Benennen Sie Merkmale qualitativer Sozialforschung.
Offenheit für Anpassungen (keine strikten Hypotesen)
Subjektorientierung (Perspektiven und Erfahungen der untersuchten Personen stehe im Vordergrund; Soziale Phänomäne aus der Sicht der betroffenen verstehen)
Ganzheitlichkeit (Kontext von Handlungen und sozialen Interaktionen wird berücksichtigt; soziale Wirklichkeiten in ihrer Komplexität zu erfassen)
Interpretative Vorgehensweise (Fokus liegt auf dem Verstehen -> Verstehen statt Erklären)
Flexibilität in der Datenerhebung (Interviews, Beobachtungen, Gruppendiskussionen oder die Analyse von Texten; Methodenwahl orientiert sich an der Forschungsfrage und den Gegebenheiten im Feld)
Prozessorientierung (Soziale Phänomene werden als dynamisch betrachtet, und Prozesse des Wandels und der Entwicklung werden untersucht)
Kleine Stichproben (Der Fokus liegt auf Tiefenanalyse statt auf Repräsentativität; Auswahl der Fälle erfolgt oft theoretisch begründet (theoretical sampling))
Induktive Herangehensweise (Theoriebildung erfolgt häufig induktiv aus den empirischen Daten heraus, z. B. im Rahmen der Grounded Theory)
Dokumentation von Kontext und Interaktion (Daten werden in ihrer Entstehung dokumentiert und analysiert (z. B. Transkripte von Interviews))
Subjektivität des Forschers (Rolle und Perspektive des Forschers wird reflektiert, um mögliche Verzerrungen zu minimieren)
Welche Sorten von Daten können mit qualitativen Forschungsmethoden ausgewertet werden?
1. Textdaten (Interviewtranskripte, Literatur etc.)
2. Gesprächs- und Kommunikationsdaten (Gesprächsprotokolle)
3. Beobachtungsdaten (Feldnotizen: Beschreibungen von Handlungen, Interaktionen oder sozialen Situationen aus teilnehmenden oder nicht-teilnehmenden Beobachtungen; Ereignisprotokolle: Chronologische Aufzeichnungen spezifischer Vorgänge)
4. Visuelle Daten (Bilder, Videos)
5. Audiovisuelle Daten (Tonaufnahmen, Musik)
6. Digitale und multimediale Daten (Soziale Medien, Forenbeiträge)
7. Kunst- und Kulturprodukt (Kunst und Literatur)
8. Gegenstände und Artefakte
9. Prozessdaten (Interaktionsverläufe, Organisationsdokumente ( Prozessbeschreibungen)
Benennen Sie Grundannahmen und Kennzeichen qualitativer Forschung. (4 Aspekte).
Methoden müssen immer gegenstandsangemessen sein.
Qualitative Erhebungs-, Analyse- und Interpretationsverfahren sind der Kontextualiät verpflichtet.
Die Reflexivität des Forschers über sein Handeln und seine Wahrnehmungen im untersuchten Feld ist ein wesentlicher Teil der Erkenntnis.
Das Erkenntnisprinzip qualitativer Forschung ist das Verstehen von komplexen Zusammenhängen. Verstehen bedeutet im Sinne eines methodisch kontrollierten Fremdverstehens den Nachvollzug der Perspektive des Anderen.
Die qualitative Forschung ist überwiegend eine Textwissenschaft. Sie produziert Daten als Texte und ist bei der Interpretation auf diese Texte als Arbeitsgrundlage angewiesen.
Wählen Sie zwei der vorher genannten Aspekte aus und erklären Sie die Hintergründe.
1. Methoden müssen immer gegenstandsangemessen sein
Die Anforderung, dass Methoden gegenstandsangemessen sein müssen, bedeutet, dass die Wahl der Forschungsmethoden sich nach dem Forschungsgegenstand richten soll, anstatt den Forschungsgegenstand an eine vorab festgelegte Methode anzupassen.
2. Qualitative Verfahren sind der Kontextualität verpflichtet
Die Verpflichtung zur Kontextualität bedeutet, dass qualitative Forschung soziale Phänomene in ihrem spezifischen Umfeld untersucht. Sie berücksichtigt die historischen, kulturellen, sozialen und situativen Bedingungen, unter denen ein Phänomen stattfindet.
