Persistenz
Langlebigkeit einer chemischen Verbindung in der Umwelt
Hinweis aus der Struktur:
Alkane persistenter als Alkene
aromatische Verbindungen persistenter als Alkane
mehrfach halogenierte Verbindungen persistenter als nicht- oder wenig halogenierte Verbindungen
Persistenz als Umweltkriterium
nur persistente Substanzen können sich nennenswert in der Umwelt anreichern (ggf. verstärkt durch Akkumulierbarkeit) und bei gleichzeitiger Mobilität ubiquitär verteilen
die Persistenz ist das zentrale Umweltkriterium, ähnlich wie die Humantoxizität für den Arbeitsplatz
sie steht stellvertretend und im Sinne des Vorsorgeprinzip für die direkt nicht erfassbare Ökotoxizität
Erfassen von Umwelttoxizität
Molekül: Sehr gute Testmöglichkeiten, am wenigsten Relevanz der Aussagen, sehr wenig Komplexität
Zelle: Gute Testmöglichkeiten, wenig Relevanz der Aussagen, wenig Komplexität
Organismus: Mittlere Testmöglichkeiten, mittlere Relevanz der Aussagen, mittlere Komplexität
Population: Schlechte Testmöglichkeiten, hohe Relevanz der Aussagen, hohe Komplexität
Ökosystem: sehr schlechte Testmöglichkeiten, sehr hohe Relevanz der Aussagen, sehr hohe Komplexität
Ca. 8,5 Milionen Spezies gibt es auf der Erde, davon sind ca. 89% auf dem Land und ca. 91% in den Ozeanen unentdeckt
Anwendung von Modellrechnungen, z.B. mit relevanten Verteilungskonstanten
Konstanten zur Charakterisierung der Verteilung von Stoffen zwischen Kompartimenten
Wasser - Biota: Oktanol/Wasser-Verteilungskonstante
Luft - Wasser/Boden: Henry-Konstante
Festkörper-Wasser-Verteilungskonstante
Oktanol/Wasser-Verteilungskonstante
Je größer Kow, desto schneller gelangt die Susbtanz in die Oktanolphase = mit steigendem Kow-Wert steigt die Lipophilie und damit in der Regel die Akkumulation in Organismen
Kow = Konzentration in Oktanol-Phase/Konzentration in Wasserphase
oft logKow
log3
10^3 = 10*10*10 = 1000
Henry-Konstante
Je größer die Henry-Konstante, desto schneller gelangt die Substanz in die Gasphase
KH = Konzentration in der Gasphase/Konzentration in der Wasserphase = Partialdruck/Konzentration in der Wasserphase
Je größer die Festkörper-Wasser-Verteilungskonstante, desto höher die Konzentration im Boden (hydrohpobe Stoffe, aber auch polare Stoffe)
Kp= Konzentration in der festen Phase/Konzentration in der Wasserphase
Der stumme Frühling
Zoologin veröffentlicht 1962 das Buch und thematisiert darin die Effekte von Pestiziden auf Ökosysteme
Startpunkt der US-amerikanischen Umweltbewegung -> führte zum Verbot von DDT
Kritiker behaupten, dass die Autorin für Millionen von Malariatoten verantwortlich sei, da ihr Buch ein weitgehendes Verbot des Pestizids DDT veranlasst habe
Postum mit der höchsten zivilen Auszeichung der USA geehrt
DDT - Geschichtliches
1874: DDT erstmal synthetisiert
1940-1970: Großräumiger Pestzideinsatz
1948: Nobelpreis für DDT-Insektizid
1955: Entdeckung von einer abnormalen Anzahl zerbrochener Eier in Nestern von Wanderfalken in England
1961-1962: Weniger als 1/5 der Wanderfalken in England kann Jungvögel aufziehen, Eierschalen zerbrechen
1962: Erste Rückstandanalysen an DDE in Wanderfalkeneiern
1965: Wanderfalken im Osten der USA und Kanada verschwunden, Populationen markant reduziert
1967: Vergleich der Eiern von Wanderfalken aus Museen, Eischalenverdünnung seit 1947 sichtbar (Korrelation mit DDT-Einsatz)
1972: Verbot von DDT in den USA nach intensiver juristischer Auseinandersetzung zwischen der Umweltbehörde und der ehemaligen Industrie, danach in anderen westlichen Industrieländern
1975: in Deutschland nur noch ca. 10% der Wanderfalken vorhanden
1979: Globaler Nachweis der Eischalenverdünnung
