5a - Erläutern Sie die Funktion des Verwaltungsakts im Rechtssystem im Vergleich zum Privatrecht.
Privatrecht: Durchsetzung von Ansprüchen erfordert Klage vor Gericht (ZPO). Gericht stellt Anspruch fest (Urteil) → Zwangsvollstreckung durch Gerichtsvollzieher.
Verwaltungsrecht: Verwaltung handelt eigenständig (Herrin des Verfahrens), leitet Verfahren, erlässt Verwaltungsakt (vergleichbar mit Urteil) und vollstreckt selbst.
5b - Erläutern Sie die Merkmale des Verwaltungsaktes.
Wenn eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts mit Außenwirkung vorliegt. (§ 35 S. 1 VwVfG)
Hoheitliche Maßnahme: Einseitige Anordnung mit verbindlicher Wirkung (z. B. Baugenehmigung). Kein Vertrag.
Behörde: Stelle, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Behördenleiter (z. B. Bürgermeister), nicht Untereinheiten (z. B. Ordnungsamt). Kein Verfassungsorgan.
Regelung: Verbindliche Anordnung, die Rechte oder Pflichten begründet, ändert oder feststellt (z. B. Gebote, Verbote, Genehmigungen). Kein bloßer Hinweis auf bestehendes Recht oder Realakt.
Einzelfall: Konkret für bestimmten Sachverhalt und individuelle Person. Ausnahme: Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) für Gruppe oder öffentliche Nutzung. Keine Rechtsnorm (generell-abstrakt).
Öffentliches Recht: Maßnahme basiert auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Kein Privatrecht.
Außenwirkung: Beeinflusst direkt die Rechte oder Pflichten einer Person außerhalb der Behörde. Keine verwaltungsinternen Weisungen.
5c - Erläutern Sie allgemein die Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes.
Rechtsgrundlage: Erforderlich bei belastenden Verwaltungsakten (Vorbehalt des Gesetzes), keine Rechtsverstöße (Vorrang des Gesetzes, lex specialis).
Formelle Rechtmäßigkeit: Zuständigkeit der Behörde, Einhaltung von Verfahren und Form.
Materielle Rechtmäßigkeit: Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, richtige Rechtsfolge, Ermessensspielraum beachtet.
5d - Erläutern Sie das Ermessen und die Ermessensfehler.
Ermessensarten: Behörde hat Entscheidungsspielraum bei unbestimmten Rechtsbegriffen oder unklaren Rechtsfolgen.
Ermessensnichtgebrauch: Behörde übt Ermessen nicht aus.
Ermessensüber-/unterschreitung: Entscheidung außerhalb des Ermessensspielraums.
Ermessensfehlgebrauch: Ermessensüberhang/ -defizit, Verletzung Gleichheitsgrundsatzes und Verhältnismäßigkeit
Rückausnahme: Ermessensreduzierung auf Null → Nur eine rechtmäßige Entscheidung möglich. (zB. Obdachloser stellt vor Kältewelle Antrag auf Notunterkunft)
5e - Erläutern Sie überblicksartig, wie ein Verwaltungsakt aufgehoben werden kann.
Zeitablauf/Erledigung: Befristung, auflösende Bedingung, Wegfall des Regelungsobjekts
Durch die Behörde: Rücknahme (rechtswidrig, § 48 VwVfG), Widerruf (rechtmäßig, § 49 VwVfG), Wiederaufgreifen (§ 51 VwVfG), Vorverfahren (§ 68 VwGO)
Durch ein Gericht: Aufhebung durch Klage (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO)
5f - Erläutern Sie die wesentlichen Voraussetzungen der Rücknahme und des Widerrufs von Verwaltungsakten nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht.
Rücknahme (§ 48 VwVfG) eines rechtswidrigen Verwaltungsakts:
Belastend: Rücknahme jederzeit möglich.
Begünstigend: Schutzwürdiges Vertrauen prüfen; Rücknahme nur bei Ausschlussgründen oder Abwägung mit öffentlichem Interesse (z. B. Subventionen, fehlerhafte Sozialleistungen).
Jahresfrist für Behörde ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit (Ausnahme: Ausschlussgründe).
Widerruf (§ 49 VwVfG) eines rechtmäßigen Verwaltungsakts:
Belastend: Widerruf grundsätzlich zulässig, außer wenn ein neuer identischer Verwaltungsakt erlassen werden müsste.
Begünstigend: Widerruf nur bei gesetzlichem Widerrufsgrund (§ 49 Abs. 2 VwVfG) möglich, z. B. Widerrufsvorbehalt, Zweckbindung oder neue Tatsachen.
Jahresfrist für Widerruf begünstigender Verwaltungsakte mit Geld-/Sachleistungen (§ 49 Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 48 Abs. 4 VwVfG).
Beide stehen im Ermessen der Behörde (keine Pflicht zur Rücknahme oder zum Widerruf).
5h - Erläutern Sie die Zwangsmittel und ihre Androhung.
Androhung: Meist mit Hauptverwaltungsakt verbunden; Verwaltungsakt, der bestandskräftig werden kann; im Ermessen der Behörde; nicht nötig im Sofortvollzug (§ 13 VwVG, § 70 NPOG).
