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Schemata Strafrecht AT

AL
von Ann-kathrin L.

Das vorsätzliche Begehungs-/ Erfolgsdelikt

I. Tatbestand

  1. Objektiver Tatbestand

    a) äußere Unrechtsmerkmale

    • Taterfolg

    • Handlungsobjekt

    • auch besondere Täterqualifikationen

    b) Tathandlung

    Der Taterfolg muss durch eine Tathandlung herbeigeführt worden sein (§ 8)

    aa) Liegt überhaupt eine Handlung vor

    Keine Handlung: Reflexe, Bewegungen im Schlaf, durch Gewalt abgenötigtes Verhalten (“vis absoluta”, d.h. willensausschließende Gewalt)

    Handlung:

    • Nach der herrschenden sozialen Handlungslehre ist Handlung jedes vom menschlichen Willen beherrschte oder beherrschbare sozialerhebliche Verhalten. Sozialerheblich ist jedes Verhalten, das die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt berührt.

      • Nur menschliches Verhalten in Form von Tun oder Unterlassen kann Handlungsqualität besitzen.

      • Das Verhalten muss vom Willen beherrscht oder beherrschbar sein. Daran fehlt es bei einer Reflexbewegung, bei der ein äußerer Reiz ohne Zwischenschaltung des Bewusstseins zu einer Körperbewegung führt.

    bb) Abgrenzung zwischen Handlungen durch aktives Tun und Unterlassen (§§ 8, 13 I)

    • Nach h.M. erfolgt dies nach dem sog. Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit

    cc) ggf. bes. Tathandlungen einschließlich bes. Begehungs- und Handlungsmodalitäten

    c) Kausalzusammenhang

    conditio sine qua non - Formel (Äquivalenztheorie): Eine Handlung ist Kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolgt entfiele.

    Siehe Karteikarte Kausalität

    d) objektive Zurechnung des Erfolges

    (Merke: c) und d) sind nur bei Erfolgsdelikten zu prüfen!)

    Def.: Die Tat ist dem Täter objektiv zurechenbar, wenn er mit seinem Verhalten ein rechtlich missbilligtes (relevantes) Risiko geschaffen hat, dass sich im konkreten tatbestandlichen Erfolg verwirklicht hat.

    Siehe Karteikarte objektive Zurechnung

    Neues Risiko Dritter: Wenn Risiko Dritter auf einem Unterlassen beruht, entsteht kein neues Risiko! (Leitet die Rettungszentrale z.B. die Notruf nicht weiter, entsteht kein neues Risiko, sondern das Alte wird nur nicht beseitigt!; Keine Unterbrechung des bestehenden Riskozusammenhangs)

    e) Rechtswidrigkeit, wenn ausnahmsweise Tatbestandsmerkmal (z.B. in § 246, 132)

    Merke: Rechtswidrigkeit ist - auch wenn sie im Gesetz erwähnt wird - nur TBM, wenn der strafrechtliche Sinngehalt ansonsten entfallen würde.

  2. Subjektiver Tatbestand

    a) Tatbestandvorsatz im Hinblick auf alle Tatbestandsmerkmale:

    Strafbar ist gem. § 15 nur vorsätzliches Handeln, wenn das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes regelt. Vorsatz ist das Wissen und Wollen (h.M.) der Tatbestandsverwirklichung.

    aa) Das Wissenselement des Vorsatzes

    Das Wissenselement - die “Vorsatzkenntnis” - setzt sowohl die Kenntnis der tatsächlichen Tatumstände als auch die Bedeutungskenntnis voraus, denn andernfalls ist der Vorsatz gem. § 16 I 1 ausgeschlossen.

    (1) Kenntnis der tatsächlichen Umstände

    (a) Der Täter muss bei Begehung der Tat alle strafbegründenden und strafschärfenden Umstände des objektiv verwirklichten Tatbestands gekannt haben, Im Einzelnen ist demnach erforderlich, dass seine Vorstellung umfasst:

    • die konkrete Tat in ihren Grundzügen

    • die tatbestandlichen Besonderheiten der Ausführungshandlung (z.B. mittelbare Täterschaft oder Mittäterschaft)

    • den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Umrissen

    • sowie alle sonstigen objektiven Tatbestandsmerkmale (z.B. Garantenstellung)

    (b) Fehlt dem Täter die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, liegt ein Tatbestandsirrtum, oft auch Tatumstandsirrtum genannt, vor. Gem. § 16 I entfällt der Vorsatz; eine fahrlässige Begehung bleibt möglich. Nimmt der täter irrig Umstände an, die nur den Tatbestand eines milderen Gesetzes erfüllen würden, kann gem. § 16 II nur wegen des milderen Gesetzes bestraft werden.

    (2) Bedeutungskenntnis

    Der Täter muss außerdem Bedeutungskenntns von den Tatbestandsmerkmalen erlangt haben, Er ist dabei zu differenzieren:

    • Deskriptive (beschreibende) Tatbestandsmerkmale sind solche, die durch einfach Beschreibung zum Ausdruck bringen, was sachgegenständlich zum tatbestandlichen Verbot oder Gebot gehört (z.B. Beschädigen, Sache). Insoweit muss der täter nur die tatsächlichen Umstände des Merkmals (“Fakten”) erfassen.

    • Normative (wertungsausfüllungsbedürftige) Tatbestandsmerkmale sind solche, die nur unter den logischen Voraussetzungen einer Norm gedacht und vom Richter nur im Wege eines ergänzenden Werturteils festgestellt werden können (z.B. Fremdheit, Zueignung). Hier genügt die bloße Kenntnis der den Begriff erfüllenden Tatsachen nicht, vielmehr muss der täter nach h.M. den rechtlich sozialen Bedeutungsgehalt nach Laienart richtig erfasst haben (Parallelwertung in der Laiensphäre).

    bb) Das Willenselement des Vorsatzes

    Das Willenselement kennzeichnet die Willensbeziehung des Täters zur Tatbestandsverwirklichung. Je nach Ausprägung von Wissens- und Willenselement sind drei Erscheinungsformen des Vorsatzes zu unterscheiden.

    Siehe Karteikarte Vorsatz

    b) Sonstige subjetive Tatbestandselemente

    Enthält der Tatbestand ausdrücklich weitere subjektive Merkmale, so sind diese nach Maßgae der jeweiligen Norm zu prüfen. Dazu zählen Absichten, Gesinnungen und Motive.

  3. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit

    Def.: Außerhalb der tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Handlung stehende selbstständige Strafbarkeitsvoraussetzungen. Ihr Fehlen schließt die Strafbarkeit aus; der Vorsatz muss sie nicht erfassen!

    Bsp.: “Nichterweislichkeit der Wahrheit”, schwere Folge, “Rechtmäßigkeit der Diensthandlung”, Rauschtat

II. Rechtswidrigkeit (=Widerspruch der Tat zur Gesamtrechtsordnung)

  • grds. gegeben (Die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit; vgl. § 11 I Nr. 5)

  • entfällt bei Vorliegen von Rechtfertigungsgründen (auch aus BGB oder StPO)

  • subj. Rechtfertigungselement erforderlich (z.B. Verteidigungswille)

III. Schuld (= individuelle Vorwerfbarkeit der Tat)

  1. Schuldfähigkeit (§§ 19, 20, 21), von deren Vorliegen ist grds. auszugehen

  2. spezielle Schuldmerkmale: z.B. “böswillig”; str. bzgl. der subj. Mordmerkmale

  3. 2. Funktion des Vorsatzes: Vorsatzschuld, d.h. der Vorsatz ist als Schuldform auch Träger des in der Tat aktualisierten Gesinnungsunwertes. Die Vorsatzschuld ist bei vorliegendem subj. Unrechtselement indiziert; Ausnahme: Erlaubnistatbestandsirrtum.

  4. Fehlen von Entschuldigungsgründen, z.B. §§ 33, 35

  5. Möglichkeit des Unrechtsbewusstseins: Verbotsirrtum, § 17

IV. Persönliche Strafausschließungs-/aufhebungsgründe

  • u.a. auch Rücktritt und tätige Reue

V. Strafantrag; andere Strafverfolgungsvoraussetzungen/-hindernisse

  • Antragsberechtigung z.B. in § 77; Antragsdelikte z.B. § 303

  • Ermächtigung und Strafverlangen

  • Strafverfolgungshindernisse sind Verjährung, §§ 78 ff.; Exterritorialität; Immunität

VI. Strafzumessung

Das Fahrlässigkeitsdelikt

I. Tatbestand

  1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolges

    Merke: Bei schlichten Tätigkeitsdelikten tritt an die Stelle des Erfolgseintritts allein die Verwirklichung der Tathandlung

  2. Handlung des Täters

    Handlung ist das aktive Tun des Täters, das ursächlich für den Erfolg gewesen sein könnte. Ob diese Handlung rechtlich zu beanstanden ist, ist ausschließlich Frage der Pflichtverletzung.

  3. Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg i.S.d. Äquivalenztheorie

  4. objektive Sorgfaltspflichtverletzung bei objektiver Voraussehrbarkeit des Erfolges (h.M.)

    Fahrlässig ist nach allgemeiner Auffassung eine Handlung dann, wenn sie in Art und Weise eine Überschreitung des erlaubten Risikos darstellt, bei der der Eintritt eines schädigenden Erfolges objektiv ex ante voraussehbar war. Ein besonnener und gewissenhafter Mensch hätte die Handlung mithin nicht vorgenommen. Bewusst fahrlässig ist das Verhalten, wenn der Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts reflektiert hat, aber auf ihr Ausbleiben vertraut hat. Leichtfertig handelt wer sich in “frivoler Rücksichtslosigkeit” über die klar erkannte Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung hinwegsetzt oder eine besonders ernst zu nehmende Pflicht verletzt (“Leichtsinnigkeit”).

    a) Für die Prüfung der objektiven Fahrlässigkeitsvoraussetzungen kommen folgende Quellen in Betracht:

    • bes. gesetzl. und mithin “geschriebene” Regelungen. Ein Verstoß hiergegen indiziert die Sorgfaltswidrigkeit und erübrigt eine weitere Prüfung.

    • Verkehrssitten, Gebräuche

    • Rechts- und Pflichtenkreise bes. Personen- oder Berufsgruppen

    • Aufbewahrungspflichten, Organisationspflichten, Kontrollpflichten

    • ansonsten ist anhand des konkreten Falles zu ermitteln, welche ungeschriebenen Gebote und/oder Verbote der Täter obj. verletzt hat.

    • in den Trunkeinheitsfällen (vormals auch fahrlässige a.l.i.c. - Fällen; heute: fahrlässige Erfolgsverursachung durch Rauschherbeiführung) ist der Sorgfaltsvorwurf i.d.R. außerhalb der Handlung zu suchen. Er liegt allg. formuliert darin, dass der Täter keine Vorkehrungen getroffen hat, um die Gefahren “alkoholisierten Verhaltens” einzudämmen. Auch das Sichberauschen kann aber unter bestimmten Umständen bereits eine Sorgfaltswidrigkeit darstellen.

    b) Maßstab:

    h.M.: wegen Allgemeinverbindlichkeit der Sorgfaltspflichten ist ein obj. Beurteilungsmaßstab anzulegen, d.h. es ist zu fragen, wie sich ein zumindest durchschnittlicher Dritter aus dem jeweiligen Verkehrs- und Pflichtenkreis im konkreten Fall verhalten hätte.

    Aber: Etwaiges Sonderwissen des Täters ist nach h.M. schon im obj. TB zu berücksichtigen und erhöht bereits den obj. Sorgfaltsmaßstab. Ob der Täter in der konkreten Situation in der Lage war, obj. sorgfältig zu handeln, ist Frage der Schuld.

    c) Umfang der Voraussehrbarkeit:

    • Der Erfolg muss in seiner konkreten Gestalt und der Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen obj. voraussehbar gewesen sein. Es muss in der tatsächlichen Situation objektiv Anlass und Möglichkeit bestanden haben, die konkret drohende Tatbestandsverwirklichung zu erkennen. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Erfolgseintritt außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit gelegen hat.

    • Achtung: Vorschriftswidriges Verhalten Dritter ist grds. nicht in die Voraussehbarkeit einzubeziehen (sog. Vertrauensgrundsatz, insb. im Straßenverkehr). Der Vertrauensgrundsatz gilt indessen nicht, wenn wegen des betroffenen Personenkreises oder einer bes. Gefahrenstelle nicht auf das ordnungsgemäße Verhalten Dritter vertraut werden darf. Verstößt der Täter seinerseits gegen die ihm obliegenden spezifischen Sorgfaltspflichten, gilt der Vertrauensgrundsatz zu seinen Gunsten ebenfalls nicht (h.M.).

  5. objektive Zurechenbarkeit des Erfolges

    Ansatz: Der eingetretene Erfolg muss gerade auf dem Pflichtverstoß beruhen (“Pflichtwidrigkeitszusammenhang”); es gelten grds. dieselben Voraussetzungen wie beim Zurechnungszusammenhang des vorsätzlichen Erfolgsdeliktes. Allerdings ist der Prüfungspunkt “rechtlich relevantes Risiko” bereits mit Bejahung der objektiven Sorgfaltspflichtverletzung erledigt worden, so dass i.d.R. nur noch der Risikozusammenhang problematisch sein kann. Zwei Fallgruppen sind hier von besonderer Relevanz:

    a) Schutzzweck der Norm/ Verkehrssitte etc.:

    Die verletzte Sorgfaltsnorm muss es zumindest (mit-) bezwecken, dass solche Erfolge, wie der tatsächlich eingetretene, verhindert werden. Dabei ist allerdings nicht allein auf den unmittelbaren Charakter der Norm abzustellen, sondern auch auf mögliche dahinerstehende Erwägungen des Gesetzgebers.

    Problematische Streitfälle schon i.R.d. Schutzzwecks der Norm können sein:

    • Selbstgefährdung oder weitere Sorgfaltswidrigkeit des Opfers

    • Schadensvergrößerung wg. Dazwischentretens Driter

    • Folgeschäden des ursprünglichen Erfolges

    b) rechtsmäßiges (pflichtgemäßes) Alternativverhalten:

    Hier wird der eigentliche Zusammenhang zw. der Pflichtverletzung und dem konkreten Erfolgseintritt geklärt. Eine Bestrafung aus fahrlässigem Erfolgsdelikt kommt nämlich nur in Betracht, wenn der Erfolg “durch Fahrlässigkeit” verursacht worden ist. Folge: Wäre der Erfolg auch ohne die Sorgfaltswidrigkeit nur auf Grund der dann übrigbleibenden (sorgfältigen) Handlung eingetreten, ist die Pflichtverletzung keine Ursache für den Erfolg.

    aa) Zu prüfen sind 2 Schritte:

    1. Hinweg zu denken ist zunächst NUR die Pflichtverletzung in der konkret kritischen Situation. Welche dies ist, ergibt sich aus dem Schutzzweck der Norm. Die um die Pflichtwidrigkeit “bereinigte” Handlung bleibt als solche bestehen.

