigentümer zugleich auch eine Verpflichtung des Rücktrittsgegners erfüllt und in dessen Interesse handelt. Auch dieser muss ja schließlich gemäß § 985 BGB an den Eigentümer herausgeben.

  • Von der sachenrechtlichen Seite aus bertrachtet, ist der Erwerber der Gefahr von Schadensersatzansprüchen des Eigentümers gemäß §§ 677 ff., 989, 990, 816, 823 BGB ausgesetzt, wenn er die Sache an den Verkäufer herausgibt; denn insoweit verfügt er als Nichtberechtigter. Nach Treu und Glauben kann der Verkäufer von dem Erwerber eine solche Selbstgefährdung nicht verlangen, da er selbst kein schützenswertes Interesse an der Wiedererlangung des Besitzes hat. Daher ist es sachgerecht, dass der Erwerber gegenüber Herausgabeansprüchen des Verkäufers - etwa dem aus § 346 I BGB - die auf die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) berufen kann.

Dritte Ansicht:

Denkbar ist auch ein dritter Ansatz. Da weder der Anspruch aus § 985 BGB noch der Anspruch aus § 346 BGB teilbar ist, liegt ein Fall der Gesamtgläubigerschaft vor (vgl. § 428 BGB). In diesem Fall hat der Schuldner ein Wahlrecht, welchem Anspruch er nachkommt. Insoweit liegt ein Fall echter Anspruchskonkurrenz vor. Keinem der beiden Herausgabeansprüche gebührt der Vorrang.

Stellungnahme:

Soweit man der Rechtsprechung oder letztgenannter Ansicht folgt, ist die Einschränkung zu machen, dass ein Verschulden des Rücktrittsberechtigten nur dann abzulehnen ist, wenn dieser dem Verlangen des Eigentümers aus § 985 BGB nachgeben muss. Dies ist dann der Fall, wenn ihm kein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 BGB zugestanden hat, welches er dem Anspruch des Eigentümers hätte entgegenhalten können.

Ist bei einem gesetzlichen Rücktrittsrecht eine teleologische Reduktion des § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB für Schäden vorzunehmen, die nach Kenntnis vom Rücktrittsgrund aber vor Rücktrittserklärung eintreten?

Literatur (+):

In der Literatur wird für den Fall, dass der Rücktrittsberechtigte Kenntnis vom Rücktrittsgrund hat, eine teleologische Reduktion des § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB befürwortet.

  • Dafür spricht der Sinn und Zweck des § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB, der eine Privilegierung des gesetzlichen Rücktrittsrechts gegenüber dem vertraglichen vornimmt, weil der vertraglich Rücktrittsberechtigte im Gegensatz zum gesetzlich Rücktrittsberechtigten von vorneherein von seinem Rücktrittsrecht Kenntnis habe. Daher dürfe der gesetzlich Rücktrittsberechtigte davon ausgehen, dass er mit der Sache nach seinem Belieben verfahren könne, ohne dass ihm daraus Nachteile entstehen. Kenne er aber seinen gesetzlichen Rücktrittsgrund, so weiß er, dass er die Sache bei Rücktritt zurückzugewähren hat. Ab diesem Zeitpunkt ist die Privilegierung des § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB nicht mehr gerechtfertigt.

Gegenansicht (+):

Nach der Gegenansicht besteht die Haftungsmilderung auch nach Kenntnis vom Rücktrittsgrund fort.

  • Auch nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht dürfe der Rücktrittsberechtigte als Eigentümer die Sache weiterbenutzen. Dies folgt aus der Wertung des § 446 BGB.

  • Zudem lässt es seine finanzielle Lage oft nicht zu, sich vor Rückabwicklung mit einer neuen Sache einzudecken.

  • Der gesetzlich Zurücktretende gerate in die Rücktrittssituation immerhin gegen seinen Willen und aufgrund einer Pflichtverletzung des Rücktrittsgegners. Deshalb verdiene der gesetzlich Rücktrittsberechtigte auch nach Kenntnis vom Rücktrittsgrund den Schutz des § 277 BGB.

  • Schließlich hat der Gesetzgeber, in § 346 III S. 1 Nr. 3 BGB bewusst keine Differenzierung hinsichtlich von Kenntnis und Unkenntnis vorgenommen.

Stellungnahme: jede Meinung ist vertretbar

Für die Annahme einer teleologischen Reduktion spricht indes die Wertungsharmonie zum Widerruf eines Verbrauchervertrages. Gemäß § 357 VII BGB hat der Käufer (Verbraucher) bei Verschlechterung der Sache Wertersatz im Falle des Widerrufs eines Verbrauchervertrages zu leisten, wenn er belehrt wurde (entspricht Kenntnis vom Rücktrittsgrund) und die Sache weiterbenutzt. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei Kenntnis des Gestaltungsrechts eine Privilegierung nicht geboten ist.

Bestehen verbraucherschützende Widerrufsrechte auch bei nichtigen Verträgen?

e.A. (+):

Es wird die Auffassung vertreten, dass dies aus Gründen des Verbraucherschutzes zu bejahen sei, um dem Verbraucher die gegenüber einer kondiktionsrechtlichen Rückabwicklung (§§ 812 ff. BGB) günstigeren Rechtsfolgen der §§ 357 ff. BGB zu erhalten.

a.A. (-):

Dagegen wird eingewandt, das Widerrufsrecht nach § 312g I Fall 2 BGB setze einen wirksamen Fernabsatzvertrag voraus, da nur bei einem wirksam geschlossenen Vertrag der Widerruf erklärt werden könne und es den dogmatischen Strukturen des Vertragsrechts widerspreche, wenn nichtige Verträge nach anderen Regelungen als denen der §§ 812 ff. BGB rückabgewickelt werden können.

Stellungnahme:

Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keinen materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben und unabhängig von den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt. Dementsprechend hat der Verbraucher etwa ein Wahlrecht, ob er einen Fernabsatzvertrag nach §§ 312g, 355 BGB mit der REchtsfolge einer Rückabwicklung nach § 357 ff. BGB widerrufe oder ob er die Vertragserklärung - gegebenenfalls - wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung gemäß §§ 119 ff., 142 I BGB anficht und sich damit für eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB entscheidet.

  • Es besteht unter dem Gesichtspunkt des bei einem Fernabsatzvertrag gebotenen Verbraucherschutzes kein Grund, den Verbraucer schlechter zu stellen, wenn der Fernabsatzvertrag nicht anfechtbar, sondern nach §§ 134, 138 BGB nichtig ist. Auch in einem solchen Fall rechtfertigt es der Schutzzweck des Widerrufsrechts, dem Verbraucher die Möglichkeit zu erhalten, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Ausübung des Widerrufsrechts zu lösen, ohne mit dem Unternehmer in eine rechtliche Auseinandersetzung über die Nichtigkeit des Vertrags eintreten zu müssen. Auc bei einer etwaigen Nichtigkeit des Vertrags hat der Verbraucher deshalb grundsätzlich die Wahl, seine auf den Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung zu widerrufen oder sich auf die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags zu berufen.

  • Ist z.B. ein Rechtsgeschäft wegen Formmangels nichtig, so wird dadurch nicht ausgeschlossen, die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts im Rechtsstreit daraus herzuleiten, dass es wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung anfechtbar und rechtzeitig angefochten ist.

  • Das begriffslogische Argument, nur ein wirksamer Vertrag könne widerrufen werden, berücksichtigt nicht, dass in der Zivilrechtsdogmatik anerkannt ist, dass auch nichtige Rechtsgeschäfte angefochten werden können (sog. “Kipp’sche” Lehre von den Doppelwirkungen im Recht). Für den Widerruf eines nichtigen Vertrags gilt unter dogmatischem Gesichtspunkt nichts Anderes als für dessen Anfechtung.

-> Die Vorschriften über Widerrufsrechte sind daher auch auf nichtige Verträge anwendbar.

Sind Agenturgeschäfte (i.S.e. Auftrags § 662 BGB) Umgehungsgeschäfte (vgl. § 476 IV BGB) und deswegen nach §§ 134, 138 BGB nichtig?

