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Verwaltungsrecht AT Wissen

AL
von Ann-kathrin L.

Allgemeines

Öffentlich-rechtliche Normen

A. Öffentlich-rechtliche Normen

Nach der heute ganz herrschenden Sonderrechtstheorie (auch: modifizierte Subjektstheorie) gehören Vorschriften zum öffentlichen Recht, wenn sie ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner spezifischen hoheitlichen Funktion berechtigen oder verpflichten, hingegen zum Privatrecht, wenn aus ihnen theoretisch “jedermann” berechtigt oder verpflichtet sein kann.

Nach der Subordinationstheorie (auch: Subjektstheorie) gehören Vorschriften zum öffentlichen Recht, wenn sie ein Über- und Unterordnungsverhältnis regeln, zum Privatrecht, wenn sie ein Gleichordnungsverhältnis regeln.

B. Zuordnung “ambivalenter Rechtsinstitute”

  1. Abwehransprüche (= Ansprüche auf Unterlassung, Störungsbeseitigung)

    Hier gilt der actus-contrarius-Gedanke: Die Rechtsnatur des Abwehranspruchs teilt die Rechtsnatur der störenden Handlung.

  2. Vertragliche und vertragsähnliche Ansprüche

    Hier gilt: Die Rechtsnatur des Anspruchs richtet sich nach der Rechtsnatur des Vertrages.

  3. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag

    Eine ör GoA liegt nach h.M. vor, wenn das Geschäft, hätte es der Geschäftsherr selbst vorgenommen, ör Natur gewesen wäre.

  4. Rückforderungsansprüche (z.B. Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung)

    Hier kommen entweder Ansprüche nach §§ 812 ff. BGB oder ör Erstattungsansprüche in Betracht. Auch hier gilt der actus-contrarius-Gedanke: Der Rückforderungsanspruch teilt die Rechtsnatur der Leistung.

VA-Befugnis

I. VA-Befugnis “I”: VA als zulässige Handlungsform (§ 35 VwVfG)

Ein Handeln durch VA ist nur zulässig, wenn es um hoheitliche Regelungen eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts geht.

II. VA-Befugnis “II”: Vorbehalt des Gesetzes für Handeln durch VA (z.B. § 49a I 2 VwVfG)

  • Beachte: Keine Erörterung bei typischen Maßnahmen der Eingriffsverwaltung!!! (insbes. Polizei- und Ordnungsrecht -> Befugnis der Behörde, durch VA zu handeln, gewohnheitsrechtlich anerkannt)

  1. Das Problem: Geltendbachung ör Zahlungsansprüche durch Leistungsbescheid

    Streitig, ob über die materielle Regelung der Zahlungspflicht hinaus eine ausdrückliche Ermächtigung zum Handeln durch VA erforderlich ist, wie dies z.B. in § 49a I 2 VwVfG geschehen ist. -> h.M.: Im Über-/ Unterordnungsverhältnissen ist die Behörde gewohnheitsrechtlich befugt Regelungen durch VA zu treffen.

  2. Sonderfall: Feststellende Verwaltungsakte

    Feststellende Verwaltungsakte bedürfen jedenfall dann einer gesetzlichen Grundlage, “wenn ihr Inhalt etwas als Rechtens feststellt, was der Betroffene erklärtermaßen für nicht Rechtens hält”. Soweit man eine Ermächtigungsgrundlage auch bei feststellenden VAen fordert, muss diese die VA-Befugnis nicht ausdrücklich regeln, vielmehr genügt es, dass die VA-Befugnis im Wege der Auslegung ermittelt werden kann.

Überblick über die VwGO

  • die VwGO regelt in erster Linie das gerichtliche Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit

  • außerdem enthält die VwGO in den §§ 68-73 Regelungen zum behördlichen Widerspruchsverfahren (Vorverfahren), die gem. § 79 VwVfG Anwendungsvorrang vor den Vorschriften des VwVfG haben

Klagebefugnis, § 42 II VwGO

  • Ausschluss von Polularklagen

  • Ausschluss bloßer Interessenklagen

I. Rechtswidrigkeit in der Zulässigkeitsprüfung

  • Rechtswidrigkeit des VA oder seiner Ablehnung/ Unterlassung wird unterstellt!

  • Geltendmachung einer Rechtsverletzung

II. Prüfungsgang: Ausgangspunkt - Möglichkeitstheorie:

Nach seinem Wortlaut fordert § 42 II VwGO nur die Geltendmachung einer Rechtsverletzung. Unstreitig reicht die bloße Behauptung des Klägers, in seinen Rechten verletzt zu sein, nicht aus. Vielmehr muss sich aus dem Vortrag des Klägers (bzw. dem mitgeteilten Sachverhalt) die Möglichkeit der Rechtsverletzung bzw. die Möglichkeit eines Anspruchs ergeben (“Möglichkeitstheorie”).

Die Anforderungen des BVerwG sind gering. Danach fehlt die Klagebefugnis nur dann, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise das vom Kläger behauptete Recht (überhaupt) bestehen oder dem Kläger zustehen kann.

  1. “Schnelltest”: Möglichkeit der Verletzung von Art. 2 I GG (Adressatentheorie)

    Ist der Kläger Adressat eines ihne belastenden VA, so besteht zumindest die Möglichkeit, dass er in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG verletzt ist (“Adressatentheorie”). Grund: Art. 2 I GG schützt vor allen Belastungen, es sei denn, sie werden rechtmäßig auferlegt. Die Mglk. der Verletzung von Art. 2 I GG ergibt sich daraus, dass i.R.d. Prüfung des § 42 II VwGO die RW des VA unterstellt wird. Dogmatisch ist das sofortige Abstellen auf Art. 2 I GG nicht korrekt: (1) an sich müsste zuvor untersucht werden, ob sich ein AbwehrR des Klägers nicht aus Sonderbeziehungen oder einfach-gesetzlichen Vorschriften ergibt. (2) Kommen nur Grundrechte in Betracht, müssten spezielle FreiheitsR vorrangig vor Art. 2 I GG geprüft werden. Wegen der bloßen Filterfunktion des § 42 II VwGO wird über diese dogmatischen Einwände allgemein hinweg gesehen.

    Wichtige Klausurhinweise zur Prüfung der Klagebefugnis:

    a) Erforderlich ist die Benennung eines Rechts unter Angabe des Art./ §. Das Wort “Adressatentheorie” ist weder erforderlich noch allein ausreichend: Vielmehr ist zwingend Art. 2 I GG anzugeben.

    b) Adressatentheorie: “Check” zur Vermeidung von Anwedungsfehlern:

    1. Ist der Kläger wirklich (Regelungs-)Adressat des angefochtenen VA?

      (-), wenn ein Dritter Adressat ist. Beachte: Die bloße Zustellung eines einen Dritten betreffenden VA begründet keine “Adressatenstellung”;

      (-), wenn ein dinglicher VA (§ 35 S. 2 Var. 2 VwVfG) vorliegt.

    2. Liegt ein belastender VA i.S.v. Art. 2 I GG vor?

      Beachte: Der bloße Ablehnungsbescheid ist niemals ein belastender VA i.S.v. Art. 2 I GG!

    3. Ist der Kläger (ggf. über Art. 19 III GG) grundrechtsfähig bzgl. Art. 2 I GG?

      (-), insbes. juristische Personen des öffR. Ausnahme: Kirchen, Universitäten bzgl. Art. 5 III GG und ör Rundfunkanstalten für Art. 5 I GG.

    c) Spezielle Freiheitsrechte sind vorranging anzugeben; bei Anwendungszweifeln kann man ergänzen “ansonsten zumindest Art. 2 I GG”

  2. “Tiefenprüfung”: Möglichkeit der Verletzung anderer subjektiver Rechte

    Ist der Kläger nicht Adressat des VA, bedarf die Mglk. der Rechtsverletzung näherer Darlegung. Eine solche vertiefte Prüfung ist in folgenden Fallkonstellationen erforderlich:

    • Dritt-Anfechtung: Klage gegen einen (den Adressaten) begünstigenden VA oder einen (den Adressaten) belastenden VA

    • Anfechtung eines dinglichen VA: z.B. Widmung oder (Um-)Benennung einer Straße

    • Verpflichtung zum Erlass eines VA an den Adressaten

    • Dritt-Verpflichtung: Klage auf Erlass eines (den Adressaten) belastenden VA oder eines (den Adressaten) begünstigenden VA

Richtiger Klagegegner, § 78 VwGO

§ 78 VwGO: § 78 WvGO regelt nach h.M. lediglich die prozessuale Frage, ob eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gegen den Rechtsträger (= die juristische Person) oder (unüblich) gegen die für ihn handelnde Behörde zu richten ist.

Prüfungsgang:

I. Ist § 78 VwGO überhaupt anwendbar?

  1. nach Wortlaut nur bei Anfechtung- und Verpflcihtungsklagen

    -> also grds. nicht bei Leistungs- oder Feststellungsklagen; diese Klagen sind nach allg. Prozessgrundsätzen gegen den Rechtsträger (und nicht gg. dessen Behörde) zu richten

  2. analog bei vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit VA-BEzug

    z.B. §§ 80 V, 80a, 123 VwGO (sofern in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage zu erheben ist)

  3. gut vertretbar: analog bei sonstigen VA-Klagen

    z.B. § 43 I Var. 2 VwGO (Nichtigkeitsfeststellungsklage), vorbeugende Unterlassungs- oder vorbeugende Feststellungsklage gg. den drohenden Erlass eines VA

II. Ist § 78 I Nr. 2 VwGO anwendbar?

  1. (-), wenn es sich um Maßnahmen einer Bundesbehörde handelt, denn das Land kann nicht bestimmen, wie der Bund zu verklagen ist.

  2. in Berlin (-), weil Berlin von der Ermächtigung in § 78 I Nr. 2 VwGO (im AG VwGO) keinen Gebrauch gemacht hat. Damit gilt in Berlin das Rechtsträgerprinzip.

