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Sachenrecht Wissen

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von Ann-kathrin L.

Grundprinzipien des Sachenrechts - “PASTA”

Publizität

Die sachenrechtliche Zuordnung muss grds. für jedermann offenkundig sein. Publititätsträger sind im beweglichen Sachrecht der Besitz und im Grundstücksrecht die Eintragung ins Grundbuch.

Besitz - § 854 BGB

  • Übertragungsfunktion, §§ 929, 1032, 1205 BGB. Der Besitzwechsel bildet neben der Eintragung den zweiten Teil des Tatbestandes der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Sachenrechten.

  • Vermutungsfunktion, § 1106 BGB. Der Besitz begründet die (prozessual bedeutsame) Vermutung für die tatsächliche Rechtsinhaberschaft. Der Besitzer einer Sache gilt als deren Eigentümer.

  • Gutglaubensfunktion, §§ 932 ff BGB. Der Besitz bildet den Rechtsschein der Rechtsinhaberschaft und ermöglicht so den Erwerb vom Nichtberechtigten.

Grundbucheintrag - §§ 2, 3 GBO

Das Grundbuch (“Buchbesitz”) ist der Publititätsträger der Liegenschaftsrechte mit denselben Funktionen wie oben, §§ 873, 925, 891, 892 f. BGB.

Absolutheit

Die Geltung einer sachenrechtlichen Zuordnung ist ggü. jedermann verbindlich; Sachenrecht wirken absolut. In Bezug auf die Person des Rechtsinhabers sind die Sachenrechte ebenso absolut.

Spezialität

Dingliche Rechte sind nur genau definiert an der einzelnen Sache möglich. Die dingliche Einigung unterliegt mithin einem weit strengeren Bestimmtheitserfordernis (Wirksamkeitshindernis) als das Verpflichtungsgeschäft.

Typisierung

Typenzwang (numerus clausus der Sachenrechte)

Dingliche Rechte sind in ihrer Typenzahl begrenzt. Sie können ausschließlich im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Tatbestände begründet, übertragen oder aufgehoben werden.

Typenfixierung

Die privatautonome Rechtsgestaltung bzgl. des Rechtsinhaltes ist ebenso zugunsten des Rechtsverkehrs eingeschränkt. Den Parteien verbleibt statt der Gestaltungsfreiheit in Form der Vertragsfreiheit nur die Abschlussfreiheit.

Abstraktion

Trennungsprinzip

Das Verpflichtungsgeschäft begründet Rechtspflichten. Das Verfügungsgeschäft hingegen bewirkt die unmittelbare Rechtsänderung. Beide Geschäfte sind nach der Systematik des BGB strikt zu trennen.

Abstraktionsprinzip

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft sind in ihrem Bestand voneinander unabhängig.

Ausnahmen vom Abstraktionsprinzip

  • Fehleridentität

  • Bedingungszusammenhang

  • Geschäftseinheit: § 139 BGB (str., tendenziell abzulehnen)

Besitz - §§ 854-872 BGB

Funktionen des Besitzes

Schutz:

  • possessorischer Besitzschutz (§§ 859 ff BGB)

  • petitiorischer Schutz durch die § 1007 I und § 1007 II BGB

  • deliktischer Schutz durch die § 823 I; § 823 II iVm § 858 BGB

  • bereicherungsrechtlicher Schutz durch § 812 I 1 Fall 1 oder 2 BGB

Kontinuität:

  • § 566 BGB - Veräußerung bricht nicht Miete (gesetzlicher Vertragseintritt)

  • § 986 II BGB - Das Besitzrecht gilt auch ggü. den Rechtsnachfolger

  • § 268 I 2 BGB - Ablösungsrecht bei drohender Zwangsvollstreckung

Publizität:

  • Übergabeerfordernis bei Rechtsübertragung, §§ 929 S. 1, 1032, 1205 BGB

  • Eigentumsaufgabe erfordert Besitzverlust, § 959 BGB

  • Besitz lässt Eigentum vermuten, § 1006 BGB

  • Besitz dient als Rechtsscheinträger, §§ 932 ff. 1032, 1207 BGB

  • Beistz legitimiert bei Leistung an den Nichtberechtigten, § 851 BGB.

Unmittelbarer Besitz - § 854 I und II BGB

Unmittelbarer Besitz ist gegeben, wenn jemand die tatsächliche Sachherrschaft von gewisser Dauer mit einem Besitzwillen über eine Sache ausübt. Wann die tatsächliche Sachherrschaft ausgeübt wird, richtet sich nach den Anschauungen des Rechtsverkehrs. Der Erwerb des unmittelbaren Besitzes erfolgt nach § 854 I BGB und § 857 BGB.

Tatbestand:

  • kein Besitzer ist der Besitzdiener (§ 855 BGB)

  • Besitz ist nur an Sachen und abgrenzbaren Sachteilen möglich.

Besitzerwerb:

  1. originär § 854 I BGB:

    Originärer Besitzerwerb ohne den Willen des Vorbesitzers setzt voraus:

    1. Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft

    2. Maßstab ist die Verkehrsauffassung

    3. Nach hM ist darüber hinaus ein Besitzbegründungswille erforderlich, wobei ein natürlicher, genereller (dh nicht konkretisierter) Wille zur Sachherrschaft genügt

    4. kein Fall von Besitzdienerschaft (§ 855 BGB)

  2. abgeleitet § 854 I BGB:

    Nicht ausdrücklich geregelt, aber häufig (§§ 929 S. 1, 1205 I 1 BGB), ist der einverständliche, sog. abgeleitete Beistzwechsel. Zu den obigen Voraussetzungen bedarf es zusätzlich der Übergabe als bloßen Realakt (kein Rechtsgeschäft). Sie ist vollendet, wenn der Übertragende die Sachherrschaft vollständig verloren hat.

  3. bloße Einigung § 854 II BGB

    Besitzerlangung ausnahmsweise auch ohne Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft. Voraussetzungen:

    1. Besitz des Veräußerers

    2. Einigung. Sie ist Rechtsgeschäft (§§ 145 ff BGB) und bezieht sich allein auf den Besitz, auch wenn sie ggf. gleichzeitig mit der dinglichen Einigung iSd § 929 S. 2 BGB erfolgt.

    3. Möglichkeit des Erwerbers, sich allein, ohne eine weitere Gestattung des Veräußerers, die Sache zu verschaffen.

  4. § 857 BGB:

    Mit dem Tod geht der (mittel- bzw. unmittelbare) Besitz auf die Erben über.

Beendigung § 856 BGB

  • Aufgabe der tatsächlichen Gewalt - § 856 I Fall 1 BGB: willentlich und äußerlich erkennbar

  • sonstiger Besitzverlust - § 856 I Fall 2 BGB: ohne oder gegen den Willen des Besitzers -> Abhandenkommen

  • Vorübergehende Verhinderung - § 856 II BGB: unschädlich

Rechtsfolgen

  • insb. possessorischer und petitorischer Schutz des Besitzers

  • Kontinuitätswirkungen

  • Publitzitätswirkungen

Mittelbarer Besitz § 868 BGB

Mittelbarer Besitz liegt vor, wenn eine Person die tatsächliche Sachherrschaft für sich durch einen Besitzmittler (unmittelbaren Besitzer) aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses ausüben lässt, § 868 BGB. Auch der mittelbare Besitz ist eine wirkliche gegenwärtige Sachherrschaft, die durch die Person des unmittelbaren Besitzers gewährleistet wird (“vergeistigte Sachherrschaft”). Der mittelbare Besitz ist dem unmittelbaren grds. gleichgestellt.

Tatbestand:

  1. unmittelbarer Fremdbesitz des Besitzmittlers

    Der Besitzmittler muss unmittelbaren Besitz iSd § 854 BGB haben. Dabei darf kein Fall des Eigenbesitzes (§ 872 BGB) vorliegen. Stattdessen muss der (unmittelbare) Besitzmittler den mittelbaren Besitzer als Oberbesitzer anerkennen.

  2. Besitzmittlungsverhältnis - § 868 BGB (constitutum possessorium)

  3. Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers

    Der Herausgabeanspruch muss nicht unmittelbar aus dem BMV folgen (hM). Es genügt, dass überhaupt ein Anspruch besteht.

Erwerb:

  1. Ersterwerb

    Der Ersterwerb erfolgt durch die Entstehung des BMV aus Gesetz, Hoheitsakt oder Vertrag. Möglich sind auch:

    • Antizipiertes Besitzkonstitut: Das BMV wird vereinbart, bevor der Besitzmittler unmittelbaren Besitz erhält.

    • Insichkonstitut: Der Besitzmittler schafft durch erkennbares Selbstkontrahieren (§ 181 BGB) ein BMV. Eigenbesitz wird zum Fremdbesitz. Ein späterer Eigentumsübergang wird somit erleichtert.

    • Unwirksames BMV: Da die hm den mittelbaren Besitz als “vergeistigte Sachherrschaft” bezeichnet, sind Rechtsmängel des BMV unschädlich. Es genügt das ernstliche Wollen des Unterbesitzers. Argumente: Friedensschutzwirkung des Besitzes; Schutzbedürftigkeit des Oberbesitzes, § 869 BGB.

  2. Zweiterwerb:

    Der Zweiterwerb des mittelbaren Besitzes erfolgt durch Abtretung (§ 398 BGB) des Herausgabeanspruches auch ohne Mitteilung an den Beistzmittler. Wichtig ist der Zweiterwerb insbesondere für den Eigentumsübergang gem. §§ 931, 934 Fall 1 BGB.

Mehrstufigkeit:

Es können bzgl. einer Sache mehrere Hierarchien iSe Ober-/Unterordnungsverhältnisses bestehen, § 871 BGB.

Verlust:

Drei Varianten: Beistzverlust bei unmittelbarem Besitzer; erkennbare Aufgabe des Fremdbesitzerwillens; Entfallen des Herausgabeanspruchs des Oberbesitzers.

Rechtsfolgen:

  • Über § 869 BGB gelten zunächst die possessorischen Besitzschutzansprüche aus §§ 861, 862 BGB.

  • Ob darüber hinaus dem mittelbaren Besitzer auch die Gewaltrechte aus § 859 BGB zustehen (Besitzkehr, Besitzwehr), ist umstritten.

Sonstige Besitzformen - § 865, 866, 872 BGB

Allein- und Mitbesitz:

  • Alleinbesitz (nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt)

    Regelfall; Alleinbesitz ist die Sachherrschaft unter Ausschluss anderer Personen

  • Mitbesitz - § 866 BGB

    Mitbesitz ist die gemeinschaftlich ausgeübte Sachherrschaft. Unterschieden werden:

    • Einfacher Mitbesitz. Die Sache ist jedem allein zugänglich (zB gemeinsamer Fahrstuhl/Garten)

    • Qualifizierter Mitbesitz. Die Sache ist nur gemeinschaftlich zugänglich (zB Bankschließfach mit zwei verschiedenen Schlüsseln)

    Im Innenverhältnis ist Besitzschutz nur möglich, wenn der Sachgebrauch gant genommen wird (§ 866 BGB). Geht es nur um Gebrauchsgrenzen gelten die §§ 859 ff. BGB nicht.

    Im Außenverhältnis hat der Mitbesitzer die Besitzschutzrechte gegen Dritte wie jeder andere Besitzer. Die Vermutungswirkung des § 1006 BGB zielt auf Bruchteilsweigentum (§ 741 BGB). Bei der Übertragung von Alleinbesitz (§ 929 S. 1 BGB) müssen alle zusammenwirken.

Eigen- und Fremdbesitz (Besitzfarben):

  • Eigenbesitzer iSd § 872 BGB ist derjenige, der eine Sache als ihm gehörig besitzt (animus domini)

  • Fremdbesitzer ist derjenige, der eine Sache für einen anderen besitzt.

Unterschieden wird einzig nach dem Willen des Sachherrschers (animus).

Teilbesitz (§ 865 BGB)

Alleinbesitz an Sachteilen.

Nebenbesitz (Konstruktion iRd § 934 BGB)

Quotenbesitz (iSv ideelen Bruchteilen § 741 BGB) gibt es nicht

Erbenbesitz (§ 857 BGB)

Besitzen für andere - Zurechnung

Besitzdiener § 855 BGB:

Voraussetzungen:

  1. Bestehen eines sozialen Abhängigkeits-/Weisungsverhältnisses (Gesetz/Vertrag->wichtig tatsächliche funktionale Unterordnung)

  2. Ausübung der Sachherrschaft iRd Weisungsverhältnisses (objektive Lage nicht subjektive Einstellung ist maßgeblich)

  3. Erkennbarkeit der Unterordnung (hM)

Quasi-Besitzdiener (bei nicht sozial abhängiger Person mit Einwilligung des Beistzers aus Gefälligkeit)

Rechtsfolgen:

  • Der Besitzdiener ist kein Besitzer, für ihn gilt die Eigentumsvermutung gem. § 1006 BGB nicht. Außerdem keine Übertragungsbefugnis!

  • Gem. § 860 BGB stehen dem Besitzdiener die Gewaltrechte iSd § 859 BGB zu (jedoch nicht gegen den Besitzer (Innenverhältnis))

Sonderproblem - Bösgläubigkeitszurechnung im EBV (§§ 987 ff. BGB)

Umstritten ist im Rahmen einer Haftung aus EBV, ob dem unwissenden Besitzer die Bösgläubigkeit seines Besitzdieners schadet. Während Minderansichten entweder § 278 BGB analog oder § 831 BGB analog anwenden (Arg.: bei dem Anspruch aus §§ 989, 990 BGB handelt es sich um einen deliktsähnlichen Tatbestand), nimmt die hM zu Recht eine Zurechnung nach § 166 BGB analog vor (Arg.: eine der Stellvertretung vergleichbare Situation).