Annahme Umgehungsgeschäft:

Die Annhame eines Umgehungsgeschäftes ergibt sich aus folgender Überlegung. Würde der gewerbliche Händler z.B. den Altwagen fest Inzahlung nehmen, würde er diesem im Folgenden selbst als Unternehmer (§ 14 BGB) selbst an Dritte weiterveräußern. In diesem Fall ist wegen des Vorliegens eines Verbrauchsgüterkaufes (§§ 433, 474 BGB) der Ausschluss von Mägenlgewährrechten gegenüber Drittkäufern nach § 476 I BGB unzulässig. Der Abschluss eines Agenturvertrages könnte somit Drittkäufer benachteiligen. Denn würden die Drittkäufer über die Konstruktion der Stellvertretung direkt vom Eigentümer, der Verbraucher i.S.d. § 13 BGB ist, erwerben, ist ein Ausschluss der Gewährleistung unter Beachtung der Grenze des § 444 BGB grundsätzlich zulässig.

Rechtsprechung (+/-):

Die Rechtsprechung vertritt eine differenzierte Lösung. Agenturgeschäfte sind im Gebrauchtwagenhandel mit Verbrauchern nicht generell, sondern nur dann als Umgehungsgeschäfte anzusehen, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Gebrauchtwagenhändler als der Verkäufer des Fahrzeugs anzusehen ist. Entscheidende Bedeutung kommt hierbei der Frage zu, ob der Händler oder der als Verkäufer in Erscheinung getretene Fahrzeugeigentümer das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs zu tragen hat.

Zulässigkeit Agenturvertrag:

Überzeugender erscheint es nach wie vor die Zulässigkeit eines Agenturvertrages anzunehmen und das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes abzulehnen.

  • Die Annahme eines Umgehungsgeschäftes stellt eine nicht hinzunehmende Einschränkung der Privatautonomie in Form der Gestaltungsfreiheit dar, zumal ein Verkauf durch Stellvertreter nicht untypisch ist.

  • Nachteile für Drittkäufer bestehen nicht. Tritt ein Händler als Stellvertreter auf, können bei Vorliegen eines Mangels gegen den Händler, der besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch nimmt, regelmäßig Ansprüche aus §§ 280 I, 241 II, 311 III BGB geltend gemacht werden. Diese kompensieren die ggf. durch Parteivereinbarung ausgeschlossenen Gewährleistungsansprüche gegen den (Privat)Verkäufer.

Kann der Dritte bei einem Vertrag zugunsten eines Dritte (§ 328 BGB) auch Schadensersatz statt der Leistung verlangen?

Schrifttum (-):

Eine im Schrifttum weit verbreitete Ansicht lehnt dies ab, soweit durch die Geltendmachung der Ansprüche Einfluss auf das gesamte Vertragsverhältnis genommen wird. Danach soll es dem Dritten nicht möglich sein, vom Vertrag nach § 323 BGB zurückzutreten oder Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 I, III i.V.m. 281 bzw. 283 BGB zu verlangen, wohl aber einen Verzugsschaden nach §§ 280 I, II i.V.m. 286 BGB geltend zu machen.

  • Stünden dem Dritten Sekundärrechte zu, die das Hauptschuldverhältnis (Deckungsverhältnis) vernichten können, würde sich dies als Rechtsgeschäft “zu Lasten” Dritter auswirken.

  • Für den Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 281 BGB lässt sich dies aus §§ 281 IV und V BGB ableiten.

a.A.:

Daneben wird vertreten, dass nicht die Vertragsschließenden, sondern die primären Hauptleistungspflichten im Synallagma stehen. Dies hat zur Folge, dass nicht unbedingt die ursprünglichen Vertragsparteien Gläubiger und Schuldner der Leistungspflichten sind und entsprechend der Dritte als Gläubiger der Leistungspflicht Sekundärrechte einfordern könnte.

Rechtsprechung (+):

Anders behandelt die Rechtsprechung den Dritten aus dem Vertrag zugunsten Dritter. Sie bejaht einen Schadensersatzanspruch des Dritten (nicht aber ein Rücktrittsrecht) ohne nähere Begründung.

  • Für eine solche Betrachtung spricht, dass insbesondere im Fall der Unmöglichkeit (§ 275 BGB) der Gedanke des Vertrages zu Lasten Dritter nicht greift. Bei Unmöglichkeit folgt das Erlöschen der Primäransprüche nicht infolge gestaltender Willenserklärung des Dritten, sondern qua Gesetz nach §§ 275, 326 BGB allein infolge einer Leistungsstörung aus der Sphäre des Versprechenden (Schuldners).

  • Da der Schaden durch das Ausbleiben der Leistung typischerweise beim Dritten eintrifft, muss dieser auch den Schadensersatzanspruch statt der Leistung haben.

Da die Abtretung als Verfügung die Zuordnung der Forderung ändert, unterliegt sie dem Spezialitäts- bzw. Bestimmtheitsgrundsatz. Danach ist erforderlich, dass feststellbar ist, auf welche bestimmte Forderung sich die Abtretung bezieht und wer Forderungsschuldner ist. Fraglich ist daher, ob eine Vorausabtretung bzw. antizipierte Abtretung erst zukünftiger Forderungen zulässig ist.

e.A. (-):

Nach einer Ansicht können erst zukünftig entstehende Forderungen nicht abgetreten werden.

  • Nach dem Wortlaut des § 398 S. 2 BGB findet der Gläubigerwechsel mit Vertragsschluss statt. Abtretungsvertrag und Forderungsübergang können daher zeitlich nicht auseinanderfallen. Folglich muss zu diesem Zeitpunkt erkennbar sein, wer Schuldner ist und wie hoch der Bertag der geschuldeten Forderung ist; schließlich kann es für den Zessionar von Bedeutung sein, wer Schuldner ist, weil er etwa um dessen Insolvenzfähigkeit fürchtet.

  • Lässt man eine Vorausabtretung zu, so hat der Neugläubiger die Forderung mit dem Inhalt hinzunehmen, mit dem sie zur Entstehung gelangt ist. Haben sich Alt- und Neugläubiger über den Forderungsübergang schon (zeitlich eher) geeinigt, ist der Inhalt des Abtretungsvertrages bereits fixiert. Hat die (später entstandene) Forderung - die sich aus einem Schuldverhältnis zwischen Altgläubiger und Schuldner ergibt - einen anderen Inhalt als diejenige, die im Abtretungsvertrag vereinbart wurde, so sind diese inkongruent zueinander.

  • Aus einem Umkehrschluss zu §§ 765 II, 1113 II, 1204 II BGB - wonach künftige Verbindlichkeiten bzw. Forderungen ausdrücklich Gegenstand einer Einigung sein können - folgt für die Abtretung, dass dies mangels Regelung nicht möglich ist.

h.M. (+):

Nach herrschender Meinung können auch zukünftig entstehende Forderungen abgetreten werden. Notwendig und ausreichend ist, dass die Bestimmtheit (spätestens) im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung vorliege; die Abtretung wird aber auch erst zu diesem Zeitpunkt wirksam. Danach ist eine Vorausabtretung grds. zulässig.

  • Dass für die Abtretung das (spätere) Entstehen der Forderung entscheidend ist, ergibt sich daraus, dass die Verfügung zwar bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages gemäß § 398 S. 2 BGB beendet ist, doch der Rechtsübergang erst mit Entstehung der Forderung eintritt. Demnach ist der Forderungsübergang Rechtsfolge der Abtretung, nicht Bestandteil des Abschlusstatbestandes, der folglich schon früher hergestellt werden kann.

  • Der Gesetzgeber hat die Zulässigkeit der Vorausabtretung ausdrücklich in §§ 81 II 1, 89 II 1 InsO anerkannt.

  • Wie § 185 II 1 Fall 2 BGB zeigt, kann über einen Gegenstand verfügt werden, den der Verfügende erst später erwirbt. Damit kann Inhalt einer Verfügung auch ein knftiger, d.h. zum Zeitpunkt der Verfügung noch nicht existierender Gegenstand sein. Ein Grund, warum die in § 185 II 1 BGB geregelte mangelnde Rechtszuständigkeit der mangelnden Existenz einer im Voraus abgetretenen Forderunge nicht gleichgesetzt werden kann, ist nicht ersichtlich; wenn danach die Abtretung einer bestehenden Forderung durch einen Nichtberechtigten analog § 185 II 1 Fall 2 BGB konvalesziert wird, wenn dieser sie später erwirbt, dann muss erst recht die Abtretung einer noch nicht bestehenden Forderung zulässig sein.