heute: Erholung der Wanderfalkenbestände in Ländern, wo DDT verboten ist, Gebrauch von DDT vor allem in 11 Entwicklungsländern (Malariabekämpfung)
Die Stockholmer Konvention - Stockholm Convention on Persistent Organic Pollutants (POPs)
ist ein globaler Vertrag um die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor gefährlichen, langlebigen organischen Chemikalien durch die Beschränkung (letztlich Beseitigung) der Herstellung, der Verwendung, des Handels und der Lagerung zu schützen
2004 in Kraft getreten
nach mehrjähriigen und konfliktgeladenen Verhandlungsrunden: Regelung bei Produktion, Anwendung, Handel, Emissionen und Abfallbeseitigung von zunächst zwölf Problemstoffen
zusätzliche POPs werden mit der Zeit hinzugenommen
Einige Länder haben die Konvention nicht ratifiziert oder sind keine Vertragsparteien. Dazu gehören:
USA → Haben die Konvention zwar unterzeichnet, aber nie ratifiziert.
Israel → Hat die Konvention nicht ratifiziert.
Malaysia → Hat das Abkommen nicht vollständig umgesetzt.
Italien → Hat ursprünglich gezögert, ist mittlerweile aber beigetreten.
Kriterien für Schadstoffe (POPs) gemäß Stockholmer Konvention
Persistenz: Halbwertszeit in Wasser (2 Monate) oder im Boden, Sediment (6 Monate)
Bioakkumulation: Bioakkumlationsfaktor für Wasserorganismen 5000, hilfsweise log Kow >5
Potential für Ferntransport: Nachweis entweder durch Monitoringdaten oder durch Modellresultate/physikalisch-chemische Eigenschaften, die das Potential deutlich machen
Schädliche Wirkungen: Nachweis/Hinweise auf schädliche Wirkungen auf Umwelt und Gesundheit
Nicht alle Kriterien müssen zu 100% erfüllt sein!
Anfangs zwölf Substanzen im Sinne des Konventionstextes deklariert (“Das dreckige Dutzend”)
Pestizide/Insektizide: Aldrin, Chlordan, DDT, Dieldrin, Endrin, Heptachlor, Hexachlorbenzol, Mirex, Toxaphen
Industriechemikalien (PCBs): polychlorierte Biphenyle
Unerwünschte Nebenprodukte (PCDD/F): polychlorierte Dibenzoldioxine und -furane
Mittlerweile sind mehr Stoffe dazugekommen, eingeteilt in Gruppen -> Annex A: Elimination; Annex B: Restriktion; Annex C: Unitentional Production
Bromierte und fluorierte Verbindungen
Toxizität polychlorierter Insektizide
Einige insektizide Organochlorverbindungen sind akut wenig toxisch -> tödliche Dosis von DDT für Erwachsene: 20-30 g
Alle insektiziden Organochlorverbindungen sind neurotoxisch, insbesondere solche vom Cyclohexandien-Typ:
längere Öffnung der Na-Kanäle -> Übererregbarkeit, Tremor, Muskelzuckungen
Zentralnervöse Symptomatik: Schwindel, Kopfschmerzen; Wechselwirkung mit dem GABA-Rezeptor -> Krämpfe, Hyperreflexe
Schadstoffanreicherung an den Polen
Umweltstabile, halogenierte Schadstoffe werden in hoher Konzentration in Tieren der polaren Nahrungsnetze gefunden
Ebenso in Muttermilchproben der arktischen Ureinwohner, den Inuit
Die Konzentrationen sind so hoch, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind
Andererseits sind die negativen sozialen Konsequenzen eines Jagdverbots auf marine Säuger noch größer: “Arktisches Dilemma”
Der Stofftransport erfolgt durch Atmosphäre, Meer, Packeis und Flüsse
Die Schadstoffkonzentrationen im Sediment und Seewasser sind in arktischen Gebieten nicht auffällig hoch
Grashüpfer-Effekt
beschreibt ein Umweltphänomen, bei dem bestimmte Schadstoffe (insbesondere persistente organische Schadstoffe (POPs)) über weite Strecken transportiert werden, insbesondere in Richtung der Polarregionen
Wiederholter Verdunstungs- und Kondensationsprozess über große Entfernungen (hüpfende Bewegung der Schadstoffe)
Verdampfung in warmen Regionen 🌞
Schadstoffe (z. B. persistente organische Schadstoffe – POPs wie DDT oder PCB) verdampfen in wärmeren Klimazonen.
