Was ist der Fremdstoffmetabolismus?
bezeichnet die biochemischen Prozesse, durch die der Körper fremde chemische Substanzen (Xenobiotika) aufnimmt, umwandelt und ausscheidet
Xenobiotika sind Stoffe, die dem Körper fremd sind, wie z. B. Medikamente, Umweltgifte, Pestizide oder Schadstoffe aus der Nahrung
Bedeutung des Fremdstoffmetabolismus
Entgiftung: Schutz vor toxischen Substanzen
Medikamentenabbau: Beeinflusst Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Arzneistoffen
Koppelung und Ausscheidung lipophiler Pharmaka
Die Pharmaka werden über die Vena portae oder die Ateria hepatica der Leberzelle angeboten
Sie dringen leicht in den Hepatozyten ein, werden am endoplasmatischen Retikulum (ER) hydroxyliert und an Glucuronsäure gekoppelt
Als hydrophile Metabolite gelangen sie entweder ins Blut zurück oder in die Gallekapillaren, dabei überwinden sie die Zellmembran an spezifischen Durchtrittstellen
Fremdstoffmetabolismus und Evolution
Anpassung an neue Lebensräume (z.B. Wasser —> Land)
Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen
Chemisches Kriegführung der Lebewesen (z.B. pflanzliche Pestizide), Selektion resistenter Erreger bei Anwendung synthetischer Pestizide
Einzeller können Cytochrom P-450 für vitale zelluläre Prozessen verwenden, z.B. Kohlenstoffassimilation aus Aliphaten, Aromaten, polzyklischen Kohlenwasserstoffen
Einzeller können Cytochrom P-450 für vitale zelluläre Prozessen verwenden
Einzeller (z. B. Bakterien oder Pilze) nutzen das Enzymsystem Cytochrom P-450 nicht nur zur Entgiftung von Fremdstoffen, sondern setzen es auch in ihren lebenswichtigen Stoffwechselprozessen ein
Einige Einzeller nutzen diese schwer abbaubaren Verbindungen als einzige Kohlenstoffquelle
Mikroorganismen mit Cytochrom P-450 sind wichtig für den biologischen Abbau von Umweltgiften wie Öl, Pestiziden oder Lösemitteln
Phylogenetischer Stammbaum einiger CYP Genfamilien
Ein phylogenetischer Stammbaum von CYP-Genfamilien zeigt die evolutionären Beziehungen zwischen verschiedenen Cytochrom-P450-Genen (CYPs)
Diese Gene codieren für Enzyme, die für den Stoffwechsel von Xenobiotika (Fremdstoffen), endogenen Substanzen (z. B. Steroide) und andere biochemische Prozesse verantwortlich sind
CYP51 ist die älteste und am weitesten verbreitete CYP-Familie, die in fast allen Organismen vorkommt -> Cholesterin-Biosynthese
CYP1, CYP2, CYP3 sind relativ neu in der Evolution und für die Entgiftung von Umweltstoffen wichtig
Spezifität des Fremdstoffmetabolismus
im Gegensatz zum Immunsystem unterscheiden fremdstoffmetabolisierende Enzyme nicht zwischen fremd und eigen -> bestimmtend sind nur Affinität und Reaktivität
viele fremdstoffmetabolisierende Enzyme bauen auch körpereigene Substrate ab und umgekehrt
Beispiele: Steroidhormone -> Abbau durch Cytochrom P-450 oder Acetycholin -> Abbau durch Esterasen
Enzyme, die vorwiegend endogene Substrate abbauen, haben oft enge Substratspezifität (und hohe Affinität)
umgekehrt haben Ezyme, die vorwiegend Fremdstoffe abbauen, oft breite Substratspezifität, metabolisieren also chemisch heterogene Substrate
Enge Substratspezifität
CYP2D6 metabolisiert bevorzugt basische Arzneimittel (z. B. Betablocker, Antidepressiva)
CYP1A1 metabolisiert bevorzugt polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs)
Breite Substratspezifität
CYP3A4 metabolisiert viele verschiedene Arzneistoffe und Xenobiotika
Glutathion-S-Transferasen können verschiedene elektrophile Verbindungen binden
Metabolische Endgiftung
