Dimensionen der Kausalattributionen
Lokalisation: Intern vs. Extern
Internale Ursachen: Misserfolg wird auf eigene Fähigkeiten oder Anstrengung zurückgeführt.
Beispiel: „Ich war nicht konzentriert genug.“
Externale Ursachen: Misserfolg wird auf äußere Umstände geschoben.
Beispiel: „Der Lehrer hat unfair bewertet.“
Stabilität: Stabil vs. Variabel
Stabile Ursachen: Ursache bleibt über Zeit konstant.
Beispiel: „Ich bin generell schlecht in Mathe.“
Variable Ursachen: Ursache kann sich verändern.
Beispiel: „Ich habe mich diesmal nicht genug angestrengt.“
Kontrollierbarkeit: Kontrollierbar vs. Unkontrollierbar
Kontrollierbare Ursachen: Person kann die Ursache beeinflussen.
Beispiel: „Ich kann mich besser vorbereiten.“
Unkontrollierbare Ursachen: Person hat keinen Einfluss darauf.
Beispiel: „Ich hatte einfach Pech.“
Zusammenhang von kausalattributionen mit Emotionen:
Erfolg, der auf eigene Fähigkeiten zurückgeführt wird, führt zu Stolz.
Misserfolg, der auf mangelnde Anstrengung zurückgeführt wird, führt zu Ärger über sich selbst.
Misserfolg, der auf mangelnde Fähigkeiten zurückgeführt wird, führt zu Scham.
Einfluss von Kausalattributionen auf Motivation
Laut dem Erwartungsprinzip (Weiner, 1986) hängt die zukünftige Motivation von der wahrgenommenen Stabilität der Ursache ab:
Stabile Ursachen (z. B. „Ich bin schlecht in Mathe“) → Sinkende Erfolgserwartung → Weniger Motivation.
Variable Ursachen (z. B. „Ich habe mich nicht genug angestrengt“) → Erfolgserwartung bleibt erhalten → Motivation bleibt hoch.
Einfluss von Kausalattributionen auf Erfolgserwartung
Studie (Meyer, 1973):
Versuchspersonen, die Misserfolge auf stabile Ursachen (z. B. mangelnde Fähigkeit) zurückführten, reduzierten ihre Erfolgserwartungen deutlich.
Versuchspersonen, die Misserfolge auf variable Ursachen (z. B. mangelnde Anstrengung) zurückführten, behielten eine hohe Erfolgserwartung.
Self-Handicapping: Selbstwertschutz durch Vermeidung von Leistung
Viele Menschen vermeiden bewusst eine vollständige Anstrengung, um sich eine Ausrede für Misserfolge zu schaffen. Dies wird als Self-Handicapping bezeichnet.
Beispiel: Eine Studentin geht vor einer wichtigen Prüfung feiern. Falls sie durchfällt, kann sie dies auf Müdigkeit und nicht auf mangelnde Intelligenz zurückführen.
Studie (Schwinger et al., 2014):
Self-Handicapping korreliert negativ mit Leistung (r = -0,23).
Jüngere Schüler setzen Self-Handicapping häufiger ein als ältere.
Selbstreguliertes Lernen und Attributionen
Gute selbstregulierte Lerner schreiben Erfolge und Misserfolge günstig zu:
Erfolge: „Ich habe mich gut vorbereitet.“ → Steigerung des Selbstvertrauens.
Misserfolge: „Ich brauche eine bessere Strategie.“ → Motivation zur Verbesserung bleibt hoch.
Schlechte selbstregulierte Lerner attribuieren ungünstig:
Misserfolge: „Ich bin einfach nicht schlau genug.“ → Rückzug aus dem Lernprozess.
Strategie: Self-Handicapping oder frühzeitiger Lernabbruch.
Beispiel: Zwei Studenten lernen für eine Prüfung
Student A: Erkennt, dass seine Lernstrategie nicht optimal war, und ändert diese. → Adaptive Selbstregulation
Student B: Glaubt, dass er einfach zu dumm für das Fach ist und gibt auf. → Maladaptive Selbstregulation
Förderung positiver Kausalattributionen
Lehrkräfte und Eltern können durch bestimmte Verhaltensweisen beeinflussen, wie Schüler Erfolg und Misserfolg erklären:
a) Förderung des Fähigkeitsselbstkonzepts
Lob für Anstrengung statt für Begabung: „Du hast hart gearbeitet“ statt „Du bist so klug“.
Beispiel: Schüler, die für ihre Anstrengung gelobt werden, sind eher bereit, sich weiter anzustrengen.
b) Lernzielorientierte Unterrichtsgestaltung
Individuelle Bezugsnorm statt sozialer Bezugsnorm: Fortschritte messen, statt mit anderen zu vergleichen.
Beispiel: „Du hast dich verbessert“ motiviert mehr als „Du bist der Beste der Klasse“.
c) Attributionstrainings
Ziel: Schüler dazu bringen, Misserfolge auf veränderbare Faktoren zurückzuführen.
Beispiel: „Ich brauche eine bessere Lernstrategie“ statt „Ich bin einfach schlecht“.
Praktische Bedeutung für Schule und Hochschule
Selbstwertschutz durch günstige Attributionen: Schüler sollten ermutigt werden, an ihrer Anstrengung und Strategie zu arbeiten, anstatt sich auf unveränderliche Eigenschaften zu konzentrieren.
Langfristige Motivation fördern: Erfolgserwartung bleibt stabil, wenn Misserfolge als veränderbar wahrgenommen werden.
Negative Spiralen vermeiden: Wenn Schüler immer wieder Misserfolg auf mangelnde Fähigkeiten zurückführen, kann dies zu erlernter Hilflosigkeit führen.
Fazit
Kausalattributionen beeinflussen maßgeblich, wie Menschen mit Erfolg und Misserfolg umgehen. Personen mit positiven Attributionen sind motivierter, ausdauernder und erfolgreicher. Lehrkräfte und Eltern können durch gezieltes Feedback und Attributionstraining dazu beitragen, dass Schüler Misserfolge als veränderbar wahrnehmen und langfristig motiviert bleiben.
Zuletzt geändertvor 11 Tagen