III. Benennen des richtigen Klageggners nach § 78 I Nr. 1 VwGO - Formulierungsvorschlag:

Der richtige Klagegner bestimmt sich - bei Landesbehörden ergänzen: in Ermangelung einer abweichenden landesrechtlichen Regelung - nach § 78 I Nr. 1 VwGO. Danach ist die Klage gegen den Rechtsträger der Behörde zu richten, die den VA erlassen hat (alternativ: den beantragten VA unterlassen hat).

Das ist hier…

wenn eine Bundesbehörde gehandelt hat -> der Bund

wenn eine Senatverwaltung, die Polizei (der Polizeipräsident in Berlin), die Berliner Feuerwehr oder ein Bezirksamt handelt -> das Land

(Sonderfall:) wenn ein Beliehener handelt - unabhängig von seiner Rechtsnatur - -> der Beliehen selbst

Sonderregelung: Bei isolierter Anfechtung nur des Widerspruchsbescheids

ist richtiger Klagegner der Rechtsträger der Widerspruchsbehörde. Das folgt für den Fall der isolierten Anfechtung

wegen erstmaliger Beschwer aus § 78 II i.V.m. § 78 I Nr. 1 VwGO

zusätzlicher selbstständiger Beschwer aus § 79 II 3 i.V.m. § 78 II i.V.m. § 78 I Nr. 1 VwGO

Beteiligte am Verfahren, § 63 VwGO

Beteiligtenfähigkeit, § 61 VwGO

Prozessfähigkeit, § 62 VwGO

  • § 63 VwGO regelt, welche “Rollen” im VerwProzess zu vergeben sind

  • Die VwGO spricht von Beteiligten statt von Parteien

  • Folgen der Beteiligtenstellung: Bindung an rechtskräftige Entscheidung, § 121 VwGO; im Prozess keine Zeugenstellung mgl.

Beteiligtenfähigkeit, § 61 VwGO (Anknüpfungspunkt: Rechtsfähigkeit)

regelt das teilnehmen “können”

I. § 61 Nr. 1 VwGO: Beteiligtenfähigkeit wegen Voll-Rechtsfähigkeit

  1. Natürliche Personen

  2. juristische Personen (und prozessual gleichgestellte Vereinigungen wie OHG, KG, Bundes- und Landesverband einer Partei)

II. § 61 Nr. 2 VwGO: Beteiligtenfähigkeit wegen Teil-Rechtsfähigkeit

  1. Vereinigungen (nur bei Mindestmaß an innerer Organisation und Dauerhaftigkeit)

  2. soweit ihnen ein Recht zustehen kann (das Recht im Hinblick auf den konkreten Verfahrengegenstand)

III. § 61 Nr. 3 VwGO: Beteiligtenfähigkeit von Behörden kraft Landesrecht (nur relevant für Brandenburg)

Prozessfähigkeit, § 62 VwGO (Anknüpfungspunkt: Geschäfts- bzw. Handlungsfähigkeit

muss sich ein Beteiligter durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten lassen (insbes. bei Minderjährigen oder jur. Personen/ Behörden)

I. § 62 I Nr. 1 VwGO: (Uneingeschränkt) Geschäftsfähige handeln selbst

II. § 62 I Nr. 2 VwGO: (Beschränkt) Geschäftsfähige handeln in den Grenzen ihrer Geschäftsfähigkeit selbst

III. § 62 III VwGO: Vereinigungen/ Behörden -> gesetzlicher Vertreter/ Vorstände/ sonstige Beauftragte

Die Bundesrepublik und die Länder werden i.d.R. (aufgrund der Organstellung) durch die sachlich zuständige Behörde, andernfalls (aufgrund des Ressortprinzips, z.B. Art. 65 GG) durch den zuständigen Minister (Senator) vertreten.

Begriff des VA

Beurteilungskriterien für das Vorliegen eines VA

  1. Materieller VA (=Maßnahme, die inhaltlich alle Voraussetzungen des § 35 VwVfG erfüllt)

  2. Nur formeller VA (=”Form-VA”( “VA kraft Form”)

    • Maßnahme (1) einer Behörde (2) mit Regelungsgehalt,die (3) in der Form eines VA erlassen wurde. (Bsp. Kündigung eines Mietvertrages)

    • VA durch Widerspruchsbescheid wg. § 79 I Nr. 1 VwGO

      Die hRspr., nimmt wg. § 79 I Nr. 1 VwGO an, dass eine Maßnahme, die zunächst keinen VA darstellte, durch Erlass eines sachl. Widerspruchsbescheides (=Zurückweisung des Widerspruchs nicht als unzulässig, sondern als unbegründet) zu einem formellen VA werden kann.

      a) Prozessual ist der (nur) fomelle VA aus Rechtsschutzgründen (Art. 19 IV GG) wie ein “echter” VA zu behandeln; er kann also z.B. mit der Anfechtungsklage angegriffen werden.

      b) Rechtmäßigkeit: Der (nur) formelle VA ist in aller Regel wg. Formenmissbrauchs (Verstoß gg. § 35 VwVfG) rechtswidrig und ohne weitere Sachprüfung aufzuheben. Prüfungsstandort -> VA-Befugnis

      c) Der (nur) formelle VA verfgt nicht über die VA-typischen Funktionen (= keine Bestandskraftfähigkeit, Vollstreckbarkeit), weil diese nicht von der Form, sondern vom materiellen Gehalt der Maßnahme abhängig sind.

  3. Schein-VA (=”Nicht-VA”)

    Maßnahme, die (1) nicht von einer Behörde stammt, aber (2) den Anschein einer behördlichen Maßnahme erweckt.

    Ein Schein-VA wird weder prozessual noch materiell wie ein VA, sondern als Nicht-Akt behandelt.

    Grund: Ein VA liegt nur vor, wenn die Maßnahme einer Behörde zugerechnet werden kann, § 35, 1 IV VwVfG. Über das Fehlen dieses TBM kann auch die Form nicht hinweghelfen.

Doppelnatur von Maßnahme - relativer VA?

Fraglich ist, ob ein und dieselbe Maßnahme ggü. dem Adressaten ein VA, im Verhältnis zu Dritten aber kein VA sein kann also Doppelnatur haben kann. Diskutiert wird diese Frage v.a. zur Lösung der folgenden 2 Problemfälle:

  1. Maßnahmen im Rechtssetzungsverfahren.

    z.B. Genehmigung einer gemeindlichen Satzung durch die Aufsichtsbehörde -> ggü. Gemeinde ein VA --> ggü. Bürger kein VA (Ausschluss der Anfechtungsklage)

  2. Weisungsfälle

    z.B. Weisung der Aufsichtsbehörde ggü. der Gemeinde kann im Einzelfall VA sein; ggü. Bürger keine Regelung mit Außenwirkung, daher kein VA

Voraussetzungen des § 35 VwVfG

  • hoheitliche Maßnahme (besser bei Regelung prüfen)

  1. (Maßnahme einer) Behörde

  2. auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts

  3. zur (hoheitlichen) Regelung

    Faustformel: verbindliche Rechtsfolge - einseitig - abschließend

  4. eines Einzelfalls

    a) Normalfall

    b) Sonderfall: Allgemeinverfügung i.S.v. § 35 S. 2 VwVfG

    1. adressatenbezogene Allgemeinverfügung (Alt. 1)

    2. dinglicher VA (Alt. 2)

    3. Benutzungsregelung (Alt. 3)

  5. mit Außenwirkung (=typischer Weise auf Außenwirkung gerichtet)

    a) Maßnahmen im Sonderrechtsverhältnis (Beamten-/ Schulverhältnis)

    b) Anordnungen zwischen Verwaltungsträgern

    c) Mehrstufiger VA (Rechtsnatur der Mitwirkungshandlung anderer Behörden)

    d) Organisationsakte

hoheitliche Maßnahme:

  • dem TBM “Maßnahme” kommt keine eigenständige Bedeutung zu

  • ob das TBG “hoheitlich” neben dem TBM “Behörde” oder “auf dem Gebiet des öR” eine eigenständige Bedeutung hat, ist str.. Die h.M. bejaht dies zutreffender Weise: Durch das TBM “hoheitlich” wird das Merkmal der Einseitigkeit der Maßnahme betont.

Behörde:

  • Behörde im organisationsrechtlichen Sinn ist das Organ eines Verwaltungsträgers

  • Im Anwendugsbereich des VwVfG ist gem. § 1 VwVfG eine Behörde jede Stelle, die Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt. Es kommt also nicht auf die Organisationsform, sondern auf die konkret wahrgenommene Aufgabe an (funktionaler Behördenbegriff). Behörde i.S.d. VwVfG sind daher auch:

    • der Rechtsträger selbst (Bund/ Länder/ Gemeinde)

    • Verwaltungsstellen, die i.d.R. nicht für den Rechtsträger nach außen handeln, z.B. Gemeinderat, Bezirksverordnetenversammlung

    • Organe der Legislative und der Judikative, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen

    • Beliehene (NICHT: Private!)

auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts:

  • Grundlage für das Handeln müssen ör Vorschriften sein

zur hoheitlichen Geltung:

Faustregel: verbindlich, einseitig, abschließend

  • Maßnahme bezweck die unmittelbare Herbeiführung einer verbindlichen Rechtsfolge -> Regelung (Abgrenzung zu schlichtem Verwaltungshandeln)

  • hoheitlich = Maßnahme muss einseitig kraft hoheitlicher Gewalt im Über-/ Unterordnungsverhältnis ergehen

  • grds. abschließend, das sind auch

    • Vorabteilregelung (z.B. Teilgenehmigung)

    • vorläufige Regelung unter dem Vorbehalt der endgültigen Entscheidung (vorläufiger VA)

eines Einzelfalls:

  • Abgrenzung zur Rechtsnorm

  • Dabei hat die Form Vorrang, sofern sie eindeutig ist

Sonderfall: Allgemeinverfügung, § 35 S. 2 VwVfG:

  • Var. 1 Allgemeinverfügung (ieS): Regelung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis

    • Verbote an Gruppen z.B. Teilnehmer einer Demonstration

  • Var. 2 dinglicher VA: Regelung der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft einer Sache

    • Widmung/ Entwidmung

    • Straßenbenennung

  • Var. 3 Benutzungsregelung: Regelung der Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit

    • Verkehrszeichen (Gebots-/ Verbotsschilder, nicht bloße Hinweiszeichen)

    • Benutzungsregelungen bei öffentlichen Einrichtungen (häufiger aber Regelung durch Satzung)

  • Verfahrenrechtliche Besonderheiten bei der Allgemeinverfügung:

    • Anhörung entbehrlich gem. § 28 II Nr. 4 VwVfG

    • Begründung entbehrlich, wenn die Allgemeinverfügung, öffentlich bekannt gegeben wird, § 39 II Nr. 5 VwVfG

    • ggf. öffentliche Bekanntgabe (§ 41 III, IV VwVfG) mit 2-Wochen-Fiktion (§ 41 IV 3 VwVfG)

    • Problematisch ist, in welchem Umfang Rechtsbehelfe gegen Allgemeinverfügungen wirken (aufschiebende Wirkung und Aufhebung zugunsten aller oder nur zugunsten des Rechtsbehelfsführers = “inter partes”?). Als Regel gilt: nur “inter partes” - anders bei Unteilbarkeit der Regelung, wie z.B. bei Verkehrsschildern.

auf Außenwirkung gerichtet:

  • Es muss bezweckt sein, dass die Rechtsfolgen ggü. außerhalb der Verwaltung stehenden Personen eintreten. Entscheidend ist ex-ante-Sicht; eine (atypische) Rechtsverletzung im Einzelfall verändert (aus Gründen der Rechtssicherheit) die Rechtnatur der Maßnahme nicht.

  1. Maßnahmen im Sonderrechtsverhältnis

    • Außenwirkung (+): Es ist die Regelung der persönlichen Rechtsstellung bezweckt (Statusakt) (z.B. Ernennung, Versetzung, Urlaub, etc.)

    • Außenwirkung (-): Adressat soll nur als “Glied der Verwaltung” betroffen werden (Organisationsregelung, Organisationsakt) (Bsp. Aufgabenbereichsänderung, Weisung, Stellen einer Klassenarbeit).

  2. Anordnungen zwischen verschiedenen Veraltungsträgern

    • Außenwirkung (+): wenn ein Adressat der Anordnung in seinem Status als selbstständiger Verwaltungsträger (=Körperschaft, Anstalt, Stiftung) betroffen ist (z.B. Anordungen i.R.d. allgemeinen Kommunalaufsicht).

    • Außenwirkung (-): Anordnungen im Verhältnis zwischen vorgesetzter und nachgeordneter Behörde.

  3. Mehrstufiger VA (2. Problem)

    • Außenwirkung (+):

      • Ist die Mitwirkungsbehörd die selbstständige und ausschließl. Prüfung best. Gesichtspunkte ggü. dem Bürger übertragen (Teilregelungsbefugnis)

      • (+), wenn Mitwirkungsbehörde andere Umstände (§§) prüft als Erlassbehörde (sog. inkongruente Prüfung)

    • Außenwirkung (-): Mitwirkungshandlung erfolgt nicht ggü. dem Bürger, sondern nur ggü. der Erlassbehörde. Ein solcher interner Mitwirkungsakt, liegt regelmäßig vor, wenn die Mitwirkungsbehörde keine anderen Aspekte (§§) prüft, als die Erlassbehörde (sog. kongruente Prüfung)

  4. Organisationsakte

    • Außenwirkung (+):

      • Änderung der organisatorischen Grundstruktur der Verwaltung

      • organisatorische Maßnahmen, die einen Grundrechtseingriff order einen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht darstellen.

      • Beleihung

    • Außenwirkung (-):

      • schlichte Organisationsakte (z.B. Schließung einer Schulklasse)

Bekanntgabe und Zustellung

= Eröffnung des Verwaltungsaktes mit Wissen und Wollen der Behörde

A. Formlose Bekanntgabe, § 41 I-IV VwVfG

I. Individuelle Bekanntgabe

  • grds. formfrei: schriftl. oder elektronisch, § 41 II VwVfG; mdl.; auf andere Weise

  • Zugang bzw. Mglk. der Kenntnisnahme durch den Betroffenen

  • Handlungsfähigkeit des Empfänders (bei Minderjährigen: Bekanntgabe an Vertreter erforderlich)

II. Öffentliche Bekanntgabe, § 41 III, IV VwVfG

  • Zulässig, wenn durch Rechtsnorm zugelassen; bei Allgemeinverfügungen, § 35 S. 2 VwVfG, wenn Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich.

  • Sonderregelung für Verkehrsverbote/- gebote durch Verkehrszeichen (VZ). Verkehrsverbote/ -gebote werden durch Aufstellen des VZ öffentlich bekannt gegeben (vgl. § 45 StVO, der § 41 VwVfG verdrängt). Danach entfaltet ein VZ (für alle) seine äußere und innere Wirksamkeit, wenn es so aufgestellt ist, dass es (irgend-) ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer (VT), bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann (Sichtbarkeitsprinzip). Unerheblich ist, ob der einzelne VT das VZ tatsächlich wahrnimmt bzw. wahrnehmen kann (z.B. bei einem nachträglich aufgestellten Verkehrsschild).

    Aber: Wegen Art. 19 IV 1 GG beginnt jedoch die wegen § 58 II VwGO regelmäßig einjährige Frist zur Anfechtung für einen VT erst dann zu laufen, wenn er zum ersten Mal auf das VZ trifft. Andererseits wird die Frist nicht erneut ausgelöst, wenn er sich dem VZ später ein weiteres Mal gegenübersieht.

B. Förmliche Zustellung, § 41 V VwVfG, LZG, VwZG

  • Rechtsgrundlagen:

    • für Ausgangsverwaltungsakte von Bundesbehörden sowie für alle Widerspruchsbescheide: VwZG (Bund)

    • für Ausgangsverwaltungsakte von Landesbehörden: Landeszustellungsrecht. § 7 VwVfGBln verweist auf das VwZG (Bund).

  • Zustellung ist die Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Dokuments in der im VwZG bestimmten Form, § 2 I VwZG.

  • Eine Zustellung ist erforderlich, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist.

    z.B. § 73 III 2 VwGO für Widerspruchsbescheid; § 13 VII VwVfG für die Androhung von Zwangsmitteln

  • Auch bei freiwilliger Zustellung (Ermessen) muss die Behörde die Zustellungsvorschriften einhalten.

I. Zustellungsmöglichkeiten, §§ 3-5 VwZG

  1. durch Postdienst

    • Postzustellungsurkunde (PZU), § 3 VwZG. Ersatzzustellung gem. §§ 178 ff. ZPO.

    • Übergabe-Einschreiben und Einschreiben mit Rückschein, § 4 VwZG.

      -> mangels Aushändigung nicht ausreichend: Einwurf-Einschreiben

  2. durch die Behörde

    • an Private, § 5 I, II, III, V VwZG

    • an Rechtsanswälte usw., § 5 IV VwZG: Zustellung mit einfacher Post gegen Empfangsbekenntnis (“EB”), auf elektronischem Weg oder auf andere Weise (z.B. per Telefax).

II. Besondere Vorschriften

  • Zustellung an gesetzliche Vertreter, § 6 VwZG

  • Zustellung an Bevollmächtigte, § 7 VwZG, zwingend bei schriftlicher Vollmacht, § 7 I 2 VwZG

  • Heilung von Zustellungsmängeln, § 8 VwZG

III. Sonderarten der Zustellung

  • Ausland § 9 VwZG

  • öffentlich § 10 VwZG

Ermessen/ Ermessenfehler

Ermessen kann sich auf unterschiedliche Punkte beziehen, z.B. ob die Behörde (Entschließungsermessen), wie (mit welchen Mitteln) sie (Auswahlermessen) und gegen wen sie einschreiten will (auch: Auswahlermessen).

A. Wann ist der Behörde Ermessen eingeräumt?

  1. ausdrücklich in der konkreten EGL (“nach pflichtgemäßem Ermessen”) oder in einer allgemeinen Bestimmung z.B. Berlin: § 12 I ASOG.

  2. Durch die Formulierungen “kann”, “darf”, “ist befugt”

  3. Ob i.Ü. Ermessen eingeräumt ist, ergibt sich durch eine Gegenüberstellung zur gebundenen Entscheidung. Eine gebundene Entscheidung kann nur vorliegen, soweit das Gesetz vorschreibt, wann und wie genau zu handeln ist. Fehlt es (ganz oder teilweise) an solchen konkreten Vorgaben, steht die Entscheidung (insoweit) im Ermessen.

B. Ermessensfehler

Steht die Entscheidung im Ermessen, so gilt für die Behörde § 40 VwVfG, für das VG § 114 VwGO. Aus § 114 S. 1 VwGO folgt, dass das VG darauf beschränkt ist, die Entscheidung der Behörde auf Ermessensfehler hin zu kontrollieren. Insbesondere darf das VG sein Ermessen nicht an die Stelle des Eremssens der Behörde setzen. Aus § 40 VwVfG und § 114 VwGO ergeben sie 3 Arten von Ermessensfehlern:

  1. Ermessensnichtgebrauch bzw. Ermessensunterschreitung

    Gar keine oder nicht vollständige Ermessensausübung (nur anzunehmen bei belastbaren Angaben im Sachverhalt)

    • Behörde hat überhaupt verkannt, dass ihr Ermessen zusteht; sie hat

      • sich irrtümlich für gebunden gehalten

      • nach Verwaltungsvorschriften gehandelt und verkannt, dass ein atypischer Fall vorliegt

    • Rechtsirrtum. Die Behörde hat das Ermessen nicht ausgeübt, weil sie

      • schon das Vorliegen der Voraussetzungen verneint hat

      • oder sonst einen anderen rechtlichen Ansatz gehabt hat

    • Tatsachendefizit. Behörde hat nicht alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt (Tatsachenermittlung unvollständig bzw. fehlerhaft).