v.a. durch Phase II: Enzyme -> Konjugation mit Glucuronsäure, Schwefelsäure, Aminosäure, Glutathion, Acetat
Phase 0: Import -> passive Diffusion
Phase III: Export
Phase I: Enzyme: Oxidation, Reduktion, Hydrolyse
Metabolische Giftung
Phase II: Enzyme -> Konjugation mit Glucuronsäure, Schwefelsäure, Aminosäure, Glutathion, Acetat
Phase-I-Reaktionen - Biotransformationswege von Pharmaka
Oxidation von Alkoholen und Aldehyden
Oxidation von alphabetischer Ketten
Oxidative N-Desalkylierung
Oxidative Desaminierung
Oxidative O-Desalkylierung
Oxidation aromatischer Amine
N-Oxidation
S-Oxidation
Desulfurierung
Epoxidierung
Hydroxylierung von Aromaten
Oxidation
Einführung einer Hydroxylgruppe (-OH) oder Veränderung der Oxidationsstufe
Phase-I-Reaktionen
der erste Schritt der Biotransformation von Pharmaka
umfassen Oxidation, Reduktion und Hydrolyse und werden hauptsächlich durch Cytochrom-P450-Enzyme (CYPs) in der Leber katalysiert
Diese Reaktionen können Medikamente aktivieren, entgiften oder auch toxischer machen
Die Reaktion gliedert sich in zwei Schritte:
ein C-Atom, dass sich neben dem Heteroatom (hier: O) befindet, hydroxyliert
der Rest wird als Carbonylverbindung (C=O) abgespalten
z.B. Codein, Mescalin, Papaverin oder Phenacetin
Desalkylierung
Entfernung einer Alkylgruppe
Alkylgruppe: funktionelle Gruppen innerhalb von Molekülen oder Radikale, die aus aliphatischen Kohlenwasserstoff-Ketten bestehen -> Summenformel CnH2n+1
Abspaltung einer Aminogruppe (z.B. R1-NH3) + Carbonylverbindung (R2-HC=O)
z.B. Fomocain, Histamin, Mescalin, Noradrenalin
Einfügen einer Epoxidgruppe (C-O-C)
z.B. Aldrin, Carbamazepin
Aldehyde: R-Carbonylverbindung (HC=O) -> R-Carboxygruppe (COOH)
Alkohole: R-Hydroxygruppe (OH) -> R-Carbonylverbindung (HC=O) -> R-Carboxygruppe (COOH)
z.B. Benzylalkohol, Pyridoxin
Benzylalkohol → Benzaldehyd → Benzoesäure → Ausscheidung als Hippursäure
Pyridoxin → Pyridoxal → Pyridoxinsäure → Metabolismus von Vitamin B6
Abspaltung eines Alkylrest von Stickstoffatom
z.B. Ephedrin, Lidocain, Methampethamin
statt P=S -> P=O
z.B. Thiobarbiturate, Parathion
Mechanismus der Oxidation eines Pharmakons (P) durch Cytochrom P-450
Substratbindung an CYP-450: das Pharmakon (P-H) bindet an das aktive Zentrum des CYP450-Enzyms, wodurch das Häm-gebundene Eisen (Fe3+) von CYP als eine Konformationsänderung erfährt
Reduktion des Hämeisen: NADPH liefert ein Elektron über die NADPH-Cytochrom-P450-Reduktase -> Fe3+ wird zu Fe2+ reduziert
Sauerstoffbindung: Molekularer Sauerstoff (O2) bindet an das reduzierte Eisen -> es entsteht ein Fe2+-O2-Komplex
Zweite Elektronenübertragung: ein weiteres Elektron (von NADPH) reduziert den Fe2+-O2-Komplex -> es entsteht ein superoxidähnliches Intermediat (Fe3+-O2^2-)
Protonierung und Spaltung des Sauerstoffs: ein Sauerstoffatom wird in das Pharmakon eingebaut (Hydroxylierung) und das zweite Sauerstoffatom wird zu Wasser reduziert
Freisetzung des oxidierten Produkts: das oxidierte Pharmakon (P-OH) wird vom Enzym freigesetzt und Fe3+ kehrt in seine ursprüngliche Form zurück, bereit für einen neuen Zyklus
Mechanismus der Oxidation eines Pharmakons (P) durch Cytochrom P-450 - Bedeutung
Erhöhung der Wasserlöslichkeit: Hydroxylierte Metaboliten können besser ausgeschieden werden
Aktivierung von Prodrugs: CYP450 kann inaktive Medikamente in aktive Formen umwandeln
Entgiftung oder Toxifizierung: Manche Metaboliten sind toxischer als das ursprüngliche Pharmakon (z. B. NAPQI aus Paracetamol).
