SYMPTOME - ICD-10: Depression
MIND. 2 WOCHEN ODER UNGEWÖHNLICH SCHNELL / SCHWER AUFTRETEND
Hauptsymptome:
Gedrückte Stimmung
Interessen- & Freudlosigkeit
Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit (nach kleinen Anstrengungen) & Aktivitätseinschränkung
Nebensymptome:
Psychomotor. gehemmt oder agitiert
verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
Schuldgefühle - pessimistische Zukunftsperspektiven
Suizidgedanken
Schlafstörungen (zuviel / zu wenig)
Verminderter oder verstärkter Appetit
Reizbarkeit
hypochondr. Grübeleien
Libidoverlust
1. SYMPTOME - ICD-10
▸Somatisches Syndrom: mind. 4 von 8
1. Interessenverlust oder Verlust der Freude
2. Mangelnde Fähigkeit auf eine freundliche Umgebung / Ereignis emotional zu reagieren
3. Frühmorgendliches Erwachen (2-4Stunden vorher)
4. Morgentief
5. psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung
6. Deutlicher Appetitverlust
7. Gewichtsverlust
8. Deutlicher Libidoverlust
SYMPTOME - ICD-10 :
SOMATISCHES SYNDROM / J. KÜCHENHOFF
▸kann ein Alarmzeichen sein.
▸„Die tiefsten Vitalitätsschichten des menschlichen
Erlebens sind angegriffen“:
▸Suizidneigung ist größer.
▸Auch tritt es gehäuft bei psychotischen Störungen im Rahmen einer Depression auf.
ICD-11: DEPRESSION
▸Mind. 5 von 10 Symptomen über mind. 14 Tage fast den ganzen Tag, fast jeden Tag vorhanden sein
▸a) affektives Cluster: 1.depr. Verstimmung (Reizbarkeit bei Kindern), 2.deutlicher Verlust von Interesse &
Freude an Alltagsaktivitäten z.B. Libidoverlust
▸b) kogn.- verhaltensmäßiges Cluster: 3.verminderte Konzentration oder Entscheidungsfähigkeit, 4.Verlust des Selbstwertgefühls oder unangemessene/exzessive Schuldgefühle, 5.Hoffnungslosigkeit bzgl. Zukunft, 6.wiederkehrende Gedanken an den Tod, Suizidgedanken/-versuch
▸c) neurovegetatives Cluster: 7.Schlafstörungen, 8.Appetit- und Gewichtsveränderung, 9.psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung, 10.reduzierte Energie / Erschöpfung
▸Mindestens 1 Symptom aus dem affektiven Cluster (Leitsymptom)!
▸Symptome sind nicht besser durch eine Trauerreaktion erklärbar
▸Symptomatik verursacht bedeutsame Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, schulischen/beruflichen Bereichen
ICD-11: DEPRESSION: Leicht, moderat, schwer
Bestimmung anhand nicht nur der Anzahl, sondern auch der Intensität der Symptomatik und der Funktionseinschränkung
ICD-11: DEPRESSION: Normale Trauersymptome
innerhalb der letzten 6 Monate nach Verlust einer nahestehenden Person sollten nicht als Depression betrachtet werden.
Jedoch kann eine Depression eine Trauerreaktion überlagern. (konstante depr. Reaktion über 1 Monat nach Tod & Selbstwert &Schuldgefühle über die verstorbene Person hinaus)
ICD-11: DEPRESSION: Psychotische Symptome
(Wahn, Halluzination) können nun auch schon bei einer mittelgradigen Depression kodiert werden (6A70.2). Das Katatonie-Kriterium (depr. Stupor) wurde rausgenommen.
ICD-11: DEPRESSION —> neue Kategorien
▸Neue Kategorie: „Schweregrad nicht spezifierbar“ (6A70.5/71.5)
▸Neue Kategorie: partielle Remission (6A70.6/71.6) oder volle R. (6A70.7/71.7)
▸Partielle Remission: Kriterien einer Depression nicht mehr erfüllt, aber einige depressive Symptome noch vorliegen
ICD-11: DEPRESSION: ZUSATZKODIERUNGEN
▸Mit markanten Angstsymptomen (6A80.0): Nervosität, Ängstlichkeit, Unfähigkeit Sorgen zu kontrollieren, Furcht, dass etwas Schreckliches passieren wird, Entspannungsprobleme, Muskelanspannung, vegetative Symptome, welche über die meiste Zeit während der Episode anhalten. Wenn jedoch die Kriterien für eine Angststörung erfüllt ist, sollen beide Diagnosen vergeben werden.
▸Schlechteren Verlauf sowie schlechteres Ansprechen auf Antidepressiva!
▸Mit Panikattacken (6A80.1): wenn Panikattacken als Reaktion aufs Grübeln oder angstprovozierende
Gedanken auftreten.
▸Derzeitig persistierende Depression (6A80.2): Episode seit mind. 2 Jahren kontinuierlich anhält.
▸Mit Melancholie (6A80.3): löst die Bezeichnung somatisches Syndrom ab. Kann vergeben werden, wenn in der schlimmsten Phase mehrere Symptome vorhanden sind: Interessens- oder Freudeverlust, mangelnde Fähigkeit zur emot. Reagibilität, Früherwachen, Morgentief, psychomotorische Hemmung/Agitiertheit, Appetit- & Gewichtsverlust. Libidoverlust ist nicht mehr ein Melancholiesymptom
▸Mit saisonalem Muster (6A80.4)
▸Peripartalzeit (Schwangerschaft bis 6 Wochen nach Entbindung): erhöhtes Rezidivrisiko, bei frühen
postpatalen Beginn erhöhtes Risiko für Wechsel zur bipolaren Störung
▸A) Fehlen psychotischer Symptome 6AE20
▸B) psychotische Symptome 6AE21: erhöhte Suizid- und Infantizidgefahr!!