Welche Anforderungen werden an die Formulierung von Fragen eines Leitfadens gestellt? Benennen Sie 6 Aspekte.
Keine geschlossenen Fragen
Keine Erwartungen andeuten
Keine direkten oder suggestive Fragen
Keine empathischen Kommentare
Keine Deutungsangebote machen
Keine Fragen, mit denen auf Klärung insistiert werden soll
Keine geschlossenen Nachfragen, mit denen das eigene Verständnis überprüft werden soll
Was ist bei der Konstruktion von Fragen zu beachten, die Teil eines Leitfadens werden sollen?
1. Offene und explorative Fragen formulieren
2. Orientierung am Forschungsziel
3. Verständliche und einfache Sprache verwenden
4. Neutralität der Fragen sicherstellen
5. Flexibilität ermöglichen (Offener Leitfaden)
6. Kontext beachten
7. Einsatz unterschiedlicher Fragetypen
Die Fragen in einem Leitfaden müssen klar, neutral, relevant und offen formuliert sein, um die Befragten zur Reflexion anzuregen und detaillierte, kontextbezogene Antworten zu ermöglichen. Ein guter Leitfaden ist zudem flexibel und ermöglicht eine dynamische Gesprächsführung, die sich an den Antworten der Befragten orientiert.
Welche Interviewformen kennen Sie und worin unterscheiden sie sich im Wesentlichen?
Leitfadeninterviews
Fokussiertes Interview
Problemzentriertes Interview
ExpertInneninterview
Ethnographisches Interview
Erzählgenerierende Interviews
Narratives Interview
Episodisches Inetrview
Was ist ein Problemzentriertes Interview und für welche Forschungsfragen ist dies geeignet?
Definition:
Halbstrukturiertes Interview mit einem Leitfaden, das sich auf ein bestimmtes Problem oder Thema konzentriert.
Kombination aus offenen Fragen, die die Sichtweisen der Befragten einholen, und gezielten Nachfragen, um relevante Aspekte zu vertiefen.
Betont die Subjektivität der Befragten und ihre Erfahrungen mit dem Problem.
Geeignet für Forschungsfragen:
Wenn spezifische Themen oder Probleme vertieft untersucht werden sollen.
Wenn sowohl individuelle Sichtweisen als auch strukturelle oder kontextuelle Einflüsse analysiert werden sollen.
Beispiele:
„Wie erleben Pflegekräfte den Fachkräftemangel in ihrem Arbeitsalltag?“
„Welche Herausforderungen sehen Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Berufsleben?“
Was ist ein narratives Interview und für welche Forschungsfragen ist dies geeignet?
Offenes Interview, bei dem die Befragten gebeten werden, frei über ihre Erfahrungen oder Lebensgeschichten zu erzählen.
Der Interviewer gibt nur initial einen Impuls und greift während der Erzählung kaum ein, um den Fluss nicht zu unterbrechen.
Ziel: Rekonstruktion von biografischen oder lebensweltlichen Zusammenhängen.
Wenn die subjektive Perspektive auf Ereignisse, Prozesse oder biografische Entwicklungen rekonstruiert werden soll.
Wenn es um tiefergehendes Verstehen von Erfahrungen und Handlungszusammenhängen geht.
„Wie haben Menschen den gesellschaftlichen Wandel in der ehemaligen DDR erlebt?“
„Welche Lebenswege haben junge Erwachsene mit Fluchthintergrund durchlaufen?“
Was ist ein Experteninterview und für welche Forschungsfragen ist dies geeignet?
Experteninterview
Experteninterviews richten sich an Personen mit spezifischem Fachwissen oder beruflicher Expertise in einem bestimmten Bereich. Der Interviewer verfolgt eine strukturierte bis halbstrukturierte Vorgehensweise, um gezielt Informationen aus der Expertise der Befragten zu extrahieren. Die Rolle des Interviewers ist aktiv, da spezifische Themen adressiert und relevante Details abgefragt werden müssen.
Ziel: Expertenwissen systematisch zu erfassen und auf die Forschungsfrage anzuwenden.