Transport durch Wind und Luftströmungen 🌬️
Die verdampften Chemikalien werden durch Luftströmungen in kühlere Gebiete getragen.
Kondensation in kälteren Regionen ❄️
In kälteren Klimazonen kühlt die Luft ab, wodurch die Schadstoffe wieder kondensieren und sich auf Böden, Gewässern und Pflanzen ablagern.
Wiederholung des Zyklus 🔄
Dieser Verdunstungs-Kondensations-Prozess kann sich mehrfach wiederholen („Hüpfen“ wie ein Grashüpfer), bis die Schadstoffe schließlich in polaren oder bergigen Regionen landen.
Niedrigflüchtige Stoffe
Sehr leicht, auch bei niedrigen Temperaturen
Kann sich schnell in der Luft verteilen, aber auch rasch abgebaut werden
Hochflüchtige Stoffe
Verdampfen nur schwer oder gar nicht
Bleibt oft lange in der Umwelt erhalten (z. B. persistent organische Schadstoffe – POPs)
Sinkende DDT + PCB Level =
steigende Wildtierpopulationen
Perfluorierte Tenside
PFOA und PFOS
Einsatz in Treibgasen, Kältemitteln, zur Oberflächenbeschichtung
Extrem persistent -> PFOA und PFOS sind praktisch nicht biologisch abbaubar
im Tierversuch kanzerogen
Ratten: Untergewichtige Nachkommen
Primaten: Wirkung auf die Schilddrüse
Eliminationshalbwertszeiten im Blut (PFOS und PFOA sind wasserlöslich) von Industriearbeitern:
4,4 Jahre (PFOA)
8,7 Jahre (PFOS)
Bioakkumulation im BLut, in Leber und Gallenflüssigkeit; Bindung an Protein
Hauptaufnahmequelle: Nahrungsmittel (Fisch, Trinkwasser), dermaler Kontakt
Bromierte Flammenschutzmittel - Quellen, Vorkommen
Produktion pro Jahr im Bereich von 100.000 Tonnen
Zusatz in Kunststoffen, z.B. Gehäuse, Möbel, Teppiche
Bromierte Flammenschutzmittel - Eigenschaften
sehr lipophil
bioakkumulierend
Fähigkeit zum Ferntransport
persistent
Bromierte Flammenschutzmittel - Toxizität
vermutet werden Dioxin-ähnlich Wirkungen
Wirkungen auf das Hormonsystem
Wirkungen auf die Schilddrüse
Kanzerogene Wirkung (?)