Stellungnahme:

Für die h.M. spricht insbesondere ein praktisches Bedürfnis, da die Forderungsabtretung ein wichtiges (Kredit-)Sicherungsmittel ist. Letztlich ist es auch nach dem Rechtsgedanken des § 95 HGB, §§ 315, 316 BGB unschädlich, dass der Schuldner und der konkrete Forderungsbetrag zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht genau bezeichnet werden können. Die Abtretung künftiger Forderungen ist daher zulässig; eine solche verstößt nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

Ist die Vertragsbruchtheorie auf die Factoringglobalzession anwendbar?

unechtes Factoring:

Bei der Globlazession im Rahmen eines unechten Factorings, bei dem der Factoringkunde (Unternehmer) selbst das Zahlungsrisiko der (Dritt-)Schuldner trägt und das Geschäft als Darlehen nach § 488 I BGB zu qualifizieren ist, ist die Lösung umstritten.

  • Ein Teil der Literatur verneint die Anwendbarkeit der Vertragsbruchtheorie auf das unechte Facotring.

    • Der Factor (Bank) steht der zedierten Forderung weitaus näher als der durch (gewöhnliche) Sicherungsglobalzession gesicherte Kreditgeber, da die Zession nicht nur zu Sicherungszwecken stattfindet, sondern auch erfüllungshalber (§ 364 II BGB).

    • Der Factor bevorschusst die einzelnen Forderungen umsatzkongruent, was ihn ebenso nahe an der Forderung stehen lässt wie den Vorbehaltsverkäufer.

  • Die (noch) herrschende Meinung behandelt das unechte Factoring nach den Grundsätzen der Vertragsbruchtheorie.

    • Das unechte Factoring ist ein Kreditgeschäft, d.h. Bevorschussung der Forderung als Darlehensgewährung i.S.d. § 488 I BGB und Abtretung der Forderung erfüllungshalber, wobei die Forderung zugleich zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs aus § 488 I BGB dient. Wegen des Rückbelastungsrechtes des Factors darf der Unternehmer (Factoringkunde) den Vorschuss nicht endgültig behalten, so dass eine andere Lage besteht als bei der Einziehung der Forderung durch den Unternehmer selbst.

echtes Factoring:

Auf das echte Factoring wird die Anwendbarkeit der Vertragsbruchtheorie verneint. Es soll vielmehr das Prioritätsprinzip gelten, mit der Folge, dass die Factoringglobalzession wirksam ist. Begründet wird dies damit, dass es sich beim echten Factoring um einen Forderungskauf (§ 453 BGB) des Factors, und nicht um ein (reines) Kreditgeschäft mit einer Sicherungszession der Forderung handelt.

Zählen zu den zum Zwecker der Nacherfüllung erforderlichen Kosten i.S.d. § 439 II BGB auch Aufwendungen, die nötig sind, um die Ursache der Mangelerscheinungen aufzufinden, wie z.B. Sachverständigengutachten?

Teilweise:

Teilweise wird angenommen, dass § 439 II BGB keine Anspruchsgrundlage für Aufwendungen des Käufers bilde, die lediglich der Vorbereitung von Gewährleistungsansprüchen dienten; derartige Aufwendungen seien, da sie mit der Behebung des Mangels nicht zusammenhingen, nur auf Grundlage von § 280 I BGB ersatzfähig. Andernfalls würde § 439 II BGB zu einer uferlosen verschuldenunabhängigen Verkäuferhaftung führen.

Teil der Literatur und BGH:

Der überwiegende Teil der Literatur und neuerdings auch der BGH vertreten dagegen die Auffassung, dass unter § 439 II BGB auch Aufwendungen zur Klärung einer unklaren Mängelursache fallen, weil das damit verbundene Kostenrisiko grds. dem Verkäufer zugewiesen sei. Danach verkörpert § 439 II BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage.

  • Der Wortlaut lässt es ohne Weiteres zu, darunter auch die zur Klärung der Mangelursache erforderlichen Sachverständigenkosten zu fassen. Denn letztere werden mit der Zielrichtung, dem Käufer die Durchsetzung eines daran anknüpfenden Nacherfüllungsanspruchs zu ermöglichen, und damit “zum Zwecke der Nacherfüllung” aufgewandt.

  • Diese Verständnis spiegelt sich bereits in der Entstehungsgeschichte der Norm wieder (=historisches Argument). Denn es war die Absicht des Gesetzgebers, mit Schaffung des § 439 II BGB den auf das vereinbarte Nachbesserungsrecht bezogenen, asonsten aber weitgehend wortlautidentischen bisherigen § 476a S. 1 BGB aF zu übernehmen und darin aufgehen zu lassen. Fr diesen war durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt, dass es sich um eine eigenständige, von einem Verschulden des Verkäufers unabhängige Anspruchsgrundlage des Käufers auf Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen handelt. Dazu zählen auch Kosten, die für ein die Schadensursache untersuchendes und der Vorbereitung der Nachbesserung dienendes Gutachten aufgewandt werden. Dass der GEsetzgeber von dem so geprägten Normverständnis abrücken wollte, ist nicht ersichtlich.

  • Zu Unrecht gehen unterinstanzliche Gerichte davon aus, dass die in Art. 3 II der Verbrauchgüterkaufrichtlinie aufgeführten Rechtsbehelfe keine verschuldensunabhängige Haftung für die in § 439 II BGB genannten Aufwendungen zuließen, sondern dass es dazu einer in Art. 8 I der Richtlinie angesprochenen Verschuldenshaftung bedürfe. Diese Sichtweise verkennt nicht nur den gegenber den sonstigen Rechten und Pflichten der Kaufvertragsparteien eigenständigen Anspruchscharakter des § 439 II BGB und die hiermit verbundene Absicht des nationalen deutschen Gesetzgebers, mit dieser Norm die von Art. 3 III S. 1, IV der Richtlinie geforderte Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung verschuldensunabhängig zu gewährleisten.

  • Die entgegenstehende Ansicht lässt auch außer Acht, dass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert gewesen wäre, die Richtlinie durch die Übernahme der in § 476a Satz 1 BGB aF vorgefundenen Regelung überschießend umzusetzen, ohne dabei auf die von der Revision angenommenen gesetzessystematischen Grenzen zu stoßen. Denn aRt. 8 II der Richtlinie hat es den Mitgliedstaaten freigestellt, im Anwendungsbereich der Richtlinie strengere Bestimmungen zu erlassen oder aufrechtzuerhalten, um ein höheres Schutzniveau für Verbraucher sicherzustellen. Das schließt es ein, den nach bisherigem Recht gemäß § 476a S. 1 BGB aF für das vertraglich vereinbarte Nacherfüllungsrecht enthaltenen Schutzstandard beizubehalten und auf das gesetzliche Nacherfüllungsrecht gemäß § 439 I BGB auszudehnen.

Nach dem Wortlaut des § 434 II S. 2 BGB erfasst der Begriff des Sachmangels ohne irgendeine Einschränkung den Fall der “Zuweniglieferung”. Wann liegt jedoch eine “Zuweniglieferung” vor?

h.M.:

Nach h.M. liegt eine Zuweniglieferung (auch im Falle einer extremen Zuweniglieferung) im Sinne des § 434 II S. 2 BGB nur dann vor, wenn der Verkäufer die Mindermenge als Erfüllung seiner ganzen Verbindlichkeit liefert, also - nach dem Empfängerhorizont des Käufers - erkennbar zum Ausdruck bringt, dass die Lieferung zur vollständigen Erfüllung der Verbindlichkeit erfolgt (sog. “verdeckte Mankolieferung”). Andernfalls liegt eine (bewusste) Teilleistung vor (sog. “offene Mankolieferung”), die der Käufer mangels anderweitiger Abrede nach § 266 BGB zurckweisen und bezüglich der gesamten Verbindlichkeit nach § 323 BGB (Rücktritt) bzw. §§ 280, 281, 286 BGB (Schadensersatz statt der Leistung bzw. Verzugsschaden) vorgehen kann. Nimmt er die vom Verkäufer als solche verstandene Teilleistung an, hat er bezüglich der noch ausstehenden Teilleistung weiter den ursprünglichen Erfüllungsanspruch.