Vorkommen von Cytochrom P-450
Enzym
Organ
Substratbeispiel
CYP1A1
Lunge, Leber, alle Organe
PAK
CYP1A2
Leber
aromatische und heterozyklische Amine
CYP2A6
Diethylnitrosamin
CYP2B6
Cyclophosphamid
CYP2D6
Bufuralol, Spartein, Debrisoquin
CYP2E1
Leber, Niere, Darm, Leukozyten
Kleine Moleküle: Ethanol, Paracetamol
CYP3A4
Leber, Darm
Aflatoxin, viele Verbindungen
Reduktionen
von Aldehyden (z.B. Chloralhydrat)
von Azoverbindungen (z.B. Salazosulfapyridin)
von Nitrogruppen (z.B. Nitrazepam)
Dehaloginierung (z.B. Halothan)
Carbonyl-Reduktion
ein wichtiger Phase-I-Stoffwechselweg für Arzneistoffe und endogene Substanzen
Er führt zur Bildung von Alkoholen, die meist hydrophiler sind und weiter metabolisiert oder ausgeschieden werden.
R-C=O -> R-HC-OH
Vielzahl von Carbonylsubstraten
Pharmaka: z.B. Warfarin, Acetohexamid, Actinomycin D
Giftstoffe/Karzinogene: z.B. NNK (Tabak-spezifische Nitrosamine), Aldehyde (z.B. aus Obst), Aflatoxin B1
Endogen: z.B. Produkte der Lipidperoxidation, Steroide, Prostaglandine
Daunorubicin-Carbonyl-reduzierende Enzyme
Daunorubicin ist ein Anthrazyklin-Antibiotikum, das in der Chemotherapie zur Behandlung von Leukämien eingesetzt wird
Es wird im Körper durch Carbonyl-Reduktion metabolisiert, wobei der Hauptmetabolit Daunorubicinol entsteht
Daunorubicinol:
weniger reaktiv
Höhere Hydrophilie → Erleichterte Ausscheidung
Aber: Erhöhte Kardiotoxizität
Wichtige Enzyme:
Aldo-Keto-Reduktase Familie 1, Mitglied A1 (AKR1A1) -> Aldehydreduktase (katalysiert die Reduktion der Carbonylgruppe)
CBR1 (Carbonyl-Reduktase 1)
Aldo-Keto-Reduktase Familie 1, Mitglied C2 (AKR1C2)
Aldo-Keto-Reduktase Familie 1, Mitglied B1 (AKR1B1) -> Aldosereduktase
NNK (Tabakrauch-spezifische Nitrosamine) - Phase I
Phase I: Aktivierung von NNK (Oxidation durch Cytochrom P450)
CYP2A6 (Leber) und CYP2A13 (Lunge) -> α-Hydroxylierung von NNK (Alkylierung) → Bildung von DNA-Addukten → Mutationen & Krebsrisiko
Hydroxysteroid-Dehydrogenasen (HSD): Reduktion von NNK zu NNAL
Hydroxysteroid-Dehydrogenasen (HSD) - Hemmung
durch
Stress, Schwangerschaft, Cholinsäuren
medikamentöse Therapie, Alkohol, Verhütungsmittel, anabole Steroide, Glycyrrhetinsäure, Naringenin
NNK (Tabakrauch-spezifische Nitrosamine) - Phase II
Phase II: Entgiftung von NNK (Konjugation & Ausscheidung)
Glucuronidierung (UGT1A4, UGT2B10) → Ausscheidung von NNAL-Glucuronid über Urin
Glutathion-S-Transferasen (GSTs) → Neutralisieren reaktive Metaboliten
Problem: Genetische Polymorphismen in diesen Enzymen können die Entgiftung verlangsamen → höheres Krebsrisiko
