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Staatshaftungsrecht Schemata

AL
von Ann-kathrin L.

§ 838 BGB/ Art. 34 GG - Haftung bei öffentlich-rechtlichem Handeln

I. Voraussetzungen (haftungsbegründender Tatbestand)

  1. Jemand in Ausübung eines öffentlichen Amtes

    • Vorliegen öffentlich-rechtlicher Tätigkeit

      Entscheidend ist nicht der Zweck staatlichen Handelns sondern die gewählte Handlungsform. Nicht umfasst ist die privatrechtliche Betätigung des Staates. Amtshaftung scheidet insbesonder aus im Bereich des Verwaltungsprivatrechts, bei fiskalischen Hilfsgeschäften und bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung.

    • Jemand (“Täterkreis”)

      Darunter fallen:

      1. Beamte im statusrechtlichen Sinn

      2. Angestellt und Arbeitgeber im öffentlichen Dienst

      3. Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen

      4. Personen, die in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen, das kein Dienstverhältnis ist

      5. Privatpersonen, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt betraut sind (Beamte im haftungsrechtlichen Sinn)

    • namentliche Benennung erforderlich? (-)

    • “in Ausübung”

      Es muss ein äußerer und innerer Funktionszusammenhang mit der Amtsausübung bestehen.

      Der äußere Zusammenhang besteht schon dann, wenn die schädigende Handlung räumlich-zeitlich mit der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit zusammenhängt.

      Der innere Zusammenhang verlangt, dass die Handlung (bei wertender Betrachtung) einen Bestandteil der hoheitlichen Tätigkeit bildet. Der innere Zusammenhang entfällt nicht bereits deshalb, weil der Amtswalter bewusst seinen Amtspflichten zuwiderhandelt. Er fehlt idR nur dann, wenn der Amtswalter allein oder ganz überwiegend aus persönlichen Gründen handelt.

      Sonderfall: Der äußere und innere Zusammenhang wird von der Rechtsprechung bejaht, wenn der Amtsträger gerade die Pflicht hatte, das, was er getan hat, zu verhindern (und damit auch selbst zu unterlassen).

  2. Verletzung einer einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht

    • a) Amtspflicht

      • Wichtige Amtspflichten

        Amtspflichten können sich ergeben aus Gesetz, VO, Satzung, Innenrecht, ungeschriebenem Recht. Wichtige Amtspflichten sind:

        • Pflicht zu rechtmäßigem Verwaltungshandeln

        • Verkehrsregelungspflicht (nach StVO) der Straßenverkehrsbehörde und der Polizei

        • Verkehrssicherungspflicht (§ 7 VI BerlStrG)

        • Pflicht, keine tatbestandsmäßigen unerlaubten Handlunge, §§ 823 ff. BGB, zu begehen

        • Pflicht, Auskünfte richtig, sachgerecht, vollständig und unmissverständlich zu erteilen

        • Unterlassen stellt Amtpflichtverletzung dar, wenn konkrete Pflicht zum Tätigwerden bestand

      b) Drittgerichtetheit der Amtspflicht

      • überhaupt (Problem: keine Haftung für legislatives Unrecht; Ausnahme: Bauleitplanung)

      • persönlicher Schutzbereich

      • sachlicher Schutzbereich

        • Hat die Amtspflicht überhaupt Drittwirkung? Nach hM wird der Normgeber beim Erlass von Rechtnormen wegen ihres generell-abstrakten Charakters nur im Allgemeininteresse tätig. Deswegen grds. keine Haftung für den Erlass rechtswidriger Normen (legislatives Unrecht). Etwas anderes gilt nur beim Erlass von Bebauungsplänen, weil hier der Kreis der Betroffenen weitaus kleiner als bei anderen Rechtsnormen ist und die Normadressaten individualisierbar sind.

        • Gehört der Geschädigte zum geschützten Personenkreis (persönlicher Schutzbereich)?