    2. Prüfe dann die hypothetische Folge des rechtmäßigen Alternativverhaltens:

      (a) Steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (h.M.: sog. Vermeidbarkeitstheorie) fest, dass der Erfolg bei pflichtgemäßem, rechtlich erlaubten Verhalten ausgeblieben wäre, ist die Zurechnung zu bejahen.

      (b) Besteht hingegen die nicht ganz fernliegende Mglk., dass der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre (d.h., er war unvermeidbar), so kann dessen Eintritt nach h.M. nicht mehr dem sorgfaltswidrigen Verhalten des Täters zugerechnet werden. Nach h.M. gilt bei Zweifeln hinsichtlich der Vermeidbarkeit dann in dubio pro reo!

      Argumente für die h.M.: Wortlaut des Gesetzes (“verursacht der Täter durch Fahrlässigkeit”), Erfolgsdelikte sind keine Gefährdungsdelikte, in dubio …

      Zu einem anderen Ergebnis kommt in diesem Fall die sog. Risikoerhöhungslehre, nach der jede (z.T.) oder aber jedenfalls die nachweislich signifikante (z.T.) Erhöhung des Risikos des Erfolgseintritts die Zurechnung begründet.

      Argumente für die Risikoerhöhungslehre: gerechtere Ergebnisse, die Fahrlässigkeit als solche steht fest und bliebe ansonsten unbestraft.

    bb) Führen mehrere sorgfaltswidrige Ursachen zum Erfolg, so ist der Erfolg auch allen zurechenbar. I.R.d. rechtmäßigen Alternativverhaltens sind daher alle Pflichtverstöße hinweg zu denken! Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn eine Pflichtverletzung derart prägend und überwiegend ist, dass der anderen keine eigenständige Bedeutung mehr zukommen kann (str.).

    c) Selbstgefährdung?

II. Rechtswidrigkeit

  • Die Rechtswidrigkeit wird wie bei Vorsatztaten indiziert.

  • Da bei Fahrlässigkeitsdelikten oftmals ein subj. Rechtfertigungselement mangels vorsätzlichen Handelns nicht vorliegen kann und eine Strafbarkeit wegen Versuchs ausscheidet, entfällt eine Bestrafung schon dann, wenn eine obj. Rechtfertigungslage gegeben ist (h.M.; str.).

  • Eine Rechtfertigung ist unabhängig davon insbesondere dann möglich, wenn das Opfer in die sorgfaltswidrige Handlung eingewilligt hat.

  • Ob eine solche Einwilligung auch dann möglich ist, wenn ein fahrlässiger Todeserfolg eintritt, ist angesichts der fehlenden Disponibilität beim Rechtsgut “Leben” (Arg. § 216 I) streitig. Nach h.M. ist eine Einwilligung aber gleichwohl möglich wobei sich die Grenzen aus § 228 ergeben.

  • Merke: Ist die vorsätzliche Herbeiführung des Erfolges gerechtfertigt, gilt dies auch für dessen sorgfaltswidrige Verwirklichung. Ist die Tathandlung gerechtfertigt (z.B. §§ 32, 34), so trägt das Opfer das Folgenrisiko.

III. Schuld

  1. Schuldfähigkeit (§§ 20, 21) und spezielle Schuldmerkmale, soweit im TB vorgesehen

    Merke: Bei Schuldunfähigkeit infolge von BAK über 3,0 0/oo an eine Vorverlagerung der fahrlässigen Handlung auf den Zeitpunkt des Rauschbeginns denken!

  2. Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Voraussehbarkeit:

    Maßstab sind hier die - einschränkenden - persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse des Täters. Der Täter muss persnlich in der Lage gewesen sein, sorgfältig zu handeln und die wesentlichen Folgen seiner Tat abzusehen. Aber: Der Täter muss auch die ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um objektiven Ansprüchen zu genügen. Erst wenn er dies getan hat, entfällt die subj. Pflichtverletzung und Voraussehbarkeit!

  3. Unzumutbarkeit normgerechten Verhaltens kann den Täter entschuldigen, wenn bes. Gründe vorliegen, die dem Täter sorgfältiges Handeln nicht möglich machen (z.B. Schocksituation)

  4. Möglichkeit des Unrechtsbewusstseins, § 17

IV. Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe

V. Strafantrag; andere Strafverfolgungsvoraussetzungen oder -hindernisse

Fahrlässiges Tätigkeitsdelikt:

Bei fahrlässigen Tätigkeitsdelikten entfallen sämtliche Prüfungspunkte, die sich mit Erfolgseintritt, Kausalität und Zurechnung befassen. Zu prüfen ist nur die im Gesetz umschriebene Handlung, erforderlichenfalls in dem “verbotenen” Zustand. Zu prüfen bleiben objektive und subjektive Sorgfaltswidrigkeit, wobei sich erstere i.d.R. schon aus der Vornahme der gesetzlich verbotenen Handlung ergibt.

Das unechte Unterlassungsdelikt, § 13

I. Tatbestand

  1. Objektiver Tatbestand

    a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolges

    • bei Erfolgsdeliktender im TB beschriebene Erfolg

    • auch bei reinen Tätigkeitsdelikten, wenn Täter dafür einzustehen hatte, dass TB nicht verwirklicht wurde

    b) Unterlassen der zur Erfolgsabwendung objektiv gebotenen nd dem Täter real möglichen Handlung

    Hier ist zunächst nur die dem Täter objektiv mögliche und zumutbare, aber von ihm unterlassene Handlung zu prüfen.

    aa) Problematisch ist zunächst die Abgrenzung Tun/ Unterlassen:

    h.M.: Nach der h.M. ist der sog. Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit zu ermitteln, d.h. anhand normativer Kriterien ist nach dem sozialen Sinngehalt des Verhaltens zu fragen. Dies ermöglicht und erfordert eine Wertung auf Tatbestandsebene.

    siehe Karteikarte Abgrenzung Tun/ Unterlassen

    bb) Die Handlung muss zum Zeitpunkt des Erfolgseintritts obj. geboten und dem Täter nach dessen individueller Handlungsfähigkeit möglich gewesen sein.

    c) Kausalzusammenhang (hypothetische Kausalitätsprüfung)

    • Ansatz: Nach der sog. umgekehrten c.s.q.n.-Formel ist folglich die unterlassene Handlung hinzuzudenken. Kausal ist das Unterlassen dann, wenn die (Rettungs-)Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg in derselben Art und Weise entfiele.

    • Streitig ist. mit welcher Wahrscheinlichkeit die hinzugedachte Rettungshandlung den Erfolgseintritt verhindert hätte:

      h.M.: sog. Vermeidbarkeitstheorie, d.h. bei Vornahme der Rettungshandlung wäre der Erfolgseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden; bei Zweifeln hinsichtlich der Vermeidbarkeit greift der “in dubio”-Satz.

      Minderansicht: sog. Risikoverringerungslehre, d.h. das aus der Garantenpflicht die Pflicht folgt, das Risiko des Erfolgseintritts zu verringern. So wie der Fahrlässigkeitstäter nach der Risikoerhöhungslehre dafür haften soll, dass er die Gefahr des Erfolgseintritts messbar erhöht hat, haftet er umgekehrt für den Unterlassungserfolg, wenn er die Handlung nicht unternommen hat, die ex ante zu einer echten Verringerung der bestehenden Gefahr geführt hätten. (Abzulehnen da ummünzung von Erfolgsdelikten in Gefährdungstatbestände)

    • Neues Risiko Dritter: Wenn Risiko Dritter auf einem Unterlassen beruht, entsteht kein neues Risiko! (Leitet die Rettungszentrale z.B. die Notruf nicht weiter, entsteht kein neues Risiko, sondern das Alte wird nur nicht beseitigt!; Keine Unterbrechung des bestehenden Riskozusammenhangs)

    d) Garantenstellung

    Das Unterlassen der objektiv gebotenen und möglichen Handlung ist nur strafbar, wenn den Täter auch eine individuelle rechtliche Einstandpflicht für den Nichteintritt des tatbestandlichen Erfolges trifft, § 13. Anerkannt ist eine Differenzierung der Garantenstellung:

    • ein Beschützergarant liegt vor, wenn der Täter unbestimmte Gefahren von einem in seiner Obhut stehenden bestimmten Rechtsgut abwenden muss

    • ein Überwachungsgarant ist gegeben, wenn der Täter eine bestimmte Gefahr gesetzt hat und unbestimmt viele Rechtsgüter vor ihr zu schützen hat

    e) objektive Zurechnung

    Der Täter muss durch sein Unterlassen eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen haben, die sich in tatbestandsmäßiger Weise im Erfolg niedergeschlagen hat. Es gelten die allg. Zurechnungsregeln. Bes. hervorzuheben sind:

    • Schutzzweck der Norm: Bezweckte die dem Täter auferlegte Handlungspflicht gerade die Verhinderung des eingetretenen Erfolges? Es ist mithin der Schutzzweck der die Garantenstellung begründenden Norm(en) zu prüfen!

    • 2. Ansatz für rechtmäßiges Alternativverhalten (neben der umgekehrten c.s.q.n.- Formel): Wäre der Erfolg in anderer Art und Weise auch eingetreten, kann also insgesamt nicht gesat werden, dass der Erfolg als solcher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar war, so fehlt es an der obj. Zurechenbarkeit (h.M.; a.A. auch hier Risikoverringerungslehre)

    f) Entsprechensklausel, § 13

    Ob das Unterlassen dem aktiven Tun entspricht ist nur dann zu prüfen, wenn das Tatunrecht gerade auf der Art und Weise der Tatbegehung beruht (h.M.). Ansonsten sind Ansonsten sind Ausführungen nicht erforderlich.

  2. Subjektiver Tatbestand

    a) Tatbestandsvorsatz (=dolus eventualis) im Hinblick auf

    • alle “allgemeinen” (dem jeweiligen Delikt immanenten) Tatbestandsmerkmale

    • alle bes. Elemente des unechten Unterlassungsdelikts; hinsichtlich der Vermeidbarkeit des Erfolges muss es der Täter nur für möglich gehalten haben, dass er den Erfolg hätte verhindern können (h.L.; str.)

    • alle die Garantenstellung begründenden tatsächlichen Umstände. Da die Garantenstellung ein normatives Tatbestandsmerkmal ist, muss dem Täter auch die sog. Parallelwertung in der Laiensphäre (h.M.) gelingen. Ist dies nicht der Fall, so befindet er sich in einem Tatumstandsirrtum gem. § 16 I 1. Möglich bleibt eine Bestrafung aus fahrlässigem Unterlassungsdelikt.

    b) sonstige subj. Tatbestandsmerkmale

    sofern vom TB vorgesehen (z.B. Absichten, Motive, etc.)

II. Rechtswidrigkeit

Hier erfolgt die Prüfung der Garantenpflicht, d.h. die Frage, ob im konkreten Sachverhalt für den Täter eine Rechtspflicht zum Handeln trotz gegebener Garantenstellung ausnahmsweise nicht bestanden hat. Zu prüfen sind daher mgl. Rechtfertigungstatbestände:

  • allg. Rechtfertigungsgründe, soweit sie ihrer Natur nach auf Unterlassungstaten anwendbar sind.

  • eine rechtfertigende Pflichtenkollision (Täter kann von zwei gleichrangigen Handlungspflichten nur eine erfüllen) kommt als spezifische Rechtfertigung der Unterlassungstat in Betracht

III. Schuld

  1. Schuldfähigkeit

  2. Fehlen von Entschuldigungsgründen

    insbes. Unzumutbarkeit normgerechten Verhaltens (h.M.: in Ausnahmefällen ist es dem Täter persönlich nicht zumutbar, Gefahren für eigene Rechtsgüter hinzunehmen; aber: Je schwerer das drohende Übel und je größer die Rettungschance, um so eher ist dem Garanten die Abwendung zumutbar; wird z.T. schon als Begrenzung der Garantenpflicht geprüft)

  3. Möglichkeit des Unrechtsbewusstseins

    Merke: Der Irrtum über die sich aus der Garantenstellung ergebende Pflicht zum Handeln bei Kenntnis der die Garantenstellung begründenden Umstände und der Parallelwertung in der Laiensphäre ist ein “Gebotsirrtum” (= Verbotsirrtum i.S.v. § 17; Achtung: die Abgrenzung zu § 16 I kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten; es zählt also die gute Begründung!)

IV. Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe

V. Strafantrag; andere Strafverfolgungsvoraussetzungen oder -hindernisse

Der Versuch, §§ 22, 23

I. Vorfragen

  1. Nichtvollendung des Delikts

    Der Normalfall der Nichtvollendung ist das Fehlen eines obj. Tatbestandsmerkmals.

    Eine Nichtvollendung ist aber auch dann gegeben, wenn der Erfolg nicht objektiv oder subjektiv zurechenbar ist oder wegen einer objektiv bestehenden Rechtfertigungslage kein Erfolgsunrecht vorliegt (str.). Denkbar sind hier auch Fälle, in denen nach Tatansatz aber vor Vollendung des Delikts eine Rechtfertigungsnorm greift oder der Schuldvorwurf entfällt.

  2. Strafbarkeit des Versuchs: bei Verbrechen gem. §§ 23 I, 12 immer, ansonsten nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

    Problematisch kann die Strafbarkeit von Versuchsfällen sein, bei denen Regelbeispiele verwirklicht werden. Grds. gilt hier, dass es einen isolierten Versuch des Regelbeispiels nicht geben kann, da Strafzumessungsregeln nicht “versuchbar” sind. Nach Auffassung der Rspr. kommt es aber bei einem Versuch des TB auch zu einer Bestrafung aus dem Regelbeispiel, wenn der Täter dessen Begehung auch nur versucht hatte.

II. Tatbestand

Merke: Da der Strafgrund des Versuchs die Betätigung des rechtsfeindlichen Willens ist, sind die wesentlichen Element des Versuchstatbestandes nach der “Vorstellung des Täters von der Tat” zu beurteilen. Der Schwerpunkt liegt also auch bei streitigen Fragen regelmäßig auf der subjektiven Tatseite.

  1. Tatentschluss (unbedingter Vollendungswille)

    Voraussetzungen des Tatentschlusses:

    a) Tatvorsatz hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale

    • daher: kein Versuch bei Fahrlässigkeitstaten, aber bei erfolgsqualifizierten Delikten, die gem. § 18 wegen des vorsätzlich herbeizuführenden GrundTB zu den Vorsatzdelikten zählen

    • auch alle vorsatzbedürftigen AT-Merkmale müssen vom Tatentschluss erfasst worden sein (Kausalität, Zurechnung, etc.)