  2. Ermessensfehlgebrauch (“sachfremde Erwägungen”)

    Ermessen nicht entsprechend dem Zweck der Rechtsgrundlage ausgeübt (nur anzunhemen bei belastbaren Angaben im Sachverhalt). Das ist der Fall

    • bei völlig sachfremden Erwägungen

    • bei zwar plausiblen, aber vom Gesetzeszweck nicht gedeckten Gründen (z.B. fiskalische Erwägungen bei einer Ordnungsverfügung)

  3. Ermessensüberschreitung

    Grenzen des Ermessens überschritten (stets mögliche inhaltliche Ergebniskontrolle). Unterschieden werden

    1. innere Ermessensgrenzen; sie folgen aus der Rechtsgrundlage selbst und sind überschritten, wenn die Behörde eine von der Rechtsgrundlage nicht gedeckte, also falsche Rechtsfolge gewählt hat.

    2. äußere Ermessensgrenzen; sie werden durch die gesamte Rechtsordnung gesetzt und durch jeden Rechtsverstoß überschritten. Beachten Sie die “verschatelte” Prüfung. Relevant sind insbesondere Verstöße gegen

      • Verfassungsrecht

      • Grundrechte

        • ungerechtfertigter Eingriff in ein Freiheitsrecht? (insbesondere: Grundsatz der Verhältnismäßigkeit)

        • Verstoß gegen Art. 3 I GG?

      • Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (unabhängig von einem Eingriff in Freiheitsrechte kraft einfachen Rechts oder als Verfassungsprinzip, Art. 20 III GG - Rechtsstaatsprinzip).

C. Ermessensreduzierung/ intendiertes Ermessen

  1. Ermessensreduzierung auf 0

    Der Behörde ist zwar abstrakt Ermessen eingeräumt, aufgrund von Umständen des Einzelfalls ist das Ermessen aber dahingehend reduziert, dass nur eine Entscheidung ergehen kann; es liegt praktisch eine gebundene Entscheidung vor. Deswegen spielen etwaige Ermessensfehler, insbes. Ermessensnichtsgebracuht, keine Rolle, wenn die Behörde die im Ergebnis richtige Entscheidung getroffen hat.

  2. Intendiertes Ermessen (gelenktes Ermessen)

    1. Ist eine Frage der Normauslegung, nicht des Einzelfalls. Vom intendierten Ermessen spricht man, wenn die Richtung der Ermessensbetätigung vom Gesetz vorgegeben ist und von der vorgesehenen Rechtsfolge nur ausnahmsweise abgesehen werden darf.

    2. Das intendierte Ermessen wird insbes. dann relevant, wenn (nach dem Sachverhalt positiv) feststeht, dass der VA keine Begründung der Ermessenserwägungen enthält.

      Insoweit könnte ein bloß formeller Verstoß gegen § 39 I 3 VwVfG vorliegen (die Behörde hat ihr Ermessen zwar ausgeübt, ihre Erwägungen aber nicht mitgeteilt) oder ein materieller Fehler in Form des Ermessensnichtgebrauchs. Ist das Ermessen aber intendiert, so muss die Behörde Ermessenserwägungen nur dann anstellen und mitteilen, wenn Besonderheiten vorliegen, die geeignet sind, die intendierte Rechtsfolge ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Andernsfalls führt das Fehlen von Ermessenserwägungen im VA nicht zu dessen Rechtswidrigkeit.

D. Mehrere Ermessenserwägungen

Hat die Behörde ihre Entscheidung auf mehrere Gründe gestützt und erweist sich einer dieser Gründe als fehlerhaft, so ist zunächst die Argumentation der Behörde zu untersuchen: Sollen nur die Gründe in ihrer Gesamtheit die Entscheidung tragen und ist einer der angegebenen Gründe fehlerhaft, so ist die Entscheidung schon nach der eigenen Argumentation der Behörde nicht mehr tragfähig und ermessensfehlerhaft. Reicht nach der Argumentation der Behörde jeder einzelne Grund alleine aus, so ist es unschädlich, wenn nur einer der Gründe fehlerhaft ist.

E. Wichtiger Klausurhinweis zur Überprüfung von Ermessensentscheidungen

Aus § 114 VwGO folgt, dass das VG nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen darf. Bei der Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, die im Ermessen stehen, ist sorgfältig darauf zu achten, ob die Behörde die EGL und eine Begründung für ihre Entscheidung angegeben hat. Das VG darf dann grds. nur prüfen, ob die behördliche Entscheidung auf Basis dieser EGL und dieser Begründung fehlerfrei ist. Mit anderen Erwägungen darf das VG die Entscheidung grds. nicht rechtferitgen (Ausnahme: die vom Gericht herangezogenen EGL sieht eine gebundene Entscheidung vor oder die Ermessenserwägungen bleiben im Kern unverändert).

Grundsatz vom Vorbehalt eines Gesetzes

V. Grundsatz vom Parlamentsvorbehalt

Das Problem:

Dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes ist bereits dann Genüge getan, wenn sich eine Maßnahme der Verwaltung auf ein Parlamentsgesetz zurückführen lässt. -> 2. Schwachstellen:

Zum einen kann ein Parlamentsgesetz etwa auf der Voraussetzungsseite auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale enthalten und/ oder auf der Rechtsfolgenseite keine konkrete, sondern eine nur allgemein gehaltene Rechtsfolgenanordnung treffen (z.B. Generalklausel der Polizei)

Zum anderen kann der Gesetzgeber auch gleichsam “ganz offiziell” Regelungs- und Entscheidungsbefugnisse durch entsprechende Ermächtigungen zum Erlass von Verordnungen oder Satzungen auf die Verwaltung übertragen, ohne dabei gg. den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen.

Die Lösung:

Bei besonders wesentlichen Maßnahmen wirdder Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes umd den Grundsatz vom Parlamentsvorbehalt ergänzt, der gleichsam als 2. Stufe (über das formale Gebot der Rückführbarkeit der Maßnahme auf ein Parlamentsgesetz hinaus) zwei inhaltlich Anforderungen an die Regelungsdichte im Parlamentsgesetz stellt:

  1. Das Parlamentsgesetz muss die konkrete Eingriffsmaßnahme ausdrücklich als mögliche Rechtsfolge benennen. Das zwingt den Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die Verwaltung tatsächlich dazu ermächtigen will, eine solche Maßnahme anzuwenden.

  2. Das Parlamentsgesetz muss zudem die Eingriffsvoraussetzungen um so konkreter und bestimmter regeln, je schwerer sich der Eingriff auswirkt.

Bsp. Standardermächtigungen im ASOG

VI. Folgen eines Verstoßes

Fehlt die erforderliche gesetzliche Grundlage ganz oder ist sie nicht ausreichend, so ist die Verwaltungsmaßnahme grundsätzlich rechtswidrig.

Ausnahmsweise ist der Zustand dennoch für eine Übergangsfrist hinzunehmen, um einen Zustand zu vermeiden, der der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als der bisherige Zustand. Die bisherige Regelung bleibt als übergangsweise unter folgenden Voraussetzungen als Übergangsrecht bestehen:

  1. Das Erfordernis eienr (ggf. neuen) gesetzlichen Regelung ist Folge eines geänderten Verfassungsverständnisses

  2. Der Gesetzgeber konnte (so schnell) noch kein Gesetz erlassen (Faustregel: Eine volle Legislaturperiode)

  3. Ohne Anwendung der bisherigen Regelung als Übergangsrecht entsteht “Chaos”

  4. Das Übergangsrecht muss im Übrigen verfassungsgemäß sein

VII. Gesetzesvorbehalt bei den Grundrechten

Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes dient dem Schutz des Bürgers, indem er Eingriffe der Verwaltung nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung zulässt. Davon zu unterscheiden sind die den Grundrechten beigefügten Gesetzesvorbehalte. Sie sind für den Bürger zunächst einmal “negativ”, weil sie dem Gesetzgeber eine Beschränkung der Grundrechte ermöglichen. Sie berühren sich allerdings mit dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes insoweit, als Grundrechtseingriffe eben nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen dürfen.

Ist das Verwaltungsgericht dazu berechtigt, die von der Behörde angegebene Ermächtigungsgrundlage gegen eine andere Ermächtigungsgrundlage “auszuwechseln”?

Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage ist § 113 I 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift hebt das Gericht den angefochtenen VA auf, soweit der VA rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Nach § 113 I 1 VwGO hat das Gericht also u.a. zu überprüfen, ob der angefochtene VA rechtswidrig oder rechtmäßig ist.

Dabei gilt im Grundsatz Folgendes: Die Frage der Rechtmäßogleot bezieht sich “gegenständlich” primär auf den Tenor des VA: “inhaltlich” kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der durch den VA getroffenen Regelung nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Behörde, sondern darauf an, ob der Tenor des VA objektiv mit der Rechtsordnung übereinstimmt. Bei dieser Prüfung hat das Gericht aufgrund seiner Bindung an das objektive Recht (Art. 20 III GG) alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gem. § 86 I VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und/oder Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des VA angeführt worden sind oder nicht. Erweist sich der Tenor des VA aus anderen Gründen, als sie die Behörde angegeben hat, als rechtmäßig, dann ist der VA (wenn sonst kein Rechtsfehler vorliegt) nicht rechtswidrig i.S.d. § 113 I 1 VwGO.

Danach wäre das VG grds. dazu befugt, die Ermächtigungsgrundlage auszutauschen.