        • Wird das beeinträchtigte Interesse/ Rechtsgut von der Drittwirkung erfasst (sachlicher Schutzbereich)? Hat die Amtspflicht den Zweck, gerade den eingetretenen (Erst-)Schaden zu verhindern. Insoweit überschneiden sich die Tatstandsmerkmale “Drittbezogenheit der Amtpflicht” und ersatzfähiger “Schaden”.

      c) Verletzung der Amtspflicht

      • Probleme: Amtsträger handelt nach interner Dienstanweisung

      • Prüfungskompetenz des Zivilgerichts bei rechtskräftiger Entscheidung des VG

      • Prüfungskompetenz des Zivilgerichts bei bestandskräftigem, aber gerichtlich nicht überprüftem VA

        • Handelt ein Amtsträger amtspflichtwidrig, wenn er entsprechend einer internen Dienstanweisung handelt?

          Nein, und zwar auch dann nicht, wenn sein Verhalten deswegen (außen-) rechtswidrig ist. Folge: Keine Amtpflichtverletzung dieses Amtsträgers; es haftet der anweisende Amtsträger.

        • Prüfungskompetenz der Zivilgerichte

          • Darf das Zivilgericht die Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überprüfen, wenn dazu eine rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegt?

            Nein, das Zivilgericht ist an diese verwaltungsgerichtliche Feststellung gem. § 121 VwGO gebunden.

          • Darf das Zivilgericht die Rechtswidrigkeit eines bestandskräftigen, aber verwaltungsgerichtlich nicht geprüften VA prüfen?

            Nach hM ja, weil sich das Zivilgericht mit der bloßen Zusprechung von Schadensersatz nicht gegen das Abweichungsverbot verstößt.

  3. Verschulden

    • Maßstab/ zweifelhafte Rechtslage/ Bestätigung durch Kollegialgericht/ Organisationsverschulden

  4. kein Ausschluss

    a) § 839 I 2 BGB (“Subsidiaritätsklausel”/ “Verweisungsprivileg” auf andere Ersatzmöglichkeiten)

    • Rechtsnatur/ Voraussetzungen/ restriktive Anwendung und Auslegung

      Es handelt sich eigentlich um ein “negatives Tatbestandsmerkmal”. Folge: Der Anspruchsteller muss die Voraussetzungen des 3 839 I 2 BGB beweisen.

      § 839 I 2 BGB gilt (nur) bei fahrlässigem Handeln des Amtswalters. Erfasst wird auch grob fahrlässiges Handeln.

    b) § 839 II BGB (“Spruchrichterprivileg”)

    c) § 839 III BGB (vorwerfbares Unterlassen der Einlegung von Rechtsbehelfen)

  5. Vorliegen eines Schadens

II. Rechtsfolge (haftungsausfüllender Tatbestand)

  1. Art und Umfang des Schadensersatzes

    • nur Nachteile, die kausal auf der Amtspflichtverletzung beruhen (Zurechnungszusammenhang)

    • §§ 249 ff. BGB, aber nur Geldersatz, nie Naturalrestitution; gem. § 253 II BGB auch Schmerzensgeld

      Wegen der bloßen Überleitung der persönlichen Haftung auf den Staat, haftet der Staat nur so, wie der Amtsträger haften würde. Als Privatperson kann der Amtsträger aber nicht öffentlich-rechtlich handeln (zB eine Genehmigung erteilen)

  2. Anspruchsminderung bei Mitverschulden, § 254 BGB

III. Keine Verjährung: §§ 195, 199 BGB

IV. Haftender Hoheitsträger (= richtiger Schuldner/ “Passivlegitimation”)

  • hM Anvertrauenstheorie = grds. Anstellungskörperschaft/ Problem: Beamte mit Doppelanstellung/ Beliehene

    Nach der heute herrschenden Anvertrauungstheorie haftet diejenige Körperschaft, die dem Amtsträger die Aufgabe übertragen hat, bei deren Wahrnehmung die Amtpflichtverletzung vorgekommen ist. Das ist idR die Anstellungskörperschaft.

    Bei Beamten mit Doppelstellung oder im Falle der Organleihe haftet die Körperschaft, deren Aufgaben erfüllt werden.

    Beim Amtswaltern ohne Anstellung haftet die Körperschaft, die dem Beliehenen oder Verwaltungshelfer die Aufgabe übertragen hat.

V. Rechtsweg: Zivilrechtsweg, Art. 34 S. 3 GG; sachlich zuständig: Landgericht, § 71 II GVG

  • Merke: Trotz des offenen Wortlauts ausschließliche Zuständigkeit der Zivilgerichte!