Stellvertretung:

Erwerb des unmittelbaren Besitzes:

IRd Erwerbs des unmittelbaren Besitzes ist eine Stellvertretung grds. ausgeschlossen -> Ausnahme: Besitzdiener oder § 854 II BGB

Erwer des mittelbaren Besitzes (§ 868 BGB):

  • Ersterwerb - § 868 BGB: Anwendung von §§ 164 ff. BGB unzweifelhaft möglich

  • Zweiterwerb - §§ 398, 870 BGB: Stellvertretung möglich

Geheißperson/ Geheißerwerb:

Hier wirkt iRd Übergabe auf Seiten des Veräußerers bzw. des Erwerbers eine sog. Geheißperson mit, die den Besitz an der Sache innehat bzw. erlangt, ohne dem Veräußerer bzw. Erwerber den Besitz zu mitteln oder dessen Besitzdiener zu sein. Fügt sich diese Hilfsperson wie “geheißen” in den fremden Übereignungstatbestand ein, ist sie Übergabehilfsperson.

Dingliche Rechte

Eigentum

Eigentum vermittelt umfassende Herrschaft bzgl. der Sache, §§ 903 ff. BGB.

Sicherungseigentum

Die Übereignung beweglicher Sachen zur Sicherung einer Gläubigerforderung gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB begründet Sicherungseigentum. Es handelt sich dabei um Eigentum, das unter dem Vorbehalt des Rückfalls an den Sicherungsgeber steht.

Anwartschaftsrecht (§§ 929, 158 BGB)

Das Anwartschaftsrecht ist die derart erstarkte Rechtsstellung des Erwerbers, die über die bloße Erwerbsaussicht hinausgeht und dem Inhaber einen Anspruch auf den Erwerb des Vollrechts verschafft. Mit dem Eigentumsvorbehaltskauf hat er im Mobiliarsachenrecht erhebliche Bedeutung.

Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB sowie zB §§ 562, 647 BGB)

Das Pfandrecht ist ein dingliches Recht, das eine Forderung sichert, indem es dem Gläubiger die Befugnis einräumt, Befriedigung aus dem Gegenstand zu suchen. Das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff. BGB) ist heute durch die Sicherungsübereignung praktisch weitgehend verdrängt.

Nießbrauch

Das dingliche Recht, die Nutzungen eines belasteten Gegenstandes zu ziehen, kann auch an beweglichen Sachen bestellt werden, ist aber unüblich. Wertpapiernießbrauch ist Rechtsnießbrauch, §§ 1068, 1081 BGB.

Eigentum kann als Alleineigentum einem Rechtssubjekt zustehen. Steht Eigentum mehreren zu, ist zu unterscheiden in:

Gesamthandseigentum

Eine Sache steht im Eigentum mehrerer, die in einer Gesamthandsgemeinschaft vermögensmäßig verbunden sind.

  • Erwerb ausschließlich kraft Gesetzes:

    Die Vermögensorganisation in Form der Gesamthandsgemeinschaft kann nicht rechtsgeschäftlich vereinbart werden. Sie wird ausschließlich vom Gesetz angeordnet.

  • Nur gemeinschaftliche Verfügung:

    Über Gesamthandseigentum kann nur gemeinschaftlich verfügt werden. Der Anteil des einzelnen ist nicht fassbar, so dass aus diesem Grund nicht über ihn separat verfügt werden kann (Ausnahme: § 2033 BGB).

  • Gemeinschaftliche Nutzung und Verwertung:

    Nutzungs- und Verwertungsbefugnis stehen den Gesamthändern nur gemeinschaftlich zu.

Bruchteilseigentum

Eine Sache, an der Miteigentum nach Bruchteilen besteht. Im Gegensatz zum Gesamthandseigentum steht jedem Eigentümer der Sache ein bestimmter, ideeler Anteil zu. Dieser Anteil ist wirtschaftlich betrachtet eine Wert- bzw. Gebrauchsbeteiligung. Rechtlich wird der einzelne Anteil als Eigentum behandelt.

  • Erwerb kraft Rechtsgeschäftes oder Gesetzes

  • Freie Verfügung über den Anteil (§ 741 BGB) -> über ganze Sachen nur gemeinsam §§ 747, 1009 BGB

  • Eigene Nutzung, gemeinschaftliche Verwaltung:

    In der Nutzung ist der einzelne Eigentümer frei, soweit gemeinschaftliche Belange nicht entgegenstehen, § 743 BGB. Regressanspruch: § 748 BGB.

Schutz des Eigentums

Sachenrechtlicher Eigentumsschutz:

  • Herausgabeanspruch - § 985 BGB (rei vindicatio)

  • EBV-Regeln - §§ 987 ff BGB

  • Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch - § 1004 BGB (actio negatoria)

  • Eigentümer-Finder-Vorschriften - §§ 965 ff. BGB

  • Rechtsvermutungen - §§ 1006, 891 BGB

Schutz durch GoA-Recht

Deliktischer Eigentumsschutz:

  • Verschuldensabhängiger Rechtsschutz - §§ 823 ff. BGB

  • Gefährdungshaftung

Bereicherungsrechtlicher Schutz

Eigentumserwerb an Mobilien - Überblick

Erwerb durch Rechtsgeschäft §§ 929-936 BGB

Erwerb kraft Gesetzes:

  • Ersitzung, §§ 937 ff. BGB

  • Verbindung, Vermischung, Verarbeitung etc. §§ 946-950 BGB

  • Fruchterwerb, §§ 953 ff. BGB

  • Aneignung, §§ 958 ff. BGB

  • Fund, §§ 973 ff. BGB

  • Erbe, § 1922 BGB

Erwerb durch Hoheitsakt:

  • Zuschlag auf öffentlicher Versteigerung, §§ 814, 817 ff. ZPO

  • §§ 90 II, 20 II ZVG, § 1120 BGB: Erwerb der zum Grundstück gehörenden beweglichen Sachen bei Zwangsversteigerung

Jede Übereignung spaltet sich in ein Willens- und ein Vollzugselement - die Einigung und die Übergabe bzw. Übergabesurrogat.

Eigentum

Grundsätze Geheißerwerb

Für den Geheißerwerb gelten folgende Grundsätze:

  1. Von einer Geheißperson wird nie im Rahmen der dinglichen Einigung gesprochen. Hier geht es um Willenserklärungen. Hilfspersonen heißen hier Stellvertreter oder Boten.

  2. Eine Geheißperson kann lediglich beim Realakt (Übergabe) eingesetzt werden. Es empfiehlt sich erst auf die gesetzlichen Beistzpositionen einzugehen (§ 854 I und II, § 855 und § 868 BGB) bevor auf die richterrechtlich entwickelte Konstruktion des Geheißerwerbes abgestellt wird.

  3. Geheißperson ist, wer im Rahmen eines fremden Übereignungstatbestandes (§ 929 S. 1 BGB) bei der Übergabe eingesetzt wird und sich so verhält, wie es die Parteien wollen (sie “tut, wie geheißen”).

  4. Eine Geheißperson kann an jeder Stelle des Erwerbsvorganges eingesetzt werden. Denkbar ist eine Geheißperson

    • auf Erwerberseite

    • auf Veräußererseite oder

    • auf beiden Seiten (doppelter Geheißerwerb).

  5. Die Geheißpersonenstellung braucht nicht auf Dauer zu sein. Es reicht, dass sich eine Geheißperson für die berühmte juristische logische Sekunde wie von den Parteien gewollt in deren Eigentumserwerb integrieren lässt.

    • Demgemäß schadet es nicht, dass die Geheißperson zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt eigene oder andere Ziele verfolgt.

    • Je nach Erwerbsvorgang (§ 929 BGB) kann die Geheißpersonenstellung auch wechseln, dh jemand kann Geheißperson in unterschiedlichen Übereignungen für unterschiedliche Personen sein.

  6. Die Geheißperson braucht im Einzelnen nichts Genaues über die Hintermänner, für die sie tätig ist, zu wissen. Es reicht, dass sie das tut, was die jeweilige Partei von ihr erwartet.

Guter Glaube iSd § 932 II BGB - Bezugspunkte und Zurechnung

  • Verfügungsmacht § 366 HGB

    § 366 HGB verweist auf die §§ 932 ff. BGB auch für den Fall, dass im Rahmen einer Veräußerung durch einen Kaufmann der Erwerber an die Verfügungsmacht des kaufmännischen Veräußerers glaubt. Verfügungsberechtigung ist die Fähigkeit über einen Gegenstand eien wirksame Verfügung zu treffen. Sie steht idR dem Vollrechtsinhaber zu. Typische Fälle der Verfügungsberechtigung Dritter sind § 185 BGB, § 80 InsO. § 366 HGB ermöglicht den Erwerb von Eigentum bzw. Pfandrecht vom vermeintlich verfügungsberechtigten Kaufmann, wenn der Erwerber nicht bösgläubig iSd §§ 932 II, 1207 BGB ist.

  • Vertretungsmacht § 366 HGB analog

    Umstritten ist, ob §§ 932 ff. BGB iVm § 366 HGB (analog) anwendbar sind, wenn an eine Vertretungsmacht des Kaufmannes geglaubt wird. Vertretungsmacht ist die Fähigkeit einen Dritten iSd § 164 I BGB rechtsgeschäftlich zu binden. Nach wohl hM erfasst § 366 HGB (ggf. analog) auch den Mangel an Vertretungsmacht. Verkehrsanschauung und HGB-Gesetzgeber würden nicht strikt zwischen Vertretungsmacht und Verfügungsbefugnis trennen. Der Verkehrsschutz gebiete die extensive Auslegung bzw. Analogie.

  • Wechselerwerb Art. 16 II WG

  • Stellvertreter § 166 I, II BGB

    • Eigentumserwerb durch Stellvertreter - § 166 I BGB

      Wird der Erwerber von einem selbstständigen Stellvertreter vertreten, so sind dessen Kenntnis oder Kennenmüssen für die Beurteilung der Redlichkeit des Erwerbers maßgeblich.

    • Eigentumserwerb durch gebundenen Stellvertreter- § 166 II BGB

      Wird der Erwerber von einem rechtsgeschäftlich bevollmächtigten Vertreter, der nach bestimmten Anweisungen handelt, vertreten, so ist auch das Wissen(müssen) des Vertretenen beachtlich, Keiner darf bösgläubig sein.

  • Organe § 166 und § 31 BGB

    Jeder juristischen Person ist das Wissen seiner Organe zuzurechnen. Es ist nach hM unerheblich, ob die Organe das Wissen im rechtsgeschäftlichen oder privaten Bereich erlangt haben, und ob sie überhaupt an dem Geschäft beteiligt waren. Was die juristische Person “weiß”, das weiß sie. Strittig ist die Begründung. Vielfach wird auf § 166 I BGB abgestellt. Die Besseren Argumente sprechen jedoch für § 31 BGB, denn Organe sind keine Stellvertreter. § 31 BGB ermöglicht die Wissenszurechnung auch, wenn das Organ nicht am Geschäft mitgewirkt hat.

Der schuldrechtliche Sicherungsvertrag (§§ 241 I, 311 I BGB)

Die Abrede ist das schuldrechtliche Kausalgeschäft der Übereignung und dient als BMV iSd § 868 BGB. Es ist in seinem Bestand von der dinglichen Einigung und der zu sichernden Forderung grundsätzlich abhängig.

Inhalt und Pflichten:

Vertragszweck ist es, den Darlehensgläubiger vor einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu schützen ohne dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit über Gebühr zu strapazieren.

Pflichten des Sicherungsgebers:

Der Sicherungsgeber verspricht dem Sicherungsnehmer vertraglich, dass er ihm als Sicherheit für zB eine Darlehensforderung das Eigentum an einer oder mehreren beweglichen Sachen zur sicherheit überträgt. Er verpflichtet sich ferner, das Sicherungsgut pfleglich zu behandeln und im Fall der Sicherungsübereignung nach § 930 BGB für ihn zu besitzen.

Pflichten des Sicherungsnehmers:

Der Sicherungsnehmer übernimmt die Pflicht, das Sicherungsgut nicht als freies Eigentum zu behandeln, sondern als Sicherheit zu nehmen und die vertraglichen (konkludenten) Beschränkungen zu respektieren, dh das Sicherungsgut nicht zu veräußern und zu bleasten.

Regelung des Sicherungsfalles:

Der Sicherungsvertrag regelt vor allem aber den Sicherungs- bzw. Verwertungsfall (zB Zahlungsverzug des Sicherungsgebers) sowie Art und Weise der Verwertung des Sicherungsgutes (öffentliche Versteigerung oder freihändiger Verkauf). Diesbezüglich obliegt dem Sicherungsnehmer die Pflicht, das Sicherungsgut bestmöglich zu verwerten.

Schadensersatz bei Pflichtverletzung - § 280 BGB

Jede Verletzung des Sicherungsvertrages führt zu einem Schadensersatzanspruch aus § 280 IVm §§ 241 I, 311 I BGB des anderen Teils.

Rechtsgrund der Sicherungsübereignung

Der schuldrechtliche Sicherungsvertrag stellt den Rechtsgrund für die Sicherungsübereignung dar. Beide Verträge sind voneinander unabhängig.

Beachte: Bei der Sicherungsübereignung handelt es sich nicht um eine akzessorische Kreditsicherheit.

Treuhandvertrag

Der Sicherungsvertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein Treuhandvertrag. Der Sicherungsnehmer erlangt dinglich mehr Rechte als ihm schuldrechtlich zustehen. Er erhält nämlich volles Eigentum, obwohl ihm schuldrechtlich nur das Verwertungsrecht bei Eintritt des Sicherungsfalles gebührt. Dieses Mehr an Rechtsmacht vertraut der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer nur zu treuen Händen und nur auf Zeit an. Aufgrund dieses fiduziarischen (treuhänderischen) Charakters ist der Sicherungsnehmer auch ohne positive Vereinbarung verpflichtet, das Sicherungsgut dem Sicherungsgeber zurückzugewähren soweit die Sicherheit nicht mehr benötigt wird.