    • Versuch auch, wenn der Täter mit untauglichen Mitteln oder am untauglichen Objekt handelt; Arg. § 23 III; sog. untauglicher Versuch. Hat der Täter aus groben Unverstand verkannt, dass die Tat nicht zu vollenden ist, so kann die Strafe allenfalls gem. § 23 III gemildert werden.

    • aber kein Versuch, wenn der Töter auf magische Kräfte vertraut (sog. abergläubischer Versuch), da nach h.M. hier bereits Vorsatz bzgl. Kausalität und obj. Zurechnung oder Verwirklichungsmöglichkeit fehlt

    • kein Versuch, wenn Täter irrig annimmt, das von ihm geplante Verhalten verletze ein Strafgesetz; Folge: Wahndelikt

    b) Vorliegen besonderer subjektiver Unrechtselemente, die von dem jeweiligen Tatbestand vorausgesetzt werden (Absichten, Motive, etc.)

    c) Der Täter muss einen unbedingten Handlungswillen haben, eine bloße Tatgeneigtheit reicht nicht. Allerdings schließen bloße Zweifel an der ERfolgsgeeignetheit der Handlung den Vorsatz ebenso wenig aus wie der Entschluss, bei besonderen Durchführungsschwierigkeiten von der weiteren Verwirklichung abzusehen. Ein unbedingter Entschluss kann daher auch dann vorliegen, wenn die Tatsachengrundlage für dessen Umsetzung nach Vorstellung des Täters noch nicht feststeht. Ist die Fassung des Entschlusses aber ihrerseits noch von einer Bedingung abhängig, so liegt bloße Tatgeneigtheit vor.

  2. unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung, § 22 (“Tatansatz”)

    Der Täter muss nach seiner Vorstellung zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt, d.h. die “Schwelle zum jetzt geht’s los” (Rspr.) überschritten haben.

    a) Unproblematisch ist der TA, wenn der Täter schon mit der Verwirklichung eines obj. TBM begonnen oder einen Teil eines mehraktigen Delikts verwirklicht hat.

    b) Ansonsten erfolgt die Abgrenzung nach der sog. gemischt subj.-obj. Theorie (h.M.):

    Das Verhalten muss nach der Vorstellung des Täters so eng mit der tatbestandlichen Ausführungshandlung verknüpft sein, dass bei ungestörtem Fortgang des Geschehens unmittelbar, ohne wesentliche Zwischenakte mit der Tatbestandsverwirklichung zu rechnen ist (h.M.), also nach natürlicher Betrachtung bereits als deren Bestandteil erscheint.

    Ob dies der Fall ist, ist anhand von Indizien zu ermitteln, z.B.: konkrete Rechtsgutgefährdung, Handlungsbezug zur Opfersphäre, enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Handlung und erwartetem Erfolg, Aufgabe der Geschehensherrschaft.

    Merke: Gem. § 22 kommt es bei der Beurteilung des Tatansatzes auf die subj. Lage, d.h. auf die Vorstellung des Täters von dem Tatablauf (z.B. der Gefährdungslage) an! Das bedeutet, dass es trotz der Bezeichnung als “gemischt subj.-obj. Theorie” im Zweifelsfall allein auf die Vorstellung des Täters ankommt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass trotz fehlender obj. Erfolgsgeeignetheit und bloßer irriger Annahme der Vollendungsmöglichkeit ein strafbarer, sog. untauglicher Versuch vorliegt (Arg. § 23 III mit der Mglk. der Strafmilderung)

    siehe Karteikarte Sonderfälle des unmittelbaren Ansetzens

III. Rechtswidrigkeit

Nach h.M. gelten für die Prüfung der Rechtfertigung keine Besonderheiten; es gelten die für die Rechtfertigung bei Vollenendung geltenden Regeln. Zu prüfen ist daher, ob, wenn der Erfolg eingetreten wäre, die Tat gerechtgertigt gewesen wäre. Nimmt der Täter daher nur sbjektiv irrig eine Rechtfertigung an, so gelten nach h.M. die Irrtumsregeln. Nach a.A. kommt es auch bei der Rechtfertigung wg. der Versubjektivierung der Strafbarkeit auf die Vorstellung des Täters an.

IV. Schuld

V. Rücktritt, § 24

Der Rücktritt, § 24

A. Rücktrittsvoraussetzungen allgemein

I. Das Versuchsstadium muss erreicht sein, d.h. Der Tatansatz muss innerhalb der Versuchsprüfungs bejaht worden sein.

II. Kein zurechenbarer Eintritt des Taterfolges

Der Erfolg darf entweder überhaupt nicht eingetreten sein oder ist zwar eingetreten, aber nicht in einer dem Täter zurechenbaren Weise.

III. Rücktritt noch möglich?

Unabhängig von der Frage, ob ein Rücktritt nach § 24 I oder II zu prüfen ist, ist in jedem Fall zunächst festzustellen, ob ein Rücktritt überhaupt noch möglich ist. Dies ist nach ganz h.M. dann nicht mehr der Fall, wenn der Versuch fehlgeschlagen, also aus Tätersicht endgültig missglückt ist. Ein Rücktritt, also eine “Abstandnahme von der Tat” sei dann begriffslogisch schon nicht mehr möglich.

  1. Ein Fehlschlag liegt zunächst vor, wenn der Täter die tatsächliche Undurchführbarkeit seiner Tathandlung oder deren mangelnde Erfolgseignung erkennt oder zumindest irrig annimmt. Maßgeblich ist hier immer die subjektive Vorstellung des Täters!

    • Ist die Tat obj. bereits misslungen, der Täter hat dies aber noch nicht erkannt, so liegt (noch) kein Fehlschlag vor.

    • Umgekehrt ist ein Fehlschlag gegeben, wenn dem Täter objektiv vorhandene Vollendungsmöglichkeiten verborgen bleiben und er daher nur irrig annimmt, er könne den Erfolg nicht mehr erreichen.

  2. Ein Fehlschlag auch bei rechtlicher Unmöglichkeit der Tatvollendung ist nach Auffassung der Rspr. abzulehnen, da der Täter auch jetzt von seinem tatsächlichen deliktischen Ziel noch Abstand nehmen und auf den Boden der Rechtsordunung zurückkehren könne (str.).

B. Voraussetzungen beim Rücktritt des Alleintäters, § 24 I 1

Der Alleintäter tritt zurück, wenn er die “weitere” Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Voraussetzung ist daher, dass eine “weitere” Ausführung der Tat überhaupt noch möglich ist bzw. der Erfolg noch eintreten kann.

  1. Beides ist nicht der Fall, wenn der Versuch fehlgeschlagen ist. Umstritten ist, wann ein Fehlschlaf bei mehraktigem Geschehen oder bei zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung(en) und Erfolg gegeben ist.

    siehe Karteikarte Streitstand Fehlschlag des Versuchs bei mehraktigem Geschehen

    siehe Karteikarte Fallgruppen: Fehlschlag des Versuchs bei einem mehraktigen Geschehen oder bei zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung(en) und Erfolg mit Lösung nach der Gesamtbetrachtungslehre

  2. Ist der Versuch nicht fehlgeschlagen, so kommt es für die Prüfung der weiteren Rücktrittsvoraussetzungen darauf an, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch vorliegt.

    • Bei dem unbeendeten Versuch, § 24 I 1 Alt. 1: endgültiges Aufgeben der konkreten weiteren Tatausführung; Voraussetzung ist, dass der Täter zum Zeitpunkt des Abbruches der Tat (“Rücktrittshorizont”) davon ausgeht, dass er noch nicht alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat.

    • Bei dem beendeten Versuch, § 24 I 1 Alt. 2: Verhinderung der Tatvollendung (h.M.: mitursächliches, zurechenbares Verhindern reicht aus; Ausschöpfung aller Verhinderungschancen ist nicht erforderlich); Voraussetzung ist, dass der Täter es zumindest für möglich hält, dass der Erfolg schon allein wegen der bereits vorgenommenen (Teil)Tathandlung eintreten kann.

    siehe Karteikarte Fallgruppen: Beendeter und unbeendeter Versuch

  3. Bei vermeintlich vollendbarem Versuch, § 24 I 2, genügt ernsthaftes Bemühen des Täters um Erfolgsverhinderung. Voraussetzung ist, dass der Erfolg nicht eintritt, das Rettungsbemühen des Täters äußerlich erkennbar wird und unter Ausschöpfung aller aus Sich des Täters geeigneten Verhinderungsmöglichkeiten erfolgt. Nach h.M. muss hier (anders als bei § 24 I 1 Alt. 2) die bestmögliche Maßnahme ergriffen werden, ansonsten kann nicht von “Ernsthaftigkeit” gesprochen werden. Was als “optimale Verhinderungsmöglichkeit” zu werten ist, unterliegt der Betrachtung des Einzelfalls. Tritt der Erfolg nur deshalb ein, weil das Opfer eine mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgreiche Rettung verhindert, gilt § 24 I 2 analog (str.).

  4. Freiwilligkeit

    Der Rücktritt muss durch autonome, nicht notwendig billigenswerte (h.M.) Motive erfolgen. Maßgeblich sind daher allein psychologisierende Kriterien. Heteronome Motive liegen folglich nur vor, wenn sie für den Täter psychisch zwingend sind und ihm keine Wahlfreiheit belassen. Dass der Täter die Tatausführung für gänzlich undurchführbar hält, ist für die Annahme der Unfreiwilligkeit allerdings nicht erforderlich und würde bereits zur Annahme eines Fehlschlages führen.

    Ob die Motive “von innen” oder “von außen” kommen kann ein Indiz für bzw. gegen Freiwilligkeit sein, ist aber für sich genommen ein nicht ausreichendes Kriterium.

C. Voraussetzungen beim Rücktritt unter Beteiligung mehrerer, § 24 II

  1. § 24 II 1

    Grundsätzlich gilt sowohl beim beendeten wie unbeendeten Versuch § 24 II 1: Der Beteiligte muss die Verhinderung der Tatvollendung herbeiführen; gelingt die Tatverhinderung nicht, bleibt zumindest die Teilnahme an der Haupttat. Wertungsmäßig geht das Gesetz daher von einem eher beendeten Versuch aus.

    Eine Tataufgabe soll ausnahmsweise allerdings dann ausreichen, wenn der Beteiligte derjenige gewesen wäre, der den Taterfolg unmittelbar hätte herbeiführen sollen und er seinen Beitrag unterlässt.

  2. § 24 II 2

    Bei Nichtvollendung unabhängig vom Beitrag des Beteiligten oder Vollendung unabhängig vom Beitrag des Beteiligten gilt § 24 II 2. Erforderlich ist ein ernsthaftes Bemühen des Beteiligten um Erfolgverhinderung; bei Vollendung der Tat ist aber erforderlich, dass die tasächlich begangene Tat gegenüber der ursprünglich geplanten Tat als neue Tat zu bewerten ist.

    Kein Fall des Rücktritts sondern der bereits fehlenden (Förderungs-)Kausalität ist es, wenn der Tatbeitrag bereits vor Tatansatz zurückgenommen wird und sich daher schon nicht mehr auf den Versuch auswirkt.

  3. Freiwilligkeit

    Es gilt das oben gesagt.

Das erfolgsqualifizierte Delikt, § 18

Erfolgsqualifizierte Delikte sind Tatbestände, die ein selbstständig als Vorsatztat strafbares Grunddelikt durch die Verwirklichung eines weitergehenden Erfolges - meist schwere Körperverletzung oder Tod - qualifizieren. Gem. § 11 II ist das erfolgsqualifizierte Delikt als Vorsatztat zu behandeln, d.h. Teilnahme und Versuch sind möglich. Bei Beteiligung mehrerer ist aber jeweils eine persönliche Zurechnung der schweren Folge geboten (vgl. §§ 18, 29).

I. Tatbestand

  1. Verwirklichung des Grunddelikts

    a) Objektiver und sujektiver Unrechtstatbestand der jeweils erforderlichen Vorsatztat müssen zunächst gegeben sein. Grds. empfiehlt es sich, den Grundtatbestand isoliert vorab nach den für den Grundtatbestand geltenden Regeln zu prüfen. An dieser Stelle kann dann auf die vorangegangene Prüfung verwiesen werden. In einfach gelagerten Fällen kann auch eine gemeinsame Prüfung erfolgen, allerdings dann ohne Rechtfertigungs- und Schuldprüfung des Grunddelikts.

    b) Umstritten ist, ob auch der Versuch des GTB als Grundlage für eine Erfolgsqualifikation ausreichen kann. Zu unterscheiden sind 2 Probleme:

    • Zum einen kann die Frage der abstrakten Versuchsstrafbarkeit fraglich sind. Diese Frage stellt sich heute indessen nur noch bei den §§ 221 III und 238 III, da dort das jeweilige Grunddelikt des Abs. 1 kein Verbrechen ist und die Versuchsstrafbarkeit nicht gesondert angeordnet worden ist. Eine Versuchsstrafbarkeit ließe sich daher nur über das erfolgsqulifizierte Delikt gem. Abs. 3 begründen.

    • Zum anderen kann konkret fraglich sein, ob auf Grundlage eines nur versuchten Grunddeliktes eine schwere Folge i.S.v. § 18 eintreten kann. Dieses Problem ist aber eine Frage des grunddeliktsspezifischen Gefahrzusammenhangs und daher auch erst dort zu erörtern!

  2. Erfolgsqualifikation

    a) Eintritt des qulifizierten Erfolges

    I.d.R. Todeserfolg; sonstige schwere Folgen z.B. in §§ 226, 306b I

    b) Kausalzusammenhang zwischen Grunddelikt und Erfolg nach der Äquivalenztheorie

    c) wenigstens

    • Fahrlässigkeit (§ 18) hinsichtlich der schweren Folge (wird i.d.R. durch Begehung des Grunddelikts indiziert und ist daher zumeist nicht gesondert zu prüfen) oder

    • Leichtfertigkeit hinsichtlich des erschwerten Erfolges, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. Leichtfertigkeit ist die (bewusste oder unbewusste) grobe Fahrlässigkeit.

    • Die objektive Voraussehrbarkeit ist wie beim Fahrlässigkeitsdelikt gegeben, wenn der Erfolgseintritt nicht völlig außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lag.

    Merke: Handelt der Täter auch hinsichtlich der schweren Folge vorsätzlich, so liegt erst Recht der Tatbestand des erfolgsqualifizierten Delikts vor; Arg. Wortlaut des § 18 “wenigstens Fahrlässigkeit”. Dies gilt nunmehr unstreitig auch, soweit Leichtfertigkeit verlangt wird. Der Gesetzgeber hat insoweit zur Klarstellung bei den erfolgsqualifizierten Tatbeständen, die Leichtfertigkeit verlangen, das Adverb “wenigstens” hinzugefügt.

    d) Der qualifizierte Erfolg muss auf einer dem Grunddelikt spezifisch anhaftenden Gefahr beruhen

    • Dies ist zunächst dann nicht der Fall, wenn die objektive Zurechnung des qualifizierenden Erfolges nach allgemeinen Kriterien schon nicht gegeben ist.