Ersatzvornahme: Nur für vertretbare Handlungen; Ausführung durch Dritte (Bund) oder Behörde selbst (Niedersachsen); Kosten trägt der Pflichtige (§ 10 VwVG, § 66 NPOG).
Zwangsgeld: Für nicht-vertretbare Handlungen, Unterlassen und Duldungen; Höhe im Ermessen der Behörde (Bund: bis 25.000 €, Niedersachsen: 10-100.000 €); Festsetzung per Verwaltungsakt (§ 11 VwVG, § 67 NPOG).
Unmittelbarer Zwang: Körperliche Gewalt, Einsatz von Hilfsmitteln (z. B. Fesseln, Wasserwerfer, Diensthunde); subsidiär zu anderen Zwangsmitteln; keine Erzwingung von Erklärungen möglich (§ 12 VwVG, §§ 69, 75 ff. NPOG).
Vollstreckung: Zwangsmittel müssen grundsätzlich schriftlich angedroht werden; angemessene Frist erforderlich; Höhe/Zweck je nach Zwangsmittel geregelt (§ 13 VwVG, § 70 NPOG).
5j - Nennen Sie die Verfahren der Verwaltungsprozessordnung einschließlich ihrer Ziele (Statthaftigkeit).
Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO): Vorverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts durch die Behörde selbst; statthaft bei Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, außer bei Entbehrlichkeit (§ 80 NJG).
Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO): Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts; statthaft, wenn Verwaltungsakt vorliegt.
Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO): Erzwingung eines unterlassenen oder abgelehnten Verwaltungsakts; statthaft, wenn Anspruch auf den Verwaltungsakt besteht.
Allgemeine Leistungsklage (gewohnheitsrechtlich anerkannt): Durchsetzung oder Unterlassung eines Realakts; statthaft, wenn kein Verwaltungsakt betroffen ist.
Feststellungsklage (§ 43 VwGO): Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses; subsidiär gegenüber anderen Klagen.
Einstweiliger Rechtsschutz: (§ 80 Abs. 5 & 123 VwGO): vorläufigen Rechtsschutz bis eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache getroffen wird
5k - Erläutern Sie die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO):
Ziel: Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts.
Voraussetzung: Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG), Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Frist: 1 Monat (§ 74 VwGO).
Begründet, wenn Verwaltungsakt rechtswidrig ist (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO):
Ziel: Erlass eines verweigerten Verwaltungsakts.
Voraussetzung: Anspruch möglich (§ 42 Abs. 2 VwGO). Frist: 1 Monat nach Widerspruchsbescheid, bei Untätigkeit 3 Monate (§§ 74, 75 VwGO).
Gericht verpflichtet Behörde (§ 113 Abs. 5 VwGO).
5l - Erläutern Sie die Grundprinzipien des Strafrechts.
Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 Abs. 2 GG): Keine Strafe ohne gesetzliche Grundlage (nulla poena sine lege).
Bestimmtheitsgrundsatz: Strafgesetze müssen klar und vorhersehbar sein.
Rückwirkungsverbot: Keine rückwirkende Strafverschärfung.
Analogieverbot: Keine Ausdehnung der Strafbarkeit durch Analogie.
Schuldprinzip: Strafe setzt persönliche Vorwerfbarkeit voraus.
Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG): Keine erneute Bestrafung für dieselbe Tat.
5m - Erläutern Sie die Arten von Straftätern einschließlich der Strafbarkeit hinsichtlich einer juristischen Person.
Unmittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB): Erfüllt selbst alle Tatbestandsmerkmale.
Mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB): Begeht Tat durch eine andere Person (z. B. schuldlos Handelnder als Werkzeug).
Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB): Gemeinsame Tatbegehung mit Tatherrschaft.
Anstifter (§ 26 StGB): Stiftet vorsätzlich zur Tat an (doppelter Vorsatz erforderlich).
Gehilfe (§ 27 StGB): Unterstützt vorsätzlich die Haupttat.
Juristische Personen sind nicht strafbar aber sanktionierbar
5n - Erläutern Sie die wesentlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen Betruges.
Täuschung über Tatsachen: Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (auch durch Unterlassen bei Aufklärungspflicht).
Irrtum & Vermögensverfügung: Opfer wird durch Täuschung zu einer Handlung veranlasst, die sich auf sein Vermögen auswirkt.
Vermögensschaden: Wirtschaftlicher Nachteil für das Opfer oder einen Dritten.
Vorsatz & Bereicherungsabsicht: Täter handelt wissentlich und will einen rechtswidrigen Vermögensvorteil für sich oder Dritte.
Strafbarkeit: Betrug ist ein Erfolgsdelikt, Versuch gemäß § 263 Abs. 2 StGB strafbar.
5o - Erläutern Sie die wesentlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen Vorenthaltung des Arbeitnehmerentgeltes.
Täter: Nur Arbeitgeber (§ 611a BGB); Einverständnis des Arbeitnehmers unbeachtlich.
Tatbestand: Nichtabführen der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung bei Fälligkeit.
Kein Ausschluss: Anmeldung, Lohnzahlung oder Vertragswirksamkeit unerheblich.
Vorsatz: Bedingter Vorsatz bzgl. Arbeitgeberstellung erforderlich.
Tätige Reue (§ 266a Abs. 6 StGB): Strafbefreiung bei Selbstanzeige + fristgerechter Nachzahlung.
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