Ansprüche und Rechte aus dem Sicherungsvertrag

  1. Einigung

    • Bestimmtheit

      Das BMV muss hinsichtlich der Beziehung des Sicherungsgebers zum Sicherungsobjekt konkret Rechte und Pflichten festlegen.

    • Antizipierte Einigung (vorweggenommener Sicherungsvertrag v.a. bei Warenlagern)

  2. Wirksamkeitshindernisse

    • Sittenwidrigkeit gem. § 138 I BGB

    • unzulässige AGB § 307 BGB

  3. Ansprüche und Rechtsfolgen

    • Für den Sicherungszeitraum erhält der SiG aus dem Sicherungsvertrag (§§ 241 I, 311 I BGB) ein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB.

    • Tritt der Verwertungsfall ein, kann der SiN das Sicherungsgut nach §§ 241 I, 311 I BGB herausverlangen und es verwerten (Versteigerung).

    • Entfällt das Sicherungsinteresse (zB Darlehensrückzahlung) kann der SiG die Rückübereignung des Sicherungsgutes verlangen, falls kein Fall von § 158 II BGB gegeben ist (dann automatischer Eigentumsrückfall)

    • Verletzen SiN (zB Weiterveräußerung an Dritte) oder SiG (zB Beschädigung der Sache) ihre Pflichten aus dem Sicherungsvertrag, kann der andere Teil Schadensersatz nach § 280 I BGB verlangen.

Nichtigkeit des Sicherungsvertrages - §§ 138, 307 BGB

Der Sicherungsvertrag kann unwirksam sein. In diesem Fall muss der Sicherungsnehmer die erhaltene Sicherheit nach § 812 BGB zurückgewähren.

  1. anfängliche Übersicherung iSv § 138 bzw. § 307 BGB ist gegeben, wenn

    • Die Deckungsgrenze von Anfang an weit überschritten wird (110% Grenze);

    • der SiN den SiG dadurch knebelt, dass er dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit stärker einschränkt als es das Sicherungsinteresse verlangt;

    • der SiN andere Gläubigerinteressen in der Form beeinträchtigt, dass er dem SiG das letzte pfändbare Vermögen entzieht, so dass anderen Gläubigern eine Kreditwürdigkeit des SiG vorgetäuscht wird (Gläubigergefährdung), die nicht mehr besteht (“Kollision von verlängertem Eigentumsvorbehalt mit Sicherungsübereignung der Globalzession, verhinderbar durch sog. dingliche Teilverzichtsklausel).

  2. Übersicherung und die Freigabeklauselrechtsprechung - “nachträgliche Übersicherung”

    Nachträgliche Übersicherung liegt vor, wenn die Parteien einen Sicherungsvertrag schließen, der für den Fall, dass der SiN die Sicherheit nicht mehr benötigt, keine ausreichende Freigabeklausel beinhaltet. Der SiN ist nämlich verpflichtet, das Sicherungsgut, sofern die Deckungsgrenze überschritten ist, dem SiG zurückzuübereignen.

    Bisherige Freigabeklauselrechtsprechung der BGH-Senate

    Die Rspr. nahm Nichtigkeit des Sicherungsvertrages und der SiÜ gem. § 138 BGB, § 307 BGB an, wenn die Parteien nicht ausdrücklich sog. “qualifizierte Freigabeklauseln” vereinbart hatten. Erforderlich war danach eine Vereinbarung, nach der sich der SiN ermessensunabhängig zur Freigabe von Sicherheiten verpflichtet, wenn eine festgelegte Deckungsgrenze überschritten wird.

    Kritik der Literatur

    Diese Rspr. war in Details uneinheitlich und wurde von der Lit. kritisiert. So folge die Freigabeverpflichtung bereits aus der Natur der Treuhandabrede, was die ausdrückliche Vereinbarung entbehrlich mache. Die Gesamtnichtigkeit von Sicherungsabrede und SiÜ sei überzogen und ein Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip, dessen Durchbrechung nur im besonderen Einzelfall möglich ist. § 138 BGB sei ohnehin nur in Ausnahmefällen anwendbar. IdR greift § 307 BGB, dessen Rechtsfolge grundsätzlich nur Teilnichtigkeit der Sicherungsabrede ist (§ 306 I BGB), nicht aber Unwirksamkeit sogar der Verfügung. Außerdem verstoße die Schutzlosstellung des Gläubigers bei Totalnichtigkeit (=gar keine Sicherung) gegen das Übermaßverbot.

    Entscheidung des Großen Senats

    Nach einer Entscheidung des großen Senates aus dem November 1997 gilt seither:

    • Die ausdrückliche Vereinbarung einer Freigabeklausel ist entbehrlich.

    • Es gilt eine abstrakt generelle Deckungsgrenze (der Betrag bist zu dem das Darlehen durch den Wert der Sicherheit gedeckt sein muss) iHv 110%. Diese Grenze ist auf dem realisierbaren Wert des Sicherungsgutes bezogen. Darüber hinaus besteht Übersicherung.

    • Der Sicherungswert des Sicherungsgutes ist nicht mit dessen Verkaufswert identisch. Maßgeblich ist der voraussichtliche Wert im Sicherungsfall. Der Freigabeanspruch entsteht daher wegen § 237 S. 1 BGB idR erst, wenn der Schätzwert des Sicherungsgutes den Wert der gesicherten Forderung um mehr als 150% übersteigt.

  3. Rechtsfolge

    Wegen der Abstraktion von Sicherungsvertrag und konkreter Sicherungsübereignung erfasst eine Sittenwidrigkeit zunächst nur das jeweilige Geschäft. Im Fall der Sittenwidrigkeit des Sicherungsvertrages bleibt daher die wertneutrale Übereignung zunächst wirksam. Der SiN ist lediglich schulrechtlich aus § 812 BGB verpflichtet, das Sicherungsgut zurückzuübertragen. Nichtigkeit der Übereignung kommt nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht (zB böse Absicht, Gedanke der Fehleridentität).

Schutz von Sicherungsgeber und -nehmer

  1. Schutz des Sicherungsgebers

    Schutz des SiG bei SiÜ OHNE auflösende Bedingung - (§ 929 ff. BGB)

    • Erfüllt der SiG beim SiN seine Schuld, hat der SiG aus dem Sicherungsvertrag einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung des Sicherungseigentums (§§ 241 I, 311 I BGB).

    • Ist die SiÜ nicht unter der auflösenden Bedingung der Darlehensrückzahlung (§ 158 II BGB) vereinbart, kann der Sicherungsgeber die Übertragung des Sicherungseigentums durch den Sicherungsnehmer auf Dritte nicht verhindern. Der Verstoß gegen die Sicherungsabrede (Treuhand) hindert nicht die Verfügungsmacht des Sicherungsnehmers als Eigentümer, macht diesen aber nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig.

    • Gegen ein Herausgabeverlangen des Sicherungsnehmers hat der Sicherungsgeber ein Recht zum Besitz gem. § 986 I BGB aus dem Sicherungsvertrag. Im Fall der abredewidrigen Weiterveräußerung des Sicherungsnehmers an einen Dritten kann der Sicherungsgeber dem Neuerwerber nach § 986 II BGB sein Recht zum Besitz aus dem Sicherungsvertrag entgegenhalten.

    Schutz des SiG BEI auflösend bedingter SiÜ - (§§ 929 ff, 158 II BGB)

    • Erfüllt der Sicherungsgeber gegenüber dem Sicherungsnehmer seine Schuld, fällt das Sicherungseigentum automatisch an diesen zurück (mit Bedingungseintritt).

    • Überträgt der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut auf einen Dritten wird der Schutz des Sicherungsgebers durch § 161 BGB gewährleistet. Im Fall der auflösendend bedingten Übereignung (§§ 929, 158 II BGB) sind Zwischenverfügungen des Sicherungsnehmers bei Eintritt der Bedingung unwirksam. Bis zum Bedingungseintritt (Schwebezeit) steht dem Herausgabeverlangen eines Dritten die Einrede aus dem Sicherungsvertrag zu (§§ 986 II, 241 I, 311 I BGB).

    • Der (Neu)Erwerber erwirbt nicht lastenfrei, §§ 936 III, 161 II, III BGB. Insofern ist der Schutz des nach §§ 930, 158 II BGB verfügenden Sicherungsgebers perfekt.

    Insolvenz des Sicherungsnehmers

    Bei Insolvenz des Sicherungsnehmers hat der Sicherungsgeber ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO.

  2. Schutz des Sicherungsnehmers

    Herausgabeanspruch und Verwertungsrecht bei Eintritt des Sicherungsfalles (nach § 985 BGB -> danach bestmögliche Verwertung)

    Insolvenz des Sicherungsgebers (Absonderungsrecht des SiG gem. §§ 50, 51 InsO -> keine Herausgabe der Sache, aber Herausgabe des Verwertungserlöses)

    Pfändung beim Sicherungsgeber -> Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO

Das Anwartschaftsrecht im Mobiliarsachenrecht

Das Vollrecht (Eigentum) erwirt man erst, wenn alle Voraussetzungen eines mehraktigen dinglichen Erwerbstatbestandes erfüllt sind. Im Rahmen einer Übereignung nach § 929 S. 1 BGB kann der Veräußerer nach der dinglichen Einigung und vor der Übergabe seine Meinung noch ändern und widerrufen. Diese Unsicherheit für den Erwerber kann dadurch vermieden werden, dass der Erwerbsvorgang schon soweit forgeschritten ist, dass der Veräußerer diesen nicht mehr einseitig verhindern kann. Diese gesicherte Rechtsposition wird Anwartschaftsrecht genannt (Kurzformel: “wesensgleiches Minus zum Vollrecht”). Das Anwartschaftsrecht ist

  • ein subjektives Recht, dessen Rechtsnatur strittis ist (absolut, dh für und gegenüber jedermann wirkend oder nur relativ),

  • welches selbstständig übertragbar ist (zB nach § 929 ff. BGB analog),

  • das Gläubiger durch Pfändung nutzbar machen können (str, ob gem. § 808 ZPO durch Sachpfändung oder nach § 857 ZPO durch Rechtspfändung oder durch Doppelpfändung)

  • und welches dinglichen Rechtsschutz genießt (zB § 985 BGB des Anwartschaftsrechtsinhabers oder § 823 BGB).

Hinsichtlich der Entstehung eines Anwartschaftsrechtes muss der Erwerbsvorgang bereits eingeleitet, darf aber noch nicht vollendet sein. Anwartschatsrechte können daher nur in solchen Fallgruppen begründet werden, in denen zwischen Einleitung und Vollendung des Rechtserwerbes eine gewisse Zeitspanne liegt. Folgende Fallgruppen einer Anwartschaftsrechtsentstehung sind anerkannt:

  • bewegliches Sachenrecht

    Im beweglichen Sachenrecht wird die Existenz eines Anwartschaftsrechtes aus §§ 158, 161 BGB gefolgert. Das Anwartschaftsrecht entstheht durch eine aufschiebend (§ 158 I BGB) oder auflösend (§ 158 II BGB) bedingtes Rechtsgeschäft (zB §§ 929, 158 I BGB). Als akzessorisches Recht hängt es hinsichtlich seiner Entstehung von der wirksamen Begründung eiens schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes ab (zB § 433 oder § 488 BGB). Mit Bedingungseintritt (zB vollständige Kaufpreis- oder Darlehensrückzahlung) erstarkt es zum Vollrecht. Die Rechtsposition eines Anwartschaftsrechtsinhabers wird durch § 161 BGB geschützt. Trifft der Veräußerer, nachdem er jemanden ein Anwartschaftsrecht verschafft hat, weitere Zwischenverfügungen, sind diese gem. § 161 BGB ggü. dem Anwartschaftsrechtsinhaber unwirksam.

  • Grundstücksrecht

    Die hM erkennt ein Anwartschaftsrecht auch im Liegenschaftsrecht an. Zwar kann ein Anwartschaftsrecht hier nicht durch bedingte Übereignung erworben werden (vgl. § 925 II BGB, wonach die Auflassung ein bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft ist), doch kann dessen Existenz aus § 873 II BGB gefolgert werden. Ein Widerruf ist nämlich nach bindender Auflassung nicht mehr möglich. Es entsteht entweder durch Auflassung und Eintragungsantragstellung beim Grundbuchamt oder mit Eintragung einer Vormerkung.

  • Hypothekenrecht

    Schließlich ist die Existenz eines Anwartschaftsrechtes im Hypothekenrecht anerkannt. Ein Hypothekar (Gläubiger) kann vor Valutierung, dh Auszahlung der Darlehenssumme an den Grundstückseigentümer ein Anwartschaftsrecht erhalten.

Im beweglichen Sachenrecht kann ein Anwartschaftsrecht durch jeden bedingten Übertragungstatbestand begründet werden. Auch ein Zweiterwerb (§ 929 ff. BGB analog) sowie ein gutgläubiger Erst- und ggf. Zweiterwerb nach §§ 932 ff. BGB nicht möglich. Das Anwartschaftsrecht ist ein Recht, welches prinzipiell den gleichen Schutz wie das Eigentum genießt. Umstritten ist, ob es ein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB gewährt.

Das Anwartschaftsrecht im beweglichen Sachenrecht erlischt, wenn die Möglichkeit des Bedingungseintrittes entfällt oder es zum Vollrecht erstarkt, etwa weil die Bedingung eintritt oder ein Eigentumsvorbehaltskäufer auf seinen Eigentumsvorbehalt verzichtet.

Schutz des Anwartschaftsrechtes

  1. § 823 I BGB

    Einhellig anerkannt ist, dass das Anwartschaftsrecht ein sonstiges Recht iSd § 823 I BGB ist. Hinsichtlich der Anspruchsberrechtigung ist zu unterscheiden:

    • Schadensersatz wegen Besitzvorenthaltung

      Hier ist nur der AR-Inhaber geschädigt und daher anspruchsberechtigt.