Der vorstehende Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Das VG darf andere als im angefochtenen Bescheid genannte Normen und Tatsachen dann nicht heranziehen, wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder die Zugrundelegung anderer Tatsachen zu einer Wesensveränderung des angefochtenen VA führen würde. Der Austausch der Ermächtigungsgrundlage führt nach h.M. i.d.R. dann zu einer Wesensveränderung des angefochtenen VA, wenn die neue Ermächtigungsgrundlage eine Ermessensentscheidung der Behörde erfordert.

Unabhängig vom Kriterium der “Wesensveränderung” ist der Austausch der Ermächtigungsgrundlage in einem solchen Fall zudem regelmäßig sinnlos, da er im Ergebnis lediglich dazu führt, dass der VA aus einem anderen Grunde rechtswidrig ist: § 40 VwVfG verpflichtet die Behörde, ihr Ermessen überhaupt und zudem entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage auszuüben, was deren Kenntnis voraussetzt. Da die Behörde bei ihrer Entscheidung die neue Ermächtigungsgrundlage jedoch naturgemäß nicht berücksichtigt hat, ist der VA dann entweder wegen Nichtgebrauchs oder zumindest wegen Fehlgebrauchs des Ermessens rechtswidrig. Diesen Mangel kann auch das VG nicht heilen, weil es aufgrund der Regelung des § 114 S. 1 VwGO auf die Kontrolle von Ermessensfehlern beschränkt und nicht dazu befugt ist, sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Behörde zu setzen. Etwas anderes gilt, wenn der Austausch der Ermächtigungsgrundlage ausnahmsweise nicht zu einem Ermessensfehler bzw. Verstoß gegen § 114 S. 1 VwGO führen würde. Das ist denkbar, wenn im konkreten Fall entweder eine Ermessensreduzierung auf 0 gegeben ist oder aber die Behörde zu der alten Ermächtigunggrundlage Ermessenserwägungen angestellt hat, die wegen der Gleichartigkeit der Zielsetzung ohne Weiteres auf die neue Ermächtigungsgrundlage übertragbar sind.

Sieht die neue Ermächtigungsgrundlage eine gebundene Entscheidung vor, so wirft der Austausch der Ermächtigungsgrundlage hingegen regelmäßig kein Problem auf.

Allein die nachträgliche Zugrundelegung einer anderen Rechtsgrundlage begründet noch keine Wesensänderung.

Wann ist der entscheidungserhebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit eines VA i.R.d. Anfechtungsklage?

Aus dem Prozessrecht ergibt sich allein, dass der Kläger mit einer Anfechtungsklage nur dann Erfolg haben kann, wenn er im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Aufhebung des VA hat. Die davon zu trennende Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, d.h. ob ein belastender VA den Kläger i.s.d. § 113 I 1 VwGO rechtswidrig in seinen Rechten verletzt, richtet sich hingegen nach dem materiellen (Fach-)Recht.

I. Grundsatz: Sach-/ Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung

Grund: Bei der Anfechtungsklage geht es um die Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung. Gegenstand der Klage ist der Ausgangsbescheid (ggf. in der Gestalt des Wiederspruchsbescheids, § 79 I Nr. 1 VwGO). Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung die zu diesem Zeitpunkt bestehende Sach-/Rechtslage beachtet, so hat sie sich rechtmäßig verhalten. Dabei ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung entweder der Erlass des Widerspruchsbescheids (falls vor Erhebung der Anfechtungsklage die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gem. §§ 68-73 VwGO erforderlich war), andernfalls der Erlass des Ausgangsbescheids. Änderungen der Sach-/Rechtslage nach diesem Zeitpunkt sind daher für das gerichtliche Verfahren grds. unbeachtlich.

II. Ausnahme Dauer-VA: Grds. Sach-/Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung

Aus der Eigenart des VA und der für ihn maßgebenden gesetzlichen Regelungen kann sich ergeben, dass auch bei einer Anfechtungsklage nachträgliche Änderungen der Sach-/Rechtslage zu berücksichtigen sind, aufgrund derer der ursprünglich rechtmäßige VA rechtswidrig werden kann.

Das gilt insbesondere bei Dauer-Verwaltungsakten, zu denen u.a. auch die Gewerbeuntersagung zu rechnen ist. Bei einem Dauer-VA müssen die Erlassvoraussetzungen während der gesamten Dauer seiner Geltung gegeben sein. Deshalb sind grds. auch Änderungen zugunsten des Betroffenen während des Klageverfahrens zu berücksichtigen.

Kennzeichnend für einen Dauer-VA ist, dass er sich nicht in einer punktuellen Regelung, wie z.B. in einem einmaligen Gebot oder Verbot, erschöpft, sondern auf dauerhafte Geltung angelegt ist, wie z.B. eine bauordnungsrechtliche Nutzungsuntersagung; ein Waffenbesitzverbot; die Untersagung eines handwerklichen Nebenbetriebs; etc.. Gäbe es keine Möglichkeit zum Erlass eines Dauer-VA, müsste die Behörde einen entsprechenden VA ständig wiederholen, also z.B. täglich neu erlassen. Die Befugnis der Behörde zum immer wiederkehrenden Erlass eines entsprechenden VA entfällt dabei von dem Tag an, an dem die Erlassvoraussetzungen nicht mehr gegeben sind. Entsprechend wird der Beörde bei einem Dauer-VA zugemutet, das Fortbestehen der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zu prüfen und bei deren Wegfall den VA zurückzunehmen.

III: Gegenausnahme beim Dauer-VA: Sach-/Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung

Hiervon abweichend kann es jedoch auch bei einem Dauer-VA trotz einer Änderung der Sach-/Rechtslage zugunsten des Klägers ausnahmsweise zu einer Anwendung des allgemein für die Anfechtungsklage geltenden Grundsatzes (I.) kommen, wonach auf die Sach-/Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist. Ein solcher Ausnahemfall ist insbesondere dann gegeben, wenn das Gesetz für den Entzug eines Rechts und dessen Wiedererteilung getrennte Regelungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen enthält. Würde man nämlich in einem solchen Fall der Klage allein aufgrund des Wegfalls der ursprünglich gegebenen Voraussetzungen stattgeben, so würden diese besonderen gesetzlichen Voraussetzungen umgangen. In diesen Fällen kann sich der Kläger daher nicht auf eine erst im Prozess eingetretene Veränderung zu seinen Gunsten berufen; vielmehr muss er zuwarten, bis die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufhebung des gegen ihn ergangenen VA bzw. für eine Widergestattung vorliegen und vor Erhebung einer Klage zunächst einmal den i.d.R. erforderlichen Antrag bei der Behörde stellen.

Fehlerfolgenregelungen §§ 44- 47 VwVfG

A. Nichtigkeit, § 44 VwVfG

Prüfungsreihenfolge:

  1. Abs. 2/ Abs. 3

  2. Abs. 1 (Generlaklausel):

    • Fehler

    • schwerwiegend

    • offensichtlich

B. Heilung, § 45 VwVfG

  1. heilbarer Verstoß (= Versäumung einer Verfahrenshandlung gem. Nr. 1-5)

  2. Nachholung erfolgt?

    1. Im Fall eines Wiederspruchverfahrens ist eine gesonderte Anhörung durch die Ausgangsbehörde nicht erforderlich; die Gelegenheit zur Stellungnahme i.R.d. W-Verfahrens reicht aus.

    2. äußert sich der Betreffende, so muss sein Vorbringen gewürdigt werden.

    • Meinungsstreit bei Durchführung eines Wiederspruchsverfahrens: Welche Behörde muss das Vorbringen würdigen: die Ausgangsbehörde oder reicht Würdigung durch die Widerspruchsbehörde aus?

      • VÜ: gibt es überhaupt einen Anhaltspunkt dafür, dass die gem. § 72 VwGO zunächst zuständige Ausgangsbehörde das Vorbringen nicht gewürdigt hat? Wenn nein - Streit irrelevant; wenn ja:

      • Streit irrelevant, wenn

        • Die Behörden identisch sind

        • oder eine gebundene Entscheidung vorliegt

      • Streit relevant, wenn Entscheidungsspielräume (Beurteilungsspielraum oder Ermessen) bestehen:

        • BVerwG z.T.: Ausgangsbehörde muss Vorbringen würdigen, da dem Betroffenen sonst eine Entscheidungsebene (und damit die Chance für eine ihm positive Entscheidung) verlorgen geht.

        • BVerwG z.T.: auch W-Behörde, soweit diese die volle Prüfungskompetenz hat.

    1. Frist: § 45 II VwVfG

C. Unbeachtlichkeit, § 46 VwVfG

  1. § 46 VwVfG anwendbar? (Prüfung kann unmittelbar nach Feststellung des Fehlers erfolgen)

    a) liegt ein Fehler i.S.v. § 46 VwVfG vor: örtliche (nicht: sachliche) Unzuständigkeit; Verfahrensfehler, Formfehler (muss formeller Fehler sein!)

    b) keine Nichtigkeit

  2. Voraussetzungen des § 46 VwVfG gegeben? (Prüfung kann u.U. erst nach der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit des VA erfolgen)

    a) Fehler hat keine Auswirkung auf die Sachenscheidung gehabt

    b) fehlende Auswirkung auf die Sachentscheidung ist offensichtlich

    • (+), wenn gebundene Entscheidung oder Ermessensreduzierung auf 0 vorliegt und Maßname materiell rechtmäßig ist

    • Einzelfallabhängig bei Ermessen

  3. Rechtsfolgevon § 46 VwVfG?: Rechtsbehelfe sind unstrittig unbegründet.

    • allerdings bleibt der VA rechtswidrig

    • nach h.M. wird (vgl. Wortlaut) der Aufhebungsanspruch des Bürgers ausgeschlossen

D. Umdeutung, § 47 VwVfG

  1. Vorliegen eines fehlerhaften (= rechtswidrigen oder nichtigen) VA

  2. der andere VA muss das gleiche Ziel haben

  3. der andere VA muss formell und materiell rechtmäßig sein

  4. kein “Umdeutungsausschluss”

    a) Rechtsfolgen des anderen VA dürfen nicht schlechter sein

    b) der andere VA darf nicht der erkennbaren Absicht der Behörde widersprechen

    c) keine Umgehung von § 48 VwVfG = die Rücknahme des fehlerhaften VA darf nicht ausgeschlossen sein

    d) § 47 III VwVfG: keine Umdeutung einer gebundenen Entscheidung in eine Ermessensentscheidung oder einer Ermessensentscheidung in eine andere Ermessensentscheidung (es sei denn, die Ermessenserwägungen sind übertragbar)

Entscheidungsspielräume der Verwaltung, insbesondere beim Erlass von VAen

Beurteilungsspielraum

Beurteilungsspielraum (eher selten) -> Voraussetzungsseite

Ermessen -> Rechtsfolgenseite

Von einem Beurteilungsspielraum spricht man, wenn der Verwaltung die Befugnis eingeräumt ist, letztverbindlich darüber zu entscheiden, ob im konkreten Fall die gesetzlichen Voraussetzungen eines (auf der Tatbestandsseite der Norm befindlichen) unbestimmten Rechtsbegriffs gegeben sind.