Forschungsfragen, die Wissen, Erfahrungen oder Einschätzungen von Fachleuten zu einem spezifischen Thema erfordern, z. B.:
„Welche Herausforderungen bestehen bei der Implementierung von KI in mittelständischen Unternehmen?“
„Wie beurteilen Fachkräfte die Auswirkungen von Gesetzesänderungen im Gesundheitswesen?“
„Welche Ansätze zur nachhaltigen Stadtentwicklung sind in der Praxis erfolgreich?“
Was ist er Unterschied zwischen einem Problemzentrierten und einem narrativen Interview?
Problemzentriertes Interview: Gezielter und stärker vom Interviewleitfaden geleitet, geeignet für themenspezifische Untersuchungen.
Narratives Interview: Sehr offen und erzählorientiert, geeignet für biografische oder prozesshafte Fragestellungen.
Benennen sie mindestens 5 Schritte der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz.
WICHTIG!
1) lnitiierende Textarbeit: Markieren wichtiger Textstellen, Schreiben von Memos
2) Entwickeln von thematischen Haupthategorien
3) Codieren des gesamten bisher vorhandenen Materials mit den Hauptkategorien
4) Zusammenstellen aller mit der gleichen Hauptkategorie codierten Textstellen
5) Induktives Bestimmen von Subkategorien am Material
6) Codieren des kompletten Materials mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem
7) Kategorienbasierte Auswertung und Ergebnisdarstellung
Bei der inhaltlich strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz werden unter anderem die Schritte der initiierenden Textarbeit (a), induktives Bestimmen von Subkategorien (b) und das Codieren des gesamten Materials mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem (c) benannt. Erläutern Sie, was genau mit diesen Schritten gemeint ist und wie sie umgesetzt werden.
a) Initiierende Textarbeit
Text beginnend mit der ersten Zeile sequentiell lesen
Ggf. Zurückgreifen auf die Rohdaten (Audioaufzeichnung)
Markieren wichtiger Textstellen (Forschungsfrage im Hinterkopf; Intensiv lesen)
Zusammenfassende Darstellung der Charakteristika des Einzelfalls in Form einer Fallzusammenfassung („Case summary")
Festhalten von Gedanken, Ideen, Vermutungen und Hypothesen in Form von Memos (= die von der Forscherin/ dem Forscher festgehaltenen Gedanken, Ideen und Vermutungen)
b) Induktives bestimmen von Subkategorien am Material
-> Ausdifferenzierung der noch relativ allgemeinen Hauptkategorien
Auswahl einer thematischen Kategorie, d.h. für diese Kategorie sollen Subkategorien gebildet werden
Zusammenstellen aller mit dieser Kategorie codierten Textstellen
Bilden von Subkategorien am Material: Erstellen einer ungeordneten Liste
Ordnen und Systematisieren der Liste, ggf. Zusammenfassen von Subkategorien
Formulieren von Definitionen für die Subkategorien
c) Codieren des kompletten Materials mit ausdifferenziertem Kategoriensystem
Erneut vollständiger Durchlauf durch das Material
Hat man die Kategorien auf der Basis eines zu geringen Anteils von Material gebildet: Präzisierungen und Erweiterungen der Subkategorien
Arbeitsreiche Systematisierung und Strukturierung des Materials ist nun abgeschlossen
Skizzieren Sie die Schritte des Analyseprozesses bei der Strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz
1. Festlegen der Forschungsfrage und der Kategorienstruktur
Definition der Forschungsfrage: Klärung, welche Aspekte des Materials untersucht werden sollen.
Vorabkategorien entwickeln: Auf Basis der Forschungsfrage und theoretischer Überlegungen wird ein erster Kategoriensatz erstellt (deduktive Kategorien).
2. Erste Materialdurchsicht und Erarbeitung der Hauptkategorien
Sichtung des Materials: Eine erste Durchsicht des Textmaterials (z. B. Interviews, Dokumente) dient dazu, sich einen Überblick zu verschaffen.
Anpassung der Kategorienstruktur: Hauptkategorien können überprüft, angepasst oder ergänzt werden, um das Material besser abzubilden.
3. Codierung des Materials mit Hauptkategorien
Codieren: Der Text wird in Abschnitte aufgeteilt, die den Hauptkategorien zugeordnet werden.