    • Erforderlich ist zusätzlich ein sog. tatbestandsspezifischer oder grunddeliktstypischer Gefahrzusammenhang. Im Erfolg muss sie die dem TB typischerweise anhaftende Gefahr realisiert haben. Wann ein solcher vorliegt, ist durch Auslegung des jeweiligen Grundtatbestandes zu ermitteln.

    • Problematisch ist, ob dies auch in den Fällen des nur versuchten Grunddeliktes möglich ist.

      Nach h.M. reicht es grds. aus, wenn sich im qualifizierten Erfolg die typische Gefahr der Tathandlung realisiert, d.h. auch der bloße Tatansatz zur Tat kann sich in einem qualifizierten Erfolg niederschlagen. Es kommt mithin bei § 251 z.B. nicht darauf an, ob die Wegnahme im Raubtatbestand vollendet wurde, da das spezifische Risiko des GTB das der qualifizierten Nötigung ist.

      Sehr umstritten ist diese Frage allerding nach wie vor bie § 227:

      • Nach h.L. (“Letalitätstheorie”) erfasst § 227 I nur das Risiko eines Körperverletzungserfolges. Demnah kommt ein “erfolgsqualifizierter Versuch” nicht in Betracht.

        Argumente: Wortlaut von § 227 (Verursacht der Täter durch die Körperverletzung, verletzte Person), hohes Strafmaß

      • Nach Auffassung der Rspr. reicht das Risiko einer Körperverletzungshandlung und damit auchdas einer nur versuchten Körperverletzung aus (typ. Beispiel: Verfolgerfälle)

        Argumente: auch Körperverletzungshandlungen sind häufig lebensgefährlich, Verweis von § 227 I auch auf die jeweiligen Versuche von §§ 223, 224

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

  1. Schuldfähigkeit

  2. spezielle Schuldmerkmale

  3. Vorsatzschuld in Bezug auf das Grunddelikt

  4. Fahrlässigkeitsschuld hinsichtlich der schweren Folge

    • subjektive Voraussehbarkeit der schweren Folge

    • (str., ob darüber hinaus subj. Pflichtwidrigkeit; i.d.R. schon durch Verwirklichung des Grunddelikts indiziert)

    • bei gesetzlichem Erfordernis der Leichtfertigkeit hinsichtlich der schweren Folge: Erkennbarkeit der die Leichtfertigkeit begründenden Umstände für den Täter

  5. Fehlen von Entschuldigungsgründen

  6. Möglichkeit des Unrechtsbewusstseins

IV. Persönliche Strafausschließungs-, aufhebungsgründe

Hier kann ggf. in den Fällen eines nur versuchten erfolgsqualifizierten Delikts der Rücktritt gem. § 24 I, II problematisch sein:

  • Fallgruppe 1 (Versuch der Erfolgsqualifikation): Die schwere Folge ist nicht eingetreten, der Täter hatte aber insoweit Tatentschluss. Der Rücktritt ist nach den allg. Regeln möglich.

  • Fallgruppe 2 (erfolgsqualifizierter Versuch): Die schwere Folge ist eingetreten, der GTB blieb aber nur versucht.

    • Nach h.M. ist auch hier der Rücktritt noch mgl, da der Eintrtt der schweren Folge die Abstandnahme von der Wegnahme nicht hindere. Grundtatbestand und erfolgsqualifiziertes Delikt seien 2 Taten i.S.v. "§ 11 I Nr. 5. Die schwere Folge sei aus der Sicht des GTB ein außertatbestandlicher Erfolg dieser könne problemlos über ein fahrlässiges Erfolgsdelikt erfasst werden.

    • Die Gegenauffassung lehnt dies wg. der bereits eingetretenen Teilverwirklichung des GesamtunrechtsTB ab und geht wertungsmäßig von einem vollendeten Gesamtunrechtstatbestand aus

V. Strafantrag, andere Strafverfolgungsvoraussetzungen, -hindernisse

Mittäterschaft, § 25 II

§ 25 II regelt das bewusste und gewollte Zusammenwirken (=gemeinschaftlich) mehrerer Personen bei der Verwirklichung des Tatbestades, wobei zur Begründung täterschaftlichen Handelns Täterwille (subj. Theorie) bzw. die (Mit)Tatherrschaft (materiell-objektive Theorie) der Beteiligten erforderlich ist.

Getrennter Aufbau bei Mittäterschaft; (1), (2)

Der (regelmäßig) getrennte Aufbau empfiehlt sich, wenn ein Mittäter bereits alle Deliktsmerkmale in seiner Person verwirklicht (1). Ein getrennter Aufbau ist ausnahmsweise auch dann ratsam, wenn ein Beteiligter zwar im objektiven Tatbestand nicht alle Deliktsmerkmale selbst verwirklicht (sodass dort bereits eine Zurechnung über § 25 II erforderlich ist), im subjektiven Tatbestand aber erhbeliche Abweichungen zwischen den Beteiligten bestehen (2). Der getrennte Aufbau ist damit der Regelfall.

A. Strafbarkeit des Tatnächsten, isolierte Prüfung aller objektiven und subjektiven Merkmale (1)

In Fallgruppe (2) ist hier bereits eine Zurechnung objektiver Tatbeiträge über § 25 II erforderlich.

B. Strafbarkeit des weiteren Beteiligten als Mittäter, § 25 II

Vorprüfung: Fehlt es offensichtlich an der Täterqualität, ist dies kurz festzustellen und sodann mit der Prüfung der Teilnahmeform (neuer Prüfungspunkt C) fortzufahren.

I. Tatbestandsmäßigkeit

  1. objektiver Tatbestand

    • Prüfung der deliktsspezifischen Merkmale in der Person des jeweiligen Mittäters (insbesondere Täterqualifikationen), sofern nicht unter B bereits wegen offensichtlichen Fehlens abgelehnt.

    • Objektive Tathandlungen in der Person des Täters begründen nur unter den Voraussetzungen des § 25 II eine mittäterschaftliche Begehung, d.h., eine Zurechnung der Handlungen des Tatnächsten ist erforderlich:

      a) Feststellung der obj. Verursachungsbeiträge des Beteiligten zur Verwirklichung des Tatbestandes: Hier sind zunächst sämtliche Verursachungsbeiträge - unabhängig von ihrer Qualität - zu “sammeln”. In diesem Sinne sind auch unwesentliche Beiträge zunächst als objektive Verursachungsbeiträge festzustellen. Auch die Teilnahme an der Tatplanung (“Mitplanung”) ist ein Verursachungsbeitrag.

      b) Aufgrund eines vorherigen oder zumindest zum Zeitpunkt der Tatbegehung gefassten, gemeinsamen Tatplans (= beusstes und gewolltest arbeitsteiliges Zusammenwirken): erforderlich ist eine objektive Willensübereinstimmung der Partner aufgrund eines Kommunikationsaktes, der ausdrücklich oder schlüssig erfolgen kann. Der Begriff ist insoweit identisch mit dem der Verabredung in § 30 II.

      c) Die Bewertung als mittäterschaftliche Begehung ist im Übrigen umstritten:

      • Teile der Lit.: Tatausführungsherrschaft

      • h.L., mat.-obj. Theorie: funktionelle Tatherrschaft

      • Rspr.: subj. Theorie

  2. subjektiver Tatbestand

    a) Tatbestandsvorsatz: Der Vorsatz muss alle Elemente des BT-Tatbestandes und die des § 25 II erfassen. D.h. auch bzgl. des gemeinschaftlichen Handelns muss auf der Basis der oben vertretenen Theorie ein dolus eventualis gegeben sein (nach h.L. folglich das Tatherrschaftsbewusstsein)

    Objektive, bewusst vorgenommene Abweichungen vom Tatplan durch einen Mittäter (sog. Exzess) sind dem anderen Mittäter nicht zurechenbar. Aber: die irrtümliche Objektabweichung bleibt zurechenbar, wenn die Handlung als solche vom Tatplan gedeckt war (h.M.; z.B. wenn Schuss auf Verfolger vom Tatplan gem. § 250 II Nr. 1 gedeckt, handelnder Mittäter aber irrig auf einen anderen oder sogar seinen Tatgenossen schießt).

    b) deliktsspezifische subjektive Tatbestandsmerkmale

  3. ggf. Tatbestandsverschiebungen gem. § 28 II

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

Gemeinsamer Aufbau bei Mittäterschaft; (3)

Eine (ausnahmsweise) gemeinsame Prüfung der Mittäter ist geboten, wenn die Beteiligten dergestalt arbeitsteilig zusammenwirken, dass erst unter Berücksichtigung aller Tatbeiträge der objektive Tatbestand verwirklich ist oder wenn eine Trennung der Tatbeiträge aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (z.B. gemeinsame Körperverletzung im Rahme einer Schlägerei (3)); in beiden Fällen sollten keine tatbestandserheblichen Abweichungen im subjektiven Tatbestand vorliegen (sonst wie (2)). Eine gemeinsame Prüfung sollte auch dann erfolgen, wenn alle Beteiligten die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllen; § 25 II hat dann nur noch klarstellende Bedeutung.

Strafbarkeit aller Beteiligten gem. § 25 II

Vorprüfung: Fehlt es offentsichtlich an der Täterqualität eines Beteiligten, ist dies kurz festzustellen und sodann mit der Prüfung der verbleibenden möglichen Mittäter fortzufahren, um im Anschluss daran die Teilnahmeform des ausgeschiedenen Beteiligten zu prüfen.

I. Tatbestandsmäßigkeit

  1. objektiver Tatbestand

    • Prüfung der deliktsspezifischen Merkmale bzgl. aller in Betracht kommenden Mittäter (insbesondere Täterqualifikationen)

    • objektive Tathandlungen sind unter den Voraussetzungen des § 25 II als mittäterschaftliche Begehung zuzurechnen:

      a) Feststellung der objektiven Verursachungsbeiträge des jeweiligen Beteiligten zur Verwirklichung des Tatbestands

      b) aufgrund eines vorherigen oder zumindest zum Zeitpunkt der Tatbegehung gefassten, gemeinsamen Tatplans

      c) Bewertung als mittäterschaftliche Begehung im Übrigen, wenn

      • z.T.: Tatausführungsherrschaft

      • h.L.: funktionelle Tatherrschaft

      • Rspr.: subjektive Theorie

  2. subjektiver Tatbestand

    a) Tatbestandsvorsatz, auch bzgl. des gemeinschaftlichen Handelns; nach h.L. zudem Tatherrschaftsbewusstsein bei allen Beteiligten

    b) deliktsspezifische subj. Tatbestandsmerkmale

  3. ggf. Tatbestandsverschiebungen gem. § 28 II; für jeden Mittäter gesondert zu prüfen

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

Mittelbare Täterschaft, § 25 I, 2.Alt.

§ 25 I, 2.Alt. regelt den Fall, in dem der Täter die Tat “durch einen anderen” begeht. Gemeint ist, dass der Täter sich eines anderen als Tatwerkzeug bedient, wobei sich die Werkzeugqualität des anderen aus einem in dessen Person liegenden Strafbarkeitsmangel ergibt. Nicht von § 25 I, 2.Alt., sondern von § 25 I, 1.Alt. erfasst sind die Fälle, in denen der Dritte gleich einem mechanischen Werkzeug “eingesetzt” wird (Fall: Anrempeln einer Person, die im Sturz eine Sache zerstört = §§ 303, 25 I, 1.Alt.)

Der Prüfungsaufbau orientiert sich an dem der Mittäterschaft. Da das besondere Element der mittelbaren Täterschaft in der Beherrschung des Tatwerkzeuges (“Vordermann”) durch den mittelbaren Täter (“Hintermann”) liegt, ist notwendigerweise zunächst die Strafbarkeit des Vordermanns als des Tatnächsten zu untersuchen. WErden bei dessen Prüfung Strafbarkeitsmängel festgestellt, ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob der “Tatveranlasser” ggf. über § 25 I, 2.Alt. als -mittelbarer -Täter bestraft werden kann.

A. Strafbarkeit des Tatnächsten als Täter

Das Ergebnis dieser Prüfung lautet:

  • keine Täterschaft wegen eines Strafbarkeitsmangels oder

  • ausnahmsweise voll deliktisch handelnder Vortäter, wenn Rechtsfigur des “Täters hinter dem Täter” in Betracht kommt.

B. Strafbarkeit des Hintermannes als mittelbarer Täter, § 25 I, 2.Alt.

Vorprüfung: Fehlt es offensichtlich an der Täterqualität (insb. wegen eigenhändiger Struktur des Deliktes oder bei Sonderdelikten) scheidet eine mittelbar täterschaftliche Begehung unabhängig von der Intensität er Einwirkung auf den Vordermann aus; eine weitere Prüfung verbietet sich daher! (wenn Täterqualität vorhanden Vorprüfung nur gedanklich!)

I. Tatbestandsmäßigkeit

  1. objektiver Tatbestand

    a) Prüfung der deliktsspezifischen Merkmale in der Person des Hintermannes (insbesondere Täterqualifikationen), sofern das Delikt solche Merkmale verlangt.

    b) Prüfung der allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen je nach Deliktstyp. I.R.d. Prüfung der Tathandlung erfolgt dann die Feststellung, dass diese nicht unmittelbar vom Hintermann erbracht worden ist. Zu prüfen ist daraufhin, ob die Handlung des (regelmäßig zuvor geprüften) Werkzeuges dem Hintermann gem. § 25 I, 2.Alt. zugerechnet werden kann:

    aa) Feststellung der objektiven Verursachungsbeiträge des Hintermannes: Hier sind sämtliche möglichen Beiträge des potenziellen mittelbaren Täters zu “sammeln”. Eine Bewertung über die Qualität der Beiträge, also ob sie die Eignung zur Begründung der mittelbaren Täterschaft haben, findet hier NICHT statt. Regelmäßig sind die Verursachungsbeiträge objektiv auch von denen der Mittäterschaft, Anstiftung oder auch der Beihilfe zu unterscheiden.

    bb) Bewertung als mittelbar-täterschaftliche Begehung, wenn:

    • h.L. materiell-objektive Theorie

    • Rspr. subjektive Theorie

    • Fallgruppen siehe Karteikarte

  2. subjektiver Tatbestand

    a) Tatbestandsvorsatz bzgl. aller objektiven TBM einschließlich der die mittelbare Täterschaft begründenden Umstände, d.h. nach materiell-objektiver Theorie Tatherrschaftsbewusstsein.