Minderansicht:

Eine Minderansicht möchte eine Unterscheidung nach offener und verdeckter Mankolieferung nicht zulassen, sondern jede Minderlieferung als solche im Sinne des § 434 II S. 2 BGB verstanden wissen. Die von der h.M. vorgenommene Unterscheidung zwischen “offener” und “verdeckter” Mankolieferung finde im Gesetz ebenso wenig eine Stütze wie der Vorschlag, Mankolieferungen nach dem Vorbild des § 378 aF HGB dann nicht dem § 434 II S. 2 BGB zu unterstellen, wenn sie erheblich vom Leistungsprogramm abweichen.

Stellungnahme:

Der h.M. ist zu folgen. Wenngleich der insoweit eindeutige Wortlaut des § 434 II S. 2 BGB für das Vorliegen eines Mangels spricht, vermag dies nicht zu überzeugen. Das Gesetz bedarf einer Korrektur. Ist es offensichtlich, dass ein Verkäufer nicht die geschuldete Menge liefert, liegt eine unzulässige Teilleistung vor. Es kann keine Erfüllung eintreten, so dass ein Fall der Nichterfllung - Unmöglichkeit oder Verspätung mit der Pflicht aus § 433 I BGB - gegeben ist. Zudem würde bei Annahme einer Schlechtleistung durch die Hintertür § 323 V BGB anwendbar. Ein Käufer könnte wegen Bagatellpflichtverletzung nicht zurücktreten. Im Fall einer Nichtleistung gilt § 323 V BGB unstreitig nicht (beachte Wortlaut “nicht vertragsgemäß” = “schlecht geliefert”).

Handelt es sich bei Tieren um neue oder gebrauchte Sachen?

Schrifttum:

Nach einer im Schrifttum verbreiteten Auffassung sind Tiere stets als “gebrauchte” Sachen i.S.v. §§ 474 II S. 2, 476 II BGB anzusehen. Begründet wird dies damit, dass eine am Verwendungszweck anknüpfende Abgrenzung nach den Kriterien “neu” oder “gebraucht” bei Tieren angesicht vielfältiger Arten und Verwendungsformen nicht nur sachlich unangemessen, sondern auch praktisch nicht oder nur schwer handhabbar sei.

Rechtsprechung:

Nach der Rechtsprechung ist auch im Rahmen eines Tierkaufes zwischen “neu” und “gebraucht” zu unterscheiden. Unbeschadet des Umstands, dass Tiere bereits ab ihrer Geburt ein gewisses, nur schwer beherrschbares Sachmängelrisiko in sich tragen, ist eine Behandlung aller Tiere generell als “gebraucht” mit der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar.

  • Gemäß § 90a S. 3 BGB sind auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist. Die §§ 474 ff. BGB enthalten keine Sonderregelung für Tiere.

  • Bei der im Rahmen der Schuldrechtsreform erfolgten Abschaffung der früheren Sondervorschriften über den Viehkauf (§§ 481 bis 491 BGB aF) ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es beim Tierkauf keiner speziellen Regelung zur Sachmängelhaftung und zur Verjährung bedürfe, weil die neu eingeführten kaufrechtlichen Vorschriften auch den Tierkauf angemessen regelten.

Dann muss aber auch bei Tieren zwischen “neu” und “gebraucht” differenziert werden. Allerdings ist die Beurteilung, ob ein Tier “neu” oder “gebraucht” ist, nicht immer einfach: Jedenfalls solche Tiere sollen nicht als “gebraucht” anzusehen sein, die nur mit dem in ihrer Existenz wurzelnden Lebens- oder Gesundheitsrisiko behaftet sind, nicht aber mit Risiken, die typischerweise durch Gebrauch entstehen.

Ist auch im Rahmen des “verbraucherrechtlichen” Gewerbebegriffs des § 14 BGB eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich?

BGH:

Nach der Rechtsprechung des BGH zum handelsrechtlichen Gewerbebegriff in § 1 HGB ist für das Vorliegen eines Gewerbes zusätzlich eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich.

Gegenansicht:

Nach der Gegenansicht ist eine Gewinnerzielungsabsicht entbehrlich.

  • Bei der Schaffung der §§ 474 ff. BGB und §§ 13, 14 BGB stand das Interesse des Gesetzgebers an einem wirksamen Verbraucherschutz im Vordergrund und nicht die Anknüpfung an den traditionellen Gewerbebegriff des deutschen Handelsrechts.

  • Ein Verzicht auf das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht ist bei der Auslegung des Unternehmerbegriffs auch geboten, weil eine Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers als rein unternehmensinterene Tatsache dem Verbraucher beim Vertragsschluss häufig verborgen bleiben wird und auch kein überzeugender Grund dafür ersichtlich ist, den Verbraucherschutz beim Verbrauchsgüterkauf davon abhängig zu machen, ob der Verkäufer mit einer in professioneller Weise betriebenen Geschäftstätigkeit Gewinn erzielen oder damit lediglich Verluste reduzieren will. Nichts spricht dafür, das Schutzbedürftnis des Verbrauchers für geringer zu erachten, wenn dem Verkäufer, der am Markt - nach seinem gesamten Erscheinungsbild - als Unternehmer auftritt, die Absicht der Gewinnerzielung fehlt.

  • Wer regelmäßig Waren veräußert, nimmt annähernd das gleiche Vertrauen in Anspruch wie ein kommerzieller Händler.

Da der Bürgschaftsvertrag kein Kreditvertrag i.S.d. § 491 bzw. § 506 I BGB, sondern eine Kreditsicherheit darstellt scheidet eine unmittelbare Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften der §§ 491 ff. BGB aus. Können diese aber analog auf den Bürgschaftsvertrag angewendet werden?

Teile des Schrifttums und einige Instanzgerichte:

Teile des Schrifttums und einige Instanzgerichte halten eine analoge Anwendung der §§ 491 ff. BGB zumindest auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft für geboten.

  • Ein selbstschuldnerisch haftender Bürge ist nicht weniger schutzwürdig als ein Schuldbeitretender.

  • In der Kreditpraxis hängt es oft bloß von Zufällen ab, ob ein Schuldbeitritt i.S.v. §§ 241 I, 311 I BGB oder eine Bürgschaft nach § 765 BGB als Personalsicherheit für einen Kredit gewählt wird.

  • In der Bankpraxis sind alle Bürgschaften per AGB selbstschuldnerisch ausgestaltet und somit mit dem Schuldbeitritt wirtschaftlich vergleichbar.

h.M.:

Die h.M. lehnt eine analoge Anwendung der §§ 491 ff. BGB auf eine Bürgschaft ab.

  • Im Rechtsausschuss des Bundestages wurde die Frage der Erstreckung des Gesetzes auf Bürgschaften diskutiert, aber mehrheitlich abgelehnt, so dass es schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

  • Der Bürge haftet im Gegensatz zum Beitretenden nicht als Gesamtschuldner, sondern nur subsidiär.

  • Zudem haftet der Bürge nicht aus der Verbindlichkeit des Kreditvertrages, sondern übernimmt eine eigene Verpflichtung. Daher ist eine Vergleichbarkeit der selbstschuldnerischen Bürgschaft mit dem Schuldbeitritt nicht gegeben.

  • Das typische Risiko des Bürgen liegt nicht wie beim Kreditnehmer in der unzureichenden Information über das Ausmaß der finanziellen Belastung, sondern in der Fehleinschätzung der Leistungsfähigkeit des Hauptschuldners. Davor können und wollen die §§ 491 ff. BGB nicht schützen.

  • Schließlich macht die Anwendung zahlreicher Schutzmechanismen der §§ 491 ff. BGB (wie einige Angaben nach § 492 BGB) auf den Bürgen überhaupt keinen Sinn.

BGH:

Der BGH hat in einer früheren Entscheidung die Anwendung der §§ 491 ff. BGB jedenfalls für den Fall ausgeschlossen, in dem der Kredit für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist.

  • Durch die Bürgschaft wird eine an die Hauptschuld angelehnte akzessorische Haftung begründet. Der Schutz des Bürgen kann nicht weitergehen als der des Hauptschuldners. Zudem ist der Bürge ausreichend über § 766 BGB sowie die Einreden nach § 768, 770, 771, 776 BGB geschützt.