▸Es können auch mehrere Zusatzkodierungen vergeben werden!
ICD-11: DEPRESSION: WEITERE DEPRESSIVE STÖRUNGEN
▸Dysthyme Störung (6A72): depr. P.-störung & depressive Neurose gestrichen, meiste Zeit des Tages, an mehr als die Hälfte der Tage über mind. 2 Jahre. Symptomfreie Intervalle dürfen nicht länger als 2 Monate sein. Wenn nach 2 Jahren eine depr. Phase auftritt, wird die Diagnose komorbid aufgeführt. 6A80.2 chronische Depression kann auch gleichzeitig vergeben werden.
▸Gemischte Depressive & Angststörung (6A73): Aus F41.2 zu affektiven Störungen verschoben, da größere Überschneidung zu affektiven Störungen angenommen wird. Für die meiste Zeit über 2 Wochen
vorliegend. Es können verschieden Angstsymptome vorliegen (ähnlich wie bei 6A80.0), jedoch erfüllen die Kriterien nicht eine Depression.
▸Prämenstruelle dyshorische Störung (PMDS GA34.41): verschieden affektive, somatische und/oder kognitive Symptome, die mehrere Tage vor der Periode beginnen & innerhalb einer Woche nach Beginn remittiert oder minimal ausgeprägt sind. Über konkrete Mindestanzahl an Symptomen gibt es keine Angabe. Es soll sich vom PMS abgrenzen. Diagnose zählt zu den gynäkologischen Störungen
SYMPTOME - ICD-10
Was können mögliche körperliche Ursachen für depressionsähnliche Symptome sein?
▸mögliche körperliche Ursachen depressionsähnlicher Symptome:
▸1. Schilddrüsenunterfunktion
▸2. Vitamin B12- ,Eisen-, Vitamin D – Mangel
▸3. Fructose-Malabsorption
▸4. Stoffwechselstörungen: Hämopyrrollaktamurie (HPU) / Kryptopyrrolurie (KPU)
▸5. Schlafapnoe
▸6. Histamin/Gluten
▸7. Medikamente z.B. „die Pille“ ▸......
Was für verschiedene Auftretensarten einer Depression gibt es?
▸ 1. einmalig
▸ 2. rezidivierend
▸ 3. anhaltend
▸ 4. „Double-Depression“: Dysthymia + „normale“ Depression (schlechte Prognose)
▸ 5. gemischte, rasch wechselnde oder kurz auftretende Depression (z.B. F38.8 Menstruationsabhängigkeit. )
▸ 6. Depression bei Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenie, durch Medikamente verursacht...
EINE WIEDERKEHRENDE STÖRUNG
▸ Beachte: Depressionen können auch ohne Therapie innerhalb von 6-8 Monaten zurückgehen!
▸ Rezidiv innerhalb von 2 Jahren: 25 - 40%
▸ Rezidiv innerhalb von 5 Jahren: 60%
▸ Bei 75% kommt es zu 4 weiteren Episoden
▸ 15-20% müssen mit einem chronischen Verlauf rechnen
HÄUFIGKEIT VON DEPRESSIONEN
▸ Deutschland: 5,2 Mio. ; 8,2% der Erwachsenen ( Jacobi 2016): unipolare & anhaltende Depressionen
▸ Europa: 30,3 Mio, 6,9% (2011)
▸ Weltweit: 322 Millionen Menschen: 4,4% der Weltbevölkerung (WHO 2015)
▸ Lebenszeitprävalenz - international: 12% für Männer - 26% für Frauen
▸ 12-Monats-Prävalenz in D: Frauen 8,1% - Männer: 3,8%
▸ ABER: Männer haben eine 6-mal höhere Suizidrate als Frauen
▸ 30,2% der psychisch kranken Suizidenten litten unter einer affektiven Störung. (Bertolote 2004) vgl. zu 13% bei Persönlichkeitsstörung, 14,1% Schizophrenie, 17,6% substanzbezogene St.
PSYCHOANALYTISCHE MODELLE DER DEPRESSION: Oberthemen
▸Vom (zu starken) äußeren zum inneren Ambivalenzkonflikt
▸Angst vor Beziehungsverlust
▸Abschied-Nehmen-Müssen, ohne dass der eingetretene Verlust oder die Enttäuschung grundlegender Bedürfnisse schon angenommen werden kann (Hell, 1992)
PSYCHOANALYTISCHE MODELLE DER DEPRESSION - ABRAHAM 1911/1916...
▸ Unterscheidung zwischen Melancholie und Trauer
▸ Reger Austausch zwischen Abraham und Freud zu diesem Thema
PSYCHOANALYTISCHE MODELLE DER DEPRESSION - FREUD 1917
a) Objektbeziehung zerbricht schnell
b) Starke Fixierung ans Objekt / Wichtigkeit des Objekts
a) Rückführung der Libido ähnlich des Narzissmus
b)Regression oral-kannibalistische Stufe: Einverleiben des Objekts (Vorstufe der Objektwahl)
c) Liebes-/Objektbeziehung besteht im Inneren
a) Selbstvorwürfe – unfähig zur Liebe & zur Leistung
b) Minderwertigkeitsgefühle
c) Gegenbesetzung entleert das Ich bis zur völligen Verarmung
a) Suche nach neuen Objekten
b)Verschmelzung von Ich & Ich-Ideal
c) Gegenbesetzung fällt weg => Libido wird frei und Befreiung vom Objekt & Trauer
(Aufhebung der Verdrängungswiderstände)
Wann bzw. wie endet nach Freud die Depression?