    Merke: Auch wenn eine Tatherrschaft kaft überlegenen Wissens bejaht wurde, ersetzt dies die Vorsatzprüfung nicht. Denn auch der mittelbare Täter, der ein solches Wissen hat, muss es zumindest für möglich halten, dass sein Werkzeug dieses Wissen eben nicht hat. Wer mehr weiß, weiß eben nicht zwingend, dass er mehr weiß …

    b) deliktsspezifische subjektive TBM

  3. ggf. Tatbestandsverschiebung gem. § 28 II

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

C. Strafbarkeit des Tatmittlers wegen Beihilfe zur Tat des mittelbaren Täters

Soweit das Werkzeug vorsätzlich, aber ohne die erforderliche Täterqualität oder die täterschaftsbegründende Absicht gehandelt hat (z.B. Zueignungsabsicht), kommt eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Tat des mittelbaren Täters in Betracht!

Anstiftung, § 26

Vorüberlegung: Ist das durch die Tat des Haupttäters verletzte Rechtsgut vor Angriffen durch den Teilnehmer überhaupt geschützt. Wenn kein Schutz, scheidet Teilnahme von vornherein aus (z.B. keine Anstiftung zur Körperverletzung zu eigenen Lasten).

I. Tatbestand

  1. objektiver Tatbestand

    a) Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen, nicht notwendigerweise schuldhaften Haupttat (Grundsatz der limitierten Akzessorietät; Arg. § 29); Haupttat kann ein Unterlassungsdelikt ebenso wie ein Versuch sein; aus § 28 I folgt, dass auch Sonderdelikte anstiftungsfähigk sind, ohne dass der Anstifter die Sonderdeliktseigenschaft in seiner Person begründen muss. Fehlt ein strafbegründendes persönliches Merkmal, so ist die Strafe gem. § 28 I zu mildern.

    b) Tathandlung: Bestimmten

    aa) Bestimmten bedeutet Hervorrufen des Tatentschlusses durch psychische Beeinflussung:

    • z.T. wird ein sog. “Unrechtspakt” - vergleichbar einer Verabredung gem. § 30 II - verlangt.

      Argumente: Die Bestrafung gleich dem Täter verlange eine der Mittäterschaft vergleichbare “Verabredung”. Dagegen spricht indessen die dann kaum noch mögliche Abgrenzung zu § 25 II und der Wortlaut “bestimmen”, der eine einseitige Erklärung beschreibt.

    • Nach h.M. reicht daher ein geistiger Kontakt (=Kommunikation) zwischen Anstifter und Haupttäter aus. Folge: Nach h.M. ist auch keine Anstiftung durch Unterlassen möglich. Möglich ist aber eine Anstiftung zum Unterlassen (z.B. §§ 212 I, 13 I; 26), wobei die Strafe des Anstifters gem. § 28 I zu mildern ist (str.).

      Argumente: Die Bestrafung “gleich dem Täter” setzt zwar ein bewusstes kollusives Zusammenwirken zwischen Täter und Anstifter, aber mangels korrespondierender Erklärung des Angestifteten keinen “Pakt” voraus.

    • Nach einer weiteren Gegenauffassung reicht allerdings bereits das Schaffen eines Tatanreizes ohne Kommunikation aus (z.T.). Dann ist auch eine Anstiftung durch Unterlassen möglich, wenn der Anstifter Garant für die Verhinderung der Entstehung eines Tatentschlusses war.

      Argument: Häufig ist das (verdeckte) Schaffen eines Tatanreizes die effektivere Form der Anstiftung. Dagegen spricht aber wiederum der Wortlaut “bestimmen” und die Tatsache, dass der Anstifter “gleich einem Täter” zu bestrafen ist, die Voraussetzungen der Anstiftung daher nicht zu “gering” sein dürfen.

    bb) Das Hervorrufen des Tatentschlusses setzt unstreitig einen Tat(=Anstiftungs-)erfolg voraus, d.h., Anstiftung eines bereits zur Tat Entschlossenen (omnimodo facturus) ist nicht möglich (aber weiterprüfen, es bleibt die Möglichkeit der psychischen Beihilfe und die des § 30 I)

    • Da der Tatentschluss immer konkret hervorgerufen werden muss, ist eine “Umstiftung” zu einem völlig anderen Tatbestand möglich (z.B. aus § 242 wird ein § 223).

    • Umstritten sind die Fälle, in denen der Anstifter zu einem “Mehr” im Verhältnis zum bereits bestehenden Tatentschluss anstiften (“Aufstiftung”, z.B. aus § 242 I wird § 244 I Nr. 1 a)). Nach h.M. ist aus Anstiftung zur Qualifikation zu bestrafen, da diese einen eigenständigen Tatbestand mit wesentlicher Erhöhung des Unrechtsgehalts darstellt. Dies gilt allerdings nicht bei einer “Aufstiftung” zu einem Regelbeispiel, da dies selbst nur Strafzumessungsregel ist. Nach a.A. kommt immer nur eine Beihilfe in Betracht.

    • Wird der Tatentschluss auf einen milderen Tatbestand gelenkt (z.B. von Raub auf Diebstahl: “Abstiftung”), sol iegt der Sache nach zunächst keine Anstiftung, sonder nur eine psychische Beihilfe zum milderen Delikt vor.

      Deren Strafbarkeit kann aber nach den Grundsätzen der Risikoverringerung oder über § 34 StGB entfallen.

    • Wird der konkrete Tatentschluss beim Haupttäter nicht hervorgerufen oder bestand dieser schon, ist gem. § 30 I der Versuch der Anstiftung zu prüfen.

  2. subjektiver Tatbestand

    a) Der Anstifter muss mit Vorsatz (mindestens dolus eventualis) zur Vollendung einer bestimmten vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat handeln:

    • Er muss den Täter, zumindest aber den individuell bestimmten Personenkreis, aus dem die noch unbestimmte Person des Täters stammen soll kennen, den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen erfassen und die Merkmale des jeweiligen Tatbestandes in ihren wesentlichen Umrissen kennen (= mindestens für möglich halten). Faustformel: “5 W - Methode” - Wer? Wann? Wie? Wo? Was?

    • Achtung: Die Rechtswidrigkeit der Haupttat ist Tatbestandsmerkmal der Teilnahme. Der Teilnehmer muss daher zumindest die die Rechtswidrigkeit des Haupttäters begründenden Merkmale erkennen und nach Laienart zutreffend werden.

    • Bei Erfolgsqualifikationen tritt eine Haftung des Anstifters nur ein, wenn auch insoweit zumindest Fahrlässigkeit beim Anstifter vorliegt (§§ 11 II, 18); gleiches gilt für konkrete Gefährdungsdelikte, bei denen bzgl. der Gefährdung nur Fahrlässigkeit vorzuliegen braucht (z.B. § 315c I, III, Zif. 1)

    • Der Anstifter muss eine “endgültige Rechtsverletzung” wollen (Arg.: Strafgrund ist die Förderung der Haupttat; sog. Förderungstheorie), andernfalls ist er strafloser “agent provocateur”. Die Abgrenzung ist im Einzelnen umstritten. Es gelten folgende Grundsätze:

      • Weiß der Anstifter, dass der Haupttäter nur einen (i.d.R. dann untauglichen) Versuch begehen wird, so entfällt die Bestrafung aus § 26.

      • Kommt es nach Vorstellung des Anstifters zur Vollendung der haupttat, so entfällt seine Bestrafung als “agent provocateur” gleichwohl, wenn er keine “materielle” bzw. “endgültige” Rechtsverletzung billigt. Denkbar ist bei Diebstahlsdelikten hier auch eine Differenzierung zwischen Voll- und Beendigung.

      • Liegt kein Fall eines straflosen “agent provocateur” vor, so kommt noch eine Rechtfertigung (§ 34, Einwilligung etc.) in Betracht.

    b) zumindest dolus eventualis bzgl. der Anstifterhandlung

  3. Beachte: mögliche Tatbestandsverschiebung gem. § 28 II

    Bereits nach dem Vorsatz ist zu prüfen, ob es zu einer Tatbestandsverschiebung kommt. Fehlt z.B. beim Anstifter ein strafschärfendes persönliches Merkmal (z.B. § 225 I Nr. 1-4), so kommt nur eine Bestrafung wegen Anstiftung zu dem jeweil milderen Delikt (z.B. dann §§ 223, 26; 28 II) in Betracht.

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

IV. Strafaufhebung/ Strafausschließung

  • persönliche Strafausschließungsgründe können auch isoliert in der Person des Anstifters vorliegen (z.B. § 258 V, VI)

  • persönliche Strafaufhebungsgründe des Anstifters (insbes. § 24 II) beachten!

V. Strafzumessung

  • i.R.d. Strafzumessung kann die Strafbarkeit des Anstifters gem. § 28 I zu mildern sein.

Beihilfe, § 27

Vorüberlegung: Ist das durch die Tat des Haupttäters verletzte REchtsgut vor Angriffen durch den Teilnehmer überhaupt geschützt. Wenn kein Schutz, scheidet Teilnahme von vornherein aus (z.B. keine Teilnahme an § 216 durch Verlangenden).

I. Tatbestand

  1. objektiver Tatbestand

    a) Vorliegen einer vorsätzlichen und rechtswidrigen, nicht notwendigerweise schuldhaften Haupttat (Grundsatz der limitierten Akzessorietät; Arg. § 29); Haupttat kann ein Unterlassungsdelikt ebenso wie ein Versuch sein; aus § 28 I folgt, dass auch Sonderdelikte beihilfefähig sind, ohne dass der Gehilfe die Sonderdeliktseigenschaft in seiner Person begründen muss.

    b) Mittel der Beihilfe

    “Hilfeleisten” setzt ein Fördern der Hautpttat auf jede erdenkliche Art und Weise voraus. Auch psychische Beihilfe (insoweit hat § 27 Auffangtatbestandsfunktion zu § 26) ist möglich.

    aa) Kausalität?

    Eine kausale Verursachung der Haupttat im Sinne der conditio-Formel ist nicht erforderlich. Umstritten ist allerdings, was statt dessen zu verlangen ist:

    • Nach der Rechtsprechung genügt jede physische oder psychische Förderung der Tathandlung, durch die die Rechtsgutsverletzung ermöglicht, erleichtert oder intensiviert wird. Zu beachten ist dabei, dass sich die Unterstützungshandlung in der Tatbegehung tatsächlich augewirkt haben muss. Bloße Mitwisserschaft genügt nicht.

    • Die h.M. in der Lit. stellt demgegenüber darauf ab, ob die Gehilfenhandlung die Chancen für die Vollendung der Tat tatsächlich erhöht hat. Hiernach genügt es, wenn die Begehung der Tat auch ohne den Beitrag des Gehilfen möglich gewesen wäre, hierdurch jedoch das Risiko fr die Vollendung erhöht wurde. Insoweit sind Parallelen zur Risikoerhöhungslehre aus der Lehre der objektiven Zurechnung zu ziehen.

    Regelmäßig kommen beide Ansichten zum selben Ergebnis, so dass ein Streitentscheid nicht erforderlich ist.

    bb) Besonderheiten:

    • Es ist - im Gegensatz zur Anstiftung - keine Willensübereinstimmung zwischen Gehilfe und Haupttäter erforderlich; die Unterstützung kann ohne den Willen des Haupttäters geleistet werden.

    • Die Unterstützung kann bereits im Vorbereitungsstadium oder aber erst nach Vollendung, aber noch vor Beendigung der Tat (sukzessive Beihilfe; h.M. str.) erfolgen. Nach der Gegenauffassung kommt für den Zeitraum zwischen Voll- und Beendigung nur § 257 I in Betracht.

    • Eine Beihilfe durch Unterlassen ist durch den die Haupttat nicht verhindernden Garanten möglich (ganz h.M.; a.A. Lehre von den Pflichtdelikten, nach der der unterlassende Garant immer Täter ist); hinsichtlich der Kausalität ist entsprechend der “umgekehrten conditio-Formel” zu verlangen, dass das Eingreifen des unterlassenden Gehilfen die Chancen der Erfolgsherbeiführung durch den Haupttäter zumindest verringert hätte (“umgekehrte Chancenerhöhung” = Chancenverringerung)

    • Umstritten ist, inwieweit bei sog. berufstypsischen, neutralen Handlungen (z.B. Verkauf von Waffen) Beihilfe bereits gegeben ist.

      • Eine Mindermeinung verneint die Einschränkung der Strafbarkeit bei berufstypsichen Verhaltensweisen

        Argument: Die Rechtsgutverletzung des Gehilfen ist unabhängig von ihrer berufsmäßigen Begehung tatbestandsmäßiges Unrecht.

      • nach h.M. soll grds. eine Einschränkung der Strafbarkeit wegen Beihilfe bei berufstypsischen Verhaltensweisen möglich sein.

        Argument: Art. 12 I GG verbietet eine solche Einschränkung, da anderenfalls bestimmte Berufe (z.B. die Bereiche Anwälte, Waffenhandel, Banken, Apotheke) nicht mehr risikofrei ausgeübt werden können. Zudem ist die Einschränkung von Strafbarkeit wegen sozial adäquaten Verhalten nach h.L. auch ansonsten anerkannt.

      • Umstritten sind die Kriterien der Einschränkung.

        • z.T. soll die Einschränkug bereits objektiv über das Merkmal der Sozialadäquanz erfolgen.

        • andere nehmen die Einschränkung im subjektiven Tatbestand vor und lassen einen Eventualvorsatz nicht ausreichen. Eine Bestrafung ist demnach nur dann möglich, wenn subjektiv Tatförderungwillle (Lit.) oder ein sicheres Wissen (a.A.) hinsichtlich der deliktischen Wirkung der berufstypsischen Handlung gegeben ist.

        • Die Rechtsprechung mischt objektive und subjektive Kriterien:

          • Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfe zu werten.

          • Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, dass das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten erkennbar hoch war.

    • Merke: versuchte Beihilfe ist NICHT strafbar!

  2. subjektiver Tatbestand

    a) Der Gehilfe muss mit Vorsatz (mindestens dolus eventualis) zur Vollendung einer bestimmten vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat handeln:

    • Der Gehilfe muss den Täter, zumindest aber den individuell bestimmten Personenkreis, aus dem die noch unbestimmte Person des Täters stammen soll, kennen (= mindestens dolus eventualis), den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen erfassen und die wesentlichen Umstände des verwirklichten Tatbestandes erfassen. Auch hier gilt dem Grundsatz nach die “5 W-Methode”. Da der Gehilfe aber nicht “gleich dem Täter” bestraft wird, sind die Anforderungen an den Konkretisierungsgrad geringer als bei § 26 (im Einzelfall str.).

    • Achtung: Die Rechtswidrigkeit der Haupttat ist Tatbestandsmerkmal der Teilnahme. Der Teilnehmer muss daher zumindest die die Rechtswidrigkeit des Haupttäters begründenden Merkmale erkennen und nach Laienart zutreffend werten.