    • Schadensersatz wegen Substanzverletzung an der Sache (Sachwertschaden)

      Umstritten, da hier die Interessen des AR-Inhabers und des Eigentümers kollidieren:

      • Zum Teil wird stets der AR-Inhaber als anspruchsberechtigt iSd § 823 I BGB angesehen. Er kann vollen Ersatz begehren, da er weiter Kaufpreisraten zu tilgen hat und mit Bedingungseintritt (Kaufpreiszahlung) das beschädigte Eigentum erhält.

      • Nach der Gegenansicht steht der Anspruch aus § 823 I BGB dem Eigentümer zu. Der Eigentümer fürchtet um seine Sicherheit, wenn der AR-Inhaber den ganzen Schadnesersatz erhält, aber keine Raten mehr zahlt.

      • Richtig dürfte es sein, weder dem einen noch dem anderen allein einen Schadensersatzanspruch zuzerkennen, sondern in analoger Anwendung von § 428 BGB bzw. des § 432 BGB einen Fall der Gesamt- oder gemeinschaftlichen Gläubigerschaft anzunehmen.

  2. Unwirksamkeit von Zwischenverfügungen § 161 I, II BGB

    Nur wegen § 161 BGB kann der Anwartschaftsrechtserwerber eine so gesicherte Rechtsposition erhalten, die der Veräußerer nicht mehr einseitig beseitigen kann. § 161 BGB ordnet nämlich an, dass im Fall einer aufschiebend (§ 161 I BGB) oder auflösend bedingten (§ 161 II BGB) Übereignung sämtliche (Zwischen-)Verfügungen des Eigentümers im Fall des Eintrittes der Bedingung ggü. dem AR-Inhaber unwirksam sind. Prüfungsfolge des § 161 BGB:

    1. aufschiebend (§ 161 I BGB) oder auflösend bedingte Übereignung (§ 161 II BGB)

    2. nachfolgend eine weitere (Zwischen-)Verfügung des Eigentümers an einen Dritten (zB § 929 BGB)

    3. Bedingungseintritt

    4. kein gutgläubig lasten(anwartschafts-)freier Erwerb, §§ 161 III, 936 BGB

    5. Rechtsfolge: Die Zwischenverfügung (§ 929 BGB zwischen Eigentümer und Drittem) wird ggü. dem Anwartschaftsrechtsinhaber unwirksam

  3. Pfändung

    • Pfändung (Zwangsvollstreckung) beim Anwartschaftsrechtsinhaber

      Wollen Gläubiger des Vorbehaltskäufers in die Sache vollstrecken, ist der Käufer als nicht zur Herausgabe bereiter Dritter geschützt, § 809 ZPO.

    • Pfändung (Zwangsvollstreckung) bei unmittelbar besitzendem Dritten

      Ist der AR-Inhaber nicht unmittelbarer Besitzer, besteht die Gefahr der Pfändung beim Gewahrsamsinhaber, § 808 ZPO. Zur Erhebung der Drittwiderspruchsklae (§ 771 ZPO) müsste das AR ein die Veräußerung hindernes Recht sein. § 161 I BGB legt fest, dass der Eigentümer grundsätzlich zur Verfügung berechtigt ist. Das AR ist nur veräußerungshindernd, wenn der Eigentumserwerb vereitelt wird. Das ist bei der Veräußerung iRd Zwangsvollstreckung der Fall. Der AR-Inhaber kann nach hM gem. § 771 ZPO klagen.

  4. Herausgabe (es gelten die allg. Regeln)

    • Possessorischer und petitorischer Besitzschutz

    • Anspruch aus § 985 BGB analog

    • Sonderproblem: Herausgabeansprüche ggü. dem Eigentümer

      Umstritten ist, ob der AR-Inhaber gegen einen Eigentümer (der nicht Vertragspartner ist) Herausgabeansprüche haben kann.

      • Zum Teil wird ein Anspruch aus § 985 BGB (analog) bejaht. Das Anwartschaftsrecht ist mit Nießbrauch und Pfandrecht vergleichbar. Wie die Wertung des § 1227 und § 1065 BGB zeichen, ist ein Anspruch aus § 985 BGB gegen den Eigentümer (!) dem BGB fremd. Die hM leht dies jedoch ab. Der AR-Inhaber ist nicht schutzbedürftig. Er kann zahlen und dem Bedingungseintritt herbeiführen. Dann wird er Eigentümer und kann direkt aus § 985 BGB vorgehen.

      • Entsprechendes gilt für Ansprüche aus § 1007 BGB. Diese sind nach § 1007 II BGB ausgeschlossen, wenn der Anspruchsgegner Eigentümer ist. Sollte dem Anwartschaftsrechtsinhaber mit der Lit. das bessere RzB zugesprochen werden, könnte er nach § 1007 BGB analog auch von einem Eigentümer Herausgabe verlangen.

  5. Anwartschaftsrecht als Recht zum Besitz iSd § 986 BGB

    Ob das Anwartschaftsrecht ein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB verkörpert, ist umstritten. Im Einzelfall ist zu differenzieren:

    • Gegenüber dem Verkäufer und Eigentümer

      Ggü. dem Verkäufer und Eigentümer hat der AR-Inhaber ein RzB gem. § 986 I 1 BGB aus dem Kaufvertrag (§§ 433, 449 BGB). Bei Rücktritt erlischt das RzB. Verjährung der Kaufpreisforderung berührt das Bestehen des Vertrages nicht, § 214 BGB . Ein Rücktritt wegen Verzugs ist dann auch nicht möglich. Dennoch soll der AR-Inhaber nicht im Besitz der Sache bleiben können, ohne den Kaufpreis voll zu tilgen. Der Eigentümer kann Rückgabe verlangen, § 985 BGB. Das ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 216 II BGB.

    • Gegenüber (Neu) Eigentümer bei abredewidriger Zweitveräußerung

      Der Vorbehaltsverkäufer kann (wenngleich abredewidrig) das Vorbehaltseigentum gem. § 931 BGB an einen Dritten übertragen. § 161 I BGB entfaltet seine Schutzwirkung erst ab Bedingungseintritt. Verlangt nur der neue Eigentümer vor der vollständigen Kaufpreiszahlung des AR-Inahbers die Sache heraus, ist der Vorbehaltskäufer dennoch gem. § 986 II BGB durch den Kaufvertrag als RzB geschützt. Selbst bei nicht fahrlässiger Unkenntnis des Erwerbers vom Bestehen des Vorbehaltseigentums erwirbt er nicht lastenfrei (ohne AR); § 936 III BGB gilt iVm §§ 161 II, III, 934 BGB.

    • Gegenüber dem Eigentümer bei Erwerb vom Nichtberechtigten

      Problematisch ist die Frage, ob ein AR ein RzB gewährt, dem Grunde nach nur in der Konstellation, in der jemand ein AR gutgläubig vom Nichtberechtigten erwirbt und der Eigentümer vor Kaufpreiszahlung die Sache herausverlangt.

      • Rspr.: AR kein RzB iSd § 986 BGB

        Nach der Rspr. des BGH gewährt das AR kein RzB isD § 986 BGB. Argumente:

        • Das AR ist eben nur ein Minus zum Vollrecht. Es soll nur den Eigentumserwerb sichern, wozu kein Besitz notwendig ist.

        • Der AR-Inhaber kann sich wegen des Schadens an den Verkäufer halten.

        • Nur wenn der Eigentumserwerb unmittelbar bevorsteht (letzte Rate), kann der Käufer unter Erhebung der Arglisteinrede (exceptio doli, § 242 BGB) die Herausgabe verweigern.

      • Lit.: AR ist RzB iSd § 986 BGB

        Nach Ansicht der Literatur kann der AR-Inhaber dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ein RzB entgegenhalten.

        • Verneint man die Qualität des AR als RzB, ist das AR faktisch wertlos.

        • Das AR ist ein absolutes Recht. Als Vorstufe zum Eigentum muss es ein RzB geben, das für und ggü. jedermann wirkt.

Erscheinungsformen des Eigentumsvorbehaltes

nachträgliche Vereinbarung

Eine nachträgliche Vereinbarung des EV ist möglich, wobei die Umsetzung indes strittig ist:

  • Nach der Rechtsprechung sind mehrere Übereignungen notwendig: Erforderlich ist zunächst eine Rückübereignung (an V) gem. § 930 BGB, anschließend erfolgt eine “Vorbehaltsübereignung” kurzer Hand gem. §§ 929 S. 2, 158 I BGB, Hintergrund dieser “etwas umständlichen” Methode ist, dass der BGH die bloße Vereinbarung, der Veräußerer iRd § 930 BGB, solle die Sache als künftiger Vorbehaltskäufer besitzen, nicht als BMV iSd §§ 930, 868 BGB anerkennt.

  • Nach Auffassung der Literatur sollen die Parteien den Rechtszustand, wie er beim Eigentumsvorbehalt bestünde, durch privatautonome Vereinbarung herbeiführen können (eine Übereignung nach §§ 930, 158 II BGB). Inzwischen entstandene Rechte Dritter können dadurch freilich nicht vernichtet werden.

Eigentumsvorbehalt in 3 Personenverhältnissen

verlängerter EV:

In der Praxis sind Verkaufketten die Regel (Großhändler-Einzelhändler-Endverbraucher). Damit der Verkäufer durch die Weiterveräußerung oder die Verarbeitung nicht die Sicherung seiner Kaufpreisforderung verliert, wird der Eigentumsvorbehalt durch andere Sicherungsmittel verlängert. Unterschieden werden

  • verlängerter Eigentumsvorbehalt (bei geplanter Weiterveräußerung)

    Ist nur eine Weiterveräußerung und keine Verarbeitung durch den EV-Käufer geplant, sichert sich der EV-Verkäufer regelmäßig durch antizipierte Abtretung der Forderung aus der Weiterveräußerung (Sicherungszession). Gleichzeitig stimmt er für den Fall der Weiterveräußerung an einen Dritten durch den EV-Käufer zu (§§ 929, 185 I BGB) und ermächtigt diesen zur Forderungseinziehung (§§ 433 II, 185 BGB analog).

  • verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Herstellerklausel

    Will der EV-Käufer die vom EV-Verkäufer gelieferte Ware verarbeiten, sichert sich der EV-Verkäufer zusätzlich durch die Vereinbarung einer “Hersteller-” oder “Verarbeitungsklausel”. Da nach hM eine Abbedingung des § 950 BGB nicht möglich ist, wird entweder vereinbart, dass der EV-Verkäufer als “Hersteller” iSd § 950 BGB gilt oder ihm das Eigentum antizipiert zur Sicherheit übereignet wird, § 930 BGB.

nachgeschalteter EV:

IRe sog. nachgeschalteten EV kommt es zu zwei hintereinandergeschalteten Eigentumsvorbehaltsverkäufen. In zwei unterschiedlichen Schuldverhältnissen sind mithin zwei unterschiedliche Bedingungen vereinbar. Dogmatisch erhält der zweite Käufer zunächst kein Eigentum, sonder “bloß” ein Anwartschaftsrecht aus dem EV-Kauf zwischen dem ersten Käufer und dem Verkäufer. Konstruktiv folgt der Anwartschaftsrechtserwerb aus §§ 929, 158 I, 185 I BGB (für den Fall, dass der Verkäufer den ersten Käufer ermächtigt hat, an Dritte weiterzuveräußern) anderfalls nach §§ 929, 932, 158 I BGB falls der zweite Käufer gutgläubig war. Jedenfalls verliert der Verkäufer sein vorbehaltenes Eigentum erst, wenn eine der beiden Bedingungen erfüllt ist.

weitergeleiteter EV:

Bei einem weitergeleiteten EV wird im Unterschied zum nachgeschalteten EV der Umstand, dass der weiterveräußernde Eigentumsvorbehaltskäufer nicht Vollrechtsinhaber ist, dem Zweiterwerber offengelegt. Der Zweiterwerber wird daher erst dann Eigentümer, wenn auch der Ersterwerber seine Verbindlichkeit gegenüber dem Veräußerer begleicht.

Wird der weitergeleitete EVB mit einem nachträglich erweiterten Eigentumsvorbehalt zwischen Verkäufer und Ersterwerber kombiniert, belastet dies den Zweiterwerber mit einem größeren Risiko als er gewöhnlich abschätzen kann. Dies kann ein Wirksamkeitshindernis gem. § 138 BGB oder § 307 BGB sein.

nachträglich erweiterter Eigentumsvorbehalt

erweiterter EV im 2 Personenverhältnis:

Von einem erweiterten Eigentumsvorbehalt wird gesprochen, wenn Käufer und Verkäufer nachdem ein “einfacher” EV vereinbart worden ist, eine dergestaltige Modifikation ihres EV vornehmen, dass der EV-Käufer nicht mehr bei Erfüllung der ursprünglichen Bedingung, sondern erst mit Erfüllung der neuen, erweiterten Bedingung das Eigentum erwerben soll. Eine solche Vereinbarung ist iRe 2-PV-EV unter dem Gesichtspunkt der Privatautonomie zulässig. Typische Erscheinungsformen:

  • Kontokorrentvorbehalt: Sicherung aller Forderungen aus einer laufenden Geschäftsverbindung. EVK erhält das Eigentum erst nach Begleichung aller in Rede stehenden Forderungen.

  • Konzernvorbehalt: Es sollen alle Forderungen der zum Konzern des V gehörenden Unternehmen gegen den K gesichert werden. Eine solche Vereinbarung ist heute gem. § 449 III BGB nichtig.

erweiterter EV im 3 Personenverhältnis:

Umstritten:

  • T.d.Lit.:

    Ein Teil des Schrifttums erachtet eine nachträgliche Erweiterung des Eigentumsvorbehaltes nach Anwartschaftsrechtsübertragung an einen Dritten grundsätzlich für unzulässig. Dies verlangt der Schutz des Anwwartschaftsrechtszweiterwerbers; sonst würde die Erweiterung des EV einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter bedeuten. Zudem haben die Parteien mit der Übertragung des Anwartschaftsrechtes an einen Dritten die Verfügungsbefugnis über das Anwartschaftsrecht verloren.