Ende der Depression:
▸Wenn sich das Ich ausgewütet hat
oder
▸das Objekt wurde als wertlos aufgegeben.
FREUD 1915 / 1917: WAS BLEIBT?
1. orale Fixierung & damit verbundene große Bedürftigkeit nach Zuwendung und Frustrationsintoleranz
2. narzisstische Verwundung durch frühe Enttäuschungen, welche vor dem Ödipus-Komplex erlitten wurden
3. Wiederholung der frühkindlichen Enttäuschungssituation als auslösende Ursache der Depression im späteren Leben
4.Depressive weisen zwanghaft Charakterzüge auf, um (in nicht-depressiven Zeiten) über diese anale Objektbez.-form das Objekt zu beherrschen und festzuhalten.
RADO 1927
RADO 1927 - NEUE ASPEKTE
▸ Das Subjekt kann aggressiv-besitzergreifend sein
▸ positiver Teil des Objekts wird ins Über-Ich introjiziert.
▸ Ich identifiziert sich mit dem negativer / bösen Teil.
▸ Depression sei ein unbewusster Schrei nach Liebe und ein Heilungsversuch: Schuld - Sühne - Verzeihung
BIBRING 1953 - NEUE IMPULSE
▸ Fixierung kann nicht nur in der oralen, sondern auch in der analen und ödipalenPhase geschehen
▸ Depression ist ein Zustand von Hilf- und Machtlosigkeit aufgrund einesintrasystemischen Konflikts des Ichs:
hochgesetzte Ziele des Ichs und zu geringe Kräfte des Ichs
▸ Die Bedeutung der Aggression und die Wendung gegen das Selbst sieht er als sekundär an.
▸ Primär sei der Verlust der Selbstachtung. (Versagen / Unterlegenheit...)
ANDRE GREEN - DIE TOTE MUTTER 1983
▸Therapeutische Haltung
nicht zu viel Schweigen
keine Deutung der Destruktivität
nicht zu eindringend deuten
eher Winicott’s Position „Über den Gebrauch des Objekts“: good enough mothering.
Analyse der narzisstischen Kränkung
Geduld: Therapie braucht viel Zeit
▸ Übertragung-GÜ-Erleben:
Analyse wird hoch besetzt
Analytiker wird idealisiert
Wunsch vom Therapeuten bewundert zu werden und Interesse zu spüren bzw. sich narzisstisch besetzt zu fühlen
Affektvermeidung
Abwehr einer als beängstigend erlebten Lust (Lebendigkeit / Abkehr)
Zwischen 2 Verlusten gefangen: Tod in der Anwesenheit (damals) oder der Abwesenheit im Leben, d.h. wenn Sie heute gesund/wach ist und andere Objekte besetzt.
DIE INTRUSIVE MUTTER - TRONICK 2009
Diese Mutter war oft ärgerlich, traurig und reizbar
und gab dem Kind das Gefühl, dass es etwas anders machen solle.
Sie berührte ihr Kinder grob, hatte einen ärgerlichen Tonfall,
stieß ihre Kinder; unterbrach ihre Aktivitäten
Kinder waren in der Folge auch oft ärgerlich und versuchten sich durch zornige Copingstrategien vor der Mutter zu schützen.
Die Kinder wurden wachsam und furchtsam
konnten sich aber besser an andere binden (als Kinder mit depressiven, zurückgezogenen Muttern)
BUSCH, RUDDEN & SHAPIRO, 2004 : INTEGRATIVES MODELL. ZENTRALE DYNAMIKEN:
1. narzisstische Verletzbarkeit: Folge eines konstitutionellen Faktors oder Folge von früheren Verlusten, Zurückweisungen, Unzulänglichkeitserfahrungen. => Überempfindlichkeit gegenüber (wahrgenommenen/tatsächlichen) Verlusten oder Zurückweisungen
2. konflikthafte Wut: als Antwort auf narz. Verletzungen oder Erfahrung von mangelhaften Eingehens auf eigene Bedürfnisse / Wünsche. Wut auf Vorwürfe anderer „zu empfindlich“ zu sein. Neid auf Andere, die weniger empfindlich sind. => Zerbrechen von Bez. und Wendung der Wut gegen sich selbst.
3. Strenges Über-Ich: entwickelt sich aus gegen das eigene Selbst gewendete Wut & den als hart und strafend internalisierten Elternbildern. Wut, Gier, Neid, Sexualität werden als falsch und schlecht angesehen.
4. Idealisierte und entwertetende Erwartungen an sich selbst und andere:Versuch das niedrige Selbstwertgefühl auszugleichen
5. depressionspezifische Abwehr: Verleugnung, Projektion (der Wut), passive Aggressivität und Reaktionsbildung. Die Welt wird als feindlich, bedrohlich, vernachlässigend oder unterwerfend wahrgenommen.
BUSCH, RUDDEN & SHAPIRO, 2004: 2 CIRCULI VITIOSI
BLATT (2004): 2 Arten der Depression
anaklitische-anklammernde Depression (objekt-nah)
introjektive-schuldhafte Depression (objekt-fern)
RUDOLF (2003 / 2008)
RUDOLF (2003 / 2008):
5 BEWÄLTIGUNGSMUSTER - SYMPTOMMUSTER
MENTZOS (2009): HÄUFIGE DEPRESSIONSFORMEN
1. Die gereizte, aggressivierte Depression:
▸ Bombardierung mit (An-)Klagen (Meckern bis starke Anschuldigungen)
▸ mit nichts anscheinend zufrieden zu stellen
▸ Gefahr der GÜ-Ausagierung: Aggression negativ (moralisch) bewerten.