Weitere Phase-I-Enzyme
Alkoholdehydrongease (ADH)
Aldehyddehydrogenase (ALDH)
Xanthinoxidase (z.B. Coffein , Harnsäureproduktion)
Monoaminoxidasen (z.B. endogene Catecholamine, Tyramin im Käse)
Diaminoxidasen (z.B. Histamin)
Flavinmonooxygenasen (FMO)
Reduktasen, Dehydrogenasen, Esterase, Poxidhydrolase
Alkoholdehydrogenase (ADH)
Enzyme aus der Subfamilie I (ADH 1-3) zu 95% verantwortlich für primären Ethanolabbau
ALDH 1 (Cytosol) und ALDH 2 (Mitochondrien) verantwortlich für weiteren Ethanolabbau zu Essigsäure
Gendefekt der ALDH 2 (häufig bei Asiaten) -> Flushsyndrom (Palpitation, Schweißausbruch, Hautrötung, Übelkeit, Erbrechen)
5 Isoformen Gendefekt der FMO 3 führt zum Fish-Odor-Syndrom (Abbau von Trimethylamin)
Bildung von Aminoxiden und S-Oxiden zahlreicher Pharmaka (z.B. Imipramin, Phenothiazine, Ephedrin)
Konjugationsreaktion
Phase-II-Reaktionen der Biotransformation, bei denen ein funktionelles Molekül an eine bereits veränderte Substanz (nach Phase-I-Reaktion) angehängt wird
Dadurch werden Fremdstoffe, einschließlich Pharmaka, hydrophiler, weniger toxisch und besser ausscheidbar
Aminosäurekonjugation (Gly, Tau, Glu)
“Ester”-Glucuronidierung
“Ether”-Glucuronidierung
Sulfatierung
Acetylierung
Sulfatierung/Glucuronidierung
Phase-2-Enzyme
Glutathion-Transferasen (GST)
Sulfo-Transferasen (ST)
Acetyl-Transferasen (AT)
Glucuronosyl-Transferasen (UGTP)
Methyl-Transferasen (MT)
Aminosäure-Transferasen
Konjugationsreaktionen, bei denen gut wasserlösliche Metaboliten entstehen, die rasch durch aktive Sekretion renal ausgeschieden werden
Trichlorethanol —Aktivierte Glucuronsäure—> Glucuronid des Tricholrethanols
Benzoesäure —Glycin—> Hippursäure
Phenol —Aktiviertes Sulftat—> Phenolschwefelsäure
Glutathion
besteht aus Cystein, Glutaminsäure und Glycin
Bildung eines Mercaptursäure-Derivats aus Brombenzol
erfolgt über die Glutathion-Konjugation und nachfolgende enzymatische Umwandlungen
dieser Prozess dient der Entgiftung von Halogenaromaten wie Brombenzol und ermöglicht deren Ausscheidung
in der Phase I bildet sich ein Epoxid, welches sich durch eine nicht-enzymatische Reaktion kovalent an ein Makromolekül binden kann, danach wird des durch eine nicht-enzymatische Umlagerung zu Bromphenol
Phase II: Glutathion (GSH) bindet an das Epoxid unter Bildung eines Glutathion-Konjugats (Enzym: Glutathion-S-Transferase)
-> Abspaltung von Glutamat und Glycin -> Bromphenyl-Cystein
-> Acetylierung der Cystein-Gruppe (Enzym: Acetyltransferase) und Abspaltung von H2O
-> Bromphenyl-Mercaptursäure