Bromierte Flammenschutzmittel - Exposition
Fettreiche Nahrung: Fleisch, Fisch, Muscheln
Bromierte Flammenschutzmittel
Tetrabromidphenylether
ähnliche Struktur wie Tyhroxin (T4, Schilddrüsenhormon)
Hormonaktive Stoffe (endokrine Disruptoren)
Effekte schon bei sehr niedrigen Konzentrationen
ca. 70 Stoffe mit nachgewiesener Wirkung als Geschlechts- oder Schilddrüsenhormon sind bekannt, z.B.:
Natürliche und synthetische Östrogene
Phytoöstrogene
Pestizide
Chemikalien in Kunststoffen (Bisphenol A, Weichmacher)
PCB, PCDD/F
Organozinnverbindungen
Hormonaktive Stoffe: Schädliche Eigenschaften
Beeinflussung des Hormonsystems in der Wachstumsphase oder vor der Geburt kann zu (irreversiblen) Schäden führen
Populationseinbrüche bei Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien werden mit endokrinen Disruptoren in Verbindung gebracht
Eindeutig belegt ist der zur Unfruchbarkeit führende Einfluss von Organozinnverbindungen auf Weichtiere
Wirkung von hormonaktiven Umweltschadstoffen und auf den Menschen, insbesondere Kindern, Babys, Embryos?
erhöhtes Krebsrisiko?
Einfluss auf die Fortpflanzung, Nervensystem, Immunsystem?
Hormonaktive Stoffe: Organozinnverbindungen
z.B. Tributylzinnchlorid (= TBT)
seit 2003 für Schiffsfarben verboten
bioakkumuliert in Meeresorganismen, führt zu Unfruchtbarkeit bei vielen Meeresorganismen insbesondere Schnecken und Mollusken (Vermännlichung, Imposex)
Aromatase Hemmstoffe -> Androgene werden nicht in Östrogene umgewandelt
Hormonaktive Stoffe: Organozinnverbindungen - Anwendung
Desinfektionsmittel/fungizides Schutzmittel für Textilien, Leder, Papier, Holz
Anti-Fouling-Anstrich für Schiffe (verhindert Muschel- und Algenbewuchs)
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
einige hundert Einzelverbindungen
z.B. Benzo(a)pyren, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benz(a)anthracen
Entstehen bei unvollständiger Verbrennung von organischen Material (z.B. Kohle, Kraftstoff, Tabak, Grillgut)
Als Zusatz in Kunststoffen enthalten (Weichmacher)
einige PAK sind Karzinogene für Menschen (z.B. Benzo(a)pyren) -> die akute Toxizität ist gering
EFSA: 16 PAK stellen den Hauptanteil dar
Messung von (mindestens) vier Leitsubstanzen zur Ermittlung der Belastung von Nahrungsmitteln
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - Aufnahme
Hauptaufnahmepfad:
Getreideflocken und Meeresfrüchte, Gebratenes
Luft, Tabakrauch, Kunststoffe
Aufnahme (PAH4) durch die Nahrung in Europa: Median = 1,5 Mikrogramm pro Tag (0,025 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag)
PAK-Belastung von Böden und Sedimenten
bis 1960 hat die PAK-Belastung von Seesedimenten stark zugenommen
Gegenmaßnahmen -> PAK-Belastung in Sedimenten ist zurückgegangen, kommt aber nicht auf den Zustand vor der Industralisierung zurück
Bioaktivierung (Giftung) von PAK
Bromierte Flammschutzmittel - Eigenschaften
Bromierte Flammschutzmittel - Toxizität
vermutet werden Dioxin-ähnliche Wirkungen
Bromierte Flammschutzmittel - Exposition
Bromierte Flammschutzmittel
Tetrabromdiphenylether -> hat ähnliche Strukut wie Thyroxin (T4), ein Schilddrüsenhormon
Hromonaktive Stoffe (endokrine Disruptoren)
ca. 70 Stoffe mit nachgewiesener Wirkung als Geschlechts- oder Schilddrüsenhormon sind bekannt, z.B.