VI. Konkurrenzen

  • § 839 BGB verdrängt alle deliktischen Anspruchsgrundlagen, die Verschulden voraussetzen

    Verhältnis zu anderen Haftungsregeln:

    • § 839 BGB, Art. 34 S. 1 GG

      • §§ 823, 826, 831 BGB NICHT anwendbar bei hoheitlicher Tätigkeit

      • § 280 BGB analog, § 7 StVG, Enteignung, Aufopferung bleiben anwendbar

    • Haftung nach POR für rechtswidrige Maßnahmen neben § 839 BGB, Art. 34 S. 1 GG anwendbar

Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs

Enteignungsgleicher Eingriff

bei rechtswidrigen Eigentumsbeeinträchtigungen

idR durch faktische Eingriffe, dankbar aber auch bei rechtswidrigem Vollzug verfassungsmäßiger Gesetze

Enteignender Eingriff

bei Eigentumsbeeinträchtigungen, die Folge einer an sich rechtmäßigen, vom Betroffenen zu duldenden hoheitlichen Maßnahme sind.

Dabei geht es idR um atypsiche und unvorhergesehene Nachteile (aber keine Anspruchsvoraussetzung)

I. Anspruchsgrundlage (GewohnheitsR; §§ 74, 75 EinlALR “Aufopferungsanspruch”)

Nachdem das BVerfG eine Herleitung von Entschädigungsansprüchen aus Art. 14 III GG für unzulässig erachtet hat, werden beide Ansprüche als richterliche Fortentwicklung des in §§ 74, 75 EinlALR (Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußigschen Staaten) enthaltenen Aufopferungsanspruchs eingeordnet.

II. Anwendbarkeit (nur, wenn keine spezialgesetzliche Regelung)

zB § 59 II ASOG; § 59 I Nr. 1 und 2 ASOG

III. Anspruchsvoraussetzungen

  1. Hoheitliche (=ör) Maßnahme (Maßnahme ist weit zu verstehen)

    • Versagen technischer Einrichtungen (menschliches Handeln also nicht erforderlich)

    • Rechtsakte (zB VA, Satzung, Rechts-VO)

    • Realakte (Finalität nicht erforderlich)

    • idR durch positives Tun

    • Unterlassen nur, wenn Rechtspflicht zum Handeln bestand (sog. qualifiziertes Unterlassen)

    • NICHT:

      • Judikatives Unrecht (Rechtsgedanke des § 839 II BGB)

      • “Legislatives Unrecht” (=Erlass eines verfassungswidrigen Parlamentsgesetzes)

      • Beruhensakte

        Ein Beruhensakt ist ein Vollzugsakt, dessen Rechtswidrigkeit ausschließlich auf der Verfassungswidrigkeit des zugrundeliegenden Parlamentsgesetzes beruht; gegen die Beruhensakte muss der Betroffene im Wege des Primärrechtsschutzes vorgehen.

  2. Eingriff ins Eigentum iSv Art. 14 I 1 GG

  3. Unmittelbarkeit des Eingriffs (haftungsbegründende Kausalität)

    Hat die hoheitliche Maßnahme unmittelbar den Eingriff ins Eigentum bewirkt? (+), wenn keine wesentlichen Zwischenursachen; Verwirkung einer in der hoheitlichen Maßnahme angelegten typsichen Gefahr; Schutzzweck der Norm.

  4. Sonderopfer

    • Enteignungsgleicher Eingriff: Sonderopfer (=”enteignungsgleiche” Wirkung) wird durch die Rechtswidrigkeit des Eingriffs indiziert. Verschulden ist nicht erforderlich.

      Die Rechtswidrigkeit bezieht sich auf den Erfolg (wird aber idR durch die Rechtswidrigkeit der Eingriffshandlung indiziert). Daher kommt es im Ergebnis nur auf materiell-rechtliche Fehler an.

    • Enteignender Eingriff: Sonderopfer (=”enteignende” Wirkung durch Überschreiten der “Opfergrenze”) muss besonders begründet werden. Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit schließt Sonderopfer nicht aus; § 839 I 2 BGB gilt nicht.