  • Gegenauffassung:

    Die Gegenposition hält eine nachträgliche Erweiterung des EV nach Anwartschaftsrechtsübertragung an einen Dritten für ohne Weiteres möglich. Hierfür spricht die Akzessorietät des Anwartschaftsrechtes. Das Anwartschaftsrecht ist an den Kaufvertrag geknüpft. Kaufverträge wirken nur interpartes. Diesbezüglich haben die ursprünglichen Parteien (V und K) ihre Regelungsmacht nicht verloren. Da sie den Kaufvertrag ändern können, können sie mittelbar Auswirkungen auf den Bedingungseintritt und damit das Anwartschaftsrecht herbeiführen. Dies muss umso mehr gelten, weil die Parteien auch den Kaufvertrag auflösen können (“a maiore ad minus”).

  • h.M.:

    Die heute hM nimmt eine differenzierte Betrachtung vor. Grundsätzlich ist die nachträgliche Erweiterung eines Eigentumsvorbehaltes nach Übertragung des Anwartschaftsrecht auf einen Dritten unzulässig. Dies gilt aber nicht für solche Einwirkungen, die sich aus der Abwicklung des ursprünglichen Kaufvertrages ergeben. Anfechtung, Rücktritt oder Aufhebung muss der Zweiterwerber hinnehmen, da das Anwartschaftsrecht insoweit von vornherein mit dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis verknüpft ist und mit dieser Belastung auch auf den Zweiterwerber übergeht.

Eigentumsvorbehaltskauf - Wirkungen

Wirkungen beim Veräußerer

dinglich:

  • EV-Verkäufer bleibt bis zum Bedingungseintritt Eigentümer. Ebenso ist er bis dahin mittelbarer Besitzer, iSd § 868 BGB.

  • Bei Insolvenz des K steht ihm nach dem Rücktritt gem. §§ 323, 449 II BGB ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO zu.

  • Gegen die Pfändung der Sache bei K kann er sich mit der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO wehren.

schuldrechtlich:

  • Rücktritt - gem .§§ 449 I, II, 323 BGB

  • Besondere Rücktrittsvoraussetzungen - §§ 491 ff., 506 ff. BGB (kein § 449 II BGB)

    Ist der V ein U und der K ein V, ist der EVK ein Teilzahlungsgeschäft iSd §§ 506 I, III, 507 BGB. Es gilt die Formvorschrift des § 492 BGB. Im Übrigen wird das Rücktrittsrecht, aus §§ 449 II, 323 BGB eingeschränkt. Es gelten die Besonderheiten des § 498 BGB.

  • Verjährung des § 433 II BGB

    Bei der Verjährung der Kaufpreisforderung ist an sich kein Rücktritt möglich (§ 218 BGB). Hiervon macht § 216 II 2 BGB eine Ausnahme. IRe EV bleibt der Rücktritt möglich, so dass V aus §§ 346 I, 449 II, 323 I BGB vorgehen kann.

Wirkungen beim Erwerber

dinglich:

  • Der EVK wird zunächst regelmäßig unmittelbarer Fremdbesitzer

  • Er hat bzgl. der Kaufsache eine derart gesicherte Rechtsposition, dass der Verkäufer diese nicht mehr einseitig zerstören kann (Argument § 161 BGB). Der Käufer erhält ein sog. Anwartschaftsrecht.

  • Streitig ist, ob aus dem erhaltenen Anwartschaftsrecht ein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB folgt. Während dies von der Literatur unter Hinweis auf den absoluten Charakter des Anwartschaftsrechtes bejaht wird, verneint die Rspr. die Recht zum Besitz-Qualität des Anwartschaftsrechtes.

schuldrechtlich:

  • Aus dem gültigen EV-Kaufvertrag kann der Vorbehaltskäufer ein Recht zum Besitz gem. § 986 I BGB herleiten.

  • Das gilt gem. § 986 II BGB auch ggü. dem neuen Eigentümer, wenn der Vorbehaltskäufer die Sache vor Bedingungseintritt gem. § 930 oder § 931 BGB veräußert.

  • Gem. § 449 II BGB kann der V erst nach erklärtem Rücktritt die Sache herausverlangen.

Ansprüche und Rechte bei Rechtsverlust nach §§ 946-950 BGB

Wertersatzanspruch §§ 951 I 1, 812 BGB: Wert- und Vergütungsersatzanspruch. Kein Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (§ 951 I 2 BGB)!

Wegnahme:

Gem. § 951 II BGB kann in Einzelfällen ein Wegnahmerecht ausgeübt werden.

  • Wegnahemrecht nach § 951 II 1 BGB:

    • zB des Mieters bzw. Pächters (§ 539 II BGB bzw. IVm § 581 II BGB)

    Zu beachten ist die Pflicht des Wegnehmenden zur Instandsetzung der Sache; nach Trennung auf eigene Kosten gem. § 258 BGB

  • Wegnahemrecht des Verlierers nach § 951 II 2 BGB

    § 951 II 2 BGB ordnet an, dass ein Wegnahmerecht auch für den Fall bestehen kann, in dem die Verbindung nicht von dem Besitzer vorgenommen worden ist.

    • Rechtsprechung und Teil des Schrifttums sehen darin kein eigenständiges Wegnahmerecht, sondern verstehen die Vorschrift lediglich als Erweiterung des § 997 BGB für Fälle in denen nicht der Besitzer, sondern ein Dritter die Sache verbunden hat (Wortlautargument “auch dann”).

    • Die wohl herrschende Literaturmeinung sieht darin ein eigenständiges Wegnahmerecht. Gem. § 951 II 2 BGB hat jeder, der durch die Verbindung Eigentum oder ein dingliches Recht verloren hat, ein Wegnahmerecht, egal ob er Besitzer der Hauptsache war (so § 997 BGB).

Verwendungen:

Nach der Öffnungsklausel des § 951 II 1 BGB bleiben Verwendungsersatzansprüche aus anderen Vorschriften unberührt.

Schadensersatz:

Gem. § 951 II 1 BGB kann der Entreicherte auch Schadensersatz verlangen.

  • Der Anspruch folgt aus § 823 I BGB, wenn die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung vorliegen (auch Wiederherstellung des früheren Zustandes möglich).

  • Daneben ist ein Anspruch aus angemaßter GoA (§§ 678, 687 II 1 BGB) denkbar.

Herausgabe des Erlangten z.B. aus:

  • § 816 I 1 BGB

  • §§ 667, 681 S. 2, 687 II 1 BGB

Aufhebung der Gemeinschaft:

Nach § 1008 iVm § 749 ff. BGB kann derjenige, der einen Rechtsverlust erleidet, für den Fall, dass der Rechtsverlust nicht vollständig ist, weil Miteigentum entsteht (§§ 947 I, 948 BGB) oder sich das dingliche Recht an Miteigentumsanteilen fortsetzt (§ 949 S. 2 BGB) die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.

Gesetzlicher Eigentumserwerb gem. §§ 953, 954, 955, 956, 957 BGB

Erwerb durch Eigentümer der Muttersache § 953 BGB

Anwendbarkeit:

  • §§ 957, 956, 955, 954 BGB gehen vor. § 953 BGB ist Auffangtatbestand.

  • § 911 BGB geht als Sondernorm des Nachbarschaftsrechtes vor.

  • § 953 BGB gilt analog für abtrennbare Körperteile Lebender und mit dem Körper verbundenes prothetisches Material (zB Haare, Zahngold, Herzschrittmacher).

Eigentümer der Erzeugnisse ist der Eigentümer der Muttersache:

Der Eigentümer der Muttersache erwirbt das Eigentum an den Erzeugnissen.

  • Der Erwerb tritt automatisch ein, egal ob der Eigentümer Kenntnis von der Trennung hat oder im Besitz der Muttersache ist.

  • Ausnahme des § 911 BGB: Auf das Nachbargrundstück fallende Früchte gelten als Früchte des Nachbargrundstücks.

  • Pfandrechte an der Hauptsache bestehen auch an den Erzeugnissen weiter.

Erwerb durch dinglich Berechtigten § 954 BGB

Anwendbarkeit:

Die Vorschriften der §§ 957, 956, 955 BGB gehen dem Erwerb nach § 954 BGB vor.

Eigentum am Erzeugnis erwirbt der dinglich Nutzungsberechtigte:

Im Falle der Einräumung eines dinglichen Nutzungsrechtes, erwirbt der Dritte das Eigentum an den Erzeugnissen mit Trennung.

  • Dingliche Nutzungsrechte resultieren zB aus Nießbrauch, Dienstbarkeit, Nutzpfandrecht etc.

  • Anders als bei § 953 BGB besteht die Hypothek im Fall des § 954 BGB nicht an den Erzeugnissen fort, vgl. § 1120 BGB. Gem. § 1212 BGB bleibt das Pfandrecht bestehen (jedoch nur, wenn es ranghöher als das dingliche Nutzungsrecht ist).

Erwerb durch gutgläubigen Eigen- oder Nutzungsbesitzer § 955 BGB

Anwendbarkeit:

Der Erwerb nach §§ 957, 956 BGB geht dem Erwerb nach § 955 BGB vor. § 955 BGB wird insbesondere in Fällen gescheiterter Eigentumsübertragung bzw. Nutzungsrechtsbestellung prüfungsrelevant. Die Norm gilt nur für Früchte, nicht für sonstige Bestandteile der Sache.

Voraussetzungen:

  1. Der Erwerber muss entweder im Eigenbesitz oder Nutzungsbesitz sein. Eigenbesitz liegt vor, wenn die Muttersache als eigengehörig besessen wird, § 872 BGB. Beim Nutzungsbesitz (§ 955 II BGB) besitzt der Besitzer die Sache als fremde Sache. Kurze, unfreiwillige Besitzunterbrechungen schaden nicht, §§ 955 II, 940 II BGB.

  2. Redlichkeit. Gutgläubig ist derjenige, der bei Besitzerlangung weder positiv weiß noch grob fahrlässig verkennt, dass er nicht Eigentümer bzw. dinglich Nutzungsberechtigter ist. Später schadet nur noch Kenntnis. Nicht geschützt ist der gute Glaube an das obligatorische Nutzungsrecht (zB Pacht), vgl. Wortlaut des § 955 II BGB: “an ihr” meint an der Sache = dingliches Recht. Redlichkeit wird vermutet.

  3. Zur Zeit der Trennung müssen Besitz und Redlichkeit vorliegen. Die Trennung selbst ist Realakt und kann von jedem vorgenommen werden.

Rechtsfolge:

Eigentumserwerb. Pfandrechte und Hypotheken bestehen im Falle des Erwerbs des Eigenbesitzers (§ 955 I BGB) auch an den Erzeugnissen, vgl. §§ 1120, 1107, 1192 I, 1212 BGB.

Nach hM findet § 935 BGB keine Anwendung. Es ist ein Fruchterwerb von abhanden gekommenen Sachen möglich. Eine MM behauptet dagegen die Anwendung des § 935 BGB, wenn die Frucht beim Abhandenkommen schon als Bestandteil der Muttersache vorhanden war.

Erwerb durch persönlich Berechtigten § 956 BGB

Anwendbarkeit

  • § 956 BGB ist gegenüber §§ 953, 954, 955 BGB lex specialis

  • Allerdings geht dem Erwerb nach § 956 BGB der Erwerb gem. § 957 BGB vor

Aneignungsgestattung

Die Gestattung der Aneignung isD 3 956 BGB durch den Berechtigten ist eine Verfügung (str., ob ein ein- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft). Sie ist vom ihr zugrunde liegenden Kausalgeschäft (§ 433 BGB) zu trennen und rechtlich unabhängig (abstrakt).

  • Für die Aneignungsgestattung gilt das strenge sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot

  • Erforderlich ist Verfügungsbefugnis des Gestattenden. Sie folgt aus der Eigentümerstellung oder der Fruchtziehungsberechtigung aus §§ 953 ff. iVm § 956 I 1 bzw. § 956 II BGB

Voraussetzungen von § 956 Fall 1 BGB “Besitz der Muttersache”

  1. Überlassung des Besitzes. Die Überlassung unmittelbaren Besitzes erfolgt gem. § 854 I BGB durch tatsächliche Übergabe bzw. gem. § 854 II BGB durch rechtsgeschäftliche Einigung.

    • Die Einräumung von Teilbesitz (§ 865 BGB) genügt nach hM

    • Mittelbarer Besitz genügt, soweit nicht der Gestattende noch unmittelbarer Besitzer ist oder soweit der unmittelbare Besitzer kein dem mittelbaren Besitzer vorgehende Fruchtziehungsrecht hat.

  2. Fortdauer des Besitzes. Endet der Besitz, gilt § 956 I 1 Fall 2 BGB.

  3. Trennung. Realakt und kann von jedem ausgeführt werden.

Voraussetzung von § 956 Fall 2 BGB “kein Besitz der Muttersache”

Die Besitzergreifung muss an der konkreten Sache erfolgen. Die Einschaltung von Hilfspersonen (Besitzdiener, mittelbarer Besitzer) ist möglich. Im Unterschied zum ersten Fall (Besitz der Muttersache) genügt eine Besitzergreifung durch andere, die nicht in besitzrechtlicher Beziehung zum Fruchtziehungsberechtigten stehen, für den Eigentumserwerb nicht.

Rechtsfolge-Eigentumserwerb

Der Umfang des Fruchterwerbs richtet sich nach dem Inhalt der Gestattung. Auslegungshilfe ist die Vereinbarung des Kausalgeschäftes.

  • Vor der Aneignung besteht nach hM ein dingliches Anwartschaftsrecht.

  • Die Hypothek besteht im Fall des § 956 BGB nicht an den Erzeugnissen fort, § 1120 BGB. Gem. § 1212 BGB bleibt das Pfandrecht bestehen.