Hauptkategorien anwenden: Abschnitte des Materials werden systematisch markiert, die zu den vorab festgelegten Hauptkategorien passen.
4. Zusammenstellen aller mit der gleichen Hauptkategorie codierten Textstellen
5. Fein- und Subkategorisierung (induktiv und deduktiv)
Entwicklung von Subkategorien: Innerhalb der Hauptkategorien werden weitere Subkategorien erarbeitet, entweder:
Induktiv: Auf Basis des Materials (offene Kategorienbildung).
Deduktiv: Auf Basis theoretischer Vorannahmen.
Codieren mit Subkategorien: Das Material wird erneut durchgegangen, um präzisere Zuordnungen zu ermöglichen.
6. Analyse der Kategorien und Interpretation der Ergebnisse
Kategorienanalyse: Die codierten Textstellen werden thematisch ausgewertet, um Zusammenhänge, Muster und relevante Aussagen herauszuarbeiten.
Quantifizierung (optional): Häufigkeiten von Codes können analysiert werden, um Schwerpunkte zu erkennen.
Interpretation: Die Kategorien und ihre Inhalte werden im Hinblick auf die Forschungsfrage interpretiert.
7. Ergebnisdarstellung
Zusammenfassung der Ergebnisse: Die zentralen Erkenntnisse aus den Kategorien werden systematisch dargestellt.
Veranschaulichung: Ergebnisse können durch Tabellen, Diagramme oder Zitate belegt werden.
Rückbezug zur Forschungsfrage: Die Ergebnisse werden im Kontext der Forschungsfrage interpretiert.
Fazit:
Der Analyseprozess bei der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Kuckartz folgt einer klaren Logik von der Vorbereitung (Forschungsfrage, Kategorien) über die schrittweise Codierung bis zur systematischen Interpretation. Dies ermöglicht eine transparente und strukturierte Analyse qualitativer Daten.
Skizzieren Sie, was man unter einem „Feld" versteht?
Ein Feld in der qualitativen Forschung ist der soziale oder kulturelle Raum, in dem die untersuchten Phänomene auftreten. Es ist der Ort, an dem die Forschung stattfindet, und umfasst die Akteure, ihre Interaktionen sowie die sozialen Strukturen und Regeln, die das Feld prägen.
Merkmale eines Feldes:
1. Sozialer Kontext:
Das Feld ist immer eingebettet in spezifische soziale, kulturelle oder institutionelle Kontexte.
Beispiele: Ein Klassenzimmer, ein Arbeitsplatz, ein Stadtviertel, eine Online-Plattform.
2. Komplexität und Dynamik:
Felder sind oft dynamisch, das heißt, sie können sich während der Forschung verändern.
3. Perspektivenvielfalt:
Es gibt im Feld oft unterschiedliche Akteure mit eigenen Perspektiven, Interessen und Machtpositionen.
Beispielhafte Felder:
Ein Unternehmen, in dem die Arbeitskultur untersucht wird.
Eine Online-Community, um Kommunikationsverhalten zu analysieren.
Eine Schule, um das Zusammenspiel von Lehrern und Schülern zu erfassen.
Erläutern Sie den Begriff „Feldzugang" im Kontext qualitativer Forschung.
Der Feldzugang bezeichnet den Prozess, durch den Forschende in das soziale, kulturelle oder institutionelle Umfeld („Feld“) gelangen, das sie untersuchen möchten. Es umfasst alle Schritte, die notwendig sind, um Vertrauen aufzubauen, akzeptiert zu werden und Daten erheben zu können.
Wichtige Aspekte des Feldzugangs:
1. Definition des Feldes:
Das Feld ist der konkrete Untersuchungsbereich oder Kontext, in dem soziale Phänomene erforscht werden (z. B. eine Schule, ein Unternehmen, eine Community).
Es kann physisch (ein Ort) oder symbolisch (z. B. eine Online-Community) sein.
2. Kontakte knüpfen:
Forschende müssen oft mit Gatekeepern (z. B. Führungskräften, Verantwortlichen) Kontakt aufnehmen, um Zugang zu einer Gruppe oder Institution zu erhalten.
3. Vertrauensaufbau:
Es ist wichtig, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Beteiligten aufzubauen, um ehrliche und authentische Einblicke zu erhalten.
