Was unterscheidet eine interpretativ-sequenzielle Textanalyse von einem rein schematischen Kodieren?
BILD S. 2
Inwiefern sollten wir bei der Interviewauswertung auch darauf achten, welche Darstellungsweise die interviewte Person für die einzelnen Themen verwendet hat?
BILD S. 4, 5, 6, 7
Was beinhaltet eine Narrationsanalyse?
Die Narrationsanalyse ist ein Verfahren der qualitativen Forschung, um spontane Erzählungen („Narrationen“) von Personen über selbst erlebte Ereignisse oder Prozesse zu interpretieren.
Solche narrativen Darstellungen folgen bestimmten Darstellungsmustern und haben eine innere Logik.
Ziel:
einerseits Rekonstruktion des tatsächlichen Lebensverlaufs sowie der darin enthaltenen biografierelevanten Ereignisse, Umstände, Prozesse und Handlungsabläufe und
andererseits Abklärung, wie die Biografieträger*innen selbst ihre eigene Lebensgeschichte deuten und retrospektiv verarbeitet haben.
Untersuchungsfokus:
Was wird von Personen erzählt und wie wird es erzählt?
Prozess- und Ereignischarakter von Phänomen – subjektiv erlebt und biografisch verarbeitet von den Beteiligten
aktives Gestalten und / oder reaktives Erdulden von Lebensereignissen
HauptvertreterInnen:
Fritz Schütze (geb. 1944)
Gabriele Rosenthal (geb. 1954)
Was beinhaltet eine sequenzielle Analyse von qualitativen Daten?
BILD S. 15
Welche drei Darstellungsformen gibt es?
= Wiedergabe von authentisch Erlebten
Reine Erzählungen sind auch authentisch erlebt, kann man den Erinnerungen trauen?
Erzählung:
differenzierte Darstellung eines konkreten (selbst erlebten) Ereignisses oder Prozesses im zeitlichen Ablauf
meist präzise Kontextangaben (insbes. Ort, Personen)
hoher Detailierungsgrad
Beispiel:
„Gestern bin ich dann zu den andern auf den Platz gegangen. Wir haben uns gefragt, wann Antje wohl wieder kommt vom Training. Wir haben dann rumgesessen. Sie kam dann auch bald“
= retrospektive Verarbeitung
Beschreibungen & Argumentationen sind eher skeptisch zu betrachten, in der Analyse immer bewusst sein, dass dies retrospektive Verarbeitungen sind (Erlebnisse die etwas mit der Person gemacht haben)
Beschreibung:
Zusammenfassende Darstellung wiederkehrender gleichartiger Sachverhalte
Oft sprachliche Hinweise auf generalisierenden Charakter („man“)
„Montags ist es meistens so, wir müssen auf Antje warten, bis die vom Training kommt und das kann dauern“
Argumentation:
Fokus liegt auf kausale Zusammenhänge (“weil; wenn x, dann y”)
Begründung bzw. Rechtfertigung einer Einstellung oder Begründung
„Antje ist so ehrgeizig. Darum wird sie nie pünktlich mit ihrem Training fertig und wir müssen hier immer auf sie warten“
Sinn:
hilft beim Verständnis von Kontexte und komplexe Zusammenhänge
Warum ist es für eine Interpretation von autobiografischen Selbstzeugnissen zielführend, auf die drei Darstellungsformen zu achten?
Das Achten auf die drei Darstellungsformen ist wichtig, da sie unterschiedliche Aspekte der Selbstinszenierung offenlegen.
Erzählung: Zeigt, wie der Autor seinem Leben Kohärenz und Identität verleiht.
Reflexion: Enthüllt persönliche Deutungen und Bewertungen von Erfahrungen.
Argumentation: Verdeutlicht die Absicht, Ansichten oder Handlungen zu rechtfertigen.
Diese Formen helfen, die Absichten und Perspektiven hinter den autobiografischen Selbstzeugnissen besser zu verstehen.
Wie wird bei der Narrationsanalyse mit dem Problem des Fremdverstehens umgegangen?
Bei der Narrationsanalyse wird das Problem des Fremdverstehens – also der Herausforderung, die subjektive Sichtweise des Erzählers aus einer externen Perspektive angemessen zu interpretieren – methodisch durch folgende Ansätze bearbeitet:
Hermeneutischer Zirkel:
Der Kontext des Erzählten wird durch ständiges Wechseln zwischen Detail- und Gesamtanalyse erschlossen. Die Forscher*innen hinterfragen ihre eigenen Vorannahmen, um den Sinn der Erzählung in ihrem spezifischen Kontext zu verstehen.