weitere mögliche Biotransformationsreaktion: durch die Epoxidhydratase: Epoxid -> 3,4-Dihydroxybrombenzol
Bedeutung der Mercaptursäure-Bildung
Detoxifikation: Elektrophile Brombenzol-Metaboliten werden neutralisiert
Erhöhte Wasserlöslichkeit: Ermöglicht Ausscheidung über Urin
Schutz vor Toxizität: Verhindert kovalente Bindung an zelluläre Makromoleküle
Bildung reaktiver Metabolite
die Bildung reaktiver Metaboliten ist der Schlüssel zum Verständnis vieler toxischer Reaktionen
“giftende” und “entgiftende” Funktion
Prinzip: reaktiver Metabolit
Reaktion mit
Proteinen, DNA, RNA -> Primärschäden
prosthetischen Gruppen
Entstehung von Radikalen, Initiierung von Kettenreaktionen
Bildung reaktiver Metabolite - Folgen
DNA-Addukte -> Mutationen
Proteinaddukte -> vielfältige Funktionsschäden und “Fremd”-Werden von Proteinen, Antikörperbildung, Allergien (mit Cytochrom P-450: Suizidreaktion)
Bioaktivierung
Sulfachrysoidin (antimikrobiell wirksam, nur in vivo) —Bioaktivierung—> Sulfanilamid (antibakteriell wirksam, in vitro und in vivo)
Proguanil —Bioaktivierung—> Cycloguanil (gegen Malaria wirksam)
Phenacetin —Bioaktivierung—> Paracetamol (Analgetikum)
Prednison —Bioaktivierung—> Prednisolon (Glucocorticoid)
Biotoxifizierung
Parathion (schwacher Acetylcholinesterase-Hemmstoff) —Biotoxifizierung—> Paraoxon (starker Acetylcholinesterase-Hemmstoff)
2-Acetyl-aminofluoren (präkarzinogen) —Biotoxifizierung—> 2-(N-Hydroxy-acetyl)-aminofluoren (karzinogen)
beta-Naphthylamin (präkarzinogen) —Biotoxifizierung—> alpha-Hydroxy-beta-naphthylamin (karzinogen)
Aktivierung von Benz(a)pyren
Benz(a)pyren (BaP) ist ein polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoff (PAK), der als Prokarzinogen bekannt ist
Es selbst ist nicht toxisch, wird aber im Körper durch Enzyme des Fremdstoffmetabolismus in reaktive elektrophile Metaboliten umgewandelt, die DNA-Schäden verursachen können
Phase I (Oxidation durch CYP450): Bildung von Epoxiden
Phase II (Detoxifikation oder DNA-Schädigung): Konjugation oder kovalente DNA-Bindung
Aktivierung von Benz(a)pyren - Phase I
Oxidation durch Cytochrom P-450 (Phase I)
Enzym: CYP1A1
Reaktion: Einführung von Sauerstoff → Bildung von Benz(a)pyren-7,8-Epoxid
Aktivierung von Benz(a)pyren - Phase II
Hydrolyse zu Benz(a)pyren-7,8-Diol
Enzym: Epoxidhydrolase
Reaktion: Umwandlung des Epoxids in ein trans-7,8-Diol
Zweite Oxidation zu reaktivem Diolepoxid
Enzym: CYP1A1 / CYP1B1
Reaktion: Oxidation des Diols zu Benz(a)pyren-7,8-dihydrodiol-9,10-epoxid (BPDE)
BPDE ist der ultimative karzinogene Metabolit!