‣ DeswegenFunktionderAggressionverstehen: Versuch der Kompensation und Abwehr einer drohenden Depression. Dahinterliegende Not sehen.
‣„Woher kommt die Aggression und wo für war diese früher notwendig/nützlich?“
MENTZOS (2009): UNTERSCHEIDUNG ANGST - DEPRESSION
Angststörung:
▸ Das schutz- und sicherheitgebende Objekt geht verloren
Depression:
▸ Verlust des Liebe-Anerkennung-bietenden Objekts und ein strenges Über-Ich
MATAKAS 2019: INFANTILE ABHÄNGIGKEIT
▸ nicht ausreichende Beelterung => infantile Abhängigkeit, welche Präsenz & Interaktion einer erwachsenen Bezugsperson braucht.
▸ Eltern müssen weiterhin unterstützende Entwicklungsfunktionen übernehmen (Kommunikation, Bindungssicherheit, Affektsteuerung...)
▸ enge Bindung an diese Bezugspersonen behindern die Nutzung der Ich-Funktionen.
▸ Diese Ich-Funktionen können (erst einmal) nur dann funktionieren, wenn diese von Außen unterstützt werden. Wenn diese Unterstützung wieder weggeht, wird dieses als eigenes Versagen wahrgenommen. => folglich muss diese Beziehung immer wieder aufgesucht werden (oder sich pseudoautonom verhalten werden)
▸ Aggression könnte dann als Hilfe zur Distanzierung gegenüber Menschen benutzt werden, welche die Ich-Funktionen behindern.
▸ da aber eine ambivalente Beziehung besteht, kann diese Beziehung weder völlig erhalten noch aufgegeben werden.
▸ Eine „Flucht“ in z.B. Leistung oder eine Manie, um sich autonomer/ un-abhängiger und selbstwertiger zu fühlen, kann versucht werden.
▸ Therapie: Wo sind Abhängigkeiten und wie können Sie gelöst werden?
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Weggehen
▸Unsicherheit
▸Mangel an tragenden / bergenden Beziehungen ▸Stärkeres Angewiesen-Sein, dass immer Menschen da sind, die sich
kümmern & sorgen
▸Es werden nahe Beziehungen so lange wie möglich vermieden
▸oder es wird geklammert.
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Sich Wegdrehen (Tote Mutter)
▸Unvorhersehbares Ereignis, das die Aufmerksamkeit der
Primärbezugsperson ganz beansprucht.
▸Kind gibt sich selbst die Schuld daran und sucht einen Makel bei sich.
▸Kind hat das Gefühl keinen Wert zu haben und keine Aufmerksamkeit zu verdienen. => große Selbstwertzweifel und/oder z.T. Selbstüberhöhung
▸Hohe Sensibilität gegenüber (scheinbaren) Abwendungen.
▸Mit Drohungen zuerst die Beziehung abzubrechen.
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Wegweisen (Liebesentzug)
▸Primärobjekt ist zwar (physisch) da, aber es entzieht sich und seine Liebe bewusst.
▸Dadurch wird der Wert des Kindes in Frage gestellt. Es fühlt sich erniedrigt.
▸Durch Unterwürfigkeit & Anpassung wird versucht das Objekt zu erhalten.
▸Selbstvorwürfe können dabei „unterstützen“.
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Wegschauen (fehlende Anerkennung)
▸Die Eltern delegieren ihre Erwartungen oder haben
Idealvorstellungen, denen das Kind entsprechen soll.
▸Das Kind bleibt hinter den Erwartungen zurück.
▸Ich werde gemessen daran, wie ich sein soll, nicht wie ich bin.
▸Ich genüge nie.
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Nicht Weglassen (Verwöhnung/Überbehütung)
▸Wenn ich mich nicht trennen kann, kann ich nicht ausreichend
Aggression zur Separation integrieren. Bleibe in der Dyade.
▸Nicht zu stillende / unersättliche Sehnsucht nach Versorgung & Zuwendung
▸Sehnsucht nach einem befriedigenden und völlig erfüllenden Partner
▸Ständige Unzufriedenheit, mit dem was einem angeboten wird.
KÜCHENHOFF 2019 : PSYCHODYNAMISCHE TYPOLOGIE DER DEPRESSION - Nicht Überlassen ( fehlende Triangulierung)
▸Zu widersprechen, sich abzugrenzen, sich loszulösen wird als
Angriff auf die Beziehung erlebt.
▸Triangulierungsimpulse (sich anderen Objekten zuzuwenden) wird unter Schuldgefühl zurückgenommen.
OPD- KONFLIKTE: WICHTIG FÜR DIE THERAPIEANTRÄGE
1. Individuation - Abhängigkeit: Gefühl existentieller Bedrohung durch Nähe/Distanz / Separation-Individuation Leitaffekt: Angst durch Nähe / Distanz
2. Versorgungs-Autarkie: Erleben von Versagens- und oder Verlustangst Leitaffekt: Trauer & Depression
3. Selbstwertkonflikt: Thema: stark-schwach; groß-klein. Leitaffekt: Scham (passiv), Gereiztheit/Ärger (aktiv) ....
ABWEHRMECHANISMEN
▸ Wendung gegen das Selbst
▸ Reaktionsbildung
▸ Idealisierung
▸ Introjektion ....