EuGH:

Der EuGH hat auf Anfrage des LG Potsdam entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag, der zur Sicherung eines Kredits geschlossen wird, auch dann nicht in den Geltungsbereich der EG-Richtlinie fällt, wenn weder der Büre noch der Kreditnehmer im Rahmen ihrer Erwerbstätigkeit gehandelt haben.

Stellungnahme:

Trotz des Bestehen einer EG-Richtlinie hat sich vorstehendes Problem nicht erübrigt. Die Richtlinie enthält nur einen Mindeststandard des Verbraucherschutzes und überlässt es der nationalen Gesetzgebung und Rechtsprechung den Verbraucher besser zu stellen und auf ihn, obwohl er von der Richtlinie nicht erfasst wird, in den Schutz der §§ 491 ff. BGB einzubeziehen. Hierfür besteht indes kein Grund. Der Bürge ist nicht vom Schutzzweck der §§ 491 ff. BGB erfasst. Da sich außerdem aus der Gesetzesbegründung für das ehemalige VerbKrG ergibt, dass Bürgschaftsverträge nicht als sonstige Finanzierungshilfen i.S.d. § 1 II Fall 3 VerbrKrG (heute § 506 BGB) anzusehen sind und auch das Schuldrechtsreformgesetz die Bürgschaft in § 506 BGB nicht nennt, ist letztgenannter Ansicht zu folgen.

Unter welchen Voraussetzungen ist ein mangelbedingter Nutzungs- oder Betriebsausfallschaden zu ersetzen?

Teilweise:

Teilweise wird angenommen, es handle sich generell um Schadensersatz statt der Leistung i.S.d. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB. Soweit die Nachfrist noch nicht abgelaufen sei, sei eine Fristsetzung nach § 281 II BGB entbehrlich.

andere Auffassung:

Nach anderer Auffassung ist der Schaden nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, II, 286 BGB ersatzfähig.

  • Der Sache nach entstünden diese Schäden deshalb, weil nicht rechtzeitig ein mangelfreier Gegenstand geliefert wurde.

  • Durch die Anwendung von § 280 I BGB würden die Verzugsvoraussetzungen, namentlich die Erfordernisse der Fälligkeit und der Mahnung, umgangen.

  • Ein Verkäufer, der schuldhaft mangelhaft leist, werde dadurch einer schärferen Haftung unterworfen, als ein Verkäufer, der schuldhaft gar nicht leiste.

weitere Ansicht:

Nach einer weiteren Ansicht ist der Betriebsausfallschaden (auch) nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB zu ersetzen.

  • Aus der Gesetzesbegründung gehe zweifelsfrei hervor, dass der Gesetzgeber derartige Schäden unter § 280 I BGB fassen wollte.

  • Das habe im Gesetzeswortlaut insoweit Ausdruck gefunden, als dass § 437 Nr. 3 BGB nicht auf § 286 BGB verweise. Zwar wird auf § 286 BGB mittelbar über § 280 II BGB Bezug genommen, dies erklärt aber nicht, warum auf § 281 und § 283 BGB ausdrücklich verwiesen wurde und eben nicht aus § 286 BGB.

Stellungnahme:

Jedenfalls kann ein Nutzungsausfallschaden nur dann einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung begründen, wenn die Leistungspflicht entfallen ist. Nur Nutzungsausfallschäden, die nach Wegfall der Leistungspflichtentstehen oder die kausal auf der Nichtleistung bei Fristablauf resultieren, können also einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung begründen.

Kann ein unberechtigtes Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 I BGB darstellen?

Dagegen (-):

Gegen eine Pflichtverletzung kann sprechen, dass selbst eine fahrlässige gerichtliche Geltendmachung eines nicht bestehenden Anspruchs keine Pflichtverletzung darstellt.

  • Die außergerichtliche Geltendmachung einer nicht bestehenden Forderung kann keinen Schadensersatzanspruch auslösen, da es in bestehenden Schuldverhätlnissen ein Recht gebe, in subjektiv redlicher Weise - wenn auch unter fahrlässiger Verkennung der Rechtslage - Ansprüche geltend zu machen, die sich als unberechtigt erweisen.

  • Im Übrigen sei es das Risiko des Verkäufers, auf ein Mangelbeseitigungsverlangen des Käufers mit Untersuchungsmaßnahmen zu reagieren. Sei sich der Verkäufer sicher, einen mangelfreien Gegenstand geliefert zu haben, könne er dem unberechtigten Mangelbeseitigungsverlangen von vorneherein entgegentreten.

  • Es widersprich dem Sinn und Zweck des Gewährleistungsrechtes, dem Käufer, der oft nicht in der Lage sein wird zu beurteilen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, das Risiko eines unberechtigten Nacherfüllungsverlangen aufzuerlegen.

Dafür (+):

Nach der Gegenauffassung verbleibt es bei unberechtigter Geltendmachung von Forderungen außerhalb von Gerichtsverfahren sowohl bei einem uneingeschränkten deliktischen Rechtsgüterschutz als auch bei einer vor- bzw. nachvertraglichen Pflichtverletzung.

  • Es ist das allgemeine Lebensrisiko, den falschen Schuldner heranzuziehen. Der Umstand fällt eindeutig in die Sphäre des Käufers.

  • Der Beklagte in einem Gerichtsverfahren sei durch die Vorschriften über den Gerichtsstand und die Kostenerstattungsvorschriften ausreichend geschtzt. Einen solchen Schutz gebe es bei der außergerichtlichen Geltendmachung eines Schadensersatzverlangens nicht.

  • Auch bei einem Mangelbeseitigungsverlangen nach § 439 I BGB treffe den Käufer jedenfalls die Pflicht vor einer Inanspruchnahme des Verkäufers sorgfältig zu prüfen, ob die Ursachen einer Fehlfunktion der Kaufsach nicht aus seiner eigenen Sphäre stammen.

  • § 439 II BGB legt dem Verkäufer eine Kostentragungspflicht nur bei Vorliegen eines Mangels auf.

Stellungnahme:

Eine Schadensersatzpflicht des Käufers bei einem unberechtigten Mangelbeseitigungsverlangen bringt den Käufer in eine erhebliche “Zwickmühle”; beseitigt er Defekte selbst und stellt sich bei der Reparatur heraus, dass deren Ursache ein vom Verkäufer zu verantwortender Mangel ist, kann der Käufer die Selbstvornahmekosten nicht ersetzt verlangen, da ansonsten das Recht zur zweiten Andienung des Verkäufers beeinträchtigt würde. Informiert der Käufer den Verkäufer muss er hingegen befürchten, Schadensersatz wegen eines unberechtigten Mangelbeseitigungsverlangens leisten zu müssen.

Deshalb wird man vom Käufer allenfalls verlangen können, im Rahmen seiner Möglichkeiten sorgfältig zu überprüfen, ob der Defekt auf eine Ursache zurückzuführen ist, die nicht dem Verantwortungsbereich des Verkäufers zuzuordnen ist. Bleibt dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, darf der Käufer Mängelrechte geltend machen, ohne Schadensersatzpflichten wegen eienr schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstellt.

Wann verjähren die Ansprüche bei einer Haltbarkeitsgarantie?

e.A.:

Eine Ansicht lässt die Verjährung mit Entdeckung des Mangels beginnen. Der Käufer müsse geschützt werden, auch wenn sich der Mangel erst kurz vor Ablauf der Garantiefrist zeige.

  • Innerhalb dieser Ansicht ist jedoch weiter umstritten, ob die Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB drei Jahre

  • oder entsprechend § 438 I Nr. 3 BGB zwei Jahre beträgt.

a.A.:

Eine weitere Meinung tritt für die Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB ein, die aber nicht erst mit Mangelentdeckung, sondern schon mit Mangelentstehung beginne.

w.A.:

Nach der dritten Ansicht richtet sich die Verjährung grundsätzlich nach § 438 BGB, würde also bereits mit Ablieferung der Kaufsache, § 438 II BGB beginnen. Sie sei jedoch zu verlängern, soweit die Garantiefrist die Verjährungsfrist überschreite.

  • Zum Schutz des Käufers sei eine Frist von zwei Jahren ab Entdeckung des Mangels nicht erforderlich.