Bindung an die DNA → Mutationen & Krebs
BPDE ist hochreaktiv und bildet kovalente Addukte mit DNA-Basen (v. a. Guanin) -> N-Desoxyguanosin-Benz(a)pyren-Addukt
Führt zu DNA-Schäden, Mutationen (p53-Gen) → Tumorbildung
Inaktivierung von Benz(a)pyren
Benz(a)pyren-7,8-epoxid, trans-7,8-diol oder BPDE (Benz(a)pyren-Dihydrodiolepoxid) wird durch Konjugation mit Glutathion (Eznym: Glutathion-S-Transferase) entschärft, sodass es nicht mehr an die DNA binden kann -> weiter zu Mercaptursäuren umgebaut und über Urin oder Galle ausgeschieden
Benz(a)pyren-7,8-epoxid, trans-7,8-diol oder BPDE (Benz(a)pyren-Dihydrodiolepoxid) wird mit Glucuronsäure konjugiert (Enzym: UDP-Glucuronosyltransferase) → erhöhter Wasserlöslichkeit → renale Ausscheidung
BPDE (Benz(a)pyren-Dihydrodiolepoxid) durch Expoxidhydrolase inaktiviert
Enzymhemmung durch Grapefruitsaft
Grapefruitsaft hemmt das Enzym CYP3A4, das für den Abbau vieler Arzneistoffe in der Leber und im Darm verantwortlich ist
Folge: Medikamente, die normalerweise von CYP3A4 abgebaut werden, bleiben länger im Körper und können stärkere oder unerwartete Wirkungen haben
Bei Hemmung durch Grapefruitsaft: Der Arzneistoff bleibt aktiv → höhere Konzentrationen im Blut → verstärkte Wirkung oder Nebenwirkungen
Hemmstoffe im Grapefruitsaft:
Furanocumarine (z. B. Bergamottin, Dihydroxybergamottin)
Flavonoide (z. B. Naringin, Naringenin)
Diese Substanzen blockieren irreversibel CYP3A4, indem sie das Enzym modifizieren und abbauen
z.B. bei Blutdrucksenker, Cholesterinsenke, Psychopharmaka, Schmerzmittel (Fentanyl, Oxycodon)
Enzyminduktoren
Enzyminduktoren sind Substanzen, die die Aktivität von Enzymen erhöhen, indem sie deren Expression steigern
Hauptziel: Beschleunigung des Arzneistoffabbaus → Verminderte Medikamentenwirkung!
Wichtige Enzyminduktoren
Antibiotika: Griseofulvin, Rifampicin
Antiepilekptika: Carbamazepin, Hydantoine
Antihistaminika: Diphenhydramin
Antirheumatika: Phenylbutazon
Hypnotika: Barbiturate
Insektizide: Aldrin, Dieldrin, Chlorphenotan, Hexachlorcyclohexan
Orale Diabetika: Tolbutamid
Pyschopharmaka: Chlorpromazin, Imipramin, Triflupromazin
Molekularer Mechanismus der Induktion vom Methylchloranthren-Typ
Methylcholanthren (MC) ist ein polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoff (PAK), der als starker Enzyminduktor wirkt
Hauptwirkung: erfolgt über den Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AhR), der die Expression von Phase-I- und Phase-II-Enzymen steigert
Bindung an den Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AhR)
MC ist ein Ligand für AhR, einen intrazellulären Transkriptionsfaktor.
Im Ruhezustand liegt AhR im Cytoplasma gebunden an Hitzeschockprotein 90 (Hsp90)
Translokation in den Zellkern
Der aktivierte AhR-MC-Komplex wandert in den Zellkern
Dort interagiert er mit ARNT (Aryl Hydrocarbon Receptor Nuclear Translocator) und bildet einen heterodimeren Transkriptionskomplex
Aktivierung der Genexpression
Der AhR-ARNT-Komplex bindet an spezifische DNA-Sequenzen, die als Xenobiotic Response Elements (XREs) oder Dioxin-Response-Elements (DREs) bekannt sind.
Diese Sequenzen befinden sich in den Promotorregionen von Enzym-Genen, darunter: CYP1A1
-> Enzymerhöhung und Metabolisierung von Fremdstoffen
-> Diese Phase-I-Enzyme oxidieren viele krebserregende Stoffe (z. B. Benz(a)pyren)
-> Parallel werden Phase-II-Enzyme wie UDP-Glucuronosyltransferasen (UGTs) und Glutathion-S-Transferasen (GSTs) aktiviert, um toxische Metaboliten zu entgiften.