Folgen: Einschränkung der Kontrollkompetenz der Gerichte (-> Entscheidung frei von Beurteilungsfehlern)

Problem: Betrifft bereits die Voraussetzungen des Einschreitens -> problematisch, weil sowohl Art. 19 IV GG, als auch die materiellen grundrechte, in die die behördliche Entscheidung ggf. eingreift, grds. eine umfassende Nachprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gebieten, ob die Eingriffsvoraussetzunge vorliegen.

Vorliegen eines Beurteilungsspielraums nur unter ZWEI Voraussetzungen:

  1. Erstens muss ein UNBESTIMMTER RECHTSBEGRIFF vorliegen:

    • nur bei unbestimmten Rechtsbegriffen

    • häufiger Klausurfehler: Keinesfalls ist es zulssig, allein aus der Existenz eines unbestimmten Rechtsbegriffs auf einen behördlichen Beurteilungsspielraum zu schließen.

    • im Regelfall liegt ein unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum vor. -> Unbestimmte Rechtsbegriffe sind in “95%” aller Fälle voll überprüfbar!

    • -> NUR BEI ANLASS ERÖRTERN!

  2. Zweitens muss ein GEWICHTIGER GRUND für einen Beurteilungsspielraum sprechen; FALLGRUPPEN:

    • ausdrücklich normierte Beurteilungsspielräumefinden sich äußerst selten.

    • im Übrigen ist ein Beurteilungsspielraum nur anzuerkennen, wenn der einschlägigen Rechtsvorschrift durch Auslegung die Entscheidungdes Gesetzgebers zu entnehmen ist, dass die Verwaltung ermächtigt sein soll, über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines unbestimmten Rechtsbegriffs abschließend zu entscheiden (nromative Ermächtigungslehre). Wegen der Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle bedarf es hierfür stets eines hinreichend gewichtigen Grundes.

    • anerkannte Fallgruppen:

      • Prüfungsentscheidungen i.R.e. Ausbildung (nicht: Fahrprüfung)

      • Beamtenrechtliche Beurteilungen

      • Prognoseentscheidungen und Risikobewertungen z.B. in Umwelt- und Wirtschaftsverwaltungsrecht sofern ihnen im Hinblick auf die Gefahrenabwehr bzw. Risikovorosrge notgedrungen Ungewissheiten und Unwägbarkeiten anhaften.

        aber: Dass eine Entscheidung Prognoseelemente beinhaltet, bedeutet nicht automatisch, dass der Behörde ein Beurteilungsspielraum zusteht. Zu berücksichtigen ist das jeweilige Sachgebiet.

      • Entscheidungen mit planerischem oder verwaltungspolitischem Einschlag

      • Entscheidungen, die weitgehend von einer persönlichen Wertung mit juristisch nicht greifbaren Maßstäben abhängen und vom Gesetz einem weisungsfrei tätigen, pluralistisch besetztem Gremium übertragen sind.

E. Beurteilungsfehler

  • Der Beurteilungsspielraum besteht nur bei der Subsumtion hinsichtlich des konkreten Sachverhaltsbzgl. eines unbest. Rechtsbegriffs, nicht aber bei der vorgelagerten Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs.

  • Beurteilungsfehler sind insbes.:

    • Verstoß gg. Verfahrensvorschriften

    • unzutreffend oder unvollständig ermittelter Sachverhalt

    • Fehlen einer nachvollziehbaren, in sich schlüssigen Begründung

    • Missachtung allgemeingültiger Bewertungsgrundsätze

    • keine sachfremden Erwägungen/ kein Verstoß gg. das Willkürverbot

    • Prüfungsrecht: Grundsatz der Chancengleichheit, Art. 3 I GG, Gebot der Sachlichkeit, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Nebenbestimmungen zum VA und ihre Anfechtbarkeit

Liegt überhaupt eine Nebenbestimmung vor?

(-), wenn bloße Inhaltsbestimmung zum VA. Eine bloße Inhaltsbestimmung liegt vor, wenn sie regelmäßig Bestandteil der erstrebten Erlaubnis ist (z.B. Bestimmung Fahrzeugklasse beim Führerschein).

Problem der modifizierten Auflage: Sie liegt vor, wenn nicht eine zusätzliche Leistungspflicht begründet wird, sondern der beantragt VA mit Modifikationen ergeht (Flachdach statt Satteldach).

Was für eine Nebenbestimmung liegt vor?

  • Befristung

  • Bedingung

  • Widerrufsvorbehalt

  • Auflage: lässt die Wirksamkeit des VA unberührt. Kann aber selbstständigv vollstreckt werden.

  • Auflagenvorbehalt

Abgrenzung Bedinung und Auflage:

(1) nur indiz: Bezeichnung durch die Behörde oder durch das Gesetzt

(2) objektiver Regelungswille der Behörde (war der Behörde die Nebenbestimmung so wichtig, dass die Nichteinhaltung zum Erlöschen/ Nichtbestehen der Wirksamkeit des VA führen sollte? dann Befristung oder Bedingung oder reichte es der Behörde die eigenständige Vollstreckbarkeit der NB? dann Auflage)

(3) Merke: Eine Bedingung - die ja die Wirksamkeit des VA berührt - eignet sich nicht für Konstellationen, in denen vom Haupt-VA erst Gebrauch gemacht werden muss, um die Bedingung erfüllen zu können.

(4) Im Zweifel: Auflage, weil weniger einschneidend.

Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung

  1. EGL für Erlasse der NB

    • aus SpezialG

    • § 36 VwVfG (str. bei § 36 II VwVfG für Belastungen - Gesetzesvorbehalt?)

  2. formelle Rechtmäßigkeit

    i.d.R. nur zu prüfen, wenn Nebenbestimmung nachträglich erlassen wird

  3. materielle Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung

    • Im Falle des § 36: Voraussetzungen der EGL

      • § 36 I, wenn auf den Haupt-VA ein Anspruch besteht:

        • NB soll sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Haupt-VA erfüllt werden und

        • NB im übrigen rechtmäßig

      • § 36 II, wenn Erlass des Haupt-VA im Ermessen steht: keine; aber: MB muss im übrigen rechtmäßig sein

    • Rechtsfolge: Ermessen: § 36 III, § 40 VwVfG

Angreifbarkeit von Nebenbestimmungen

  • unproblematisch: isolierte Anfechtung nachträglicher Nebenbestimmungen

  • VÜ: liegt überhaupt eine NB vor

  • wenn ja: Streitig, ob Verpflichtungsklage auf Erlass eines VA ohne NB oder auch isolierte Anfechtung der NB durch Anfechtungsklage mgl..

    • mM1: nur Verpflichtungsklage; Grund: Isolierte Anfechtung der NB führt zu einer Begünstigung, die dem rein kassatorischen Charakter der Anfechtungsklage widerspricht - dagegen: § 113 I 1 sieht Teilanfechtung vor

    • h.M.: Teilanfechtung grds. mgl.. Problem: Teilbarkeit

      • mM: immer

      • Lit z.T.: abhängig von Art des VA: Gebundene VAe (+), Ermessens VAe (-). Grund: bei Teilanfechtung von Ermessens-VA “Zerstörung” der Ermessensentscheidung der Behörde

      • Rspr. früher: abhängig von Art der NB: Bedingung, Befristung und Widerrufsvorbehalt; nur Verpflichtungsklage; Auflage und Auflagenvorbehalt: Anfechtungsklage mgl.. Grund: Bedingung, Befristung und Widerrufsvorbehalt sind “unselbstständige, integrierte Bestandteile des VA”; vgl. auch Aufbau des § 36 II VwVfG.

      • h.M.: Isolierte Anfechtungsklage zulssig, wenn Haupt-VA und NB im ligischen Sinne teilbar sind (prozessuale Trennbarkeit). (-) nur, wenn isolierte Anfechtung offensichtlich ausscheidet, weil untrennbarer Zusammenhang (= Rest-VA kann ohne die NB nicht selbstständig bestehen) oder Rest-VA durch Teilaufhebung eine völlig andere Bedeutung erhät (z.B. weil NB eigentlich den Umfang der Genehmigung regelt).

        Wichtig: bei prozessual isolierter Anfechtung (wg. “prozessualer” Teilbarkeit)

        “doppelte Rechtsmäßigkeitsprüfung” in der Begründetheit (sog. “materiell-rechtliche” Teilbarkeit)

        1. Rechtmäßigkeit der angefochtenen NB

        2. Rechtmäßigkeit des Rest-VA (=VA ohne NB)

          • ist Rest-VA rechtswidrig: Anfechtungsklage unbegründet, weil VG sonst im Ergebnis einen rechtswidrigen VA produzieren würde.

