Leistungskondiktion, Anspruchsgrundlagen
§ 812 I 1 Alt. 1: Fehlen des rechtlichen Grundes (condictio indebiti)
§ 812 I 2 Alt. 1: Wegfall des rechtlichen Grundes (condictio ob causam finitam)
§ 812 I 2 Alt. 2: Zweckverfehlung (condictio ob rem)
§ 817 S. 1: Gesetzes- oder Sittenverstoß des Empfängers (condictio ob turpem vel iniustam causam)
Definition h.M. Leistung i.S.d. § 812 I 1 Alt. 1
Leistung i.S.d. § 812 I 1 Alt. 1 ist jede bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens, (wenn auch nur zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit).
Leistungsdefinition nach Wendehorst
Leistung i.S.v. § 818 I ist jede zurechenbare Verschaffung eines Vorteils, die der Empfänger auf ein Kausalverhältnis zum anderen beziehen darf.
IV. Ohne rechtlichen Grund: Objektive Rechtsgrundtheorie (hM)
Rechtlicher Grund besteht in der Existenz eines wirksamen Schuldverhältnisses, aufgrund dessen der Empfänger die Leistung behalten darf.
Schemata: § 812 I 2 Alt. 2, Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs
I. Etwas erlangt (s.o.)
II. Durch Leistung (s.o.)
III. Endgültige Zweckverfehlung
IV. Ausschluss
Luxusaufwendung
Hat das Erlangte für den Empfänger von vorneherein “Luxuscharakter” oder verwendet er den Bereicherungsgegenstand in einer Weise, die er sich sonst nicht geleistet hätte (Verbesserung des Lebensstandarts, Luxusgeschenk an Dritte), entfällt die Bereicherung, wenn ihm kein verbleibender Vermögenswert zuwächst.
Tatbestände der verschärften Bereicherungshaftung
1. Empfänger ist auf Herausgabe verklagt (= Rechtshängigkeit) (§ 818 IV)
2. Empfänger (Bereicherungsschuldner) kennt den Mangel des Rechtsgrundes (§ 819 I)
3. Gesetzes- oder Sittenverstoß des Empfängers (§ 819 II)
4. Empfänger muss mit einer Herausgabepflicht rechnen (§ 820 I 1) und möglicher späterer Wegfall des Rechtsgrundes (§ 820 I 2)
II. Rechtsfolgen der verschärften Haftung
- Der Bereicherungsschuldner kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 III) berufen
- Bereicherungsschuldner haftet „nach den allgemeinen Vorschriften“ (§ 818 IV), das heißt nach den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts in Verbindung mit den Vorschriften des EBV
- § 818 II: verschuldensunabhängige und bereicherungsunabhängige Wertersatzhaftung
Saldotheorie
Synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung bei der Rückabwicklung berücksichtigen, keine selbstständigen Bereicherungsansprüche, sondern Abzugsposten bei der Berechnung eines einheitlichen Bereicherungsanspruchs. Mithin werden die erbrachten Leistungen miteinander verrechnet (saldiert).
Modifizierte Zwei-Kondiktionen-Lehre
Grundsatz von zwei getrennten Kondiktionen auszugehen. § 818 III BGB bedürfe jedoch einer teleologischen Reduktion; nicht auf § 818 III BGB berufen, wenn sie den Untergang des Gegenstandes „zu verantworten“ hat.
Durchgriffskondiktion, § 822
I. Gläubiger muss ein Bereicherungsanspruch gegen einen Berechtigten zustehen
II. Unentgeltliche Zuwendung des Berechtigten an einen Dritten
III. Entreicherung des Berechtigten, § 818 III
IV. Rechtsfolge: Herausgabe des Erlangten durch den Dritten
Schema, Verfügung eines Nichtberechtigten, § 816 I 1 BGB
I. Entgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten
1. Verfügung
2. Nichtberechtigter
3. Entgeltlich
II. Wirksamkeit der Verfügung
1. kraft Rechtsscheinserwerbs (gutgläubiger Erwerb)
2. Genehmigung der Verfügung durch den Berechtigten gem. §§ 185 II 1 1. Fall, 184 BGB
III. Rechtsfolge: Herausgabe des durch die Verfügung Erlangte
- (P) Gewinnhaftung oder Werthaftung
Definition Verfügung
Alle Rechtsgeschäfte, durch die ein bestehendes Recht unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird.
Schema, § 816 II BGB
I. Leistung an einen Nichtberechtigten
II. Dem Berechtigten gegenüber wirksam
1. kraft schuldschützender Normen
a) Unkenntnis des Gläubigerwechsels
- Abtretung: §§ 407, 408, 413 BGB - cessio legis: § 412 BGB - Mietrecht: §§ 566c, S. 1, d BGB - Deliktsrecht: § 851 BGB - Nießbrauchrecht: §§ 1056, 1058, 1070
b) bei Kenntnis, aber unrichtiger Anzeige des Gläubigerwechsels
- Abtretung: § 409 - cessio legis: § 412 - Mietrecht: § 566c
c) bei der Legitimationswirkung von Inhaberpapieren
d) Legitimationswirkung kraft öffentlichen Glaubens
e) außerhalb des BGB
2. kraft Genehmigung, §§ 185 II 1 1. Fall, 184 BGB
III. Rechtsfolge: Herausgabe des Geleisteten, §§ 816 II, 818 I BGB
Grundgedanken und Leitsätze der Mehrpersonenverhältnisse
- Rspr.: Schematische Lösungen verbieten sich; es kommt auf die Einzelfallumstände an
- Maßgeblichkeit des Leistungsverhältnisses: Beim Vorliegen mehrerer Leistungsverhältnisse wird nur im mangelhaften Rechtsverhältnis rückabgewickelt.
- Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion: Leistung schließt Bereicherung in sonstiger Weise aus
Schema, Allgemeine Eingriffskondiktion (§ 812 I 1 Alt. 2)
I. Anwendbarkeit
II. Voraussetzungen
1. Etwas erlangt (= jeder vermögenswerte Vorteil)
2. in sonstiger Weise
3. auf Kosten des Anspruchstellers
4. ohne rechtlichen Grund
III. Rechtsfolge: Herausgabe des Erlangten nach §§ 812, 818 I BGB
3. auf Kosten des Anspruchstellers - - Zuweisungstheorie (h.M.)
Es ist an den Zuweisungsgehalt anzuknüpfen: Der durch den Eingriff erlangte Vorteil soll von Rechts wegen nicht dem Bereicherungsschuldner, sondern dem Bereicherungsgläubiger zustehen.
- Definition: Ein Rechtsgrund fehlt, wenn die Bereicherung nach der materiell-rechtlichen Güterzuordnung nicht beim Empfänger verbleiben soll, wobei ein Verstoß gegen die Güterzuordnung die Rechtsgrundlosigkeit indiziert.
(Nichtleistungskondiktion) Verwendungskondiktion:
Liegt vor, wenn durch eine Verwendung auf eine fremde Sache ohne Rechtsgrund ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entstanden ist.
- Definition Verwendungen: Verwendungen sind Aufwendungen, die zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung einer Sache getätigt werden.
Rückgriffskondiktion
Bei der Rückgriffskondiktion wird jemand auf Kosten eines anderen von der Verbindlichkeit befreit.
Grundtatbestand der GoA, §§ 677
I. Geschäftsbesorgung
II. Fremdheit des Geschäfts
1. Arten des fremden Geschäfts
2. Geschäftsführer
III. Fremdgeschäftsführungswille
IV. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung
V. Berechtigte GoA § 683 S. 1 (Interesse + Wille) oder § 683 S. 2 i.V.m. § 679 (Öffentliches Interesse) oder § 864 S. 2 (Genehmigung)
Fremdheit des Geschäfts, Definition
Fremd ist ein Geschäft, wenn es nicht ausschließlich eine Angelegenheit des Geschäftsführers beinhaltet, sondern (zumindest auch) in den Interessensbereich eines anderen fällt.
Arten des fremden Geschäfts
a) Objektiv fremdes Geschäft: Objektiv fremd sind solche Geschäfte, die nach ihrem Gegenstand und Erscheinungsbild nicht in den Rechtskreis den Handelnden, sondern zum Rechtskreis eines anderen gehören.
b) Objektiv auch-fremdes Geschäft: Geschäftsführung fällt rein äußerlich sowohl in den Rechts- oder Interessenkreis des GF, als auch GH.
c) neutrales/ subjektiv fremdes Geschäft: Subjektiv fremde sind objektiv eigene oder objektive neutrale Geschäfte, die erst durch den nach außen erkennbaren FGW zu einem fremden Geschäft im Sinne der §§ 677 ff. werden.
d) subjektiv auch-fremdes Geschäft: Neutrales Geschäft, welches zumindest „auch“ mit FGW vorgenommen wurde.
Fremdgeschäftsführungswille
Der Geschäftsführer muss wissen und wollen, dass er die Angelegenheiten eines anderen (mit-)besorgt.
- Fremdgeschäftsführungsbewusstsein: Der Geschäftsführer muss wissen, dass das Geschäft ein fremdes ist (kognitives Element).
- Finaler Fremdgeschäftsführungswille: Der Geschäftsführer muss mit dem Willen handeln, im Interesse des Geschäftsherrn tätig zu werden. Er muss das Geschäft als fremdes führen wollen. (voluntatives Element).
- BGH: GF handelt ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung, wenn überhaupt kein, ein beendeter, nichtiger oder unwirksamer Vertrag zwischen GF und GH vorliegt oder Befugnisse aus einem Vertrag überschritten wurden.
Definition Interesse i.S.d. § 683 S. 1
Das Interesse ist zu bejahen, wenn die Geschäftsübernahme für den GH objektiv nützlich und subjektiv auf seine Verhältnisse bezogen ist.
Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers nach § 670
I. Berechtigte GoA gem. §§ 677, 683 S. 1
II. Rechtsfolge: Aufwendungsersatz gem. § 670
1. Aufwendungen
2. „für erforderlich halten“
3. Anteiliger Aufwendungsersatz
4. Anspruchsausschluss bei Verzichtsabsicht gem. § 685
Definition Aufwendungen i.S.d. § 670
Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die der Geschäftsführer zum Zweck der Ausführung auf sich nimmt oder sich als notwendige Folge der Geschäftsführung ergeben.
Zuletzt geändertvor 16 Tagen