    • Bei Erfolgsqualifikation Haftung des Gehilfen nur, wenn auch insoweit zumindest Fahrlässigkeit beim Gehilfen selbst vorliegt (§ 11 II, 18)

    • Gehilfe muss “endgültige Rechtsgutverletzung” wollen (Arg.: Strafgrund ist die Förderung der Haupttat; sog. Förderungstheorie), andernfalls ist er strafloser “agent provocateur” (Abgrenzung im Einzelnen str.; es gelten die Grundsätze zu § 26)

    b) zumindest dolus eventualis bzgl. der Unterstützungshandlung; soweit Anstiftung gewollt, ist Beihilfevorsatz mit enthalten

  3. Beachte: mögliche Tatbestandsverschiebung gem. § 28 II

II. Rechtswidrigkeit

III. Schuld

IV. Strafaufhebung/ Strafausschließung

  • persönliche Strafausschließungsgründe können auch isoliert in der Person des Gehilfen vorliegen (z.B. § 258 V, VI)

  • persönliche Strafaufhebungsgründe des Gehilfen (insbes. § 24 II) beachten!

V. Strafzumessung

  • obligatorische Strafmilderung gem. § 27 II

  • die Strafe kann zudem gem. § 28 I zu mildern sein

Notwehr, § 32 StGB

I. Notwehrlage

  1. Angriff -> jede Bedrohung rechtlich geschützter Interessen durch menschliches Verhalten

    • es muss überhaupt eine Handlung im strafrechtlichen Sinne gegeben sein (Bedrohung durch Tiere reicht nicht aus, außer sie werden als Werkzeug eingesetzt)

    • das Vorliegen eines Angriffs ist objektiv “ex ante” aus der Sicht eines besonnenen Dritten zu ermitteln -> Angriff muss tatsächlich (“zu 100%”) gegeben sein -> Scheinangriffe oder Angriffe mit Scheinwaffen begründen keine Notwehrlage (h.M.)

    • notwehrfähig sind zumindest alles Rechtsgüter, deren Verletzung im StGB strafbewehrt sind

    • auch ein Unterlassen kann als Angriff anzusehen sein, wenn es strafbar oder ordnungswidrig ist

    • Einschränkungen:

      • Nothilfe zugunsten allgemeiner Interessen (Staatsnothilfe) ist nur subsidiär zulässig zur Verteidigung existenzieller staatlicher Güter, deren Schutz die staatlichen Organe nicht zu gewährleisten in der Lage sind. Zur Wahrung der öffentlichen Ordnung sind allein die staatlichen Organe berufen.

      • Ob sich staatliche Stellen i.R. dienstlichen Handelns überhaupt auf Notwehr bzw. Nothilfe zu Gunsten von Individualinteressen berufen können, ist in der Rechtslehre umstritten.

        • Nach einer Ansicht werden die ör Rechtsgrundlagen gegenstandslos, wenn deren Grenzen durch den Rückgriff auf strafrechtliche Rechtfertigungsregeln unterlaufen werden könnten. Ein Rückgriff auf § 32 scheidet daher grds. aus.

        • Nach a.A. soll ein strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund nur die strafrechtliche Rechtswidrigkeit beseitigen, während die Handlung nach ör Maßstäben rechtswidrig bleibt.

        • Nach h.M. können Rechtfertigungsgründe des Strafrechts auch hoheitliches Handeln rechtfertigen. Hierfür spricht, dass allein der dienstliche Charakter einer Rechtsgutverletzung nicht gegen die Anwendbarkeit strafrechtlicher Rechtfertigungsgründe spricht. Was eine nicht dienstliche Handlung nach §§ 32, 34 rechtfertigen würde, muss daher auch ein dienstliches Eingreifen rechtfertigen.

      • fremde Individualinteressen, auch staatliche, dürfen nicht gegen den Willen des Rechtsgutträgers wahrgenommen werden. Aufgedrängte Notwehr rechtfertigt grds. nicht

  2. gegenwärtig -> wenn die bedrohliche Lage unmittelbar bevorsteht, bereits begonnen hat oder noch andauert

    • ist der Angriff i.d.S. noch nicht gegenwärtig, kommt aber die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr i.S.v. § 34 in Betracht

  3. rechtswidrig -> wenn der Betroffene das Verhalten nicht dulden muss, d.h., Maßstab ist nach h.M. der reine Erfolgsunwert

    • ist der Angriff rechtmäßig, kommt gleichwohl Rechtfertigung gem. § 34 in Betracht!

II. Notwehrhandlung (erforderliche Verteidigungshandlung)

-> Erforderlich ist eine Verteidigungshandlung, die geeignet ist, den Angriff endgültig zu brechen und dabei den nach den konkreten Umständen geringst möglichen Schaden anrichtet.

  • der Angriff darf grds. nur in Rechtsgüter des Angreifers erfolgen

  • die Erforderlichkeit richtet sich nach der Angriffsintensität und grds. nicht nach der Verhältnismäßigkeit von Nutzen und Schaden

  • zu prüfen ist nach h.M. aus der objektiven ex-ante-Sicht eines besonnenen Beobachters in der Lage des Verteidigers

  • maßgeblich für die Beurteilung der Erforderlichkeit ist die Verteidigungshandlung, nicht der Abwehrerfolg -> ist die Handlung erforderlich, trägt der Angreifer das Folgenrisiko

  • es darf das Mittel eingesetzt werden, das eine sofortige Beendigung des Angriffs mit Sicherheit erwarten lässt und die endgültige Beseitigung der Gefahr am besten gewährleistet; stehen mehrere geeignete Mittel zur Verfügung, so ist das relativ mildeste einzusetzen

  • Merke: Der Angegriffene muss sich nicht auf das Risiko einer unzureichenden Abwehrhandlung einlassen. Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen!

III. Einschränkungen des Notwehrrechtes (Anknüpfung nach h.M. bei “Gebotenheit”)

Sozialethische oder übergeordnete rechtliche Erwägungen begründen Einschränkungen des Notwehrrechtes, wenn einem Angriff ohne unzumutbare Preisgabe eigener Interessen ausgewichen werden kann oder staatlicher Rechtsgüterschutz vorrangig ist. Überwiegend wird die Notwehrhandlung dann als nicht “gebote” i.S.v. § 32 I angesehen.

Fallgruppen:

  • “Bagatellangriffe” -> nur proportionale Verteidigung

  • krasses Missverhältnis

  • Angriff schuldlos Handelnder -> zunächst Ausweichen zumutbar

  • unter Personen mit engen persönlichen Beziehungen

  • Absichtsprovokationen -> h.M. kein Notwehrrecht (Rechtsmissbrauch bzw. kein Verteidigungswille)

  • vorwerfbar herbeigeführte Notwehrlage nach h.M. Notwherrecht - je nach Grad des Verschuldens - eingeschränkt

  • sog. Abwehrprovokation (der Angegriffene hatte den Angriff erwartet und sich zur Vorbereitung unverhältnismäßig stark “ausgerüstet”) -> umstritten Notwehrrecht von h.M. abgelehnt

  • aus dem Tötungsverbot gem. Art. 2 EMRK folgt keine Einschränkung des Notwehrrechts, da nur Bindung der Staatsgewalt (h.M.)

Rechtsfolge:

Die Rechtsfolge bei eingeschränkten Notwehrrecht ist (wenn Notwehrrecht nicht ganz entfällt) i.d.R. eine abgestufte Verteidigung (h.M.):

  1. Stufe: Je nach Fallkonstellation ggf. Versuch, dem Angriff auszuweichen

  2. Stufe: passive Verteidigung (Schutzwehr); z.B. Warnschuss

  3. Stufe: Eintritt des “vollen” Notwehrrechts (Trutzwehr) nach den Regeln der Erforderlichkeit

Würde die Einhaltung der drei Stufen durch den Angegriffenen zum Eintritt irreparabler Schäden führen, dann können eine oder mehrere Stufen übersprungen werden.

IV. subjektives Rechtsfertigungselement

  • der Täter muss nach h.L. zumindest in Kenntnis der Notwehrlage gehandelt haben

  • Ob und inwieweit er auch zum Zwecke der Verteidigung gehandelt haben muss, ist umstritten. Die Rspr. verlangt ein zielgerichtetes Wollen, den Angriff abzuwehren oder zu erschweren. Andere Zwecke können hinzutreten, soweit der Verteidigungszweck nicht völlig überlagert wird. Nach h.L. reicht die Kenntnis der Rechtsfertigungslage aus.

Fehlt das subj. RF-Element, dann nach h.M. Bestrafung aus Versuch (wenn dieser strafbar!), da nur Handlungsunrecht, nicht aber Erfolgsunrecht gegeben, Nach a.A. entfällt die Rechtsfertigung vollständig mit der Folge der Bestrafung aus vollendetem Delikt.

Nothilfe § 32 II a.E.

Im Rahmen der Nothilfe gelten grds. dieselben Voraussetzungen und Einschränkungen wie bei der Notwehr, aber:

  • wenn ein wirksamer Verzicht des Angegriffenen auf Verteidigung gegeben ist (Voraussetzung: disponibles Rechtsgut), kein Aufdrängen der Nothilfe! Eine aufgedrängte Nothilfe rechtfertigt nicht. Es liegt wegen der Eigenverantwortlichkeit des Opfers entweder schon kein Angriff vor oder sie ist zumindest nicht erforderlich

  • Soll Nothilfe zu Gunsten der Rechtsgüter des Staates oder der Allgemeinheit geübt werden, ist fraglich, ob diese Rechtsgüter unter das Merkmal “anderer” i.S.v. § 32 II subsumiert werden kann. Nach h.M. soll dies nicht mgl. sein, da hier grds. nur Individualinteressen erfasst seien. Könnte man Nothilfe zu Gunsten der Rechtgüter der Allgemeinheit üben, so würde dies zu einer Umgehung des im öR prägenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Nothilfehandlung auch durch staatliche Stellen oder durch private Dritte vorgenommen wird.

rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

I. Notstandslage

  1. Gefahr -> jede auf tatsächliche Umstände gegründete Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für ein beliebiges schutzwüdiges Rechtgut

    • anders als bei § 32 kann über § 34 auch eine Gefahr für ein Rechtsgut der Allgemeinheit abgewehrt werden

    • mgl. ist auch, dass derjenige, zu dessen Gunsten gehandelt wird, gleichzeitig das “Opfer” des rechtfertigenden Eingriffs ist

    • Merke:

      • Die Notstandslage ist aus der objektiven ex ante Sicht zu prüfen. Der Begriff der Gefahr beinhaltet eine Prognoseentscheidung zur “Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts”. Die Wahrscheinlichkeit entfällt nicht nachträglich dann, wenn sich ex post herausstellt, dass ein Schaden nicht eingetreten wäre. Allerdings muss sich die Schadenswahrscheinlichkeit aus objektiven Kriterien ergeben; die bloß irrige Anname einer Gefahr reicht nicht.

      • Ob die Herbeiführung der Gefahr rechtswidrig war, ist - anders als bei § 32 - ohne Bedeutung. Auch “rechtmäßige Gefahren” sind daher grds. notstandsfähig. Wurde eine Gefahr rechtmäßig herbeigeführt, kann sich allerding darauf eine Duldungspflicht des Opfers i.R.d. Angemessenheitsprüfung ergeben.

  2. gegenwärtig -> ist die Gefahr, wenn sie nach obj. ex ante Urteil (= zum Zeitpunkt der Tat) in einem best. Augenblick, alsbald oder über einen längeren Zeitraum - auch wiederholt - jederzeit in einen Schaden umschlagen kann. Der Schadenseintritt kann unmittelbar, aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt mgl. sein

II. Notstandshandlung

Grds. kann jede Tat über § 34 gerechtfertigt sein, gleich welchen Tatbestand sie erfüllt, soweit der Rückgriff auf Notstand nicht wegen des abschließenden Charakters von Sonderregeln unzulässig ist. Einschränkende Voraussetzung ist, dass die Gefahr nicht anders abwendbar war und bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Zudem muss die Tat das angemessene Mittel zur Gefahrenabwehr sein.

  1. Die Gefahr darf nicht anders abwendbar sein, d.h. die Handlung ist in der konkreten Situation das objektiv zur Gefahrenabwehr geeignete und zugleich relativ vmildeste Mittel (= Erforderlichkeit bei § 32; Mmaßstab: ex ante). Anders als § 32 erlaubt § 34 aber auch einen Eingriff in die Rechtsgüter eines Dritten, der nicht Urheber der Gefahr ist.

  2. Insteressenabwägung zu Gunsten des Erhaltungsgutes:

    Das geschützte Interesse (sog. Erhaltungsinteresse) muss da beeinträchtigte Interesse (sog. Eingriffsgut) wesentlich überwiegen. Prüfungsschritte (“1. Wertungsakt”):

    • Ermittlung und Gegenüberstellung der betroffenen Rechtsgüter

    • Ermittlung des bestehenden Rangverhältnisses zwischen den betroffenen Rechtsgütern (Indiz: gesetzliche Strafandrohung)

    • Merke: Kein Rangverhältnis, wenn das verteidigte zugleich das verletzte Rechtsgut ist oder bei gleichwertigen Rechtgütern

    • Ermittlung der Intensität und des Umfangs des drohenden Schadens und der durch die Notstandshandlung zu erwartenden Verletzung

    • Ermittlung des Grades der drohenden Gefahr (abstrakt, konkret, akut)

    • Ermittlung der konkreten Rettungschance

    Merke: Die Interessenabwägung bedarf der konkreten Wertung am Einzelfall. Die o.g. Kriterien sind je nach Fall zu kumulieren oder zu ergänzen.

    Merke: Grds. erfoglt keine Abwägung Leben gegen Leben! Das Rechtsgut Leben ist nicht quantifizierbar (10 gg. 1)! Aber dann ist ggf. eine Lösung über § 35 (wenn zu Gunsten von nahestehenden Personen gehandelt) oder den übergesetzlich entschuldigenden Notstand mgl..

    Merke: Richtet sich die Notstandshandlung gg. den Gefahrurheber selbst (sog. defensiver Notstand), so sind, dem Rechtsgedanken des § 228 BGB folgend, qualitativ und quantitativ weiterreichende Beeinträchtigungen zulässig. Es genügt, wenn der durch die Verteidigung angerichtete Schaden nicht außer Verhältnis zu der abgewendeten Gefahr steht. Dieser Ansatz hilf häufig, wenn gefährdetes und verletztes Rechtsgut identisch sind. Nach h.M. hilft der Rechtsgedanke des § 228 BGB auch nicht im Falle der Rettung von Leben auf Koten des Lebens des Gefahrurhebers.

    Merke: Eine Garantenstellung gem. § 13 begründet keine besonderen Eingriffsbefugnisse in Rechtsgüter Dritter!

