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Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV)

RH
von Robin H.

Ansprüche §§ 987 - 992 BGB - Kann es trotz der Sperrwirkung des § 993 I HS 2 BGB zur Anwendbarkeit von Deliktsrecht kommen?

P: Fremdbesitzerexzess

Auch wenn die Parteien an sich einen Vertrag geschlossen haben, kann dieser von Anfang an (ggfs. unerkannt - vgl. unerkannt Geisteskranker, §§ 105 I, 104 Nr. 2 BGB) nichtig sein oder nachträglich durch Anfechtung nichtig werden.

-> unwirksamer Vertrag liefert kein RzB -> Vindikationslage (+).

Bsp.: V vermietet M eine Stereoanlage für dessen Geburtstagsparty. Beim Aufbau beschädigt M die Anlage fahrlässig. Im Nachgang ficht M den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung erfolgreich an -> MV nichtig gem. § 142 BGB -> M kein RzB.

Problem: Zum Zeitpunkt der Beschädigung war M gutgläubiger und berechtigter Besitzer der Anlage und wäre deshalb nach § 993 I HS 2 BGB nicht zum SchE verpflichtet. Bei wirksamen Vertrag wäre M berechtigter Besitzer und nach § 280 I BGB und § 823 I BGB zum SchE verpflichtet. Nicht ersichtlich ist, warum M bei unwirksamen Vertrag als unberechtigter Besitzer besser gestellt sein soll, als bei einem wirksamen Vertrag als berechtigter Besitzer -> Der Zweck der §§ 987 ff. BGB - Schutz des gutgläubigen Besitzers - passt hier nicht.


Um die Schlechterstellung des rechtmäßigen Besitzers zu vermeiden, lässt die hM den gutgläubigen unrechtmäßigen Fremdbesitzer somit trotz § 993 I HS 2 BGB aus § 823 BGB haften, wenn er für die Eigentumsverletzung auch als rechtmäßiger Besitzer verantwortlich wäre.

Ansprüche §§ 987 - 992 BGB - Die von Chef C mit dem Einkauf einer Maschine beautragte Angestellte A erkennt bei Vertragsschluss sehr verdächtige Umstände, die das Eigentum des Veräußerers erheblich in Frage stellen. Dennoch kauft A die Maschine im Namen des C. Tatsächlich hatte E die Maschine von M gestohlen, sodass C nun unrechtmäßiger Besitzer ist. Inwzsichen wurde die Maschine von einem anderen Angestellten des C demoliert. Kann M - der Eigentümer der Maschine - SchE für den Schaden an der Maschine von C fordern?

M könnte gegen C einen SchEA gem. §§ 989, 990 I 1 BGB haben.

  1. Vindikationslgae (+) -> M ist Eigentümer geblieben, da Übereignung von E an C gem. § 935 BGB unwirksam. Zudem leitet sich aus dem KV zw. C und E kein RzB des E ggü. M ab, da dieser nur relativ unterhalb der Partein und nicht absolut ggü. jederman wirkt (= § 984 (-)).

  2. Verschlechterung der Sache (+)

  3. Bösgläubigkeit bei Besitzerwerb

    Der Besitzer ist nicht im guten Glauben, wenn er in Kenntnis darüber ist, dass er kein RzB und der damit verbundenen Nutzung hat.

    P: Zurechnung des Wissens von Hilfspersonen

    -> Relevant bei Frage der Gutgläubigkeit

    Nicht C sondern A hat den Vertrag mit E geschlossen und war in Kenntnis über die verdächtigen Umstände. Möglicherweise müsste er sich das Wissen seiner Angestellten zurechnen lassen.

    • Zurechnung über § 278 BGB (-), da § 278 BGB nur die Zurechnung von verschulden und nicht von Kenntnissen regelt.

    • e.A. (BGHZ 41m 21; MüKoBGB/Raff § 990 Rn. 23): Wissenszurechnung analog § 166 I BGB -> Geschäftsherr wird so gestellt, als hätte er selbst die Kenntnis oder die (grob) fahrlässige Unkenntnis vom Fehlen des Besitzrechts (Wissenszurechnung bezieht sich auf sämtliche Mitarbeiter des Geschäftsherren).

      • Arg.: Gedanke des § 166 I BGB liegt näher, da es im Regelfall um den rechtsgeschäftlichen Besitzerwerb geht.

      • Achtung 🚨 : Ist angesteller weisungsgebunden, ist § 166 II BGB analog anzuwenden.

    • a.A (Baur/Stürner SachenR, § 5 Rn. 15): Wissenszurechnung analog § 831 I BGB

      • Arg.: Ergreifung des Besitzes ohne RzB sei mit einer unerlaubten Handlung vergleichbar.

    • i.E. egal


Ansprüche §§ 987 - 992 BGB - T und U arbeiten als Bauunternehmer auf derselben Baustelle. Als T überraschend verstarb, nahm U dessen Baumaschinen vorläufig in Verwahrung. Da die Maschinen bei U nicht gebraucht wurden veräußerte der neue Werksleiter W die Maschinen des T in grob fahrlässigker Unkenntnis der Umstände. Nun verlangt der Erbe des T - E - fünf Jahre später von U Schadensersatz bzw. Herausgabe des Veräußerungserlöses. Zu Recht?