Chemikalien in Kunststoffen (Bisphenol A, Weichmacher)PCB, PCDD/F
Populationseibrüche bei Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien werden mit endokrinen Disruptoren in Verbindung gebracht
Eindeutig belegt ist der zur Unfruchtbarkeit führende Einfluss von Organozinnverbindungen auf Weichtiere
Wirkungen von hormonaktiven Umweltschadstoffen auf den Menschen, insbesondere Kindern, Babys, Embryos?
Einfluss auf Fortpflanzung, Nervensystem, Immunsystem?
z.B. Tributylzinnchlorid (TBT)
Anwendung:
Bioakkumuliert in Meeresorganismen, führt zu Unfruchtbarkeit bei vielen Meeresorganismen insbesondere Schnecken und Mollusken (Vermännlichung, Imposex)
Polyzyklisches aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
z.B. Benzo(a)pyren, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(a)anthracen
entstehen bei unvollständiger Verbrennung von organischem Material (z.B. Kohle, Kraftstoff, Tabak, Grillgut)
als Zusatz in Kunststoffen enthalten (Weichmacher)
Polyzyklisches aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - Aufnahme
Hauptaufnahmepfade:
Luft, Tabak, Kunststoffe
Aufnahme (PAH4) durch die Nahrung in Europa: Median 1,5 Mikrogramm pro Tag (0,025 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag)
PAK-Belastung von Seesedimenten ist seit 1840 gestiegen
1960 wurden Gegenmaßnahmen eingeleitet -> Rückgang der Belastung, kommt aber nicht auf den Zustand vor der Industrialisierung zurück
Dioxin
bezeichnet im einfachsten Fall einen ungesättigten Ring aus vier Kohlenstoff- und zwei Sauerstoffatomen
im Bezug auf Schadstoffe sind polychlorierte Dibenzoderivate gemeint z.B. 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin (TCDD)
Mitunter ist auch pauschal eine Mischung dioxinähnlich wirkender Verbindungen gemeint:
polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD)
polychlorierte Dibenzofurane (PCDF)
Biphenyle
Furane
werden unabsichtig hergestellt
entstehen bei Verbrennung
bei 1200°C zerfallen sie erst wieder -> thermostabil
polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) und polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) - Quellen
Technische Produkte, industrielle Prozesse
Feuer (Trace chemistry of fire)
Chlorbleichung von Papier
Zigarettenrauch
Ein Eintragspfad für POPs - “Entsorgung” von Elektroschrott in Afrika und Asien
Elektroschrott: ca. 30.000-50.000 Millionen pro Jahr
jährlich werden es 4% mehr
50-80% davon landet in Asien und Afrika, teilweise legal, teilweise illegal
Rohstoffe (Gold, Kupfer, seltene Erden)
Aufarbeitung mit einfachsten Mitteln fast ohne Schutzmaßnahmen der Arbeitenden
Erhebliche Kontamination von Luft, Wasser und Böden mit Schwermetallen und POPs
Erste Synthese von “Perchlorphenylenoxyd”
Später gezeigt: Perchlorphenylenoxyd = Octachlor-Dibenzodioxin
Warum stellen Dioxine und dioxin-ähnliche PCBs ein Problem dar?
sehr lipophile (fettlösliche) Substanzen: Einlagerung im Fettgewebe
Ubiquitäre (weltweite) Verbreitung -> Grashüpfer-Effekt
Relativ lange Halbwertszeiten
Anreicherung in der Nahrungskette
Schadwirkungen bereits bei sehr niedrigen Dosen beobachtet
Wozu benötigt(e) man polychlorierte armoatische Biphenyle?