Aneignungsgestattung durch Nichtberechtigte §§ 957, 956 BGB

§ 957 BGB schützt denjenigen, der auf die Fruchtziehungsberechtigung (§§ 953 ff. BGB) eines Nichtberechtigten vertraut. Dies ähnelt den §§ 932 ff. BGB und schützt die Übertragungstheorie, wonach § 956 BGB ein Fall der §§ 929 ff. BGB ist.

Besitz der Muttersache oder Besitzergreifung, § 956 I 1 Fälle 1/2 BGB

Voraussetzung ist, dass eine der Varianten des § 956 BGB vorliegt.

Aneignungsgestattung (ohne Verfügungsbefugnis)

Die Aneignungsgestattung muss ohne Rechtsmängel erklärt sein. Einziger Mangel ist die fehlende Verfügungsbefugnis, da der Gestattende nicht fruchtziehungsberechtigt iSd § 956 I, II BGB iVm §§ 953 ff. BGB ist.

(Vor)besitz des Gestattenden (ungeschriebene Voraussetzung)

Jeder gutgläubige Erwerb bedarf eines Rechtsscheinträgers als Vertrauensgrundlage des Erwerbers. Die hM fordert daher (Vor)Besitz des Gestattenden.

Guter Glaube

Bezugspunkt ist das Erwerbsrecht des Gestattenden (§§ 953 ff. BGB). Redlich ist derjenige, der bei Besitzerlangung der Muttersache (§ 956 Fall 1 BGB) bzw. bei Besitzergreifung der Erzeugnisse oder sonstigen Bestandteile (§ 956 Fall 2 BGB) weder positiv weiß noch grob fahrlässig verkennt, dass der Gestattende nicht befugt ist. Ab Inbesitznahme der Muttersache schadet nur noch positive Kenntnis.

Fruchterwerb von abhanden gekommenen Sachen

Wie bei § 955 BGB ist die Anwendbarkeit des § 935 BGB strittig. Nach hM gilt § 935 BGB nicht.

§ 956 BGB - Sonderprobleme

strittige Rechtsnatur der Aneignungsgestattung

Trennung vom Kausalgeschäft

Wenngleich die Aneignungsgestattung auf einem schuldrechtlichen Grundgeschäft beruht, ist sie nicht mit dem Kausalgeschäft identisch.

Bsp.: Pacht, § 598 I 1 BGB. Der Verpächter ist verpflichtet, dem Pächter den Genuss der Früchte zu gewähren. Erst die “Gewährung” ist die Gestattung.

Vertrag oder einseitiges Rechtsgeschäft

Die Aneingungsgestattung ist eine Verfügung. Strittig ist jedoch, ob es sich um ein ein- oder zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt:

  • Aneignungstheorie

    Die Gestattung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch welches der Begünstigte ein dingliches Aneignungs-/Erwerbsrecht erhält. Als empfangsbedürftige Willenserklärung, anfechtbar. Es gilt § 130 BGB analog.

  • Übertragungstheorie

    § 956 BGB ist ein Sonderfall der §§ 929 ff. BGB zur Übereignung zukünftiger Sachen. Somit liegt ein zweiseitiges Rechtsgeschäft vor. Die Einigungsofferte ist die Aneigungsgestattung. Die Annahme ist die Trennung bzw. die Besitzergreifung.

Das folgende Problem zeigt die Konsequenz des obigen Theoriestreits:

A hat dem B eine Obstplantage auf 5 Jahre verpachtet. Im zweiten Herbst erleidet B unentdeckt Geisteskrankheit. Die Ernte wird fortgesetzt. Ist B Eigentümer der Früchte geworden?

Nach der Aneignungstheorie hat B Eigentum erworben. Nicht so nach der Übertragungstheorie, denn wenn in der Fruchttrennung die rechtsgeschäftliche Annahmeerklärung des Verfügungsgeschäftes liegt, konnte B diese im Herbst nicht mehr wirksam erklären, §§ 105 I, 104 Nr. 2 BGB.

Inhalt und Bestimmtheit der Gestattung

Inhalt der einseitigen Gestattung/ mehrseitigen Einigung

Worüber verfügt wird, ist je nach vertretener Theorie zu beurteilen. Nach der Aneignungstheorie verfügt der Gestattende über sein Fruchtziehungsrecht aus der jeweiligen Rechtszuständigkeit der §§ 953 ff. BGB. Nach der Übertragungstheorie wird über das Eigentum an den konkret gezogenen Früchten (ggf. antizipiert) verfügt.

Wirksamkeit der Gestattung - Bestimmtheit

Die Verfügung muss ausreichend bestimmt sein. Bestimmbarkeit genügt für einen Eigentumserwerb nach § 956 BGB nicht. Der “Gestattende” bleibt Eigentümer, kann aber durch eine nur bestimmbare Gestattung schuldrechtlich verpflichtet worden sein (dafür genügt Bestimmbarkeit).

Verfügungsbefugnis des Gestattenden

Verfügungsbefugnis - Berechtigung

Die Verfügungsbefugnis des Gestattenden folgt aus dem jeweiligen Tatbestand der §§ 953 ff. BGB, § 956 I, II BGB. Die Verfügungsberechtigung aus § 955 BGB geht der aus § 954 BGB vor (Schachtelprinzip).

Zeitpunkt der Verfügungsbefugnis

Umstritten ist, zu welchem Zeitpunkt die Verfügungsbefugnis bestehen muss:

  • hM: Besitzergreifung/ Fruchttrennung

    Es besteht der allg. Grundsatz, dass die Verfügungsbefugnis im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestandes vorliegen muss, als dann, wenn die Verfügung realisiert werden soll. die einmal erteilte Gestattung ist keine konstante Größe. Der Gestattende kann jederzeit seine Rechtszuständigkeit verlieren, zB durch Insolvenz.

  • MM: Zeitpunkder der Erklärung

    Dies lässt sich unter Hinweis auf entsprechende gesetzliche Regelungen vertreten, in denen der Erklärungszeitpunkt maßgeblich ist, § 878 BGB.

Bindungswirkung der Aneignungsgestattung

Bindungswirkung im Fall des § 956 I 2 BGB

Die Willenserklärung ist grundsätzlich frei widerruflich (auch bei schuldrechtlichem Pflichtverstoß). Unwiderruflichkeit besteht jedoch im Fall des § 956 I 2 BGB. Dort erlangt der Berechtigte ein Anwartschaftsrecht.

Bindung des Nachfolgers des Gestattenden

Strittig ist, ob der Nachfolger in der Rechtszuständigkeit oder Verfügungsmacht des Gestattenden an die WE gebunden ist. Die hM bejaht dies im Fall der Erbfolge, im Falle des gesetzlichen Eintritts in den Pachtvertrag gem. §§ 566, 581 BGB und im Falle der Insolvenz des Gestattenden, wenn der Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO Vertragserfüllung wählt oder ein Fall der §§ 108, 110 InsO vorliegt (sonst nicht).

§ 985 BGB - Eigentum des Anspruchsstellers

Recht zum Besitz iSd § 986 BGB

§ 985 BGB - Rechtsfolgen

Anwendbarkeit der Schuldrechtsvorschriften auf § 985 BGB

§ 985 BGB - Eigentum des Anspruchsstellers

Eigentum des Anspruchsinhabers:

  • Vollrechtsinhaberschaft

    Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Termin der letzten mündlichen Verhandlung über das Herausgabeverlangen. Bei Miteigentum gilt die Beschränkung durch §§ 1011, 432 BGB. Dem Eigentumsvorbehaltskäufer und Anwartschaftsrechtsinhaber steht § 985 BGB ggü. Dritten zu (hM).

  • Abtretung unmöglich

    § 985 BGB kann nicht von seinem Stammrecht getrennt werden. Er dient zu dessen Verwirklichung. Der Herausgabeanspruch entsteht nach der Eigentumsübertragung bei jedem Eigentümer neu.

  • Ausübungsermächtigung, § 185 I BGB analog

    Da eine Abtretung unmöglich ist, wird eine entsprechende Parteivereinbarung gem. § 140 BGB in eine Ausübungsermächtigung umzudeuten sein. Danach ist ein Dritter befugt, den Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen (Prozess: gewillkürte Prozessstandschaft, § 51 ZPO). Sie endet, wenn der Eigentümer die Rechtsinhaberschaft verliert.

Eigentumsvermutung § 1006 BGB

Im Einzelnen gilt folgendes:

  • Eigenbesitz. § 1006 BGB findet zunächst nur auf den Eigenbesitzer Anwendung. Es ist klar, dass von jemanden, der für einen anderen besitzt (zB Miete), nicht die Vermutungswirkung ausgeht, Eigentümer der Sache zu sein.

  • Besitz- und Eigentumserwerb. Aus § 1006 I 2 BGB ergibt sich ferner, dass es auf das Zusammentreffen von Besitz- und Eigentumserwerb ankommt, denn bei abhandengekommenen Sachen, an denen ein Eigentümererwerb gem. § 935 I BGB nicht möglich ist, gilt die Vermutung nicht. § 1006 BGB orientiert sich an der Vorstellung, dass sich mit dem Eigenbesitzerwerb auch der Eigentumswechsel gem. § 929 BGB vollzieht. Darauf folgt die Vermutung, dass die in § 1006 BGB benannten Besitzer bei Besitzerwerb Eigenbesitz begründeten und damit Eigentum erwarben.

Recht zum Besitz iSd § 986 BGB

eigenes Recht zum Besitz § 986 I 1 Fall 1 BGB:

  • schuldrechtliche Verträge (obligatorische Rechte zum Besitz) zB Miete, Pacht

  • dingliche Rechte zB Pfandrecht, Nießbrauch

    Gilt auch bei gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten (§§ 1207, 1032, 932 ff. BGB). Die hM lehnt aber ein Besitzrecht aus dem Anwartschaftsrecht ab.

  • gesetzliche Besitzberechtigung (zB aus Familien- und Erbrecht)

  • Öffentliches Recht

    Verwaltungsakte können ebenso ein RzB begründen, zB Beschlagnahme.

  • Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 972, 1000 BGB; § 369 HGB)

    Strittig ist, ob Zurückbehaltungsrechte ein RzB iSd § 986 I BGB begründen:

    • BGH/ Lit.: RzB iSd § 986 I BGB

      Zurückbehaltungsrechte (wenigstens §§ 273, 1000 BGB) geben ein Recht zum Besitz iSd § 986 I BGB. Es kommt jedoch nicht zur Klageabweisung des Eigentümers, sondern zur Verurteilung Zug um Zug. Die Zurückbehaltungsrechte geben auch nur eine (geltend zu machende) Einrede. Jedenfalls besteht mit dem RzB eine Besitzberechtigung und keine Vindikationslage iSd §§ 987 ff. BGB.

    • h.Lit.: keine Besitzberechtigung

      Zurückbehaltungsrechte begründen selbstständige Gegenrechte, die dem Anspruch aus § 985 BGB entgegenstehen. Der Berechtigte soll durch sie kein RzB haben, dass den Eigentümer einschränkt, sondern nur seinen Gegenanspruch sichern können (§ 274 BGB: Zug um Zug). Zurückbehaltungsrechte sollen nicht den Eigentumsanspruch in seiner Entstehung, sondern nur in seiner Durchsetzung hindern. Die §§ 987 ff. BGB müssen gelten.

abgeleitetes Recht zum Besitz § 986 I 1 Fall 2 BGB

  • nicht nur vom mittelbaren Besitzer

    Auf ein Besitzmittlungsverhältnis kommt es nach hM nicht zwingend an. § 986 I 1 BGB erfasst alle Fälle, in denen der Besitzstand zwischen den Personen gerechtfertigt ist.

  • Voraussetzungen:

    1. Besitzrechtsableitung des unmittelbaren Besitzers von Drittem

    2. Besitzberechtigung des Dritten ggü. dem Eigentümer

    3. Befugnis des Dritten zur Weitergabe des Besitzes an den unmittelbaren Besitzer

gegenüber dem Rechtsnachfolger des Eigentümers § 986 II BGB

Auch ggü. dem Rechtsnachfolger des Eigentümers kann sich der Besitzer auf sein Besitzrecht berufen, wenn es sich um eine bewegliche Sache (oder Tier) handelt (Gedanke des § 566 BGB) und der Erwerb gem. § 931 BGB bzw. nach hM auch gem. §§ 930, 871 BGB erfolgt.

§ 985 BGB - Rechtsfolgen

Herausgabe:

  • Herausgabe (Holschuld)

    Verschaffung unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB) bzw. Ermöglichung der Entgegennahme; positives Tun.

  • Ort der Herausgabe

    • h.M.: Leistungsort ist dort, wo die Sache sich bei Bösgläubigkeit etc. befand

      Die Sache ist grds. dort herauszugeben, wo sie sich befindet. Es sei denn, die §§ 987 ff. BGB greifen. Dann ist die Sache dort herauszugeben, wo sie sich zur Zeit des Eintritts der Bösgläubig- bzw. Rechtshängigkeit befand. Der Rücktransport gehört zum Inhalt des Vindikationsanspruches, nicht zu den Nebenansprüchen gem. §§ 987 ff. BGB. Unternimmt der Eigentümer selbst den Rücktransport, hat er daher (von § 993 I BGB unbeeinflusst) einen Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 684 iVm 812 ff. BGB (GoA).

    • MM: Die Sache ist herauszugeben, wo sie sich eben befindet

      Die Sache ist herauszugeben, wo sie sich befindet. Aus den §§ 987 ff. BGB ergbit sich nichts anderes. Die Haftungsverschärfung der §§ 987 ff. BGB betrifft nur die Nebenansprüche der Vindikation (Schadensersatz etc.), nicht aber den Inhalt des Vindikationsanspruches selbst. Eine Ortsverlagerung nach Bösgläubigkeit-/ Rechtshängigkeit begründet deswegen (nur) einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 989, 990 BGB analog.