Sequenzielle Analyse:
Die Narration wird schrittweise analysiert, um die Logik der Darstellung und die Perspektive des Erzählenden möglichst unverfälscht nachzuvollziehen. Dabei wird darauf geachtet, Interpretationen nicht vorschnell durch externe Sichtweisen zu überformen.
Reflexion der eigenen Position:
Forscher*innen reflektieren ihre eigenen Werte, Vorerfahrungen und kulturellen Prägungen, um den Einfluss von Vorurteilen oder Projektionen auf die Analyse zu minimieren.
Triangulation:
Kombination mit anderen Datenquellen oder Methoden (z. B. Interviews, Kontextanalyse), um die Interpretation des Narrativen abzusichern und unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen.
Einbeziehung von Kontextwissen:
Verstehen wird durch Hintergrundinformationen über den sozialen, kulturellen und historischen Kontext ergänzt, um die subjektive Bedeutung des Erzählten besser einordnen zu können.
Kommunikatives Validieren:
Die Interpretation kann, wenn möglich, mit den Erzähler*innen rückgekoppelt werden, um sicherzustellen, dass die Analyse deren Sichtweise angemessen erfasst.
Diese Strategien zielen darauf ab, das Fremdverstehen möglichst differenziert und reflektiert zu gestalten, ohne den subjektiven Sinngehalt der Erzählung zu verfälschen.
Was sind Aspkete einer sequenziell-formalanalytischen Narrationsanalyse?
Auf welche sprachlichen Darstellungsformen wurde im interview zurückgegriffen (Erzählung, Beschreibung, Argumentation) und warum?
Um was geht es thematisch (sachlogischer Informationsgehalt, semantische Bedeutung einzelner Ausdrücke)?
Wie wird das Thema zur Sprache gebracht (konnotative Einfärbung, auffällige prosodische Elemente) und warum gerade an dieser Stelle des Interviews und so ausführlich bzw. in dieser Kürze (Chronologie und Dramaturgie der Darstellung?
Was für eine Geschichte könnte im Interview erzählt worden sein wollen?
Welche sozial-psychologisch relevanten Muster sind im Interview erkennbar (Prägewirkung sozial konstruierter Sinnstrukturen, zeitliche Abläufe und Prozesse)?
Welche Theoriekonzepte sind zur analytischen Beschreibung und Erklärung heuristisch instruktiv?
=> “Blick der Befremdung” und Gegenstandsangemessenheit
Was sind Biografie-Formen in der Moderne?
Institutionalisierte Erfassung von Lebensdaten
Zeugnisse (Schule)
Wohnortveränderung (Einwohnermeldeamt)
Personendossier (Geheimdienst)
Patientenakte (Arzt, Psychotherapeutin)
Tabellarischer Lebenslauf (Stellenbewerbung)
Gesundheits-Tracking
Autobiographie (subjektiv erlebte Lebensgeschichte)
Tagebuch
Beichte (Kirche)
Geständnis
Erzählen der eigenen Lebensgeschichte (Memoiren, Interview, Facebook-Profil)
Inwiefern ist Beschäftigung mit den Biografien von Menschen aufschlussreich?
Die Beschäftigung mit Biografien in der qualitativen Forschung ist aufschlussreich, weil sie tiefgehende Einblicke in individuelle Lebenswelten, soziale Kontexte und gesellschaftliche Dynamiken ermöglicht. Hier sind die zentralen Gründe:
Subjektive Perspektiven:
Biografien bieten Zugang zu den persönlichen Sichtweisen und Erfahrungen der Menschen, was hilft, ihre Handlungen und Entscheidungen besser zu verstehen.
Verstehen von Lebensverläufen:
Sie zeigen, wie Menschen mit Herausforderungen umgehen, Wendepunkte erleben und ihre Identität entwickeln.
Gesellschaftliche Einbettung:
Biografien spiegeln, wie soziale Strukturen, Normen und Werte individuelle Lebenswege prägen.
Erklärung von Prozessen:
Sie ermöglichen die Analyse von Entwicklungsprozessen, wie z. B. Bildungs- oder Migrationsbiografien, und helfen, Muster und Unterschiede zu erkennen.
Narrative Rekonstruktion:
Die Art und Weise, wie Menschen ihre Geschichten erzählen, gibt Aufschluss über ihre Selbstwahrnehmung und die Bedeutung, die sie Ereignissen beimessen.
Biografische Forschung ist daher besonders geeignet, um komplexe Wechselwirkungen zwischen Individuum und Gesellschaft qualitativ zu untersuchen.
Zuletzt geändertvor 12 Tagen