  • Dass der Käufer, der einen Mangel erst kurz vor Ablauf der Garantiefrist entdeckt, schnell verjährungshemmende Maßnahmen einleiten müsse, sei hinzunehmen.

Stellungnahme:

Vorzugswürdig erscheint es, die Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB anzunehmen.

  • Der Garantievertrag ist - auch bei einer unselbstständigen Garantie - ein im Verhältnis zum Kaufvertrag selbstständiger Vertrag. Schon deshalb kann § 438 BGB - insbesondere bei Garantie von Dritten - nicht unmittelbar angewendet werden.

  • Auch ist der Garantiegeber nicht durch eine kurze Verjährungsfrist zu schützen: Er war zur Abgabe einer Garantieerklärung nicht verpflichtet und muss daher die im Vergleich zu § 438 BGB erheblich längere Verjährungsfrist hinnehmen.

  • Es liegt zudem in seiner Hande, eine Verjährungsfrist in der Garantie selbst zu bestimmen. Der Beginn der Regelverjährung verlangt nach § 199 I BGB sowohl die Anspruchsentstehung als auch die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den Anspruchsvoraussetzungen. Damit setzt der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist sowohl Mangelentstehung (= Entstehung des Anspruchs) als auch Mangelentdeckung bzw. grob fahrlässige Unkenntnis vom Mangel voraus.

Liegt eine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 823 BGB bei sog. weiterfresser Mängeln vor? Also wenn sich die Mangelhaftigkeit nach Erwerb der Sache auf die übrige Restsache ausdehnt?

e.A.:

Nach einer Auffassung ist - wie schon vor der Schuldrechtsreform - darauf abzustellen, ob sich der eingetretene Schaden mit dem Unwert deckt, welchen die Sache wegen ihrer Mangelhaftigkeit von Anfang an hatte (Theorie vom weiterfressenden Mangel). Der Mangelunwert der Sache im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs und der eingetretene Schaden dürfen also (wertungsmäßig) nicht stoffgleich sein. Dabei liegt Stoffgleichheit vor, wenn:

  • Der Mangel nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise behebbar ist oder

  • wenn ein fehlerhaftes Einzelteil mit der Kaufsache derart verbunden ist, dass eine Trennung nur mit erheblichen Beschädigungen möglich wäre.

Gegenansicht:

Nach der Gegenansicht ist die Figur des Weiterfressermangels aufzugeben.

  • Die Beschädigung der Kaufsache verletze auch bei Vorliegen eines Weiterfressermangels nur das Äquivalenzinteresse des Käufers.

  • Der Nacherfüllungsanspruch gemäß § 439 I BGB erfasse auch die Neulieferung einer Sache, wenn diese durch den Mangel beschädigt worden sei.

  • Auch falle der Weiterfresserschaden unter den Schadensersatz statt der Leistung und nicht unter den Schadensersatzanspruch neben der Leistung. Dadurch werde deutlich, dass der Weiterfresserschadendurch das Erfüllungsinteresse des Käufers (Nacherfüllung - Schadensersatz statt der Leistung) und gerade nicht durch das Integritätsinteresse abgedeckt werde.

  • Außerdem sei der Bedeutung der Rechtsfigur des Weiterfresserschadens durch die Angleichung des Verjährungsrechts praktisch weitgehend der Boden entzogen worden.

Stellungnahme:

Erstgenannter Ansicht ist zu folgen:

  • Der bloße Umstand, dass nach der mit der Schuldrechtsmodernisierung erweiterten Verkäuferhaftung ein geringeres “Bedürfnis” nach Anwendung des Deliktsrechts bestehe, macht dieses nicht unanwendbar.

  • Die neben der Vertragshaftung bestehende Deliktshaftung ist für den Geschädigten weiterhin nicht bedeutungslos, weil sich die Verjährung des Deliktsanspruchs im Vergleich zur Verjährung der Ansprüche wegen eines Mangels durch eine längere Frist (drei statt zwei Jahre), vor allem aber durch die Kenntnisabhängigkeit des Fristbeginns auszeichnet (§ 199 I Nr. 2 BGB gegenüber § 438 II BGB).

  • Im Übrigen besteht zwischen den Ansprüchen aus § 437 BGB und § 823 BGB echte Anspruchskonkurrenz mit der Folge, dass Ansprüche aus Vertragsrecht und Deliktsrecht nebeneinander bestehen und jeder Anspruch nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbstständig zu beurteilen ist.

  • Dass sich kaufrechtliche Mängelgewährleistungund deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch überschneiden können, ist daher in den besonders gelagerten Fällen der Weiterfresserschäden hinzunehmen.

Ist der Rückgriff auf Anspruchsgrundlagen des allgemeinen Schuldrechts (wie c.i.c.) vor dem Hintergrund des Eingreifens des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts gem. § 536a I Fall 1 BGB zulässig?

frühere Rechtsprechung:

Nach der früheren Rechtssprechung war ein Rückgriff auf die culpa in contrahendo nach Übergabe der Mietsache (also nach Eingreifen des mietrechtlichen Gewährleistungsrechts) jedenfalls dann möglich, wenn keine Gewährleistungsvorschriften eingriffen, weil keine Pflichtverletzung bezüglich der Beschaffenheit der Mietsache vorlag oder der Vermieter arglistig handelte.

  • Begründet wurde dies damit, dass - wenn jemand bei Vertragsverhandlungen pflichtwidrig und schuldhaft durch unzutreffende Informationen auf die Willenserklärung seines Vertragspartners einwirke und es deshalb zum Abschluss eines wirksamen, aber für den Vertragspartner nachteiligen Vertrages komme - ein solches Verhalten grundsätzlich zum Ersatz des Vertrauensinteresses verpflichten müsse.

  • Zwar schlösse das speziellere Gewährleistungsrecht Schadensersatzansprüche wegen solcher Fehlinformationen, die zugleich einen Mangel begründeten, regelmäßig aus. Dies gelte - wie im Kaufrecht - allerdings nur, wenn die unrichtigen Angaben auf einem fahrlässigen Verhalten des Verkäufers beruhten.

  • Gegen den mit Arglist handelnden Vermieter könne der Mieter dagegen neben den Gewährleistungsansprüchen uneingeschränkt auch Ersatz des Vertrauensschadens nach den Regeln des Verschuldens beim Vertragsschluss geltend machen.

Dagegen:

Dagegen ist eingewandt worden, eine Beschränkung der Haftung aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB nach Übergabe der Mietsache auf Vorsatz sei wenig schlüssig. Eine Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung solle uneingeschränkt neben die Gewährleistungsrechte des Mietrechts treten.

Teile der Literatur:

Von Teilen der Literatur wird jedoch dafür plädiert, die Haftung aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB generell neben dem Gewährleistungsrecht nicht mehr anzuwenden.

  • Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der Reformüberlegungen ausdrücklich dagegen entschieden, generell neben dem Schadensersatz statt der Leistung wahlweise einene Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses zu gewähren.

  • Stattdessen sei § 284 BGB eingeführt worden, nach dem zwar auch ein Teil des negativen Interesses ersatzfähig ist, der jedoch in erster Linie eine abweichende Berechnung des positiven Interesses zulässt. Deshalb solle die bisherige Ausnahme, bei Vorsatz einen Anspruch aus c.i.c. bzw. §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB neben dem Gewährleistungsrecht zu gewähren, aufgegeben werden.

Stellungnahme:

Eine Anwendung von §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB neben Gewährleistungsrecht hat nur dann Bedeutung, wenn der Gläubiger nicht alle Aufwendungen nach § 284 BGB ersetzt verlangen kann, wenn er also Schadensposten des negativen Interesses geltend macht, die von § 284 BGB nicht erfasst werden.

Für den Bereich fahrlässiger Pflichtverletzungen ist der Vorrang des Gewährleistungsrechts zu beachten. Andernfalls würde beispielsweise der Schutz des § 536b BGB - nach dem der Vermieter bei grob fahrlässiger Mangelunkenntnis des Mieters nur bei arglistiger Täuschung, also bei Vorsatz haftet - unterlaufen werden.