4. Ethik und Respekt:
Der Zugang sollte respektvoll und unter Berücksichtigung ethischer Richtlinien erfolgen (z. B. Anonymität, Freiwilligkeit).
5. Herausforderungen:
Zugang kann erschwert sein durch Misstrauen, Machtverhältnisse, kulturelle Barrieren oder sensible Themen.
Was ist der Zusammenhang zwischen dem Feld und dem Feldzugang?
Das Feld ist der Untersuchungsraum, in dem qualitative Forschung stattfindet.
Der Feldzugang beschreibt die strategische und oft sensible Aufgabe, in diesen Raum einzutreten und Zugang zu den relevanten Daten und Akteuren zu erhalten.
Erläutern Sie, welche Herausforderungen sich im Kontext der Gütekriterien qualitativer Forschung zeigen? Benennen Sie dabei mindestens drei wesentliche Kriterien.
Im Kontext der qualitativen Forschung stellen die Einhaltung und Anwendung von Gütekriterien eine besondere Herausforderung dar, da diese nicht standardisiert, sondern flexibel auf die spezifische Forschungssituation angepasst werden müssen. Drei wesentliche Gütekriterien qualitativer Forschung sind Vertrauenswürdigkeit, Nachvollziehbarkeit und Wertigkeit/Relevanz. Die Herausforderungen im Umgang mit diesen Kriterien lassen sich wie folgt beschreiben:
1. Vertrauenswürdigkeit (Credibility)
Die Vertrauenswürdigkeit bezieht sich darauf, inwieweit die Ergebnisse einer qualitativen Studie glaubwürdig und realitätsnah sind.
Herausforderungen:
Die Subjektivität der Forschenden kann die Interpretation der Daten beeinflussen, sodass es schwierig ist, Verzerrungen zu vermeiden.
Es erfordert den Einsatz von Techniken wie Triangulation (Kombination verschiedener Datenquellen oder Methoden), um die Glaubwürdigkeit zu stärken, was oft zeit- und ressourcenintensiv ist.
Die Einbindung der Perspektiven der Untersuchungsteilnehmenden (z. B. durch Mitgliedskontrollen) kann herausfordernd sein, da diese möglicherweise nicht ausreichend geschult sind, um die Ergebnisse kritisch zu bewerten.
2. Nachvollziehbarkeit (Dependability)
Dieses Kriterium bezieht sich auf die Transparenz und Dokumentation des Forschungsprozesses, sodass andere Forschende die Vorgehensweise verstehen und möglicherweise replizieren können.
Der qualitative Forschungsprozess ist häufig nicht linear, sondern entwickelt sich iterativ. Diese dynamischen Anpassungen müssen genau dokumentiert werden, was hohe Anforderungen an die Reflexion und Transparenz stellt.
Subjektive Entscheidungen bei der Datenerhebung und -analyse sind schwer objektiv nachvollziehbar und verlangen eine detaillierte Beschreibung der methodischen Vorgehensweise.
Eine vollständige Offenlegung aller Daten und Analyseschritte kann aus ethischen oder praktischen Gründen schwierig sein (z. B. Vertraulichkeit von Teilnehmerdaten).
3. Wertigkeit/Relevanz (Relevance)
Wertigkeit beschreibt, inwieweit die Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage beitragen und für die wissenschaftliche oder praktische Anwendung bedeutsam sind.
Die Kontextgebundenheit qualitativer Forschung erschwert die Übertragbarkeit (Transferability) der Ergebnisse auf andere Situationen oder Populationen.
Es ist schwierig, universelle Schlussfolgerungen zu ziehen, da qualitative Studien oft auf kleine, spezifische Stichproben begrenzt sind.
Die Bewertung der Relevanz erfordert eine kritische Reflexion darüber, wie gut die Ergebnisse in den theoretischen oder praktischen Diskurs eingebettet sind, was je nach Perspektive variieren kann.
-> Die Herausforderungen der qualitativen Forschung liegen darin, die Balance zwischen Flexibilität und wissenschaftlicher Strenge zu halten, die Subjektivität der Forschenden transparent zu machen und die Ergebnisse im spezifischen Kontext der Studie nachvollziehbar darzustellen. Forschende müssen kreativ und reflektiert vorgehen, um diese Gütekriterien in ihrer Arbeit zu gewährleisten.