chemisch-physikalische Eigenschaften von PCB
viskose Flüssigkeiten oder Feststoffe, fast geruchlos, thermisch und chemisch inert, schwer entflammbar, fast nicht wasserlöslich, elektisch nicht leitend, meist akut gering toxisch
Anwendung von PCB: Isolierflüssigkeit in Transformatoren und Kondensatoren, Hydraulikflüssigkeit, Dichtungsmassen, Weichmacher, Kabelummantelungen
Polychlorierte Dibenzodioxine/-furane (PCDD/F) wurden industriell nie absichtlich hergestellt -> sie entstehen ungewollt bei vielen Verbrennungsprozessen
Poylchlorierte Biphenyle (PCB)
Ingesamt 209 Kongenere (ähnliche Struktur, aber nicht gleiche Masse) mit 1-10 Chloratomen
Rund 130 davon kommen in den hergestellten Produkten vor (PCDD/F: 75 bzw. 135 Kongenere)
Industirelle Herstellung seit 1929 (>1,5 Millionen Tonnen)
geringer biologischert Abbau -> persistent
Handelsnahmen - Clophen, Arochlor, Kanechlor, Phenochlor, Fenchlor
Toxisches Potential von PCDD/F
Aus toxikologischer Sicht sind die Kongenere mit 2,3,7,8-Chlorsubstitution am wichtigsten -> LD50 (Mikrogramm pro kg): 0,6-2,1 (Meerschweinchen); 114-284 (Maus)
Nach sehr hohen Dosen kann es zur Ausbildung von Chlorakne (chronische, schwere Hautkrankheit) kommen
In deutlich niedrigeren Konzentrationen wurden Störungen des Immunsystems, der Nervenleitung, der Fortpflanzung, des Hormonhaushalts und des Enzymsystems nachgewiesen
Massen Vergiftungsfälle in Japan und Taiwan
Yusho-Krankheit, Japan, 1968
ca. 1800 Betroffene
Auslöser war durch PCB, PCDD/F kontaminiertes Reisöl
Yu-Cheng Krankheit, Taiwan, 1979
ca. 2000 Betroffene
Auslöser war kontaminiertes Reisöl
Toxizität von PCDD/F - Speziesunterschiede
geringer Metabolimus
Anreicherung in Leber und Fettgewebe
Halbwertszeiten von TCDD im TIerversuch: bis 100 Tage
Bei Menschen: 10 Jahre
unter anderem führt die unterschiedliche Bindung zum Ah-Rezeptor zu ausgeprägten Toxizitätunterschieden zwischen verschiedenen Spezies
Hamster: LD50 = 5500 Nanogramm pro g
Maus: LD50 = 132 Nanogramm pro g
Konzentration von PCB in der Umwelt
Wie kommen Dioxine/PCBs in die Nahrung? (Beispiel Milchproduktion)
Kontaminationen über Futter- Reinigungs-,Desinfektionsmittel, Boden, Einstreu, Luft, Anstriche, technische Öle, Altlasten, etc. -> Stall-, Auslauf- und Weidebereich
Kontaminationen über Reinigungs-, Desinfektionsmittel, Altlasten, Anstriche, Schmierstoffe, etc. -> Melksystem, Filtration, Lagerung, Transport
Kontaminationen über Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel, Luft, Schmierstoffe, etc. -> Molkerei
Planare PCBs
werden als Dioxin-ähnliche (dl-PCB) eingestuft (dl = dioxine-like)
non-ortho und mono-ortho substituierte PCB können aufgrund ihrer freien Drehbarkeit zwischen den Benzolringen eine ähnliche räumliche Struktur einnehmen wie 2,3,7,8-TCDD und zeigen vergleichbare toxische Wirkungen wie die Dioxine
planare Struktur (ebene Strukur)= toxisch!