Andererseits kann der Mieter bei einer arglistigen Täuschung in der Regel den Vertrag auch gem. §§ 123, 124 BGB anfechten. Tut er dies, besteht kein Vorrang mehr des Gewährleistungsrechts und ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB kommt ohne weiteres in Betracht. Wenn der Mieter diesen Anspruch durch eine Anfechtung aber ohnehin herbeiführen kann, spricht auch nichts dagegen, ihm die Anfechtung nicht zuzumusten (der Mieter kann ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrages haben) und ihm gleichwohl einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB zu gewähren.

Es ist daher daran festzuhalten, dass ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB bei Arglist des Vertragspartners auch neben Gewährleistungsrechte treten kann.

Liegt eine Entfernung i.S.v. § 362a S. 1 BGB (Vermieterpfandrecht) auch dann vor, wenn die Sache nur vorübergehend vom Grundstück entfernt wird?

h.M.:

Nach h.M. erlischt das Vermieterpfandrecht mit jeder auch noch so kurzen Entfernung.

  • Nach allgemeinen Sprachgebrauch enthält der Begriff “Entfernung” kein Element der Dauer.

  • Es ist nicht einzusehen, weshalb der Mieter, der eingebrachte Sachen auf Dauer vom Grundstück entfernt, im Hinblick auf § 562a S. 2 BGB besser gestellt sein soll als derjenige, der sie nur vorübergehend entfernt.

  • § 562a S. 2 BGB bezweckt, dem Mieter im Rahmen ordnungsgemäßer Wirtschaft oder der gewöhnlichen Lebensverhältnisse die freie, durch Vermieterpfandrecht nicht gehinderte Verfügung über eingebrachte Sachen zu ermöglichen. Könnte die vorübergehende räumliche Trennung des Vermieterpfandrecht nicht zum Erlöschen bringen, so würde der Zweck der Vorschrift gerade in den Fällen verfehlt, in denen ihre Voraussetzungen regelmäßig erfüllt sind.

a.A.:

Nach a.A. genügt bloß vorübergehende Entfernung nicht für § 562a S. 1 BGB.

  • Brächte jede auch nur vorübergehende Entfernung das Vermieterpfandrecht zum Erlöschen, so würde dieses Sicherungsrecht praktisch entwertet, denn die Entfernung geschieht in aller Regel im ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb bzw. entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen, so dass der Vermieter nicht widersprechen könnte.

  • Es ist lebensfremd, das Vermieterpfandrecht mit jeder vorübergehenden räumlichen Trennung der Sache vom Grundstück erlöschen und anschließend immer wieder neu entstehen zu lassen.

Kann die Vergütung eines Kostenanschlags (im Werkrecht) wirksam durch AGB vereinbart werden (entgegen der Regelung in § 632 III BGB)?

Gesetzgeber/ Teil der Literatur/ Rechtsprechung:

Der Gesetzgeber und ein Teil der Literatur sowie die Rechtsprechung gehen davon aus, dass eine abweichende Regelung in AGB nicht getroffen werden kann.

  • Teilweise wird vertreten, dass es bereits an einer Einbeziehung der AGB in einen Vertrag fehlt, wenn der Besteller gerade auf der Grundlage des Kostenanschlags über den Vertragsschluss entscheiden möchte.

  • Zum Teil wird argumentiert, dass eine entsprechende AGB vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 632 III BGB eine überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB verkörpere.

  • Zudem verkörpere die AGB nach § 307 BGB eine unangemessene Benachteiligung.

  • Auch die amtliche Begründung zu § 632 III BGB lehnt die Widerlegung der Zweifelsregelung durch AGB ab.

anderer Teil der Literatur:

Demgegenüber geht ein anderer Teil der Literatur davon aus, dass zumindest bei Branchenüblichkeit eine wirksame Vereinbarung in AGB möglich ist. Eine überraschende Klausel i.S.d. § 305c I BGB sei dann nicht gegeben, wenn eine entsprechende Kostenabwälzung aufgrund individueller Vereinbarung in der Branche üblich geworden sei. Auch ein Verstoß gegen § 307 BGB liege nicht vor, da nach § 307 III BGB nur Klauseln der Inhaltskontrolle unterliegen würden, die von gesetzlichen Vorschriften abwichen, nicht jedoch solche, die nur von einem vermuteten Parteiwillen abweichen.

Stellungnahme:

Ungeachtet der Frage, ob ein Besteller, der gerade auf Grundlage des Kostenanschlags über den Vertragsschluss entscheiden möchte, erkennbar schon keinen den für die Einbeziehung von AGB notwendigen Rechtsbindungswillen hat überzeugen die Argumente der herrschenden Meinung. Will der Werkunternehmer die Zweifelsregelung des § 632 III BGB widerlegen, hat er bereits bei der ersten Kontaktaufnahme die Chance dazu. Nutzt er diese nicht, ist er nicht schutzbedürftig. Für den Besteller verkörpert dies eine überraschende unangemessene Benachteiligung.

Ist ein Vorunternehmer i.R.d. Werkrechts (der z.B. den Tiefbau eines Hauses nicht rechtzeitig fertigstellt, sodass der Folgeunternehmer nicht rechtzeitig anfangen kann zu bauen) Erfüllungsgehilfe i.S.d. § 278 BGB des Bestellers?

Teilweise:

Teilweise wird angenommen, dass der Vorunternehmer Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers im Verhältnis zu Dritten ist.

h.M.:

Die h.M. verneint dies. Die Vorschrift des § 278 BGB wolle dem Gläubiger vor möglichen haftungsausschließende Folgen einer arbeitsteiligen Wirtschaft schützen. Der Schuldner solle sich der Haftung für Leistungsstörungen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt. Für die Anwendung der Vorschrift verbleibe aber kein Raum, soweit der Gläubiger die betreffende Leistung selbst zu verantworten habe. Die Errichtung eines Bauwerks besteht fast immer aus einer Vielzahl nacheinander auszuführender und aufeinander aufbauender Werkleistungen verschiedener Unternehmer. Der einzelne Auftragnehmer nimmt dabei hin, dass sein Auftraggeber die für seine Arbeiten notwendigen Vorleistungen typischerweise nicht selbst erbringt, weil er dazu gerade nicht in der Lage ist. Fehler des Vorunternehmers können dem Auftraggeber im Verhältnis zum Nachfolgeunternehmer demnach regelmäßig nicht zugerechnet werden. Das Risiko verspäteter Leistungen eines Vorunternehmers trägt der Nachunternehmer.

Stellungnahme:

Die in der Literatur vertretene Auffassung würde zu einer wirtschaftlich nicht vertretbaren Haftungsausweitung für Bauherren führen. Eine sachgerechte Risikoabgrenzung ist daher nur auf der Grundlage der h.M. möglich, so dass dieser zu folgen ist.

Wie ist das Verhältnis der reiserechtlichen Gewährleistungsregeln der §§ 651 i ff. BGB zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht der §§ 275 ff. BGB?

  • Unstreitig ist, dass sich die Rechte des Reisenden nach Reisebeginn im Falle der Ausbleibens oder der Mangelhaftigkeit einzelner Reiseleistungen ausschließlich nach den §§ 651i ff. BGB richten.

  • Wird die Reise wegen eines Leistungshindernisses überhaupt nicht angetreten, so ist das Verhältnis zwischen den Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und den §§ 651i ff. BGB umstritten.

    • Nach einer Auffassung setzt das Vorliegen eines Reisemangeln begrifflich voraus, dass überhaupt eine Reiseleistung erbracht worden ist. Falle bereits die erste Leistung aus, so liege kein Reisemangel, sondern Unmöglichkeit wegen Zeitablaufs vor, sodass nur die §§ 275 ff. BGB anwendbar seien. Nach dieser Ansicht läge also Unmöglichkeit hinsichtlich er Gesamtreise mit der Folge des § 326 I S. 1 BGB vor.

    • Nach der h.M. sind bereits ab Vertragsschluss die §§ 651i ff. BGB spezieller und verdrängen die allgemeinen Vorschriften, so dass einheitlich über das Reiserecht zu lösen ist, sog. Einheitslösung. Nur so könnten Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geschaffen werden. Vor allem ermögliche die Anwendung der §§ 651i ff. BGB insbesondere mit Rücksicht auf §§ 651m, p, t BGB (Haftungsbeschränkung und Sicherstellung) sachgerechte Ergebnisse.