Welche Prinzipien gelten bei der Verschriftlichung aus teilnehmenden Beobachtungen in der Ethnographie?
Bei der Verschriftlichung von Daten aus teilnehmenden Beobachtungen in der Ethnographie gelten folgende zentrale Prinzipien, die eine systematische und reflektierte Darstellung sicherstellen sollen:
1. Prinzip der Detailliertheit
Genauigkeit und Präzision: Alle relevanten Beobachtungen, Ereignisse, Handlungen und Kontexte sollen möglichst detailliert beschrieben werden.
Kleine Details beachten: Nonverbale Kommunikation, räumliche Anordnung und alltägliche Praktiken können bedeutsam sein und sollten nicht ausgelassen werden.
Konkret statt abstrakt: Statt allgemeiner Aussagen (z. B. „Die Stimmung war entspannt“) sollten konkrete Beobachtungen festgehalten werden (z. B. „Die Anwesenden lachten laut und saßen locker zurückgelehnt auf den Stühlen“).
2. Prinzip der Kontextualisierung
Einbettung der Beobachtungen: Die Beschreibungen sollen im sozialen, kulturellen und räumlichen Kontext verankert sein, um die Bedeutung der Handlungen und Aussagen zu verstehen.
Erfassen von Rahmenbedingungen: Zeit, Ort, beteiligte Personen und ihre Rollen sowie äußere Einflüsse (z. B. Wetter, Stimmung) sollten dokumentiert werden.
3. Prinzip der Subjektivität und Reflexivität
Selbstreflexion: Die Rolle der Forschenden als Beobachtende und Teilnehmende muss reflektiert werden. Ihre Perspektive, Vorannahmen und möglichen Einfluss auf die Beobachtungen sollten offengelegt werden.
Dokumentation eigener Eindrücke: Subjektive Wahrnehmungen, Gefühle und Interpretationen gehören zum Prozess und sollen festgehalten, aber von der objektiven Beschreibung getrennt werden.
4. Prinzip der Trennung von Beschreibung und Interpretation
Deskription vor Analyse: Zuerst sollten Beobachtungen möglichst neutral und ohne Wertung beschrieben werden.
Ergänzende Interpretation: Interpretationen und Deutungen können hinzugefügt werden, sollten aber klar als solche gekennzeichnet sein.
5. Prinzip der Offenheit
Erfassung unerwarteter Ereignisse: Auch ungewöhnliche oder scheinbar nebensächliche Beobachtungen können relevant sein und sollten festgehalten werden.
Vermeidung von selektiver Wahrnehmung: Die Beobachtung sollte nicht nur auf vorher festgelegte Aspekte beschränkt sein, sondern offen bleiben für neue Erkenntnisse.
6. Prinzip der Chronologie
Zeitliche Abfolge bewahren: Ereignisse und Handlungen sollten in der Reihenfolge beschrieben werden, in der sie stattgefunden haben, um die Dynamik des Geschehens zu rekonstruieren.
7. Prinzip der Anonymisierung und Ethik
Wahrung der Vertraulichkeit: Namen von Personen, Orten oder Organisationen sollten anonymisiert werden, um die Privatsphäre der Beteiligten zu schützen.
Respektvoller Umgang: Die Beschreibung soll respektvoll sein und kulturelle Sensibilitäten beachten.
Die Verschriftlichung von Beobachtungen in der Ethnographie ist ein vielschichtiger Prozess, der nicht nur die präzise Beschreibung und Kontextualisierung des Geschehens erfordert, sondern auch die reflektierte Einbettung der Rolle der Forschenden. Ziel ist es, die soziale Realität des Feldes so umfassend und nachvollziehbar wie möglich zu dokumentieren.
Bennen sie drei Gründe für die Wahl eines partizipativen Forschungsdesigns.
1. Einbezug von Praxiswissen und relevanten Perspektiven
Partizipative Forschung ermöglicht die aktive Einbindung der Betroffenen oder Zielgruppen in den Forschungsprozess. Dadurch wird sichergestellt, dass deren praktisches Wissen, Erfahrungen und Bedürfnisse in die Fragestellung, Methodik und Interpretation der Ergebnisse einfließen.