BEHANDLUNG: PSYCHOTHERAPIE
Erkrankungsphasen
BEHANDLUNG: PSYCHOTHERAPIE - ALLGEMEINE HINWEISE - D. HUBER
‣ Je höher das Strukturniveau, desto mehr kann man konfliktorientiert bzw. übertragungszentriert arbeiten. Je niedriger, desto mehr stützend, strukturierend und psychoedukativ müssen wir arbeiten.
‣ NachSuizidalitätmussaktivgefragtwerden.(30,2%allerSuizidewg.affekt.Stör.)
‣ Nicht zu schnell biographisch Aggressionen deuten und Primärobjeke
„demontieren“.
‣ immer wieder in verschiedener Art & Weise die Konflikte und Trennungsängste etc. „durchkauen“ bis eine Veränderung eintritt.
BEHANDLUNG: PSYCHOTHERAPIE . RUDOLF
Therapeutische Haltung
▸ ausreichend gutes Objekt: zuverlässiges und interessiertes Gegenüber
▸ Hilf-Ich-Funktionen übernehmen:
*bei Affektwahrnehmung und Affektdifferenzierung unterstützen
*zur Affekttoleranz anleiten / Ertragen nicht erfüllter Bedürftigkeit
*Hilf-Über-Ich: sich gegen die Selbstentwertung stellen / adäquatere Selbstbewertung
▸ antwortendes Gegenüber, das sich getrennt verhält & erlebt
▸ Unterbindung von Selbstschädigung
Arbeiten an der Selbstwahrnehmung
Patient soll wahrnehmen lernen:
1. Dauerspannung
2. fehlende emotionale / kommunikative Entlastung („ich brauche/traue niemanden)
3.fehlende regressive Entlastung (sich nie spielerisch loslassen können)
4. Selbstverleugnung
5. Selbstüberforderung
Wahrnehmung des Abgewehrten
▸ Affektdifferenzierung lernen (Traurigkeit, Ärger, ..)
▸ objektbezogene Bedürftigkeit eingestehen
▸ Objektbezogene Enttäuschung und Racheimpulse wahrnehmen
▸ Hilfe suchen und annehmen dürfen
▸ sich kommunikativ entlasten dürfen
▸ sich um sich sorgen: inkl. Selbstbehauptung & -abgrenzung
Zugang zu negativen biografischen Erfahrungen ermöglichen
▸ Verluste und Einschränkungen ertragen / betrauern können
▸ Anteilnahme suchen und erfahren dürfen
▸ biografische & aktuelle Erfahrungen unterscheiden zu lernen
▸ von Selbstvorwürfen entlasten
▸ auch Objekte von der Anklage entlasten (Schicksal / Begrenztheit)
Mit eigenen bevorzugten Bewältigungsversuchen auseinandersetzen
▸ z.B. Leistung ▸ Altruismus
▸ schizoidem Rückzug
▸ Emotionsvermeidung
▸ Selbstentwertung / -bestrafung / -schädigung
▸ Objektdistanzierung
Sicherheit in Bindungen
▸ sichere Überzeugung, dass es wichtige Andere gibt, an die man sich wenden kann
▸ Erfahrung von Rückhalt ohne erwachsene Unfreiheit
▸ Erhalt des inneren Bildes des wichtigen Anderen trotz aggressiver Konflikte
▸ sich von wichtigen Anderen verabschieden zu können
▸ wichtige Beziehungen zu schützen
BEHANDLUNG: PSYCHOTHERAPIE . RUDOLF : ALLGEMEIN
Umstrukturierung des depressiv-hilflosen Selbst
▸ Selbstakzeptanz statt Selbstvorwürfe
▸ Selbstvertrauen statt Selbstzweifel
▸ Selbstverantwortung statt Selbstüberforderung / -schädigung
▸ Selbstbestimmung statt Unterwerfung
▸ Rudolf’s Behandlungstechnik bearbeitet die Vulnerabilität und Selbstüberforderungstendenz und unterstützt beim Aufbau neuartiger Beziehungserfahrungen.
▸ Die therapeutische Haltung ist spiegelnd, stützend und konfrontierend.
BEHANDLUNG: PSYCHOPHARMAKA
▸ Fehlfunktion von Botenstoffen - zu wenig Serotonin / Noradrenalin
▸ stolpernde Reizfortleitung
▸ chemisches Ungleichgewicht / zu geringe Aktivität im Gehirn
▸ deswegen braucht es z.B. Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI)
PSYCHOPHARMAKA —> Kritik
▸„Es gibt keinen Hinweis, dass Depressive Probleme mit ihrem Serotoninspiegel hätten..“
„.. keinen signifikanten niedrigen Serotoninspiegel..“
▸Gesunden, welche eine Serotonin-Verringerung induziert wurde, fühlten sich sogar BESSER!
▸S3-Leitlinie: „Über welche Mechanismen die Wirkung der Antidepressiva zustande kommt, besteht weiterhin Unklarheit“
▸„Substanzen, die die intrasynaptische Serotonin-Konzentration erhöhen, ...erniedrigen ...oder gar keinen Einfluß (z.B. Bupropion) darauf haben, sind allesamt antidepressiv wirksam.“ (T. Bschor,2013)
▸ I. Kirsch (u.a. stellvertrendener Direktor für Placebo-Studien Harvard Medical School) fand 1998 heraus, dass Antidepressiva kaum mehr als Placebos wirken. 2008 entdeckte er, dass Pharmafirmen „fail drop“ begangen hatten und nur erfolgreiche Studien veröffentlicht hatten.