III. Angemessenheitsprüfung gem. Satz 2

Die Tat muss ein angemessenes Mittel zur Gefahrenabwehr sein. Das Gesetz verlangt neben der Prüfung zu II. einen “2. Wertungsakt” im Wege einer sozialethischen Gesamtbetrachtung.

Fallgruppen, bei denen die Angemessenheit zu verneinen ist:

  • Verstoß gegen oberste Rechtsprinzipien, wenn zur Konfliktbewältigung ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren existiert, auch wenn dieses im konkreten Fall nicht erfolgsgeeignet ist. Hierzu gehört auch die erzwungene Aussage im Strafverfahren zur Rettung eines Menschenlebens.

  • Der im Nötigungsnotstand Handelnde ist nach umstrittener Auffassung nicht durch § 34 gerechtfertige (wohl aber u.U. nach § 35 entschuldigt), weil die Zubilligung von Notstandsbefugnissen dem durch die Gefahrenabwehr verletzten Dritten die Möglichkeit abschneiden würde, sich gegen das Handeln des Genötigten im Wege der Notwehr zur Wehr zu setzen. Zudem entstünden bei eigenhändigen und Sonderdelikten Strafbarkeitslücken, da im Falle der Rechtfertigung des Genötigten der Hintermann weder als mittelbarer Täter noch als Teilnehmer bestraft werden könnte.

  • wenn dem Täter nicht zumutbar ist, die Gefahr hinzunehmen (Duldungspflicht), ist Gefahrenabwendung nicht angemessen; Beispiele:

    • der Schuldner einer Zwangsvollstreckung gem. § 808 ZPO, auch wenn der finanzielle Ruin die Folge ist

    • besondere Rechtsstellung des Täters im Verhältnis zur drohenden Gefahr (Polizist, Feuerwehrmann, etc.)

    • Täter hat die Notstandslage selbst (mit)verschuldet (str.; nach h.M. gelten hier die Regeln der schuldhaft mit herbeigeführten Notwehrlage i.R.d. Gebotenheitsprüfung bei § 32 entsprechend)

  • Autonomieprinzip: Wenn Eingriff in unantastbare Freiheitsrechte (z.B. Art. 2 I GG), keine angemessene Gefahrabwendung (z.B. keine erzwungene Organspende zur Lebensrettung; aber ACHTUNG: auch hier Gegenausnahme, wenn Rang des persönlichen Rechtsguts sehr gering, Gefahr aber besonders hoch, z.B. kurz Freiheitsberaubung zur Lebensrettung eines Dritten)

IV. subj. Rechtfertigungselement

  • der Täter muss zumindest in Kenntnis der Notstandslage gehandelt haben (h.L.)

  • die Rspr. verlangt wiederum, dass der Täter zumindest auch gehandelt hat, um die Gefahr von sich oder einem bedrohten anderen Rechtsgut abzuwenden (Rspr./z.T.: zielgerichteter Wille)

Notstandshilfe gem. § 34 1 2.Alt

Wie bei § 32 ist ein rechtfertigender Notstand auch zu Gunsten Dritter mgl.. Anderer kann hier nach h.M. auch die Allgemeinheit sein, zu deren Gunsten der Täter handelt. Hintergrund ist, dass § 34 in jedem Fall eine Güterabwägung verlangt und daer dem ansonsten im Bereich der Gefahrenabwehr einschlägigen Ordnungsrecht nicht wie § 32 wesensfremd ist.

Einwilligung/ Einverständnis

A. Die rechtfertigende ausdrückliche Einwilligung

  1. Dispositionsbefugnis

    Eine Einwilligung ist nur zulässig, wenn das Rechtsgut disponibel ist, d.h. der Einwilligende muss als alleiniger Träger des Rechtsgutes oder als Vertreter des Berechtigten gehandelt haben. Das Leben ist als einziges Individualrechtsgut nicht disponibel (vgl. § 216 I). Möglich ist nach h.M. aber eine Einwilligung in lebensgefährliche Handlungen, die fahrlässig en Todeserfolg herbeiführen (§§ 222, 227). Die Grenzen der Einwilligung bestimmen sich hier nach Maßgabe von § 228.

    Rechtgüter der Allgemeinheit sind grds. nicht disponibel. Eine Einwilligung kommt in Sonderfällen auch zu “Lasten” eines Dritten in Betracht.

  2. Einwilligungserklärung

    Die Einwilligung muss vor der Tat erteilt worden sein und zum Tatzeitpunkt noch fortbestehen. Eine (nachträgliche) Genehmigung rechtfertigt nicht (Simultanprinzip). Die Einwilligung muss nach außen zum Ausdruck gekommen, ausdrücklich oder zumindest schlüssig (h.M.) erklärt worden sein.

  3. Einwilligungsfähigkeit

    Der Einwilligende muss nach Verstandesreife und Urteilsfähigkeit Wesen, Tragweite und Auswirkungen des Eingriffs voll erfassen. Maßstab ist die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit. Grds. gilt: Je komplexer ein Rechtsgutverzicht ist, desto höher sind die Anforderungen an die Einwilligungsfähigkeit.

  4. keine Willensmängel

    Erklärung muss ernstlich und frei von Willensmängeln abgegeben worden sein, d.h., eine durch Drohung, Täuschung etc. erwirkte oder sonst rechtsgutbezogen irrtürmlich abgegebene Einwilligung ist unwirksam. Aber: Ein bloßer (nicht rechtgutbezogener) Motivirrtum schadet nicht.

  5. kein Verstoß der Tat gegen die guten Sitten (§ 228)

    § 228 ist nur bei §§ 223 ff. (und nach h.M. bei fahrlässig eingetretendem Todeserfolg) zu prüfen. Bei anderen individualschützenden Tatbeständen rechtfertigt die Einwilligung des Betroffenen auch dann, wenn die Tat als solche sittenwidrig sein sollte (h.M.).

    • Die Sittenwidrigkeit der Körperverletzung hängt nach h.M. primär vom Grad der drohenden tödlichen Gefahr ab: Je höher das Risiko eines tödlichen Ausgangs ist, desto eher verstößt die Tat gegen die guten Sitten. Der verfolgte Zweck ist nach h.M. hier nicht relevant, es sei denn, der Täter verfolgt ein sehr billigenswertes Ziel, das ein hohes Lebensrisiko rechtfertigen könnte.

    • Tritt der Todeserfolg fahrlässig ein, so hat eine Einwilligung dann rechtfertigende Wirkung, wenn der Todeserfolg sehr unwahrscheinlich war (h.M.)

    • In Fällen der Sittenwirdrigkeit einer Körperverletzung i.R.e. Schlägerei ist nach aktueller Rspr. zusätzlich maßgeblich, inwieweit die Teilnehmer das sich aus der Schlägerei ergebende Eskalationsrisiko durch geeignete Maßnahmen eingedämmt haben.

  6. subjektives Rechtfertigungselement

    Mindestens Kenntnis und Handeln zur Umsetzung (“auf Grund”) der Einwilligung ist erforderlich.

B. Das tatbestandausschließende Einverständnis

  1. “Rechtsgutinhaberschaft”

    Der Unwert der Tat ergibt sich daraus, dass bereits ein Tatbestandsmerkmal nur gegen oder ohne den Willen des Rechtsgutinhabers verwirklicht werden kann.

  2. Zustimmung

    Eine Einverständniserklärung ist grds. nicht erforderlich. Es reicht die bewusste innere Zustimmung zu Beginn der Tatausführung.

    Das Einverständnis muss weder ausdrücklich noch konkludent zum Ausdruck gekommen sein. Die Zustimmung kann auch durch einen vom Rechtsgutinhaber eingesetzten Dritten “erklärt” werden. Sind mehrere Personen Inhaber des betroffenen Rechtsgutes, so reicht regelmäßig die Zustimmung eines Rechtsgutinhabers aus, sofern diese den anderen nicht unzumutbar ist.

  3. Einverständnis

    Eine der Einwilligungsfähigkeit vergleichbare “Einverständnisfähigkeit” gibt es nicht. Das Einverständnis ist rein tatsächlicher Natur. Entscheidend ist, dass kein der Tatbestandsverwirklichung entgegenstehender Wille vorliegt.

  4. Freiwilligkeit

    Willensmängel sind grundsätzlich unbeachtlich, solange das Einverständnis freiwillig (!) zustande kommt.

    Merke also: Zwang schadet, Irrtümer schaden nicht.

  5. Ein Verstoß der Tat gegen die guten Sitten schadet nicht.

  6. Da das Einverständnis kein Rechtfertigungsgrund ist, bedarf es auch keines subjektiven Rechtfertigungselements; Also: kein Handeln aufgrund und in Kenntnis des Einverständnisses.

    Aber: Kennt der Täter das Einverständnis nicht, ist ein untauglicher Versuch gegeben, da der Täter irrig von der Verwirklichung des entsprechenden Tatbestandsmerkmals ausgeht.

C. Die mutmaßliche Einwilligung

Grundlegende Voraussetzung ist, dass die Erteilung einer ausdrücklichen Einwilligung bei objektiver Würdigung aller Umstände sicher zu erwarten gewesen wäre, diese aber aus tatsächlichen Gründen nicht erteilt werden konnte. Die mutmaßliche Einwilligung ist ein eigenständiger (h.M.), ggü. der ausdrücklich erklärten Einwilligung immer subsidiärer Rechtfertigungsgrund.

Voraussetzungen der rechtfertigenden mutmaßlichen Einwilligung:

  1. Dispositionsbefugnis

    Es muss ein einwilligungsfähiges Rechtsgut desjenigen vorliegen, für den gehandelt wird.

  2. Die ausdrückliche Einwilligungserklärung fehlt

    Die mutmaßliche Einwilligung ist aber subsidiär und setzt deshalb voraus, dass

    • kein entgegenstehender Wille des Rechtsgutträgers bekannt oder erkennbar ist. Liegt ein entgegenstehender Wille vor, so scheidet eine mutmaßliche Einwilligung selbst dann aus, wenn dieser Wille unvernünftig ist.

    • und eine ausdrückliche Einwilligungserklärung nicht noch rechtzeitig einholbar gewesen wäre.

      Dies ist immer dann der Fall, wenn die vorherige Befragung ohne größere Gefahr für den Eintritt des “Rettungserfolges” möglich gewesen wäre. Der Sache nach handelt es sich um die Prüfung einer Eilbedürftigkeit der Handlung, die dem Prüfungspunkt “Gefahr in Verzug” bei öffentlich rechtlichen Eingriffsnormen ähnelt.

      Eilbedürftigkeit liegt vor, wenn bei nicht rechtzeitigem Handeln eine

      • erhebliche Verschlechterung für das Rechtsgut (sog. akute Indikation) oder

      • ein irreparabler Schaden (sog. letale Indikation) zu erwarten ist.

      Etwas anderes gilt, wenn der Täter im eigenen Interesse tätig wird: Dadies nur nach dem Prinzip des mangelnden Interesses überhaupt möglich ist, so ist auch eine vorherige Befragung des Rechtsgutträgers ohnehin regelmäßig entbehrlich.

  3. Handeln entspricht dem hypothetischen Willen des Rechtsgutträgers

    Der Rechtsgutinhaber müsste zum Zeitpunkt der Tat und in Kenntnis der Sachlage vernünftigerweise in die Rechtsgutverletzung eingewilligt haben.

    Die vorzunehmende ex-ante Prüfung hat sich an den subjektiven Verhältnissen des Betroffenen zu orientieren, auch wenn diese objektiv als “unvernünftig” oder “schwer nachvollziehbar” erscheinen. Objektive Kriterien haben lediglich Indizwirkung, können aber im Falle des Fehlens subjektiver Anhaltspunkte Grundlage der Entscheidung werden.

    • Konnte der Täter nach sorgfältiger Prüfung aller Umstände vermuten, dass die Einwilligung erteilt worden wäre, tritt rechtfertigende Wirkung ein. Denn der hypothetische Wille ist bei Handeln im Interesse des Rechtsgutträgers i.d.R. schon dann gegeben, wenn bei objektiver Abwägung die geschützten Interessen die beeinträchtigten eindeutig überwiegen (sog. GOA-Prinzip).

    • Der hypothetische Wille liegt bei Handeln im Eigeninteresse des Täters schon dann vor, wenn offensichtlich keine widerstreitenden Interessen des Rechtsgutträgers gegeben sind, da das betroffene Interesse minimal und daher nicht schutzwürdig ist (sog. Prinzip des mangelnden Interesses).

  4. kein Verstoß der Tat gegen die guten Sitten

    Der Rechtsgedanke des § 228 greift auch hier nur bei §§ 223 ff.

  5. Subjektives Rechtfertigungselement

    Absicht, im Sinne des Einwilligungsberechtigten zu handeln und gewissenhafte Prüfung der für den hypothtischen Willen bedeutsamen Umstände.

    Fehlt nur eine gewissenhafte Prüfung, liegen die objektiven Voraussetzungen der mutmaßlichen Einwilligung aber dennoch vor, so handelt der Täter gleichwohl gerechtfertigt. Nimmt der Täter nach unzureichender Prüfung objektiv nicht gegeben Voraussetzungen der mutmaßlichen Einwilligung an, so liegt ein Erlaubnistatbestandsirrtum vor.

D. Die hypothetische Einwilligung

Ob auch eine hypothetische Einwilligung in Betracht kommen kann ist umstritten. Als hypothetisch bezeichnet man eine Einwilligung dann, wenn feststeht, dass das Opfer im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung über die Umstände des jeweiligen Rechtsguteingriffs nachweislich eingewilligt hätte. Voraussetzung für eine hypothetische Einwilligung ist daher, dass

  • keine wirksam erkläre, ausdrückliche Einwilligung vorliegt und

  • eine Rechtfertigung nach den Regeln einer mutmaßlichen Einwilligung ausscheidet, da diese rechtzeitig einholbar gewesen wäre (also keine Indikationslage vorlag).

Beides ist vorab zu prüfen. Es folgen die nachfolgenden Punkte:

  1. Dispositionsbefugnis (s.o.)

  2. hypothtische Zustimmung

    Opfer hätte nachweislich im Falle eienr ordnungsgemäßen Aufklärung eine ausdrückliche Einwilligung abgegeben. Ist der Nachweis nicht mehr zu erbringen (z.B. Todeseintritt), greift nach Auffassung der Rspr. der Grundsatz “in dubio pro reo”.

  3. Wirkung?

    Ob die hypothetische Einwilligung rechtfertigend oder anderweitig strafbefreiend wirkt, bleibt jedoch umstritten.

    • Teil der Lit.: verneint die rechtfertigende Wirkung

      Argumente: Würde man im Nachhinein die Fiktion des Willens ohne Willensmangel zulassen, komme das einer Aufforderung an die Ärzte gleich, die vollständige Aufklärung zu unterlassen und sich später auf die hypothetische Einwilligung zu berufen. Zudem sei ex post nicht sicher zu klären, ob das Opfer wirklich in Kenntnis aller Umstände eingewilligt hätte. Dies sei dann eher wahrscheinlich, wenn die Behandlungsmaßnahme geglückt sei, hingegen unwahrscheinlich, wenn der Patient nicht mit dem Ergebnis der Behandlung einverstanden sei.