2. Erhöhung der Relevanz und Anwendbarkeit der Ergebnisse
Da die Teilnehmenden in die Forschung eingebunden sind, werden die Ergebnisse häufig als praxisrelevant und umsetzbar angesehen. Dies steigert die Wahrscheinlichkeit, dass die gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich Anwendung finden und positive Veränderungen bewirken.
3. Empowerment der Teilnehmenden
Partizipative Ansätze fördern die Mitbestimmung und Eigenverantwortung der Betroffenen. Sie stärken ihre Fähigkeiten, sich mit wissenschaftlichen Methoden auseinanderzusetzen, und tragen dazu bei, soziale Ungleichheiten abzubauen, indem sie marginalisierte Gruppen aktiv einbezieht
Sie interessiert, wie Schwangere eine Stillentscheidung treffen. Beschreiben sie exemplarisch, wie diese Frage durch eine Studie mit qualitativem Forschungsdesign beantwortet werden könnte. Bennen sie dabei auch konkrete Schritte im Forschungsprozess.
1. Forschungsfrage definieren
Primärfrage: „Wie treffen Schwangere die Entscheidung, ihr Kind zu stillen oder nicht zu stillen?“
Unterfragen:
Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung?
Welche Rolle spielen persönliche Überzeugungen, soziale Normen oder gesundheitliche Überlegungen?
Wie erleben Schwangere den Entscheidungsprozess?
2. Methodenauswahl
Für diese Fragestellung bietet sich ein explorativer Ansatz mit qualitativen Interviews an. Ergänzend können Fokusgruppen oder Tagebuchstudien genutzt werden.
3. Stichprobenauswahl
Zielgruppe: Schwangere im letzten Trimester (da in dieser Phase oft Entscheidungen über das Stillen getroffen werden).
Sampling-Strategie: Theoretisches oder gezieltes Sampling, um verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen (z. B. Alter, Bildungsstand, kultureller Hintergrund, vorherige Still-Erfahrungen).
Stichprobengröße: 10–15 Teilnehmerinnen, da diese Anzahl oft ausreicht, um eine inhaltliche Sättigung zu erreichen.
4. Datenerhebung
Halbstrukturierte Interviews: Leitfaden mit offenen Fragen, z. B.:
„Welche Überlegungen haben Sie zum Thema Stillen angestellt?“
„Gab es Personen oder Informationen, die Ihre Meinung beeinflusst haben?“
„Wie stellen Sie sich das Stillen vor? Welche Bedenken haben Sie eventuell?“
Interviews können persönlich oder online durchgeführt werden.
Ergänzung durch Beobachtungen: Bei Geburtsvorbereitungskursen oder Beratungsgesprächen (falls möglich).
Audiovisuelle Aufzeichnung: Zustimmung der Teilnehmerinnen vorausgesetzt, um die Daten detailliert analysieren zu können.
5. Datenanalyse
Methodischer Ansatz: Qualitative Inhaltsanalyse (z. B. nach Mayring) oder Grounded Theory.
Schritte der Analyse:
Transkription der Interviews.
Kodierung: Identifikation von Schlüsselthemen und wiederkehrenden Mustern (z. B. „Einfluss von Familie“, „Bedenken bezüglich Stillen in der Öffentlichkeit“).
Kategoriebildung: Zusammenführung ähnlicher Codes in übergeordnete Kategorien (z. B. „Externe Einflüsse“, „Persönliche Überzeugungen“).
Theoriebildung: Entwicklung eines Modells, das den Entscheidungsprozess beschreibt.
6. Qualitätssicherung
Triangulation: Kombination von Daten aus Interviews, Beobachtungen und eventuell Tagebüchern.
Peer-Feedback: Diskussion der Ergebnisse mit anderen Forschenden.
Teilnehmervalidierung: Rückmeldung der Teilnehmerinnen zu den analysierten Ergebnissen.
7. Ethik und Datenschutz
Ethikantrag: Einreichung bei einer Ethikkommission.
Einwilligung: Informierte Zustimmung aller Teilnehmerinnen.
Anonymisierung: Sicherstellung, dass personenbezogene Daten vertraulich behandelt werden.