▸ nur für Patienten ab einem Hamilton-Wert von 28 (sehr schwere Depression) fanden Kirsch et. al. (2008) einen signifikanten Vorteil gegenüber Placebos.
▸ Fournier et. al. (2010) bestätigten dieses Ergebnis: signifikante Vorteile erst ab Hamilton Wert 25 (ab Wert 23: sehr schwere Depression
▸ Kirsch veröffentlichte mit der “Food and Drug Administration“ (FDA) 8/22 eine neue Studie, in der auch individuelle Veränderungen aller Klienten berücksichtigt wurden:
▸ Der Abstand zwischen Antidepressivum und Placebo war bei einem Klienten mit 29,6 HAMD-Punkten 2,5Punkte, welche unter den von der FDA aufgestellten Wirksamkeitswert von 3 lag. => folglich ist die Frage, ob der Unterschied klinisch relevant ist. Klinisch geschulte Beobachter beginnen erst ab ca. 7 Punkten eine geringfügige Verbesserung zu erkennen.
▸ Die Analyse des individuellen Unterschieds ergab zwischen Placebo und Antidepressivum nur einen kleinen Unterschied: in 85% gab es keinen Unterschied.
▸ “Super-Response“ lag – unabhängig von der Schwere- bei 15%, d.h. die Chance eine Verbesserung durch ein Antidepressivum zu erfahren, lag bei 15%. Dieses könnte aber auch durch einen Placebo-Effekt (NW= Medikament) oder durch eine natürliche Remission geschehen sein.
AUFKLÄRUNG ANTIDEPRESSIVA
▸ „Antidepressiva erzeugen im Durchschnitt minimal größere Effekte als Placebos. Die Chance, zu den sog, „Super-Respondern zu gehören, die eine deutliche Verbesserung erfahren, liegt bei 15%. Die Wirksamkeit ist unbekannt. Eine mögliche Wirkung des Antidepressivums könnte auch der Placebo- Effekt oder eine natürliche Remission sein. Sie sollten also das Für und Wider abwägen.
▸ Es gibt Hinweise auf eine überdurchschnittliche Linderung depressiver Stimmung durch Antidepressiva, die von manchen aber als unangenehme emotionale Abstumpfung empfunden wird. Zudem müssen Sie mit recht hoher Wahrscheinlichkeit mit sexueller Unlust (bis zu 70%) rechnen sowie mit Gewichtssteigerungen und weiteren körperlichen Nebenwirkungen wie Übelkeit, sexueller Dysfunktion, Benommenheit oder Müdigkeit. Typischwerweise werden Antidepressiva über Monate und Jahre eingenommen. Ob Antidepressiva über so lange Zeiträume hilfreich sind und welche Folgen dieses hat, ist nicht bekannt. Die Forschung hat sich nur mit Einnahmen von 6 – 12 Wochen beschäftigt.
▸ Einige Menschen haben zudem Probleme Antidepressiva abzusetzen. Über 50% verspüren Entzugerscheinungen. 40% verspürten sogar über 2 Jahre lang Absetzsymptome wie Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Ängste, ein Gefühl von elektrischen Schlägen und ein parkinson ähnliches Zittern. Setzen Sie daher das Antidepressivum keinesfalls abrupt ab.“
BEHANDLUNG: PSYCHOPHARMAKA (Kritik 2)
▸ Es bedeutet aber auch, dass ca. 8,6Mio. Menschen unnötig unter Nebenwirkungen gelitten haben:
▸ sexuelle Dysfunktionen: bei 50-70%; nach Absetzung sogar bei 30% dauerhaft.(Impotenz, Lustlosigkeit, Anorgasmie, Dauererektion...)
▸ PGAD (Persistant Genital Arousal Disorder) bei Frauen: Durch einen Orgasmus geht die Erregung nicht zurück.
▸ erhöhte Mortalität bei Tumorpatienten aufgrund stärkerer Glukoseaufnahme vermehrt Rezidiventwicklung (z.B. bei Brustkrebs 27% erhöht)
▸ Überalterung des Knochenskeletts um 5-10Jahre & erhöhtes Frakturrisiko
▸ Entzugssymptome ähneln einer Depression und z.T. mit Ängsten gemischt.
▸ Switching: Wenn man ein Antidepressivum wechselt, dann berichten eine Menge Betroffene signifikante Verbesserungen. Die Besserungen zeigen sich auch, wenn die Behandelten einfach dasselbe Medikament weiter einnehmen und nur glauben, sie bekämen eine neue Substanz.“ (Bschor & Baethge 2010)
PSYCHOPHARMAKA
Empfehlung
▸ Aufgrund dieser Datenlage entschieden sich verschieden Länder zu verschiedenartiger Auslegung:
▸ USA: bei leichten, mittelschweren & schweren Depressionen ▸ D: Mittelschweren und schweren
▸ UK: nur schwere
PSYCHOPHARMAKA – BSCHOR (2020)
Was ist wenn das Antidepressivum nicht hilft? (vereinfachte Übersicht nach Bschor)
1. absetzen
2. Antidepressivum aufdosieren: kein Vorteil für höhere Dosis bei SSRI‘s (außer der Spiegel ist zu niedrig im Blut), aber bei Trizyklischen, MAO und Venlafaxin.
3. Antidepressivum wechseln: bislang kein Beleg, dass Wechsel hilft.
4. 2 Antidepressiva kombinieren: Vorteil nur beim SSRI/SNRI/TZA + Mirtazapin/Milanserin (Autorezeptor-Blocker)
5. Augmentation (Wirkvergrößerung): mit Lithium o.atypisches Neuroleptikum: Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, Aripiprazol. ( Blutkontrollen !)