          • ggf. Klagebegehren auslegen; i.d.R. Verpflichtungsklage (gerichtet auf VA ohne oder mit weniger belastender NB)

Objektive Klagehäufung, § 44 VwGO

Sie leigt vor, wenn ein Kläger mit einer Klage mehrere Klagebegehren verfolgt.

Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung; Prüfungsstandort

I. Zulässigkeit, § 44 VwGO:

  1. Mehrere Klagebegehren

  2. derselbe Beklagte

  3. sachlicher Zusammenhang

  4. Zuständigkeit desselben Gerichts

II. Prüfungsstandort: Immer außerhalb der Zulässigkeit

§ 44 VwGO ist stets in einem gesonderten Prüfungspunkt außerhalb der Zulässigkeit der einzelnen Klagebegehren zu prüfen.

Grund: § 44 VwGO betrifft nicht die Zulässigkeit der einzelnen Klage(begehre)n, sondern nur die Zulässigkeit von deren Verbindung in einem Prozess. Ist die Klagehäufung unzulässig, so erfoglt lediglich eine Verfahrenstrennung, vgl. § 93 S. 2 VwGO.

Erscheinungsformen und Aufbau

I. Kumulative Klagehäufung

Sie leigt vor, wenn der Kläger alle Ansprüche nebeneinander geltend macht. In diesem Fall ist es i.d.R. zweckmäßig die Prüfung der Zulässigkeit der Anträge gemeinsam und die Prüfung der Begründetheit getrennt vorzunehmen.

II. Eventuale Klagehäufung (= Haupt- und Hilfsantrag)

Sie liegt vor, wenn der Kläger die Entscheidung über ein weiteres Klagebegehren (Hilfsantrag) davon abhängig macht, wie das Gericht über das erste Klagebegehren (Hauptantrag) entscheidet.

Im Normalfall soll das Gericht über den Hilfsantrag nur dann entscheiden, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibt (eigentliche (echte) Eventualklagehäufung). Hat der Hauptantrag hingegen den gewünschten Erfolg, so entfällt die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags durch Eintritt einer auflösenden Bedingung.

In diesem Fall ist zunächst allein der Hauptantrag vollständig durchzuprüfen. Die anschließende Prüfung des Hilfsantrags ist davon abhängig, ob die Bedingung eingetreten ist.

III. Keine “alternative” Klagehäufung (unzulässig wegen § 82 I 2 VwGO: “bestimmter Antrag”)

§ 80 VwGO - Überblick

§ 80 I-III VwGO: Bestehen und Wegfall der aufschiebenden Wirkung (a.W)

Absatz I - Grundsatz: Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung

Problem 1: Welche Folgen hat der Eintritt der aufschiebenden Wirkung?

Unstreitig

  • verbietet die aufschiebende Wirkung, dass der VA zwangsweise durchgesetzt, also vollstreckt wird (Vollstreckungsverbot):

  • bedeutet aufschiebende Wirkung mehr als ein Vollstreckungsverbot, weil gem. § 80 I 2 VwGO auch dem Widerspruch bzw. der Anfechtungsklage gegen feststellende, gestaltende und VAe mit Doppelwirkung aufschiebende Wirkung zukommt, obwohl diese nicht vollstreckbar sind.

Hinsichtlich der weiteren Wirkungen besteht ein Theorienstreit:

m.M.: Wirksamkeitstheorie

Die aufschiebende Wirkung suspendiert die (innere) Wirksamkeit des VA. Innerhalb dieser Theorie werden 2 Ansichten vertreten:

  1. strenge Wirksamkeitstheorie: Der VA wird erst mit rechtskräftiger Klageabweisung (ex nunc) wirksam.

  2. eingeschränkte Wirksamkeitstheorie (Theorie der vorläufigen Wirksamkeitshemmung): Die Wirksamkeit des VA ist nur gehemmt und tritt rückwirkend (ex tunc) auf den Zeitpunkt seines Erlasses in Kraft.

Ganz h.M.: Vollziehbarkeitstheorie

Die aufschiebende Wirkung hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des VA; sie bewirkt lediglich eine Hemmung der Vollziehbarkeit. Die aufschiebende Wirkung führt zu einem Verwirklichungsverbot. Unklar kann dabei allerdings im Einzelfall sein, welche Maßnahmen (noch) unter das Verwirklichungsverbot fallen, insbesondere ob der Erlass von (Folge-)VAen unzulässig ist, die auf dem angefochtenen VA aufbauen und ob die Behörde durch die aufschiebende Wirkung bei Leistungsbescheiden an einer Aufrechnung gehindert ist.

Stellungnahme:

Die h.M. ist vorzugswürdig, weil in § 80 VwGO nicht von “Wirksamkeit”, sondern von “Vollziehung” die Rede ist und die Hemmung der Vollziehung zur Gewährlesitung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG) ausreicht, während die Wirksamkeitstheorie zu überschießendem Rechtsschutz führt.

Problem 2: Wann beginnt und wann endet die aufschiebende Wirkung?

Beginn der aufschiebenden Wirkung: Gem. § 80 I 1 VwGO erst mit Erhebung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage. Die aufschiebende Wirkung tritt dann aber mit Wirkung ex tunc (rückwirkend) zum Zeitpunkt des Erlasses des VA ein, weswegen der Rechtsgrund für zwischenzeitlich erfolgte Vollzugsmaßnahmen entfällt, vgl. auch § 80 V 3 VwGO.

Deswegen ist nach h.M. Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag nach § 80 V VwGO, dass jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Widerspruch (oder Vorverfahren nicht erforderlich ist: Anfechtungsklage) erhoben ist. m.M.: wegen Art. 19 IV GG Erhebung von Widerspruch oder Anfechtungsklage nicht erforderlich.

Ende der aufschiebenden Wirkung: § 80 b VwGO

  • grds.: Nach mit Unanfechtbarkeit des VA

  • “Querulantenausnahme”: Wenn Kläger in erster Instanz verloren hat, dann endet die aufschiebende Wirkung 3 Monate nach Ablauf der Rechtmittelbegründungsfrist.

Absatz II: Ausnahme vom Grundsatz des § 80 I VwGO: In bestimmten Fällen keine aufschiebende Wirkung - 2 Gruppen, warum die aufschiebende Wirkung entfällt

kraft Gesetzes

  • § 80 II 1 Nr. 1-3 VwGO

  • § 80 II 2 VwGO

kraft behördlicher “ANORDNUNG DER SOFORTIGEN VOLLZIEHUNG” (ASOV) - § 80 II 1 Nr. 4 VwGO

“Die sofortige Vollziehung der in diesem Bescheid getroffenen Regelungen wird angeordnet”

Beachte: Wenn die aufschiebende Wirkung fehlt, kann der VA von der Behörde vollstreckt werden. “Der Verwaltungsakt … kann mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn … ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat.”

Vgl. Bund: § 6 I VwVG; Berlin: § 5a BlnVwVfG

Absatz III: Sonderregelung für den Fall der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung - § 80 II 1 Nr. 4 VwGO

Im Fall des § 80 II 1 Nr. 4 VwGO muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung grds. schriftlich begründen, § 80 III 1 VwGO. Begründet werden muss das Vollziehungsinteresse (= die Eilbedürftigkeit); Gegenbegriff “Erlassinteresse” (= Interesse, warum VA überhaupt ergeht).

§ 80 IV-VIII VwGO: Rechtsschutz bei fehlender aufschiebender Wirkung

Absatz IV: Herbeiführung der aufschiebenden Wirkung durch die BEHÖRDE durch AUSSETZUNG DER VOLLZIEHUNG

Zulässig in allen Fällen des § 80 II VwGO. Entscheidungsmaßstab für Fall des § 80 II 1 Nr. 1 VwGO (Abgaben-VA):

  • wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des VA bestehen

  • oder unbillige Härte

Absatz V: Herbeiführung der aufschiebenden Wirkung durch das GERICHT - Entscheidung abhängig davon, warum die aufschiebende Wirkung entfallen ist

S. 1

Anordnung der aufschiebenden Wirkung: wenn aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes fehlte

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung: wenn aufschiebende Wirkung aufgrund behördlicher “Anordnung der sofortigen Vollziehung” (ASOV) fehlte

S. 3

Antrag auf (vorläufige) Rückgängigmachung der Vollziehung(sfolgen)

  • Pendant zu § 113 I 2 VwGO bei der Anfechtungsklage

Merke: Die Entscheidung ergeht durch Beschluss vgl. § 80 VII, § 122 II VwGO

Absatz VI: Ausnahmsweise Notwendig eines vorherigen Aussetzungsantrags gem. § 80 IV VwGO an die Behörde

bei Abgaben-VAen (§ 80 II 1 Nr. 1 VwGO) darf der Bürger um gerichtlichen Rechtsschutz grds. erst dann nachsuchen, wenn er zuvor den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 80 IV VwGO) bei der Behörde erfolgslos gestellt hat.

  • Rückschluss: In den anderen Fällen des § 80 II VwGO ist ein vorheriger Antrag an die Behörde nicht erforderlich; Bürger kann sofort zu Gericht

Absatz VII: Abänderungsverfahren

Für die Beteiligten haben die Beschlüsse des VG Bindungswirkung. Insbesondere kann die Behörde nicht noch einmal die AOSV treffen, wenn das Gericht in dieser Sache bereits die aufschiebende Wirkung angeordnet/wiederhergestellt hat. Haben sich die Umstände seit der Entscheidung des VG geändert, so können die Beteiligten das VG anrufen und um eine Abänderung der Entscheidung nachsuchen. Das VG prüft dann, wie jetzt (mit Blick auf die geänderten Umstände) über den ursprünglichen Antrag des Bürgers auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden ist.