    • anderer Teil der Lit: eigenes Rechtsinstitut

      Nach anderer Auffassung der Lit. handelt es sich bei der hypothetischen Einwilligung um ein eigenständiges Rechtsinstitut, das strukturell der Berücksichtigung rechtmäßigen Alternativverhaltens entspreche. Bei Vorliegen fehel es am Pflichtwidrigkeitszusammenhang zwischen der Handlung und dem Taterfolg.

    • BGH: Heilung durch hypothetischen Willen

      Nach Auffassung des BGH wird ein infolge fehlerhafter Aufklärung vorhandener Willensmangel durch den hypothetischen Willen geheilt. Selbst im Zweifelsfall lässt der BGH unter Berufung auf den Grundsatz “in dubio pro reo” diese Ausnahme zur Unwirksamkeit der Einwilligung zu. Die Heilungswirkung beschränkt sich indes auf die konkret vorhandenen Willensmängel. Ist die Einwilligung aus anderen Gründen unwirksam, bleibt die Tat rechtswidrig.

    Argumente für die zweite und dritte Auffassung: Das eine hypothetische Einwilligung zulässig ist, zeigt sich insbesondere durch die Neuregelung in § 630 h II 2 BGB, wonach sich der Behandelnde darauf berufen kann, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

  4. subjektives Rechtfertigungselement

    Absicht, im Sinne des Einwilligungsberechtigten zu handeln und gewissenhafte Prüfung der für den hypothetischen Willen bedeutsamen Umstände.

Sonstige Rechtfertigungsgründe

A. Weitere Rechtfertigungsgründe zum Schutz des überwiegenden Interesses

I. Defensivnotstand, § 228 BGB

  1. Konfliktlage: von einer Sache droht Gefahr

  2. Eingriffshandlung: Beschädigung oder Zerstörung der Sache, von der die Gefahr ausgeht

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis (=sozialethische Schranken):

    • Erforderlichkeit, d.h., Eingriff muss geeignet und das relativ mildeste Mittel zur Gefahrenabwehr sein

    • Verursachter Schaden darf nicht außer Verhältnis zur abgewehrten Gefahr steheh; Aber: Kein wertmäßiges Überwiegen des bedrohten Rechtsgutes erforderlich

  4. Subjektives Rechtfertigungselement: Handeln in Kenntnis der Rechtsfertigungsumstände und zum Zwecke der Gefahrenabwehr (letzteres str.)

II. Aggressivnotstand, § 904 BGB

  1. Konfliktlage: gegenwärtige Gefahr droht

  2. Eingriffshandlung: Einwirkung auf eine fremde Sache, von der die Gefahr nicht ausgeht, d.h., die in keinerlei Beziehung zur Gefahrenquelle stehen muss

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis

    • Notwendigkeit, d.h., Eingriff muss geeignet und das relativ mildeste Mittel zur Gefahrenabwehr sein

    • der drohende Schaden muss im Verhältnis zum verletzten Rechtsgut unverhältnismäßig groß sein

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Handeln in Kenntnis der Rechtfertigungsumstände und zum Zwecke der Gefahrenabwehr (letzteres str.)

III. Selbsthilfe, § 229 BGB

  1. Konfliktlage

    • Bestehen eines Anspruchs (auch Auskunft aus § 242 BGB)

    • Gefahr der Vereitelung oder Erschwerung der Durchsetzung

    • Obrigkeitsstaatliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen

  2. Eingriffshandlung

    Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung von Sachen; Festnahme oder Beseitigung von Widerstand

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis: folgt aus § 230 BGB:

    • Erforderlichkeit zur Sicherung des Anspruchs (Abs. 1)

    • Im Falle der WEgnahme unverzügliche Beantragung des dinglichen (Abs. 2), im Fall der Festnahme des persönlichen Arrestes (Abs. 3)

    • Rückgabe der Sache bzw. Freilassung der Person, wenn Arrest verzögert oder erfolglos (Abs. 4)

    • Aus § 228 BGB folgt auch hier: Verhältnismäßigkeit

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Handeln in Kenntnis der Voraussetzungen und zum Zwecke der Selbsthilfe (letzteres str.)

IV. Besitzwehr/-kehr, § 859 II BGB

  1. Konfliktlage

    Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht

  2. Eingriffshandlung

    Verhinderung/ Beseitigung der Besitzstörung durch Gewalt (Besitzkehr = Rücknahme der Sache)

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis: bei Besitzkehr:

    • Störer muss auf frischer Tat betroffen sein (enger zeitlicher/räumlicher Zusammenhang zur verbotenen Eigenmacht)

    • Verhältnismäßige Ausübung

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Handeln in Kenntnis der Rechtfertigungslage zum Zwecke der Beseitigung der Besitzstörung (letzteres str.)

V. Züchtigungsrecht, §§ 1626, 1631 BGB (für Vormung § 1800 BGB)

  1. Konfliktlage

    Hinreichender Züchtigungsanlass, d.h.: Verhaltensweisen, denen aus erzieherischen Gründen entgegenzutreten ist

  2. Eingriffshandlung

    Züchtigungshandlung, insbes. in Form der Zurechtweisung

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis: Züchtigungshandlung muss zur Erreichung des Erziehungszweckes

    • geeignet und geboten sein

    • muss angemessen und darf nicht entwürdigend sein (vgl. § 1631 II BGB)

    • körperliche Züchtigung ist nach Neufassung von § 1631 II 2 BGB nach h.M. unzulässig, wenn der Grad einer Misshandlung erreicht wird

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Züchtigungshandlung muss vom Erziehungswillen beherrscht sein

VI. Festnahmerecht für jedermann, § 127 I 1 StPO

  1. Konfliktlage

    • Täter muss auf frischer Tat (str. ob dringender Tatverdacht reicht) betroffen oder verfolgt werden

    • Fluchtverdacht oder Identität nicht sofort feststellbar

  2. Eingriffshandlung

    Festnahme, d.h. Eingriff in Fortbewegungsfreiheit unter Anwendung der hierfür erforderlichen körperlichen Gewalt; Erforderlichenfalls dabei Eingriff in körperliche Unversehrtheit

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis

    Maßnahme muss jeweils geeigent, erforderlich und angemessen sein

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Handeln mit Festnahmewillen

VII. Rechtfertigende Pflichtenkollision

  1. Konfliktlage

    Mehrere gleichwertige Handlungspflichten kollidieren miteinander; kollidieren Handlungs- und Unterlassungspflichten liegt nach ganz h.M. ein Fall von § 34 vor da die Pflichtenkollision kein aktives Eingriffsrecht gewährt.

  2. Eingriffs”handlung”

    Unterlassen der Verteidigung (Rettung) eines Rechtsgutes zur Rettung des jeweils kollidierenden Rechtsgutes

  3. Begrenzung der Eingriffsbefugnis

    Täter muss die nach Güterabwägung (vgl. § 34) höherwertige Handlungspflicht oder eine von zwei gleichwertigen Pflichten erfüllen (h.L.; letzteres wird teilweise auch der Schuld zugeordnet)

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Gefahrenabwendungswille

B. Rechtfertigung bei hoheitlichem Handeln

I. Hoheitliches Handeln durch Amtsträger auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorschriften nach eigener Entschließung

spezieller strafrechtlicher Prüfungsmaßstab (sog. strafrechtlicher Rechtmäßigkeitsbegriff; h.M.)

Zu prüfen sind nur:

  1. Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsträgers

  2. Einhaltung der wesentlichen Verfahrensvorschriften (nicht nur reiner Ordnungsvorschriften) bzgl. des “Ob” und “Wie” der Maßnahme

  3. Eingriffsvoraussetzungen der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage (soweit nicht bereits unter 2 geprüft) und insbesondere pflichtgemäße Ermessensausübung, soweit Ermessensentscheidung

  4. Subjektives Rechtfertigungselement

    Wille, zum Zwecke der Amtsausübung tätig zu sein

Merke: Der Irrtum des Amtsträgers auf Tatsachenebene ist unschädlich und führt zur Rechtfertigung, wenn dieser den Sachverhalt vorher pflichtgemäß geprüft hat (h.M.). Irrt der Amtsträger hingegen über die rechtlichen Voraussetzungen seines Handelns, so ist er nicht gerechtfertigt (Das Recht hat der Amtsträger zu kennen!)

II. Hoheitliches Handeln durch Amtsträger auf der Grundlage dienstlicher Weisung

spezieller strafrechtlicher Prüfungsmaßstab (strafrechtlicher Rechtmäßigkeitsbegriff; s.o.):

  1. Die Weisung muss nach vorstehendem Schema rechtmäßig und der Anweisende zur Weisungserteilung befugt gewesen sein.

  2. Grds. ist weisungsgemäßes Verhalten rechtmäßig; Ausnahme: Der Angewiesene erkennt den Tatsachenirrtum des Anweisenden.

Anmerkung: Ist Weisung rechtswidrig, für den Untergebenen aber verbindlich, so kann sie rechtfertigenden Charakter haben. In zivilen Verhältnissen führt die Rechtswidrigkeit der Weisung grds. zur Rechtswidrigkeit der Durchführung.

Wichtige Entschuldigungsgründe

Entschuldigender Notstand, § 35

  1. Notstandslage

    • Gegenwärtige Gefahr (insoweit identisch mit § 34)

    • aber nur für die abschließend aufgeführten Rechtsgüter Leben, Leib und (nur Fortbewegungs)Freiheit (str., z.T. auch sexuelle Selbstbestimmungsfreiheit); (insgesamt Einschränkung zu § 34)

    • Nur eingeschränkter Personenkreis: Täter, Angehöriger oder nahestehende Person (wenn mit Täter in Hausgemeinschaft lebend oder in ähnlicher Weise wie ein Angehöriger verbunden; im Einzelnen str.)

  2. Notstandshandlung

    • Gefahr darf nicht anders abwendbar sein, d.h., Erforderlichkeit ist wie bei § 34 zu prüfen

    • aber grds. keine Güterabwägung wie bei § 35 erforderlich

    • dafür darf die Hinnahme der Gefahr dem Täter nicht zuzumuten sein (§ 35 I 2). Das ist z.B. in folgenden Frallgruppen zu erörtern:

      • weil Täter Gefahr pflichtwidrig selbst verursacht hat

      • weil ein besonderes Rechtsverhältnis den Täter zu Duldung verpflichtet (z.B. Polizei, Feuerwehr, etc.)

      • weil sonst Gefahrtragungspflichten (z.B. aus Garantenstellung) bestehen

      • oder weil Gefahr wegen Unverhältnismäßigkeit des durch den Eingriff drohenden Schadens hinzunehmen ist (hier fließen Güterabwägungsgedanken insoweit mit ein, als dass das verteidigte Rechtsgut nicht offensichtlich erheblich geringwertiger als das Eingriffsgut sein darf)

  3. Subjektives Entschuldigungselement

    • Täter muss unter dem Druck der Gefahr und zum Zwecke ihrer Abwendung (=Absicht) gehandelt haben (h.L.; Rspr. verlangt zusätzlich pflichtgemäße Prüfung etwaiger weiterer Abwedendungsmöglichkeiten). Kennt der Täter die entschuldigenden Tatsachen nicht, ist er aus vollendetem Delikt zu bestrafen.

    • Bei bloß irriger Annahme der Voraussetzunge des Notstandes greift die Irrtumsregel in § 35 II (ähnlich wie bei § 17, wo dem Täter die Unrechtseinsicht fehlen kann, wenn er sich für gerechtfertigt hält).

Übergesetzlicher entschuldigender Notstand

  1. Notstandslage

    Unmittelbare Lebensgefahr

  2. Notstandshandlung

    • Subsidiarität: Eingriff darf weder über § 34 gerechtfertigt, noch über § 35 entschuldigt sein; Hauptfälle: Abwehr einer Lebensgefahr für mehrere Personen unter Verletzung des Rechtsgutes “Leben” nur einer Person; aktuell: Flugzeugabschuss, wg. Flugzeug als Massenvernichtungswaffe

    • Erforderlichkeit als ultima ratio

    • Täter muss im Verhältnis zum angerichteten Schaden bei ethischer Gesamtbetrachtung erheblich schwereres Unheil verhindert haben (Merke: Hier ist eine Quantifizierung des Rechtsguts “Leben” ausnahmsweise zulässig.)

    • Unzumutbarkeit der Gefahr für die in Lebensgefahr befindlichen Personen (z.B. keine Duldungspflicht aus bes. Rechtsverhältnis; vgl. § 35 I 2)

  3. Subjektives Entschuldigungselement

    • Gewissenhafte Prüfung der Gefahrenlage (Rspr.) und

    • Handeln in Rettungsabsicht (letzteres reicht nach h.L. aus)

Notwehrexzess, § 33

  1. Affektlage

    • grds. muss eine Notwehrlage gem. § 32 bestehen (str.; z.T. wird es für ausreichend gehalten, wenn Angriff noch nicht (sog. Präventivnotwehr) oder nicht mehr (sog. extensiver Notwehrexzess) gegenwärtig ist)

    • es muss ein sog. asthenischer (defensiver) Affekt vorliegen = Verwirrung, Furcht, Schrecken

  2. Verteidigungswillen

    • Täter muss, wie bei § 32 auch, in Kenntnis der Konflitklage und zum Zwecke der Verteidigung gehandelt haben

    • h.M.: Auch wenn Täter Grenzen der Verteidigung “in Rage” bewusst überschreitet; keine Anwendbarkeit, wenn Täter planmäßig Auseinandersetzung herbeiführt und er dann später im astehnischen Affekt Notwehrlage überschreitet

Merke: Keine Entschuldigung im sog. Putativnotwehreczess, d.h., Täter nimmt irrig Notwehrlage an (soweit Erlaubnistatbestandsirrtum), deren Grenzen er dann überschreitet (str.; wie hier BGH, teilw. Lehre; Lösung dann über § 17 mgl.)

Aber: Nach aktueller Rspr. kann § 33 auch im Rahmen eines Erlaubnistatbestandsirrtums Anwendung finden. Nimmt der Täter Rechtfertigungsumstnde aus “Verwirrung, Furcht oder Schrecken” an, so befindet er sich zunächst im Erlaubnistatbestandsirrtum gem. § 16 I 1 analog (nach h.M.). War dieser Irrtum vermeidbar, so kommt dann aber eine Bestrafung aus Fahrlässigkeit (§ 16 I 2) in Betracht (z.B. § 222). In dessen Rahmen ist dann aber § 33 anwendbar!

Author

Ann-kathrin L.

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