BEHANDLUNG: ESKETAMIN – BSCHOR (2021)
▸ PerNasenspray–nur in Kombination mit einem Antidepressivum
▸ NMDA Rezeptor (Glutamat) wird geblockt. Ketamin: Narkotikum: atmet selbst, Schutzreflexe, keine Beatmung/Monitoring
▸ Anwendungs Zulassung: Therapie resistente Depression und für den Notfall
▸ Nur im (teil)-stationären Setting erlaubt zu verabreichen. Patient darf es nicht mit nach Hause nehmen.
▸ Schwacher Wirkeffekt: Effektstärke 0,28 (ab 0,2kleiner Effekt – ab 0,5 mittlerer Effekt; Antidepressiva:0,30), bei über 65J. Kein sign. Effekt
▸ Keine Suizidprävention
▸ Nebenwirkungen: vorübergehende Dissoziationen, Wahrnehmungsstörungen, Bewusstseinsstörungen, erhöhter Blutdruck,
▸ GefahrdesArzneimittelmissbrauchs
▸ Kosten:690 - 1.035€ pro Anwendung, bei 8 wöchigen Aufenthalt: fast 16.000€ (ähnlich teuer wie das teuerste Krebsmedikament!!!) zum Vergleich: 100Std. ambulante Psychotherapie: derzeit 10.257€
ELEKTROKRAMPFTHERAPIE (EKT)
▸ Bei wahnhafter Depression, schwerer Depression mit Essensverweigerung/Suizidalität oder Stupor, lebensbedrohliche Katatonie, schizoaffektive Psychose, therapie-/pharmakoresistente Depression/Manie..
▸ Unter Vollnarkose und mit Medikament zur Muskelentspannnung, damit Patient sich nicht verletzt
▸ Elektroden mit 100 Volt für 5-6sec. bis Patient krampft
▸ Limbisches System, Hippocampus.
▸ Massive Ausschüttungen von (stimmungsaufhellenden) Botenstoffen, Bildung neuer Nervenzellen, ungesunde Verbindungen entwirren sich
▸ 6-10 Sitzungen, z.T. jährliche mehrmaligen Wiederholungen
▸ Nebenwirkungen: (Kopf)Schmerzen, Gedächtnisbeeinträchtigung über Monate: Orientierungsstörung, KZG & Aufmerksamkeit, retrograde Amnesien, Muskelkater,
▸ Strukturelle Hirnschädigungen bei richtiger Anwendung nicht zu erwarten
▸ Kontraindikationen: Herz-/ Hirninfarkt in den letzten 3 Monaten, Bluthochdruck, erhöhter Hirndruck...
TRANSKRANIELLE MAGNETSTIMULATION (TMS)
▸ „Ausgleichbzw.NormalisierungderausderBalancegeratenen
▸ Hirnaktivität mittels Magnetimpulse durch eine auf den Schädel gelegte Spule.
▸ (linken dorsolateralen präfrontalen Cortex: DLPFC)
▸ z.T.Voruntersuchungen: EEG, Kernspin und Laboranalysen
▸ Dauer: 1.Sitzung 45min.(Anpassung Stimulationsstärke), dann 15min.
▸ Über ca. 2-6 Wochen
▸ Besserungen in den Bereichen: Klarheit im Kopf, Kontrolle über neg. Denkmuster, Aktivität, Schlaf, Appetit...
▸ Nebenwirkungen: Muskelzuckungen am Kopf, Schmerzen auf der Haut
▸ Meta-Analysen bestätigen Wirksamkeit: Lefaucher Clin Neurophys 2014, Brunoni et al. JAMA Psychiatry 2017,
▸ Die Leitlinie sieht eine „Kann-Empfehlung(0) vor.
▸ GKV zahlt es bisher nicht; die meisten PKV‘s schon.
CHRONISCHE DEPRESSION ODER DEPRESSIVE PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG
▸ Bei 30-40% der depressiv Erkrankten lässt sich auch eine Persönlichkeitsstörung finden (am häufigsten: ängstlich-vermeidende, Borderline, paranoide P.-störung;
Härter et. al. 2018)
▸ bei chronischen Depressionen soll die Rate erhöhter sein (Rubio et. al. 2011). Bei frühem Beginn der chron. Depression liegt die Komorbiditätsrate bei 82%.(Schramm et. al. 2011)
▸ liegt eine komorbide Persönlichkeitsstörung vor, dauert die Remission länger.
▸ bei antisozialer P.-störung und Psychopathen sind Depression sehr selten.
▸ Die Frage einer depressiven Persönlichkeitsstörung und ihre Abgrenzung zur Dysthymie und atypischen Depressionen sind ungeklärt.
BURNOUT-SYNDROM (Z73.0) UND DEPRESSIONEN
▸ vom Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger 1974 erstmalig beschrieben.
▸ Burn-Out-Syndrom gilt als Risikofaktor für spätere psychische oder körperliche Erkrankungen (Tinnitus, Hypertonie, Infektionskrankheiten...)
▸ folglich kann es zu einer mit berufsbedingten (atypischen) Depression kommen.
Burnout
Im Positionspapier (2012) der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) wird es wie folgt beschrieben:
emotionale Erschöpfung mit dem Gefühl der Überforderung & Ausgelaugt-Seins bzgl der eigenen psychischen wie körperlichen Reserven
Müdigkeit & Niedergeschlagenheit & Konzentrationsstörungen.