    • Stellungnahme: Für die h.M. spricht, dass zufällige Ergebnisse hinsichtlich des Zeitpunktes de Leistungsstörung vermieden werden: es kann keinen Unterschied machen, ob das Schiff wenige Sekunden vor Reiseantritt detoniert oder danach. Die reiserechtliche Gewährleistung in den §§ 651i ff. BGB ist damit im Verhältnis zu den allgemeinen Regeln über die Leistungsstörung spezieller. Dies muss insbesondere für die speziellen Abwicklungsregeln in § 651l II, 3; § 651k IV, V BGB für den Fall der Kündigung und die Nichtabdingbarkeit gemäß § 651y BGB gelten.

GoA - auch fremdes Geschäft: Findet GoA Recht Anwendung wenn der Geschäftsführer aufgrund eines Vertrages mit einem Dritten zugleich für den Geschäftsherrn tätig wird?

Von einem auch-fremden Geschäft wird u.a. gesprochen, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages mit einem Dritten zugleich Angelegenheiten des Geschäftsherrn besorgt. Terminologisch wird auch hier von einem pflichtengebundenen Geschäftsführer gesprochen.

Rspr./ h.M.: Anwendbarkeit der GoA

  • Für die Möglichkeit der Fremdheit des Geschäfts bei mehrdeutigen Handlungen spricht, dass sich in den §§ 677 ff. BGB keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung finden.

  • Der Wortlaut des § 677 BGB erfordert nur die fehlende Auftragserteilung seitens des Geschäftsherrn. Die GoA Vorschriften sind vom Gesetzgeber als allgemeine Auslegungsregel konzipiert worden und können diese Funktion nur bei weiter Auslegung der Tatbestandsmerkmale erfüllen.

  • Zudem wird der Aufgabencharakter eines Geschäftes nicht allein dadurch geändert, dass eine wirksame vertragliche Beziehung des Geschäftsführers zu einem Dritten besteht.

  • Weiterhin wäre es unbillig, dem Geschäftsführer weder aus § 683 BGB noch aus § 684 BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz zu geben, obwohl er auch im Sinne des Geschäftsherrn gehandelt hat. Wer Vorteile aus einem Dritthandeln zieht, soll auch die Kosten tragen.

  • § 683 BGB wird dadurch begrenzt, dass nur für “erforderlich” zu haltende Aufwendungen ersetzt wreden.

Teile des Schrifttums: keine Anwendbarkeit der GoA; §§ 812 ff. gelten

  • Gegen die Annahme der GoA spricht der Vorrang der Vertragsbeziehung. Danach will der aufgrund einer Vertragsverpflichtung Handelnde in erster Linie eine Leistungs an seinen Vertragspartner erbringen. Nur diesem gegenüber bestehen Pflichten. Soweit ein Geschäftsführer mehreren Personen Pflichten schuldet, droht eine Interessenkollision.

  • Des Weiteren verlangt der Wortlaut des § 677 BGB das Handeln ohne einen Auftrag. Bei dem sog. auch fremden Geschäfts liegt aber eine Beauftragung des Geschäftsführers vor.

  • Weiterhin würde bei Anwendung dieser Konstruktion der Anwendungsbereich des § 683 S. 1 BGB unbillig weit ausgedehnt. Im Gegensatz zum Bereicherungsrecht werden bei der GoA auch nutzlose Aufwendungen ersetzt, soweit sie der Geschäftsführer für nötig erachten durfte. Die GoA würde somit bei dieser extensiven Auslegung des Merkmals fremdes Geschäft zu einem gefährlich weiten Mittel des Lastenausgleichs aus Billigkeitsgründen werden.

  • Schließlich könnten spezielle Wertungen des Bereicherungsrechtes ausgehöhlt werden (§§ 814, 815, 817 S. 2 BGB sowie § 818 III BGB).

BGH: differenzierte Ansicht

Der BGH vertritt seit kurzem eine differenzierte Ansicht: Wird zwischen zwei Vertragsparteien ein Vertrag geschlossen, der eine umfassende Entgeltregelung enthält, kann sich einer der Vertragsparteien nicht über GoA zusätzlich bei einem Dritten schadlos halten, anderenfalls bleibt GoA möglich.

Ist im Rahmen der echten berechtigten GoA auch die reine Tätigkeit über § 683 BGB zu vergüten?

h.M.:

Nach h.M. scheidet eine Tätigkeitsvergütung aus. Nur sofern die Tätigkeit des GoA-Geschäftsführers einer Tätigkeit entspricht, die sonst zu seinem Beruf oder Gewerbe gehört, ist die Tätigkeit zu vergüten; andernfalls erfolgt keine Vergütung. Die analoge Anwendung des § 1835 III BGB, der dieselbe Unterscheidung (Profi oder technischer Laie) für einen ähnlich gelagerten Fall, in dem der Vormund Tätigkeitsvergütung verlangt enthält erscheint sachgerecht.

Gegenmeinung:

Nach der Gegenmeinung erscheint eine derartige Differenzierung nicht sachgerecht. Gerade in Fällen in denen das Resultat der Tätigkeit dasselbe wie bei einem Profi ist, sei es sachgerecht die Differenzierung allenfalls bei der Höhe der Vergütung vorzunehmen, so dass ein Laie z.B., wenn er länger braucht als ein Profi, nur die übliche Zeit vergütet bekommt.

Stellungnahme:

Für die h.M. spricht, dass die GoA ein Institut ist, das letztlich nicht auf Vergütung angelegt ist. Gemäß § 670 BGB soll der GoA-Geschäftsführer, der letztlich altruistisch tätig wird, nur den Ersatz der von ihm getätigten Aufwendungen wie ein Beauftragter erhalten (Verweis des § 683 BGB in das Auftragsrecht). Wesen des Auftragsrecht ist dessen Unentgeltlichkeit. Zudem sind Aufwendungen nur freiwillige Vermögensopfer. Aufgewendete Zeit hingegen hat grds. keinen Vermögenswert, sofern sie nicht professionell erbracht wird. Genau diese Differenzierung enthält § 1835 III BGB bzgl. des Grundes, da dieser eben auch grds. nur ehrenamtlich tätig ist. Um zu verhindern, dass die GoA genutzt wird, quasi als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu Vergütungsansprüchen zu führen, sollte daher die restriktive Differenzierung des § 1835 III BGB übernommen werden.

Können bereicherungsrechtliche Schuldverhältnisse für Ansprüche des allgemeinen Schuldrechts anspruchsauslösend wirken?

Dies wird differenziert beurteilt:

  • Im Rahmen von Schadensersatzansprüchen wegen Unmöglichkeit (§§ 280 I, III, 283, 275 IV BGB) soll der Anspruch aus § 812 BGB kein haftungsauslösendes Schuldverhältnis sein. Zwar sind die allgemeinen Vorschriften grundsätzlich über den Verweis in § 818 IV, 819 BGB anwendbar. Doch erstreckt sich der Verweis des § 818 IV BGB insbesondere auf § 292 BGB, der wiederum auf die Vorschriften des EBV verweist. Insoweit ist dann aber festzustellen, dass die so eröffneten Schadensersatzansprüche aus §§ 989, 990 BGB eine abschließende Sonderregelung darstellen.

  • Im Rahmen von Surrogatsansprüchen (§ 285 BGB) soll der Anspruch aus § 812 BGB dagegen ein anspruchsauslösendes Schuldverhältnis sein, wenn der Anspruchsgegner bösgläubig (§ 819 BGB) oder verklagt (§ 818 IV BGB) ist.

    • Die Verweisung des § 292 BGB auf die §§ 987 ff. BGB steht der Anwendung des § 285 BGB nicht im Weg. Das EBV entfaltet in Bezug auf Surrogatsansprüche keine Sperrwirkung, da im EBV nur Ansprüche auf Schadnesersatz, Verwendungen und Nutzungen abschließend geregelt sind.

    • Anders als § 985 BGB ist § 812 BGB kein dinglicher, sondern ein schuldrechtlicher Anspruch.

    • Nach Sinn und Zweck von §§ 818 IV, 819 BGB sollen dem bösgläubigen oder verklagten Bereicherungsschuldner die Vergünstigungen von §§ 818 I, II BGB genommen werden. Er ist in diesem Fall einem allgemeinen Schuldner gleichzustellen.

Author

Ann-kathrin L.

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