8. Ergebnisdarstellung
Bericht: Beschreibung der Entscheidungsprozesse, Einflussfaktoren und zentralen Themen.
Praxisimplikationen: Empfehlungen für Hebammen, Ärzte oder Beratungsstellen, um Schwangere besser bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.
Diese Vorgehensweise ermöglicht es, die Stillentscheidung von Schwangeren tiefgehend zu verstehen und praxisrelevante Einsichten zu unterstützen.
-> Forschungsprozess sichtbar machen!
Was versteht man unter einem Wissenschaftlichen Poster? Beschreiben sie, was bei der Erstellung zu beachten ist.
Ein wissenschaftliches Poster ist ein visuelles Kommunikationsmittel, das wissenschaftliche Ergebnisse, Konzepte oder Forschungsideen auf kompakte und anschauliche Weise präsentiert. Es dient vor allem auf Konferenzen oder Workshops als Medium, um Forschende mit ihrem Publikum in den Dialog zu bringen. Im Unterschied zu einem schriftlichen Bericht liegt der Fokus auf der klaren, visuellen Darstellung der wichtigsten Inhalte. Es ist Peer reviewed
Worauf ist bei der Erstellung eines wissenschaftlichen Posters zu achten?
Zielgruppenorientierung (Berücksichtigung von Wissen & Interessen -> Sprache)
Struktur und Layout (Klare Gliederung, gute Lesbarkeit, Logische Anordnung)
Kompaktheit und Prägnanz (Inhalt auf das Wesentliche-> nur wichtigste Informationen & Stichpunkte)
Visuelle Gestaltung (Grafiken, Diagramme & Bilder -> Inhalte visualisieren; Farben gezielt einsetzen; Einheitliches Design)
Titel und Kernaussagen (kurz und prägnant; Kernaussagen gu sichtbar machen)
Technische Aspekte (vorgegebene Postermaße-> 300dip, geeignetes Programm)
Interaktivität (mündlich erläutern können; QR-Codes, Links; Quellenangaben, Kontaktdaten)
Ein wissenschaftliches Poster ist eine visuelle Präsentation wissenschaftlicher Inhalte, die prägnant, gut strukturiert und ansprechend gestaltet sein sollte. Die Balance zwischen Informationsdichte und visueller Attraktivität ist entscheidend, um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu gewinnen und den wissenschaftlichen Austausch zu fördern.
Benennen Sie drei Ziele von Gruppendiskurssionen als Erhebungsmethode. Was ist bei der Gruppenzusammensetzung zu beachten?
Exploration von Meinungen und Einstellungen
Gruppendiskussionen helfen, verschiedene Perspektiven und subjektive Sichtweisen zu einem bestimmten Thema zu sammeln und zu verstehen.
Generierung neuer Erkenntnisse
Durch die Interaktion der Teilnehmenden entstehen oft neue Ideen oder Sichtweisen, die in Einzelinterviews möglicherweise nicht hervorgebracht würden.
Analyse sozialer Dynamiken
Gruppendiskussionen ermöglichen die Beobachtung von Gruppenprozessen, Meinungsbildungsmechanismen und möglichen Konflikten innerhalb einer Gruppe.
Wichtige Aspekte der Gruppenzusammensetzung:
Homogenität vs. Heterogenität: Je nach Forschungsziel kann eine eher homogene Gruppe (z. B. gleiche Altersgruppe oder beruflicher Hintergrund) oder eine heterogene Gruppe (unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen) sinnvoll sein.
Gruppengröße: Eine Gruppengröße von etwa 5–10 Personen ist ideal, um eine aktive Diskussion zu ermöglichen, ohne dass einzelne Stimmen untergehen.
Vermeidung von Hierarchien: Dominante oder stark hierarchische Strukturen (z. B. Vorgesetzte und Mitarbeitende in einer Gruppe) sollten vermieden werden, da sie die Offenheit der Diskussion beeinträchtigen können.
Rekrutierung relevanter Teilnehmender: Die Teilnehmenden sollten inhaltlich zur Fragestellung passen und ein gewisses Interesse oder Vorwissen mitbringen, um eine gehaltvolle Diskussion zu ermöglichen.
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