Anspannungszustände. Unfähigkeit sich in der Freizeit zu entspannen
Schlafstörungen
körperliche Beschwerden: Magen-Darm, Kopf-/Rückenschmerzen, Infektanfälligkeit
Zynismus, Verbitterung, Abwertung. Depersonalisation
▸ Persönlichkeitsbedingende Faktoren (Kaschka et. al. 2011)
hohe idealistische Erwartungen an sich selbst / Perfektionismus
starkes Bedürfnis nach Anerkennung
es anderen immer recht machen wollen, dabei eigene Bedürfnisse zurückstellen
Gefühl unersetzbar zu sein
Engagement bis zur Selbstüberschätzung / Überforderung
Arbeit als einzig sinn-gebende Beschäftigung
▸ Huber & Juen (2013): Burn-Out-Persönlichkeitsmerkmale
1. Bei weiblichen Quereinsteigern, die weniger qualifiziert sind, aber in höheren Positionen arbeiten. (hoher Anpassungs-/Leistungsdruck)
2. vermehrt bei Menschen mit Migrationshintergrund
3. widerfahrene Ungerechtigkeit und Gewalt in der Kindheit
4. Väter oft physisch abwesend oder innerlich verschlossen/verhärtet
5. „Durchhalten, leisten, funktionieren“ sind häufige Erziehungsleitsätze
6. Väter oft grenzenlos leistungsbereit
7. dramatischer Krankheitsbeginn und als Auslöser oftmals eine Kränkung(s-episode)
BURNOUT-SYNDROM (Z73.0) UND DEPRESSIONEN 2
▸ Zunahme von Freiheit, Individualisierung und Selbstverantwortung führen zu steigendem Leistungsdruck mit der Folge der Verausgabung & Erschöpfung & Versagensgefühlen. (A. Ehrenberg 2004)
▸ Multioptionsgesellschaft erfordert ständige Identitätsarbeit und erzeugtOptimierungsdruck.
▸ überfordernde Beschleunigungsgesellschaft mit fehlender Sicherheit undzunehmenden Möglichkeiten. (Rosa 2011)
▸ „Dauerdruck ohne Zielhorizont“
▸ Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen und Arbeitsplatzunsicherheit
▸ periodische Arbeitslosigkeiten
▸ Arbeitsintensität und -tempo erhöht
▸ weniger klare Grenzen zwischen Arbeit & Freizeit inkl. ständiger Erreichbarkeit ▸ intensivere & bewusstere Kindererziehung (Bedürfnisorientierung)
▸ Männer & Frauen wollen oftmals gleichzeitig Job & Kinder
M. DORNES - GEGENPOSITION: PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN HABEN NICHT ZUGENOMMEN
▸ Modernisierung und sozialer Wandel haben keine negativen Auswirkungen für die psychische Gesundheit & das Wohlbefinden der Menschen
▸ Der Zusammenhang zwischen sozialem Wandel und psychische Störung sei nicht so eng, wie oft von Soziologen gedacht.
▸ verbesserte Problemlösefähigkeit des modernen Menschen
▸ Zunehmende Sensibilisierung für Diagnosen: „Dunkelfeld wird erhellt“
▸ Abnahme von Stigmatisierung & Tabuisierung psychischer Erkrankungen ▸ folglich werden Sie nicht mehr in den körperlichen Bereich verschoben
▸ höhere Arztdichte
▸ Verfeinerung und Erweiterung der Diagnosesysteme
▸ Hausärzte stellen schon Diagnosen ( // diagnostische Spezifität)
▸ Insgesamt haben sich Problemfelder eher verschoben, als dass es schlechter geworden ist. (früher „Zwangsehe“, Homosexualität = Krankheit, mehr Suizide...)
▸ positive Faktoren des jetzigen Systems werden oft bei aller Kritik übersehen.
▸ Burn-Out: Auslöser „Arbeitswelt“ sei meist nicht belegt. Oft fänden sich sogar gegenteilige Befunde. (Burisch 2010)
▸ oft findet sich eher ein schlechtes Verhältnis zum Vorgesetzten bzw. dessenmangelnde Wertschätzung / kommunikative Inkompetenz. (S. Voswinkel 2013)
▸ Seit Stress als gesundheitsschädlich thematisiert wird, sinkt die Zahl derer, die ein gegebenes Stressniveau noch aushaltbar bzw. ideal empfinden, und die Zahl derer steigt, die ein gegebenes Stressniveau als ungesund empfinden.(McGonigal 2015)
▸ 1950-2004: Abnahme der Wochenarbeitszeit: Eltern haben noch nie soviel Zeit mit ihren Kindern verbracht
▸ 1960: 33% ; 1979: 50% der Mütter waren berufstätig. (Schildt 2007)
▸ Rentenbezugsdauer war 1970 im Durchschnitt 10 Jahre; heute 17 Jahre (Weizsäcker 2014)
ALTERSDEPRESSION - EINIGE WICHTIGE UNTERSCHIEDE
▸ es werden eher körpergezogene / gesundheitliche Sorgen berichtet
▸ depressive Pseudodemenz: Sprech-, Denkhemmung, Konzentrationsstörung
▸ aber nicht desorientiert (Zeit/Ort) und auch keine Bagatellisierung/Verstecken des Leidens wie beim Demenzkranken
▸ Der Beginn ist bei Demenzkranken eher langsamer / steigend über Monate
▸ Stimmung ist beim Depressiven kaum beeinflussbar, beim Demenzkranken eher instabiler und leichter zu beeinflussen.
Zuletzt geändertvor 11 Tagen