Absatz VIII: Eilentscheidung des Vorsitzenden

Ausschluss der aufschiebenden Wirkung

§ 80 II 1 Nr. 1 VwGO: Anforderung öffentlicher Abgaben und Kosten

Erfasst nicht sämtliche Geldforderungen eines Hoheitsträgers. Deswegen fall unter Nr. 1 nach h.M. nicht die Kosten der Ersatzvornahme.

  • Öffentliche Abgaben sind nur Abgaben i.S.d. materiellen Abgabenrechts (z.B. Steuern und Gebühren), die von allen erhoben werden, die einen normativ bestimmten Tatbestand erfüllen und zur Deckung des Finanzbedarf eines Hoheitsträgers für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben dienen. Zweck der Vorschrift ist es, die Stetigkeit des Mittelflusses und so eine geordnete Haushaltsführung sicherzustellen.

  • Öffentliche Kosten sind die in einem Verwaltungsverfahren nach tariflichen Vorgaben oder doch leicht erkennbaren Merkmalen erhobenen (Verwaltungs-) Gebühren ebst den mit ihnen verbundenen Auslagen.

§ 80 II 1 Nr. 2 VwGO: Unaufschiebbare Anordnungen und Maßnahmen von Polizei(vollzugs)beamten

  • erfasst nur Eilmaßnahemn der Polizei (“auf der Straße”)

  • wird analog auf Verkehrszeichen angewandt

§ 80 II 1 Nr. 3 VwGO: Ausschluss durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz

  • nach § 212a BauGB haben Wiederspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Genehmigung eines Bauvorhabens generell keine aufschiebende Wirkung

  • Nach § 63 I JustG Bln haben Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung richten keine aufschiebende Wirkung.

    Streitig ist, ob nach dieser Vorschrift die aufschiebende Wirkung gegen einen Kostenbescheid entfällt, mit dem die Behörde nachträglich die Kosten einer Ersatzvornahme anfordert.

    • OVG Bln (+): Aus der in § 10 VwVG enthaltenen Ermächtigung, die gebotene Handlung “auf Kosten des Pflichtigen” selbst auszuführen oder einen anderen mit der Ausführung zu beauftragen, ergebe sich, dass die Belastung des Handlungspflichtigen mit den dafür aufzuwendenden Kosten “integralter Bestandteil” des Zwangsmittels “Ersatzvornahme” und damit i.S.d. § 63 I JustG Bln eine Maßnahme “in” der Verwaltungsvollstreckung ist.

      Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen den Kostenbescheid zu einem faktischen Vollstreckungshindernis werde, wenn die Behörde nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügt.

    • h.M. (-): Die nachträgliche Anforderung der Kosten der Ersatzvornahme keine Maßnahem “in”, sondern eine Maßnahme “im Anschluss” an die Verwaltungsvollstreckung, die mit der Durchführung der Ersatzvornahme bereits ihr Ende gefunden hat.

      Sollte sich die aufschiebende Wirkung im Einzelfall wie ein Vollstreckungshindernis auswirken, kann die Behörde gem. § 80 II 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Kostenbescheids anordnen.

§ 80 II 1 Nr.3a VwGO: Rechtsbehelfe Dritter bei bestimmten Vorhaben (nicht examensrelevant)

§ 80 II 1 Nr. 4 VwGO: Behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung (AOSV)

Die AOSV muss ausdrücklich erfolgen.

§ 80 II 2 VwGO: Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht

§ 80 II 2 VwGO betrifft den Sonderfall, dass die von den Ländern auszuführenden Budnesgesetze eigene Vollstreckungsmaßnahmen regeln (z.B. die Abschiebung nach dem AufenthG). In diesem Zusammenhang war streitig, ob der landesrechtlich angeordnete Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch Rechtsbehelfe erfassen kann, die sich gegen eine bundesrechtlich geregelte Vollstreckungsmaßnahme richten. Das wird durch § 80 II 2 VwGO ausdrücklich bejaht.

Ansprüche auf Zulassung zu Veranstaltungen und öffentlichen Einrichtungen

I. § 70 GewO (nur bei gem. § 69 GewO festgesetzten Veranstaltungen)

  1. Anwendbarkeit

    § 70 GewO ist nur anwendbar, wenn im Sachverhalt angegeben ist, dass es sich um eine festgesetzte Veranstaltung handelt.

  2. Speziellere Vorschrift

    Liegt eine Festsetzung nach § 69 GewO vor, so hat § 70 I GewO als speziellere bunderechtliche Vorschrift Vorrang vor Landesrecht.

  3. Problem: Verwaltungsrechtsweg

    Nach herrschender Sonderrechtstheorie ist § 70 I GewO keine öffentlich-rechtliche Norm, weil weder der Veranstalter noch der Teilnehmer zwingend Träger hoheitlicher Gewalt ist. Andererseits soll § 70 I GewO die Rechtsnatur des Zulassungsverhältnisses nicht verändern. Daher ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn er im konkreten Fall nach allgemeinen Grundsätzen eröffnet ist.

II. § 5 I 1 PartG i.V.m. Art. 3 I, 21 I GG (derivativer Gleichbehandlungsanspruch)

  1. Anspruchsvoraussetzungen

    • Anspruchsteller: Partei, § 2 PartG (sowohl der Gesamtverband als auch seine Untergliederungen)

    • Der Hoheitsträger hat anderen Parteien eine vergleichbare Leistung gewährt (Vergabepraxis)

    • Nutzung im Rahmen der Widmung/ Benutzungssatzung und der Kapazität

  2. Rechtsfolge

    Nach Wortlauf “soll”. Aber wegen Art. 21 GG grundsätzlich gebundene Entschiedung. Ausnahmen:

    • § 5 I 2 PartG = Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit

    • Zwingender Grund für Ungleichbehandlung

III. Weitere Anspruchsgrundlagen

  1. aus Freiheitsgrundrechten i.d.R. (-), da diese i.d.R. keine Leistungsansprüche vermitteln

  2. Art. 3 I GG i.V.m. Verwaltungspraxis

  3. (ungeschriebender) Anspruch auf ermessensfehlerfrei Entscheidung

Der öffentlich-rechtliche Vertrag

Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

I. Vertrag = zweiseitige Regelung = gleichberechtigter Einfluss auf den Inhalt

II. auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts

  1. öffentliches Recht = Verwaltungsrecht! (Kein Staatsrecht o.Ä.)

  2. Abzustellen ist auf den Vertragsgegenstand, d.h. ob die Hauptleistungspflicht einer Partei im öffentlichen Recht gereglt oder diesem zuzuordnen ist.

Arten öffentlich-rechtlicher Verträge

  • koordinationsrechtliche Verträge, § 54 S. 1 VwVfG: Koordinationsrechtlich sind Verträge, die zwischen gleichgeordneten Vertragspartnern geschlossen werden.

  • subordinationsrechtliche Verträge, § 54 S. 2 VwVfG: Subordinationsrechtlich sind Verträge, wenn sich die Parteien im Verhätlnis der Über-/ Unterordnung gegenüberstehen. Entscheidend ist, ob in dem geregelten Aufgabenbereich üblicherweise Verwaltungsakte ergehen können.

    • Verlgeichvertrag, § 55 VwVfG

    • Austauschvertrag, § 56 VwVfG

    • sonstige

Anspruch aus öffentlich-rechtlichem Vertrag

I. Anspruch entstanden = Bestehen eines wirksamen öffentlich-rechtlichen Vertrages

II. Anspruch nicht untergegangen

III. Anspruch durchsetzbar: § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. z.B. §§ 214, 273, 320 BGB sowie i.V.m. § 242 BGB

Realisierung des Anspruchs

  • Vollstreckung ohne Anrufung des Gerichts bei Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 61 VwVfG

  • Andernfalls Leistungsklage - Grds. keine Durchsetzung vertraglich begründeter Ansprüche durch VA. Da sich der ör Partner des Vertrages durch Abschluss des Vertrages auf de Ebene der Gleichordnung begeben hat, hat er insoweit die Befugnis zu hoheitlicher Regelung (§ 35 VwVfG) verloren.

Wirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages

Ihre Wirksamkeit ist nur dann betroffen, wenn die Rechtswidrigkeit gem. der abschließenden Aufzählung in § 59 VwVfG zur Nichtigkeit des Vertrages führt. Folge: aus einem rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Vertrag können Ansprüche geltend gemacht werden.

I. Kein Vertragsform-Verbot (=Handlungsofrm “Vertrag” unzulässig)

II. Formelle Wirksamkeit

  1. Vertrag wirksam zustandegekommen, § 62 VwVfG i.V.m. BGB

  2. Form (wenn (-): Vertrag nichtig § 59 I VwVfG i.V.m. § 125 BGB)

  3. Zustimmungserfordernisse (wenn (-): Vertrag schwebend unwirksam)

III. Materielle Wirksamkeit

  1. Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach § 59 II VwVfG

    Feststellen, dass subordinationsrechtlicher Vertrag i.S.d. § 54 S. 2 VwVfG vorliegt; Voraussetzungen des § 59 II VwVfG:

    • Nr. 1: Ein VA mit entsprechendem Inhalt wäre nichtig (= § 44 II und § 44 I VwVfG)

    • Nr. 2: Rechtswidrigkeit des Vertraginhalts und Kenntnis der Beteiligten (Kollusion)

    • Nr. 3: Voraussetzungen für Abschluss eines Vergleichsvertrages (Ungewissheit der Sach- oder Rechtslage, gegenseitiges Nachgeben, § 55 VwVfG) lagen nicht vor und VA mit entsprechendem Inhalt wäre materiell rechtswidrig.

    • Nr. 4: Behörde lässt sich eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen

  2. Nichtigkeit aller öffentlich-rechtlichen Verträge gem. § 59 I VwVfG i.V.m. BGB

    • Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB

    • Sittenwidrigkeit, § 138 BGB; andere Nichtigkeitsgründe des BGB

  3. Folge: § 59 III VwVfG Gesamt- oder Teilnichtigkeit?

Author

Ann-kathrin L.

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