      Das Sonderopfer liegt vor, wenn die Einwirkungen im Verhältnis zu anderen ebenfalls betroffenen Personen beim Betroffenen eine besondere “Schwere” aufweisen, sodass eine entschädigungslose Hinnahme unzumutbar ist, oder im Verhältnis zu anderen nicht betroffenen Personen einen Gleichheitsverstoß bewirken würde. Ob eine hoheitliche Maßnahme die Opfergrenz überschreitet oder sie noch als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums begreifen lässt, die dem Betroffenen entschädigungslos zugemutet werden kann, ist aufgrund einer umfassenden Beurteilung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

  5. Anspruchsausschluss bei schuldhafter (vorwerfbarer) Nichteinlegung von Rechtsmitteln

    Regelmäßig nur beim enteignungsgleichen Eingriff relevant: Vorrang des Primärrechtsschutzes, nach hM § 254 BGB analog (aA § 839 III BGB analog)

    • Hintergrund: Art. 14 I 1 GG enthält keine bloße Wertgarantie, sondern eine Bestandsgarantie für den konkreten Vermögenswert, die den Eigentümer verpflichtet, rechtswidrige Eingriff in sein Eigentum abzuwehren.

    • Folge bei Verstoß nach BGH: Anspruchsausschluss bezüglich solcher Nachteile, die durch die Rechtsmitteleinlegung hätten vermieden werden können (wie § 839 III BGB).

IV. Anspruchsgegner (der “begünstigte” Hoheitsträger)

“Begünstigter” Hoheitsträger ist der Hoheitsträger, dessen Aufgabe erfüllt wurde oder dem die Vorteiel des Eingriffs zugeflossen sind.

V. Rechtsfolge

  1. angemessene Entschädigung (kein Schadensersatz)

    Grds. nur Ausgleich des eingriffsbedingten Substanzverlustet und der unmittelbaren Folgeschäden.

    Kein entgangener Gewinn, aber: bei Eingriffen ins Grundeigentum ist zu beachten, dass die Nutzungsmöglichkeit als Substanzelement (und der Nutzungsausfall daher als Substanzminderung) angesehen wird.

    Folge: Entschädigung in Form der sog. Bodenrente (fiktiver Mietzins uä, den ein Dritter bei Nutzung gezahlt hätte). Das Gleiche gilt für einen Nutzungsausfall, der infolge einer verzögerten(Bau-) Genehmigungserteilung entstanden ist.

  2. Minderung wegen Mitverschulden, § 254 BGB analog; mitwirkender Betriebsgefahr, § 17 I, II StVG

VI. Verjährung (§ 195 BGB: drei Jahre)

VII. Rechtsweg (Zivilgerichte, § 40 II 1 Hs 1, Fall 1 “Aufopferung” (NICHT: Art. 14 III 4 GG analog)

VIII. Konkurrenzen - Abgrenzungen

Konkurrenzen: Enteignungsgleicher Eingriff neben Amtshaftungsanspruch anwendbar, da unterschiedliche Voraussetzungen (kein Verschulden) und Rechtsfolgen (Entschädigung statt Schadensersatz).

Abgrenzung: Der Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen oder enteignenden Eingriffs ist zu unterscheiden vom

  • Entschädigungsanspruch wegen rechtmäßiger Enteignung (=zielgerichteter Entzug von Eigentum)

  • Ausgleichsanspruch wegen rechtmäßiger ausgleichspflichtiger Inhaltsbestimmung (Pflichtexemplare-Fall)

Anspruch auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher GoA (§§ 677, 683, 670 BGB analog)

I. Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen GoA (Anwendungsvoraussetzungen); Abgrenzung zur privat-rechtlichen GoA

  1. §§ 677 ff. BGB grds. im öffentlichen Recht analog anwendbar (unstr.)

  2. Abgrenzung privatrechtliche - öffentlichrechtliche GoA

    Ausgangspunkt: Entscheidende ist, welche Rechtsnatur, ”das geführte Geschäft” gehabt hätte, wäre es vom Geschäftsherrn selbst geführt worden (hM); Präzsisierung erforderlich:

    Geschäftsherr = Hoheitsträger; Entscheidend ist Rechtsnatur der Handlungspflicht (und nicht die der (Ausführungs-) Handlung): öffentlich-rechtliche GoA, wenn der Geschäftsherr kraft öffentlichen Rechts zum Handeln verpflichtet gewesen wäre

    • Geschäftsherr: Hoheitsträger; Geschäftsführer: Privater -> öffentlich-rechtliche GoA möglich

    • Geschäftsherr: Hoheitsträger; Geschäftsführer: Hoheitsträger -> öffentlich-rechtliche GoA möglich aber idR gesperrt