ortho-substituiert = nicht planar, weniger toxisch
die dl-PCB- und die Dioxinwirkung wird über denselben Rezeptor vermittelt
Die dl-PCB- und die Dioxinwirkung wird über denselben Rezeptor vermittelt
Der Arylhydrocarbon-Rezeptor (= AH-Rezeptor)
AhR-Komplex wandert in den Zellkern, tauscht Heatshock Proteine (HSP) gegen den AH-Rezeptor nucleären Transporter (ARNT) und bindet an DNA -> Proteinsynthese
Angabe von Dioxinen und dl-PCB als toxische Equvalente (TEQ)
Annahme:
Qualitativ gleicher Wirkungsmechanismus (Bindung an den Ah-Rezeptor)
Unterschiedlich starke Bindungaffinität bei den Kongeneren
Ableitung von toxischen Equivalentfaktoren (TEF)
Stärkste Toxizität (= stärkste Bindungsaffinität an den Ah-Rezeptor) von 2,3,7,8-TCDD = 1
TEF = Toxizität (Kongener/2,3,7,8-TCDD)
Berechnung TEQ = Summe (Kongenerengehalt * TEF)
Tolerable weekly intake (TWI): 2 pg WHO-PCDD/F/dl-PCB-TEQ/kg KG/Woche
Zwei Picogramm beträgt die Aufnahmemenge pro kg Körpergewicht pro Woche, die ein Leben lang nach jetztigem Stand des Wissens in 2,3,7,8-Tetrachloridbenzodioxinäuqivalenten von Menschen aufgenommen werden kann, ohne dass es zu Schäden kommt
-> 2 pg Dioxinäquivalente pro kg KG und Woche sollten maximal in den Körper gelangen
1 pg = 0,000 000 000 001 Gramm (Billionstel Gramm) -> sehr klein
Die mittlere tägliche Aufnahme für Dioxine/Furane/PCB über die Nahrung liegt mittlerweile über dem Bereich des von der WHO vorgschlagenen TDI-Wertes
Gemessene Gehalte von Dioxinen und dl-PCB in Lebensmitteln
Rindfleisch (12%), Geflügelfleisch (3%), Schweinefleisch (5%)
Fisch (17%)
Milch und Milchprodukte (42%)
Eier (8%)
Käfighaltung ↓
Freiland-, Bodenhaltung ↑
Pflanzenöl und Margarine (7%)
Gemüse und Obst (6%)
Fischöl
-> Fettreiche Nahrung + tierische Lebensmittel
-> über 90% der täglichen Dioxin/PCB-Aufnahme erfolgt über die Nahrung
Dioxingehalte (ohne dl-PCB) in Muttermilch
1986-1989: 28,6 pg pro Grramm Milchfett
2016: 2,9 pg pro Gramm Milchfett
Vorteile des Stillens überwiegen
Zusammenfassung
persistente organische Schadstoffe (POPs) sind ein weltweites Problem
Gebrauch, herstellung, Handel und Entsorgung wird durch die Stockholmer Konvention geregelt bzw. verboten -> die Liste umfasst 28 Stoffe und kann erweiter werden
meist sind chlorierte, bromierte , fluorierte Kohlenwasserstoffe sehr persistent
Persistenz sollte gemäß dem Vorsorgeprinzip stellvertretend für die nicht erfassbare Ökotoxizität stehen
POPs reichern sich in Biota stark an (Bioakkumulation) und können u.a. hormonartige Wirkungen besitzen (endokrine Disruptoren)
POPs besitzen das Potential des Ferntransports
Polycholierte Dibenzodioxine bzw. -furane (PCDD/F) werden unabsichtlich hergestellt und freigesetzt
polychlorierte Biphenyle (PCB) haben ähnliche Giftwirkungen wie Dioxine, insbesondere wenn sie eine beene Struktur haben (dl-PCB)
Zur Quantifiezierung werden Doxin/PCB-Belastungen im Verhältnis zu 2,3,7,8-TCDD verglichen (TEF-Werte) und aufsummiert (TEQ-Werte)
Umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen und EU-weite Höchstgehalte für Dioxine und dl-PCB in Lebensmitteln und Futtermitteln führten zu einer Abnahme der Belastung
Umfangreiche Messprogramme haben gezeigt, dass die Exposition gegenüber Dioxinen/dl-PCB in den letzten 20 Jahren deutlich rückläufig ist -> diese Messprogramme haben allerdings auch eine Reihe von schwerwiegenden Kontaminationen mit erheblichen volkswirtschaftlichen Folgeschäden aufgedeckt
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