A. E -> U auf SchE aus §§ 677, 681 S. 2, 667 Alt. 1, 280 I, III, 283 BGB -> Anspruch (+), aber verjährt gem. §§ 195, 199 I BGB.

B. E könnte gegen U einen SchEA gem. §§ 989, 990 I BGB haben.

I. Vindikationslage (+) -> zwar war U Verwahrer im Rahmen der GoA und somit rechtmäßiger Fremdbesitzer. Bei der Veräußerung der Maschinen handelte U (W = Besitzdiener, somit muss U sich das Handeln zurechnen lassen) aber wie ein Eigentümer, sodass in diesem Augenblick der rechtmäßige Fremdbesitz in einen unrechtmäßigen Eigenbesitz (§ 872 BGB) umgewandelt wurde.

II. Weitere Vs. § 990 BGB

An sich war U im Zeitpunkt der Veräußerung unrechtmäßiger Besitzer und das Ergreifen des Eigenbesitzes erfolgte auch grob fahrlässig Isv § 932 II BGB sodass Bösgläubigkeit zu bejahen wäre.

Allerdings formuliert § 990 I 1 BGB, dass der Besitzer “bei dem Erwerb des Besitzes” nicht in guten Glauben gewesen sein muss.

Bei der erstnaligen Besitzerlangung war U in gutem Glauben. Insofern fragt sich, ob die Umwandlung von rechtmäßigen Fremdbesitz in unrechtmäßigen Eigenbesitz als neuer Besitzerwerb iSv § 990 I 1 BGB angesehen werden kann.

  • BGH: Das Ergreifen von Eigenbesitz bzw. die Umwandlung von Fremd- in Eigenbesitz sei wie ein neuer Besitzerwerb zu behandeln, sodass hier § 990 I 1 BGB anwendbar sei.

    • Arg.: Fremd- und Eigenbesitz sind unterschiedlicher Natur und Regelungslücken müssen ausgeschlossen werden (so auch Grüneberg/Herrler BGB vor § 987 Rn. 11)

  • a.A. (Bauer/Stürner SachenR § 11 Rn. 27): Umwandlung von berechtigten Fremd- in unberechtigten Eigenbesitz sei kein neuer Besitzerwerb iSv § 990 I 1 BGB.


§ 988 BGB - Der aufgrund demenzieller Erkrankung unerkannt geschäftsunfähige D verkauft sein neues Fahrrad für 400€ an den ahnungslosen K, der das Rad für 50€ eine Woche an M vermietet. Danach word für D der Betreuer B bestellt, der nun von K das Rad und die eingenommenen 50€ herausverlangt.

Zu Recht?

P: Gleichstellung von unentgeltlichen rechtsgrundlosem Besitzerwerb

A. D -> K auf Herausgabe des Rads gem. § 985 BGB (+)

B. D -> K auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen iHv 50€ gem. §§ 987, 990 I BGB (-) -> Bei Besitzerwerb war K im guten Glauben hinsichtlich des Bestehens seines RzB ggü. D.

C. D -> K auf Herausgabe der gezogenen Nutzungen iHv 50€ gem. § 988 BGB analog.

  • Mietzins = Rechtsfrucht und damit Nutzung iSv. §§ 99 III, 100 BGB.

  • unmittelbare Anwendung des § 988 BGB wegen Wortlaut “unentgeltliche Leistung” ausgeschlossen

P: Wertungswiderspruch -> KV gem. §§ 105 I, 104 Nr. 2 BGB nichtig; K demnach nicht zur Entrichtug des KP verpflichtet, mithin denkbar, unentgeldlicher und rechtsgrundloser Besitzerwerb gleichzustellen, da in beiden Fällen keine Gegenleistung erbracht werden muss.

Nun liegt eine Vindikationslage vor (Übereignung (-) wegen §§ 105 I, 104 Nr. 2 BGB), § 987 (Rechtshängigkeit (-)) und § 988 unmittelbar (Wortlaut: nur bei entgeldlosem BErwerb) sind aber ausgeschlossen. Wäre das Verpflichtungsgeschäft nicht nichtig, müsste der Besitzerwerber nach § 812 BGB sowieso haften. Demnach wäre der Besitzer, welcher den Besitz rechtsgrundlos erworben hat dem ggü. bessergestellt, der ihn unentgeldlich erworben hat.

Streitig ist, wie dieser Wertungswiderspruch zu lösen ist.

  • e.A. (BGH): § 988 BGB analog -> über Rechtsfolgenverweisung findet Bereicherungsrecht Anwendung.

  • a.A. (Lit.): lehnt Analogie mit Verweis auf den Wortlaut ab und stimmt für eine Durchbrechung der Sperrwirkung des § 993 I HS 2 BGB und somit für eine Anwendung der §§ 812 ff.

  • i.E. soooowasvon egal, da nach beiden Auffassungen das Bereicherungsrecht Anwendung findet.




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Robin H.

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