    • Geschäftsherr: Privater; Geschäftsführer: Hoheitsträger -> idR privat-rechtliche Goa (str.) aber ggf. gesperrt

    • Geschäftsherr: Privater: Geschäftsführer: Privater -> privat-rechtliche GoA

    Nach BGH liegt bei einem auch-fremden Geschäft eine privat-rechtliche GoA vor, wenn der Hoheitsträger bei Erfüllung einer ihm obliegenden öffentlich-rechtliche Verpflichtung zugleich ein Geschäft des (privaten) Geschäftsherrn besorgt, dh eine dem (privaten) Geschäftsherrn (vorrangig) privatrechtlich obliegende Verpflichtung erfüllt (zB Feuerwehr löscht Brand); aA Lit.: Dieselbe Handlung könne nicht zugleich ör und pr sein. Der Streit wirkt sich nicht aus, wenn der Rückgriff auf die Vorschriften der pr ausgeschlossen ist.

II. Hoheitsträger = Geschäftsführer: Ausschlussgrund gegeben? (gilt bei ör und pr GoA)

Umgehung von Zuständigkeitsregelungen / Regelungen betreffen die Tragung der Verwaltungskosten

Das Handeln eines unzuständigen Hoheitsträger verstößt grds. gegen Art. 20 III GG; anders uU dann, wenn ein echter Notfall vorliegt. Ist der handelnde Hoheitsträger hingegen auch zuständig (zB Eilzuständigkeit der Polizei), handelt er nicht “ohne Auftrag” und muss er die Kosten tragen, sofern es keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch gibt (vgl. Art. 104a I GG).

Wichtig: Kein Rückgriff auf GoA-Aufwendungsersatz, wenn

  • EGL erforderlich, aber fehlt oder wenn

  • EGL vorhandeln, aber deren Voraussetzungen nicht vorliegen.

III. Anspruchsvoraussetzungen (§§ 677, 683 BGB analog)

  1. § 677 BGB analog: Geschäftsbesorgung “für einen anderen”

    a) (auch) fremdes Geschäft (= Führen eines Geschäfts aus dem Pflichtenkreis des Geschäftsherrn)

    • Kein Handelnd “für den Geschäftsherrn”, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines mit einem Dritten geschlossenen Vertrages zum Handeln verpflichtet war und der Vertrag die Entgeltfrage abschließend regelt.

    • Irrtum über Person des Geschäftsherrn unbeachtlich, § 686 BGB analog.

    b) Fremdgeschäftsführungswille (= mit dem Willen, dies zu tun)

    • Objektiv fremdes Geschäft: Der Fremdgeschäftsführungswille wird widerlegbar vermutet.

    • Auch-fremdes Geschäft: Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet, solange das Geschäft seiner äußeren Erscheinung nach auch einem Dritten zu Gute kommt.

    • Objektiv eigene oder neutrale Geschäfte erhalten ihren (subjektiven) Fremdcharakter allenfalls durch einen Willen des Geschäftsführers zur vordringlichen Wahrnehmung fremder Interessen. Dafür besteht grundsäzlich keine tatsächliche Vermutung; der Fremdgeschäftsführungswille muss vielmehr hinreichend deutlich nach außen in Erscheinung treten.

  2. § 677 BGB analog: ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung (im Verhältnis GF-GH)

  3. § 683 BGB analog: Berechtigung zur Übernahme der Geschäftsführung. (+), wenn

    a) § 683 S. 1 BGB analog: im Interesse (= objektiv nützlich) und mit wirklichem/ mutmaßlichem Willen des GH

    b) oder §§ 683 S. 2, 679 BGB analog: im öffentlichen Interesse

    Da die Erfüllung öffentlicher Aufgaben regelmäßig im öffentlichen Interesse liegt, muss bei der ör GoA ein “qualifiziertes” öffentliches Interesse daran bestehen, dass in der konkreten Situation gerade der Private das Geschäft ausführt, weil im Allgemeinen kein öffentliches Interesse daran besteht, dass Private in die gesetzliche Zuständigkeitsordung eingreifen und anstelle der Behörde handeln. Ggf. ist auch zwischen dem “Ob” und “Wie” der Geschäftsführung zu differenzieren.