Induktion durch Nahrungsbestandteile
Bei freiwilligen Probanden wird die Kinetik der Ausscheidung von Phenazetin ermittelt
dieselben Probanden erhalten Kohlgemüse zum Essen, anschließend wird wieder die Kinetik der Ausscheidung von Phenazetin ermittelt
Ergebnis: Phenazetin gelangt in geringerer Konzentration in Blut, es wird signifkant schneller ausgeschieden beim Verzehr von Kohlgemüse
Genetische Polymorphismen und seltene Defekte arzneistoffabbauender Enzyme
Genetische Polymorphismen in arzneistoffabbauenden Enzymen führen zu interindividuellen Unterschieden in der Metabolisierung von Medikamenten -> manche Personen bauen Medikamente schneller oder langsamer ab, was deren Wirkung und Nebenwirkungen beeinflusst
Genetische Tests können helfen, die richtige Dosierung zu wählen
Besonders wichtig für Medikamente mit geringer therapeutischer Breite (z. B. Warfarin, Chemotherapeutika)
Pharmakogenetik wird zunehmend zur Optimierung von Therapieentscheidungen genutzt
Wichtige Polymorphismen arzneistoffabbauender Enzyme
Metabolisierung von Antidepressiva, Betablockern, Opioiden)
ca. 5–10 % der Europäer → Risiko für Nebenwirkungen durch Medikamente wie Codein (wenig Umwandlung in Morphin) oder Metoprolol (Überdosierung)
CYP2C19
Metabolisierung von Protonenpumpenhemmern, Clopidogrel, Antidepressiva
2–5 % der Europäer → Clopidogrel (Blutverdünner) bleibt inaktiv → erhöhtes Risiko für Thrombosen
CYP2C9
Metabolisierung von Warfarin, NSAIDs, Antidiabetika)
ca. 2 % der Europäer → Warfarin wird langsam abgebaut → Erhöhtes Blutungsrisiko
NAT 2 (N-Acetyltransferase),
Metabolisierung von Isoniazid, Koffein, Sulfonamide
Slow Acetylators (50 % der Europäer, 90 % der Asiaten) → Isoniazid-Überdosierung → Leberschäden, periphere Neuropathie.
Seltene genetische Defekte arzneistoffabbauender Enzyme
Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT)-Defizienz: Azathioprin und 6-Mercaptopurin werden nicht richtig abgebaut → schwere Knochenmarksuppression.
Pharmakogenetische Polymorphismen und Krebsrisiko
Genetische Polymorphismen in arzneistoffabbauenden Enzymen beeinflussen nicht nur die Medikamentenwirkung, sondern auch das individuelle Krebsrisiko
Besonders betroffen sind Enzyme, die für die Aktivierung oder Detoxifikation von Karzinogenen verantwortlich sind
Polymorphismen in Phase-I-Enzymen können das Krebsrisiko durch verstärkte Karzinogenaktivierung erhöhen
Polymorphismen in Phase-II-Enzymen können die Detoxifikation beeinträchtigen und das Risiko weiter steigern
Pharmakogenetische Polymorphismen und Krebsrisiko: Phase-I-Enzyme
Defekt
Vorkommen
Tumorrisiko
schneller Metabolismus von Debrisoquin und anderen Antihypertensiva und des kanzerogenen
90-95% der Europäer
Risiko für Harnblasen-, Leber- und Bronchialkrebs erhöht
hohe Induzierbarkeit durch PAK und Tetrachlordibenzoldioxin (TCDD)
10% der Europäer und kombiniert mit GST-M1 null
Risiko für Bronchialkrebs erhöht
Defizienz, genetischer Polymorphismus für Coffein (bimodal)
<1%
Niedrigeres Risiko für Harnblasen- und Kolonkrebs??
Pharmakogenetische Polymorphismen und Krebsrisiko: Phase-II-Enzyme
Glutathion-S-Transferase M1 (GST-M1)
Null-Genotyp (mangelnde Inaktivierung von AFB1 und Tabakrauchbe-standteilen
50% der Europäer
Erhöhtes Risiko für Harnblasen-, Bronchial- und Leberkrebs (AFB1)
GST-T1
Null-Genotyp (kann schlecht Ethylenoxid und einige andere Tabakrauchbestandteile abbauen)
20-30% in BRD
10% in Schweden
Erhöhtes Risiko für Magen-, Harnblasen- und Bronchialkrebs
Epoxidhydrolase
Mutation
?
