Qualifikation als Verbundbegriff
Nachhaltigkeit ist ein Verbundbegriff
—> Koordination der Diskurse unterschiedlicher Disziplinen
Verortung im Mehrebenensystem (Völkerrecht, Unionsrecht, Nationales Recht)
Das Mehrebenensystem
Völkerrechtliche Verträge:
Wirkung relativ -> keine Verbindlichkeit
Für die Geltung bedarf es zwingend eines Transformationsaktes
Ratifizierung durch EU:
EU kann Verbundregelungen schaffen, die unmittelbar im nationalen Recht Geltung beanspruchen
Mitgliedstaaten haben das Unionsrecht zu beachten
—> können nur im Einklang mit dem unionsrechtlichen Rahmen eigene Regelungen (national) setzen
Durchbruch erfuhr das Nachhaltigkeitsprinzip im Völkerrecht 1992
—> Grundsatz 27 der Rio-Deklaration
—> Aber, noch kein verbindliches Recht, lediglich politischer Auftrag zu dessen Ausarbeitung
Ausdifferenzierung völkerrechtlicher Referenzgebiete (Umweltvölkerrechts, Human Rights)
—> Pariser Abkommen zum Klimaschutz
Europäische Union Schlüsselstellung bei der Implementierung
—> Übersetzung internationaler Vorgaben in verbindliche Regeln
Rechtsprinzip im Völkerrecht:
Verantwortlichkeit privater Unternehmen im Fokus
—> Verursacher von Umweltkatastrophen
—> Zunehmende Relevanz nicht verbindlicher internationaler Verhaltensstandards (z.B. UN Global Compact) richten sich zentral an Unternehmen (freiwillig)
Die Diskussion einer völkerrechtlichen Verantwortlichkeit privater Unternehmen wird nach wie vor geführt, auch unter dem Stichwort: Ent-Mediatisierung des Individuums, das Stück für Stück eine eigene Rechtsfähigkeit im Völkerrecht erlangt
Primärrecht
Die Verträge der Europäischen Union enthalten keine konkrete Definition der Nachhaltigkeit
Dennoch wird der Nachhaltigkeitsgrundsatz als ein Verfassungsprinzip des Unionsrechts betrachtet
Entscheident ist Art. 3 Abs. 3 S. 2 EUV, der die nachhaltige Entwicklung Europas als eigenständiges Unionsziel benennt und dieses unmittelbar an die Errichtung des Binnenmarktes knüpft
—> integratives Nachhaltigkeitsverständnis
Eu-Grundrechtcharta
—> Art. 37 GRCh enthält den Grundsatz des Umweltschutzes, jedoch keine subjektiven Rechte für den Bürger
Sekundärrecht
Das unionsverfassungsrechtliche Prinzip der Nachhaltigkeit wird durch eine Fülle bereichsspezifischer Sekundärrechtsakte konkretisiert
Im Bereich des Sekundärrechts dominiert die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitsprinzips
Sekundärrechtliches Unternehmensrecht:
Richtlinie über die nicht-finanzielle Berichterstattung großer Unternehmen
—> Paradigmenwechsel im Verständnis von zunächst freiwilliger unternehmerischer Verantwortung hin zu Rechtsverbindlichkeit
Kombiniert alle wesentlichen Aspekte der Nachhaltigkeit
—> große Unternehmen dazu verpflichtet, über ihre Aktivitäten im ökologischen und sozialen Bereich öffentlich zu berichten
Die drei zentralen Dimensionen der Nachhaltigkeit anerkannt und im Wege der Langfristigkeit, also in der intergenerativen Perspektive verklammert
=> Im Sekundärrecht erfolgt die Begriffsbildung also punktuell und rechtsaktspezifisch
=> Besteht ein Primat der ökonomische Dimension
Verfassungsrecht - nationale Ebene
Im deutschen Verfassungsrecht findet sich das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung zwar ansatzweise, es fehlt jedoch an einer ausdrücklichen Normierung
Vorschlag im Rahmen des Nachhaltigkeitsdiskurses: Aufnahme eines Staatsziels der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit + Optionen einer Präambelergänzung
In der Vergangenheit wurden Nachhaltigkeitsbelange oft mit Umweltschutz gleichgesetzt
Aktuell beherrscht der Gedanke der Generationengerechtigkeit den verfassungsrechtlichen Nachhaltigkeitsdiskurs —> Einführung einer Schuldenbremse im Jahr 2009
Einfach-gesetzliche Ebene
Auf der einfach-gesetzlichen Ebene dominiert das Öffentliche Recht - speziell das Verwaltungsrecht - die Implementierung des Nachhaltigkeitsprinzips
Das Privatrecht ist erst seit kurzer Zeit zum Instrument der Förderung von Nachhaltigkeit geworden
Insbesondere große transnational agierende Unternehmen befinden sich in einem Diskurs über deren Verantwortung (CSR)
Zuletzt geändertvor 2 Tagen