    • IdR (+) bei echten Notfällen, wenn der Hoheitsträger zum Handeln außerstande ist oder pflichtwidrig nicht handelt.

    • Ansonsten: Wenn nach Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Handelnd des Brgers als GF geboten erscheint.

IV. Rechtsfolge (§§ 683, 670 BGB analog): Ersatz von Aufwendungen wie ein Beauftragter

  • Aufwendungen; auch Vergütungen für Dienste, die zum Beruf/ Gewerbe des GF gehören, Rechtsgedankte § 1835 III BGB

  • zum Zwecke der Ausführung des Auftrags

  • die der GF den Umständen nach für erforderlich halten darf

Ungeschriebener öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

I. Anspruchsgrundlage

  1. Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen

    • Beamtenrecht

      • Überzahlte Bezüge

      • Überzahlte Versorgungsbezüge

      • Überzahlte sonstige Leistungen

    • § 49a VwVfG

  2. Ungeschriebener öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (örEA)

    Der örEA dient der Rückgängigmachung rechtsgrundloser Vermögensverschiebungen. Er ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Seine Anspruchsvoraussetzungen sind mit denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs vergleichbar. Nach nahezu einhelliger Meinung handelt es sich bei dem örEA jedoch um ein eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, so dass die Vorschriften der §§ 812 ff. BGB nicht analog herangezogen werden können. Möglich als Anspruch:

    • Bürger -> Hoheitsträger

    • Hoheitsträger -> Bürger

    • Hoheitsträger -> Hoheitsträger

II. Anspruchsvoraussetzungen

  1. öffentlich-rechtliche Rechts- (Leistungs-) Beziehung zwischen den Parteien (Anwendungsvoraussetzung)

    (+) bei Überzahlung i.R. ör Leistungsbeziehungen

    (-) bei Fehlüberweisung an unbeteiligte Dritte

    Problematisch, wenn zwischen Behörde und Empfänger kein ör Leistungsverhältnis besteht, zB Eingang der Zahlung beim Erben nach Tod des Berechtigten

  2. etwas erlangt durch Leistung oder auf sonstige Weise

  3. ohne rechtliche Grund

    • kein (wirksamer) VA, darf nicht wirksam/ bestandskräftig sein, ob er rechtswidrig ist ist unerheblich! Rechtswidriger bestandskräftiger VA ist Rechtsgrund zum Behaltendürfen!

    • kein (wirksamer) ör Vertrag

    • kein kraft Gesetzes bestehender Anspruch

III. Rechtsfolge

  1. Herausgabe des Erlangte (oder Wertersatz) und der tatsächlich gezogenen Nutzungen

  2. Entreicherungseinrede

    a) liegt Entreicherung vor?

    • Vermögenswert nicht mehr vorhanden

    • kein (vermögenswertes) Surrogat erlangt

    • keine sonst üblicherweise getätigten Aufwendungen erspart (Ausgabe=”Luxusaufwendung”)

    b) kann der Einwand erhoben werden? (+), wenn Vertrauensschutz

    Da der ör Erstattungsanspruch nach hM ein eigenständiges Rechtsinstitut ist, gelten für den Wegfall der Bereicherung nicht die §§ 818 III, IV, 819 I BGB analog. Es hat vielmehr eine Abwägung zwischen dem Vertrauensschutz des Betroffenen und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Art. 20 III GG) stattzufinden.

    • Hoheitsträger können sich wegen Art. 20 III GG gar nicht auf Entreicherung berufen.

    • Bürger können sich grds. auf Entreicherung berufen. Allerdings ist die Berufung - abweichend von § 819 I BGB - regelmäßig bereits bei grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtsgrundlosigkeit ausgeschlossen. Grund: Entsprechende Regelungen bei geschriebenen Erstattungsansprüchen, zB § 49a II 2 VwVfG; § 12 II BBesG, § 52 II BeamtVG.

IV. Durchsetzung (Hoheitsträger gegen Bürger)

  1. durch VA? Erforderlich VA-Befugnis. Unproblematisch, wenn gesetzlich Rückforderung durch VA vorgesehen zB § 49a I 2 VwVfG. Im Übrigen streitig.

  2. durch Leistungsklage? Allerdings Rechtschutzbedürfnis problematisch, wenn Behörde Möglichkeit hat, durch VA vorzugehen,

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Ann-kathrin L.

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