Herausgabe bei mittelbarem Besitz:

  • Herausgabe des mittelbaren Besitzes, § 870 BGB

  • Herausgabe des unmittelbaren Besitzes, § 854 BGB

    Umstritten ist, ob der mittelbare Besitzer auch den unmittelbaren Besitz herauszugeben hat. Ein auch darauf lautendes Urteil hat den Vorteil, dass es auch vollstreckbar ist, wenn der zuvor mittelbare Besitzer durch Zurückerlangung des unmittelbaren Besitzes nicht mehr mittelbarer Besitzer ist.

    • h.M.: auch des unmittelbaren Besitzes

      Der mittelbare Besitzer hat auch den unmittelbaren Besitz herauszugeben, sofern ihm dies rechtlich möglich ist oder wenn bei Besitzweggabe bereits Bösgläubig- oder Rechtshängigkeit bestand (Wertung des § 993 I BGB).

      Argumente: Wortlaut “Herausgabe” und Prozessökonomie, dh Sicherung der Vollstreckung durch §§ 883 und 886 ZPO.

    • MM: nur des mittelbaren Besitzes

      Der mittelbare Besitzer kann nicht zur Herausgabe dessen verurteilt werden, was er gar nicht hat. Sonst besteht ein Schadensersatzasnpruch aus § 283 BGB, obwohl gem. §§ 987 ff. BGB ggf. gar kein Ersatz geschuldet wird, § 993 I BGB. Die hM muss zur Vermeidung dessen schon bei § 985 BGB Bösgläubigkeit etc. (§§ 987 ff. BGB) erörtern.

Herausgabe von Geld:

Eine MM vertritt bei Geld die sogenannte Geldwertvindikation. Demnach kann statt des konkreten Geldscheins der Geldwert nach § 985 BGB verlangt werden. ZB die Vermischung des Geldscheins schadet dem Eigentümer nicht, denn sein Eigentum bleibt am Geldwert bestehen. Die Geldforderung ist somit insolvenzfest, denn als Eigentum des Gläubigers gehört der entsprechende Geldwert nicht ins Schuldnervermögen und somit nicht zur Insolvenzmasse, § 35 InsO. Die hM leht dies ab. Es besteht kein Grund für die Privilegierung des Geldeigentümers. § 985 BGB ist ein Sachvindikationsanspruch. Im Sachenrecht kommt es immer auf die konkrete Sache an (Bestimmtheit). Geld kann nur nach § 985 BGB verlangt werden, solange es noch individualisierbar ist. Bei Vermischung etc. geht das Eigentum verloren. § 985 BGB erlischt. Der Gläubiger hat nur schuldrechtliche Ansprüche, §§ 812 ff., 823 BGB.

Anwendbarkeit der Schuldrechtsvorschriften auf § 985 BGB

Grundsätzlich finden die Vorschriften des BGB-AT (zB Verjährung, Selbsthilfe) und des Schuldrecht AT auf alle Ansprüche iSd § 194 I BGB Anwendung. Hinsichtlich des dinglichen Anspruches aus § 985 BGB gelten indes folgende Ausnahmen:

Recht der Unmöglichkeit §§ 275 ff. BGB:

  • § 280 BGB nicht anwendbar

    Die Funktion des § 280 BGB übernehmen im Falle der Unmöglichkeit der Herausgabe die §§ 987 ff. BGB. Keine Anspruchskonkurrenz zu § 985 BGB, da bei Unmöglichkeit auch kein Besitz mehr besteht.

  • § 285 BGB nicht anwendbar (hM)

    • h.M.: § 285 BGB ist unanwendbar

      Die Opfergrenze des § 985 BGB liegt in der Herausgabe. Der Verpflichtete wäre doppelt belastet, denn er muss seinem Käufer Gewähr leisten und soll überdies den Kaufpreis herausgeben. Außerdem besteht mit dem Verlust des Besitzes beim Anspruchsgegner und somit dem Erlöschen des § 985 BGB kein dauerndes Schuldverhältnis iSd § 285 BGB. Hat der Anspruchssteller das Eigentum nicht verloren, könnte er gegen den früheren (§ 285 BGB) und den derzeitigen Besitzer (§ 985 BGB) vorgehen.

    • MM: § 285 BGB gilt

      Umfassender Schutz des Eigentümers. Die Doppelbelastung des Besitzers lässt sich verringern, wenn der Eigentümer gem. § 255 BGB analog zur Abtretung seiner Ansprüche aus dem Eigentum verpflichtet wird.

    Innerhalb der hM ist umstritten, ob § 285 BGB gilt, wenn der Besitzer für den Untergang der Sache eine Versicherungssumme erhalten hat. Eine Anspruchsvervielfältigung ist nicht zu besorgen.

Verzugsregeln:

  • Schuldnerverzug, §§ 284 ff. BGB

    Gegenüber dem bösgläubigen Besitzer kann auch der Vorenthaltungsschaden geltend gemacht werden, der durch den Verzug mit der Herausgabe entsteht, § 286 BGB. Den redlichen (ggf. verklagten) Besitzer trifft keine Verzugshaftung. Dies ergibt sich aus § 989 BGB und § 990 II BGB (Umkehrschluss).

  • Gläubiger- bzw. Annahmeverzug, §§ 293 ff. BGB

    Anwendbar, da das Sachenrecht insoweit keine Sonderregelung bereithält. § 985 BGB begründet eine Holschuld.

Die Vindikationslage - Grundvoraussetzung der §§ 987 ff. BGB

  1. Eigentümer

  2. Besitzer

  3. kein Recht zum Besitz

    • schuldrechtliche Rechtsbeziehungen

      Zu beachten ist, dass die Besitzberechtigung grds. nur zwischen den Vertragsparteien gilt (“inter partes” Wirkung).

    • dingliche Rechte (zB Nießbrauch, Pfandrecht)

    • Recht zum Besitz des Finders

      Die Besitzberechtigung des redlichen Finders aus §§ 965 ff., 677, 683 BGB wird heute nicht mehr bestritten. Der unredliche Finder haftet neben dem Anspruch aus § 280 iVm §§ 965 ff. BGB auch gem. §§ 987 ff. BGB.

    • Recht zum Besitz aus Zurückbehaltungsrecht (str. BGH (-))

    • Verlust des Besitzrechtes durch Wechsel des Besitzwillens

      Der Verlust des Besitzrechtes kann durch den Wechsel des Besitzwillens erfolgen, wenn die Besitzberechtigung von der Willensrichtung des Besitzers abhängt.

    • Lehre vom “nicht so Berechtigten”

      Hat der Besitzer ein vertragliches Recht zum Besitz, gelten die §§ 987 ff. BGB nicht. Umstritten ist, ob das RzB bei vertragswidrigem Verhalten entfallen kann. Nach hM entfällt das RzB nicht, denn der Vertrag besteht fort. Außerdem gibt es erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten, was vertragswidrig ist (Rechtssicherheit). Letztlich genügt die allgemeine Haftung aus Vertrag und Gesetz.

    • Der “nicht mehr Berechtigte”

      Umstritten ist das RzB in Fällen, in denen der ursprünglich berechtigte Fremdbesitzer durch Beendigung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zum unrechtmäßigen Besitzer wird. Streit besteht darüber,

      • ob bereits zZt der Besitzberechtigung die §§ 987 ff. BGB anwendbar sind. Der BGH bejaht dies für Verwendungsersatzansprüche.

      • ob die die §§ 987 ff. BGB nach Wegfall der Besitzberechtigung gelten. Der BGH und T.d.Lit. bejahen dies. Nach der Theorie vom vorrang des vertraglichen Herausgabeanspruches ist eine Vindikation bei Bestehen vertraglicher Ansprüche ausgeschlossen. Die hL lehnt die Anwendung der §§ 987 ff. BGB ebenfalls ab. Die Rückabwicklung richte sich nach Vertrag, denn dieser ist zB nach Kündigung nicht hinfällig, sondern nur der Anspruch auf Besitzüberlassung. So gelten zB die §§ 546 ff. BGB fort. Eine MM wendet Vertragsrecht und die §§ 987 ff. BGB ergänzend an.

      • Bei rückwirkendem Wegfall des Besitzrechtes, zB durch Anfechtung haftet der Besitzer nach §§ 987 ff. BGB.

  4. zur Zeit des “schädigenden Ereignisses”

Sonstige Haftung des redlichen Besitzers für Schäden

§§ 823 ff. BGB

Fremdbesitzerexzess

Von einem sog. Fremdbesitzerexzess wird gesprochen, wenn ein redlicher unberechtigter Besitzer sein vermeintliches Besitzrecht überschreitet und einem Eigentümer einen Schaden zufügt.

Bsp.: M beschädigt fahrlässig ein Fenster des vom Eigentümer E gemieteten Hauses. Wegen unentdeckter Geisteskrankheit des E ist der Mietvertrag nichtig.

Der unrechtmäßige redliche Besitzer ist weder vertraglich noch aus EBV (Gutgläubigkeit!) schadensersatzpflichtig, § 993 I BGB. Ein SEA aus §§ 823 ff. BGB ist gem. § 993 I aE BGB grds. gesperrt. Dies hat die Konsequenz, dass ein rechtmäßiger Besitzer (Vertragshaftung) schlechter stünde als ein redlicher Besitzer. Nach hM ist für diese Fälle die Sperrwirkung des § 993 I BGB aufgehoben. Der unrechtmäßige redliche Fremdbesitzer haftet daher dem Eigentümer insoweit gem. § 823 I BGB wie er bei Bestehen des vermeintlichen Besitzrechtes haften würde (Haftungsausschlüsse!).

Haftung des redlichen Eigenbesitzers nach Rechtshängigkeit

Der SEA gegen den redlichen Besitzer nach Rechtshängigkeit bestimmt sich nach § 989 BGB. Andere Rechtsinstitute sind gem. § 993 I BGB gesperrt. Strittig ist, ob Ausnahmen nach Rechtshängigkeit möglich sind. Ab diesem Zeitpunkt muss auch der redliche Besitzer nach gesetzlicher Wertung (§§ 987, 989 BGB) damit rechnen, dass er die Sache nur noch verwaltet.

Bei vorsätzlichem Handeln soll dies nach starker Literaturmeinung möglich sein. Der Besitzer verdiene keinen Schutz durch die Sperrwirkung der §§ 987 ff. BGB. Es drohe auch keine Umgehung des Privilegierungsgebotes. Es bestehe kein Grund, den verklagten Besitzer ggü. besitzlosen Eigentumsverletzern (§§ 823 ff. BGB anwendbar) besser zu stellen. Zu bedenken ist jedoch, dass ein Wertungswiderspruch zwischen §§ 823 ff. BGB und §§ 990 II BGB entsteht. Im Erst-Recht-Schluss muss für den bösgläubigen Besitzer gelten, was für den verklagten redlichen Besitzer gilt (Wertung des § 990 I BGB). Der bösgläubige Besitzer muss für Vorenthaltungsschäden gem. § 990 II BGB nur bei Verzug einstehen. Die Haftung gem. § 823 I BGB umfasst aber den Vorenthaltungsschaden auch verzugsunabhängig. (§ 992 BGB).

Haftung eines Besitzmittlers § 991 II BGB

  • Der redliche Unterbesitzer ist dem Eigentümer genauso zum Schadensersatz verpflichtet, wie er dem mittelbaren Oberbesitzer verpflichtet ist. § 991 II ist mithin ein gesetzlicher Fall der Drittschadensliquidation.

  • Haftungsmilderungen sind nach hM beachtlich, denn der Besitzer überschreitet dann sein Besitzrecht nicht. Die Gegenauffassung wendet ein, dass somit interene Vereinbarungen Drittwirkung (für den Eigentümer) hätten.

  • Die vertragliche Haftungserweiterung auf Zufall ist ebenfalls umstritten. Gegen die Wirksamkeit ggü. dem Eigentümer spricht der Verweis auf § 989 BGB, denn dort ist, nur die schuldhafte Schadensverursachung ersatzpflichtig. Zu einem anderen Ergebnis gelangt man, wenn man den Verweis auf § 989 BGB so versteht, dass damit nur die Art des Schadens, nicht der Haftungsmaßstab der Schadensverursachung bezeichnet ist.

Schadensersatz wegen nicht gezogener Nutzungen § 987 II BGB

Eigenbesitzer - § 872 BGB

  • Rechtshängigkeit besteht ab Zustellung der Klageschrift, §§ 261, 253 ZPO. Sie markiert den Punkt, ab dem auch der redliche Besitzer damit zu rechnen hat, dass die Sache ihm nicht zusteht/ ihm nur eine Verwalterstellung zukommt.

  • Versäumte Nutzungen die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu ziehen sind. Objektiver Maßstab. Es kommt nicht darauf an, welche Nutzungen der Eigentümer tatsächlich gezogen hätte.

  • Verschulden, §§ 276, 278 BGB. Mitverschulden des Eigentümers ist anzurechnen, § 254 BGB.

Fremdbesitzer haftet ggf. nicht

Die §§ 987 ff. BGB gelten uneingeschränkt für den Eigenbesitzer. Für den Fremdbesitzer sind vielfach Ausnahmen zu machen. Grund hierfür ist das zu berücksichtigende Besitzmittlungsverhältnis. So ggf. auch im Fall des § 987 II BGB: Der verklagte redliche Fremdbesitzer, der eine Sache in Ausübung eines vermeintlichen Rechtsverhältnisses innehat, das ihn bei Wirksamkeit zur Nutzung nicht berechtigen würde, haftet nicht für unterbliebene Nutzungen (hM). Es kann von ihm nicht verlangt werden, was dem redlichen Besitzer verboten wäre (Wertungswiderspruch).

Bösgläubigkeit im EBV und deren Zurechnung

Hinsichtlich des Maßstabes findet grds. § 932 II BGB analog Anwendung. Danach ist bösgläubig iSd §§ 987 ff. BGB, wer weiß oder grob fahrlässig nicht weiß, dass er kein Recht zum Besitz hat.