Erhöhtes Risiko für Leberkrebs (AFB1)
Acetyltransferase
langsame Acetylierer (Konjugation von aromatischen Aminen)
Erhöhtes Risiko für Harnblasenkrebs
schnelle Acetylierer (Konjugation von heterozyklischen Aminen)
Erhöhtes Risiko für Kolonkrebs
Funktionsprinzip von ABC-Transportern am Beispiel von P-Glykoprotein (P-gp)
ABC-Transporter (ATP-Binding Cassette Transporter) sind Membranproteine, die unter ATP-Verbrauch verschiedene Substrate aktiv aus der Zelle herauspumpen
Ein besonders wichtiger Vertreter ist P-Glykoprotein (P-gp), das eine zentrale Rolle in der Arzneistoffresistenz spielt
Passive Diffusion von P-gp-Substraten in die Zelle
P-Gp erkennt das Substrat in der Lipiddoppelschicht oder im Zytoplasma.
ATP bindet an die zwei ATP-Bindedomänen von P-Gp
Dadurch ändert sich die Konformation des Transporters, sodass das gebundene Substrat aus der Zelle herausgeschleust wird
Das Substrat wird in den extrazellulären Raum abgegeben
ATP wird zu ADP + P hydrolysiert
P-Gp kehrt in seine ursprüngliche Konformation zurück
Bedeutung von P-Gp in der Pharmakologie
Arzneimittelresistenz (z. B. in der Krebstherapie)
Tumorzellen überexprimieren P-Gp → Chemotherapeutika werden schnell wieder herausgepumpt → Wirkverlust
Lösung: Einsatz von P-Gp-Inhibitoren (z. B. Verapamil, Cyclosporin), um Resistenzen zu umgehen
Blut-Hirn-Schranke (Schutz vor Neurotoxinen, aber auch Arzneistoffe!)
P-Gp verhindert das Eindringen von Medikamenten ins ZNS (z. B. Loperamid kann die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren).
Problem: Medikamente gegen Hirntumore oder Epilepsie werden aus dem Gehirn gepumpt → schlechte Wirkung.
Arzneimittel-Wechselwirkungen
Substanzen, die P-Gp hemmen oder induzieren, beeinflussen die Bioverfügbarkeit anderer Medikamente!
Beispiel:
Grapefruitsaft hemmt P-Gp → Höhere Arzneistoffspiegel
Johanniskraut induziert P-Gp → Schnellerer Abbau von Medikamenten (z. B. Ciclosporin, Digoxin)
P-Gp-Inhibitoren
führt dazu, dass weniger Medikamente oder Toxine aus der Zelle herausgepumpt werden
Dies kann die Aufnahme, Verteilung und Wirksamkeit von Arzneistoffen erhöhen, aber auch das Risiko für Nebenwirkungen und Toxizität steigern
endogene Substanzen (z. B. Verapamil, Cyclosporin)
Lokalisation von P-Glykoprotein (P-gp) in Geweben und Bedeutung für die Elimination
Zelltyp
Lokalisation
Transport in
Hepatozyt
Kanalikuläre Membran
die Galle
Darm
Enterozyt
Apikale Membran
das Lumen des GI-Traktes
Niere
Epithelzellen des proximalen Tubulus
das Lumen des Tubulus
Gehirn
Endothelzellen der Gehirnkapillaren
Luminale Membran
das Blut
Verteilung und Ausscheidung von Pharmaka
ist eine Substanz (nach enteraler Resorption oder parenteraler Gabe) ins Blut gelangt, verteilt sie sich zwischen dem Blut und den Gewebem, wobei Löslichkeit, Molekulargröße und elektrische Lafung entscheidend das Verhalten bestimmten
in den Primärharn gelangen die Substanzen durch glomeruläre Filtration (bis zu einem Molekulargewicht von ca. 70000) und tubuläre Sekretion
gut lipidlösliche Pharmaka werden meistens tubulär rückresorbiert und können damit renal nicht oder nur schlecht ausgeschieden werden
der Hauptsitz des Arzneimittelabbaues ist die Leber, die die Pharmaka und/oder ihre Metaboliten, deren Wasserlöslichkeit im allgemeinen höher ist, wieder an das Blut zurückgibt oder über die Galle ausscheidet
die biliär elimierten Produkte verlassen den Körper entweder mit dem Faeces oder können (z.B. nach bakterieller Abspaltung eines Glucuronsäure-Restes) wieder rückresorbiert werden (enterohepatischer Kreislauf)
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