Bösgläubigkeit bei Rücktritt (EV-Kauf)

Hier bleibt der Verkäufer bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung durch den Käufer Eigentümer. Zahlt der Käufer den Kaufpreis nicht, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten. Durch den Rücktritt vom Vertrag erlischt das Besitzrecht des Käufers, der wegen Eigentumsvorbehaltes noch nicht Eigentümer ist. Nach hM liegt Bösgläubigkeit des Beistzers ab dem Zeitpunkt vor, ab dem er (der Käufer) die tatsächlichen Voraussetzungen für den Rücktritt kannte (Nichtzahlung trotz Fristsetzung).

Minderjährigkeit des Besitzers

Umstritten ist in diesem Fall, ob auf die Bösgläubigkeit des Minderjährigen selbst oder die des gesetzlichen Vertreters abzustellen ist. Im Einzelnen werden folgende Meinungen vertreten:

  • MM: §§ 107 ff. BGB analog

    • maßgeben ist die Bösgläubigkeit des gesetzlichen Vertreters

    • Arg.: Minderjährigenschutz

  • h.M.: differenzieren §§ 107 ff./ § 828 II BGB

    • Rückabwicklung gescheiterter Verträge; §§ 107 ff. BGB analog

    • Argument: Minderjährigenschutz

    • außervertragliche Eingriffe: § 828 II BGB

    • Argument: Grenze des Minderjährigenschutz an eigenverantwortlichem deliktischen Handeln

  • MM: § 828 II BGB analog

    • maßgebend ist die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen

    • §§ 989, 990 BGB sind deliktsähnliche Tatbestände

Hilfspersonen

Ist der Besitzer selbst nicht bösgläubig, kann eine Zurechnung fremder Bösgläubigkeit erfolgen. Im EBV selbst findet sich keine entsprechende Regelung. Eine Zurechnung (von Fremdhandeln) gem. § 278 BGB ist problematisch, da sie nur in Schuldverhältnissen möglich ist. Im EBV versagt sie idR, da zwischen Eigentümer und Besitzer zur Zeit des Handelns des bösgläubigen Erfüllungsgehilfen weder ein Vertrag noch ein EBV besteht.Hinsichtlich einer analogen Anwendung der Vorschriften in Bezug auf eine Bösgläubigkeitszurechnung im EBV besteht Streit:

  • h.M.: § 166 I BGB analog

    • dogmatisch überzeugend, denn es geht wie bei der Stellvertretung um die Zurechnung von Wissenselementen.

    • Problematisch ist jedoch, dass der Hilfsperson eine gewisse Eigenständigkeit beim Besitzerwerb zukommen muss (§ 166 BGB gilt ursprünglich für den Vertreter).

  • MM: § 831 BGB analog

    • §§ 989, 990 BGB sind deliktsähnliche Tatbestände

    • Kritik: dogmatische Bedenken; § 831 BGB ist keine Zurechnungsnorm, sondern eigene Anspruchsgrundlage

    • Kritik: Exkulpationsmöglichkeit erscheint bei Wissenszurechnung verfehlt

Organe:

Juristische Personen sind voll rechtsfähig, können aber selbst nicht handeln. Organverhalten ist das Verhalten der juristischen Person. Die tätigen natürlichen Personen handeln nicht als eigene Person. Die “Zurechnung” ist mithin keine Zurechnung im engeren Sinne. -> keine persönliche Haftung aus EBV

Erblasser/ Erbe:

Der Erbe gilt als bösgläubig, wenn der Erblasser es war, denn er rückt gem. § 857 BGB in dessen Stellung ein. Da diese Konstruktion eine Fiktion ist, stellt sich die Frage, ob der Erbe, der ja tatsächlich nichtsahnend sein kann, seine “ererbte” Bösgläubigkeit durch gutgläubige Inbesitznahme der Sache verliert. Dagegen: Wertung des § 858 II S. 2 BGB, der auf Rechtsnachfolge, nicht auf Kenntnis abstellt.

Geltendmachung der Verwendungsersatzansprüche - § 1001 f. BGB

Zahlungsanspruch § 1001 BGB

Der Verwendungsersatzanspruch ist ein unvollkommener Anspruch, denn erst mit Wiedererlangung des Besitzes bzw. Genehmigung durch den Eigentümer kann er geltend gemacht werden.

  • Genehmigung/ Besitzerlangung

    Genehmigung ist die Billigung der Verwendungen, dh nicht die Genehmigung einer Summe, sondern das Einverständnis, dass Aufwendungen getätigt wurden. Geschäftsähnliche Handlung (keine WE, da Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten). Für die Besitzerlangung genügt mittelbarer Besitz, sofern der Ersatzberechtigte seinen Besitz verloren hat.

  • Befreiungsrecht des Eigentümers, § 1001 S. 2 BGB

    Es gibt keine Möglichkeit, den Eigentümer zum Verwendungsersatz zu zwingen, denn er kann sich durch Rückgabe der Sache an den Besitzer befreien, sofern er die Verwendungen noch nicht genehmigt hat. Der Verwendungsersatzanspruch ist wieder unvollkommen. Der Besitzer hat wieder das Zurückbehaltungsrecht aus § 1000 BGB bzw. das Befriedigungsrecht aus § 1003 BGB.

Erlöschen § 1002 BGB

Der Verwendungsersatzanspruch erlischt bei Herausgabe der Sache an den Eigentümer mit Ablauf der Präklusivfrist von einem Monat (Mobilien) bzw. sechs Monaten (Immobilien), wenn der Besitzer nicht Klage erhebt oder die Verwendungen vom Eigentümer genehmigt werden. Die Klage muss “angriffsweise” erfolgen, dh auf Verwendungsersatz lauten (mit Rückgabe der Sache möglich, da Anspruch seine Unvollkommenheit verliert, § 1001 S. 1 BGB).

§ 1004 I BGB - Eigentumsbeeinträchtigung

- gegen den Störer

Eigentumsstörung

Über den Wortlaut des § 1004 BGB hinaus (Eigentum) wird die Vorschrift analog auf die Beeinträchtigung zahlreicher anderer Rechtsgüter angewendet. Begrifflich wird zwischen negatorischem und quasinegatorischem Rechtsschutz unterschieden. Negatorisch ist der Schutz des Eigentums, quasinegatorisch der Schutz der übrigen Rechte und Interessen.

Eigentum und andere geschützte Rechte

  • Eigentum und andere Sachenrechte

    Unmittelbar schützt § 1004 BGB das Eigentum. § 1004 BGB gilt entsprechend für andere Sachenrechte, zB §§ 1027, 1065, 1090 II, 1227 BGB.

  • von § 823 I BGB geschützte (absolute) Rechte

    Entsprechend findet § 1004 BGB auf andere absolute Rechte, die durch ähnliche Regelungen geschützt sind Anwendung. Darüber hinaus gilt § 1004 BGB analog für die absoluten Rechtsgüter des § 823 I BGB wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Recht am eigenen Bild, Ehre, Ehe, Gewerbebetrieb.

  • sonstige Rechtsgüter/ Interessen

    Geschützt über § 1004 BGB sind auch alle übrigen deliktisch geschützten Rechtsgüter, §§ 823 II BGB iVm Schutzgesetz sowie § 824 und 826 BGB.

    Gleiches gilt für sonstig rechtlich anerkannte Interessen wie zB Freiheit der Willensbetätigung; Erwerb und Fortkommen.

Beeinträchtigung

  • Einwirkung

    Beeinträchtigung ist jede die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache. Darunter fallen

    • Substanzeinwirkungen und Besitzstörung (nicht indes Besitzentzug oder -vorenthaltung, dann greifen § 985 BGB und §§ 861 ff. BGB)

    • oder Berührung der Rechtsstellung des Eigentümers zB durch rechtsgeschäftliche Verfügungen über die Sache.

    Allen Fällen ist gemein, dass der Eigentümer durch die Nichtrespektierung seines Eigentums in der Ausübung bzw. rechtlichen Unversehrtheit seines Eigentumsrechtes (§ 903 BGB) getroffen wird.

  • Abgrenzung zu Schäden

    Schwierig ist Abgrenzung von Störung (Beeinträchtigung) und Störungsfolge (Schaden). Grundsätzlich gilt, dass § 1004 BGB der Beseitigung der Störung dient, nicht aber zum (verschuldenabhängig!) Schadensersatz berechtigt.

    Gleiches gilt für die Frage, ob die Beschädigung einer Sache als Beeinträchtigung iSd § 1004 BGB anzuerkennen ist. Verneint wird dies, soweit die Beschädigungen eingetretene und abgeschlossene Einwirkungsfolgen sind. Argument: keine Abwehr mehr möglich, nur noch Ausgleich des Schadens. Eine Beeinträchtigung bejaht die hM, wenn sich die Beschädigung als Quelle neuer, fortdauernder Beeinträchtigungen darstellt. Die MM entgegnet, dass nahezu jeder Schaden Folgeschäden provoziert und so nicht trennschaft zur Beeinträchtigung abgegrenzt werden kann.

  • negative und ideelle Einwirkungen

    • Nach einer Minderansicht sollen im Rahmen eines effektiven Eigentumsschutzes auch negative Einwirkungen dem Anwendungsbereich des § 1004 BGB unterfallen. Der Entzug von Aussicht, Licht, Luft und Funktwellen, etc. kann ebenso beeinträchtigend wie positive Einwirkungen sein.

    • Nach noch weitergehender Minderansicht sollen auch ideelle Beeinträchtigungen (zB Bordellbetrieb in “gutbürgerlicher” Wohnanlage) ausreichen. Sie führen zum Wertverlust des Eigentums, welches der Persönlichkeitsentfaltung dient und daher besonders schutzwürdig ist.

    • Nach hM sind von § 1004 BGB nur positive Einwirkungen erfasst. Argument:

      • § 906 BGB ist alleiniger Maßstab für die Auslegung, denn die §§ 903 ff. BGB regeln die Eigentümerbefugnisse. Geschützt ist nur das Recht des Eigentümers nicht der Marktwert. Zudem wird der Rechtsunsicherheit Tür und Tor geöffnet (“was ist eine ideelle Einwirkung?”).

      • Eine Regelungslücke besteht nicht. Dass für ideelle Einwirkungen nur ein eingeschränkter Schutz besteht, ist bewusst gesetzgeberische Entscheidung.

gegen den Störer

Der Anspruchsgegner muss Störer sein (Passivlegitimation). Unterschieden werden nach hM Handlungsstörer und Zustandsstörer.

Handlungsstörer

  • Begriff

    Handlungsstörer ist derjenige, der durch seine Handlung, die in einem positiven Tun oder einem pflichtwidrigen Unterlassen bestehen kann, willentlich die Beeinträchtigung fremden Eigentums verursacht hat. So zB auch der, der eine Störung willentlich nicht verhindert, obwohl er dazu verpflichtet ist.

  • Unterlassen verlangt Handlungspflicht

    Eine Handlungspflicht durch Unterlassen kommt nur bei Bestehen einer Handlungspflicht in Betracht. Handlungspflichten können aus

    • Rechtsgeschäft

    • tatsächlicher Gewährübernahme (zB GoA)

    • gefahrbegründendem Vorberhalten (Ingerenz) entstehen.

    Nach einer Minderansicht soll bereits die bloße Eigentümerstellung zur Auslösung von Handlungspflichten genügen (Art. 14 III GG - Eigentum verpflichtet). Die ganz hM lehnt dies ab, da eine solche Gefährdungshaftung über die gesetzesübliche Zurechnung weit hinausgeht.

  • Verantwortlichkeit

    § 1004 I BGB setzt kein Verschulden voraus. Dennoch bedarf es einer gewissen Verantwortlichkeit derart, dass der Störer sein Verhalten auch selbst bestimmen kann. Daran fehlt es zB bei unselbstständigen Hilfspersonen oder Handeln von Geisteskranken.

Zustandsstörer

Zustandsstörer ist derjenige, durch dessen Willen ein das Eigentum beeinträchtigender Zustand aufrechterhalten wird.

Mehrere Störer

Eine Störung können mehrere verursachen. Alle sind durch § 1004 BGB verpflichtet (freie Wahl). Nach dem einzelnen Tatbeitrag wird erst beim Anspruchsinhalt differenziert.

Kausalität

Es muss eine Kausalität zwischen Beeinträchtigung und Verhalten des Störers bestehen. Störereigenschaft verlangt, dass die Beeinträchtigung durch eine adäquate (Mit)Verursachung eintritt. Allein eine Beeinträchtigung des Eigentums durch höhere Gewalt bzw. Naturvorgäng genügen nicht.

Verlust der Verantwortung

  • Veräußerung entlastet

    Der Verlust der Störereigenschaft erfolgt idR mit Veräußerung der Störungsquelle. Dem Veräußerer fehlt fortan jede Einwirkungsmöglichkeit. Der Erwerber übernimmt die sachherrschaft und sein Wille ist für die Aufrechterhaltung des störenden Zustandes maßgeblich.

  • Dereliktion entlastet nicht

    Dereliktion (§§ 959, 928 BGB) führt nach hM höchstens nach Maßgabe des § 836 II BGB zum Verlust der Störereigenschaft; regelmäßig aber gar nicht. Argument; Beim Schuttabladen (Dereliktion) auf fremdn Grundstück wäre § 1004 I BGB unanwendbar.

Rechtsfolgen des § 1004 I 1 und 2 BGB

Beseitigung § 1004 I 1 BGB

  • Beseitigung der Störung

    In Abgrenzung zum SEA wird durch § 1004 BGB nur die Störungsursache, nicht die Störungsfolge beseitigt. Der Umfang der Beseitigung bestimmt sich nach der Beeinträchtigung. Der Störer hat die Wahl und kann sich die für ihn einfachste, geeignete Variante ergreifen.

  • Auskunftsanspruch

    Sofern der Beeinträchtigte nicht ohne (die vom Störer mögliche) Auskunft den Umfang der Störung ermitteln kann, hat er einen Auskunftsanspruch.

  • Widerruf von Tatsachenbehauptungen

    Widerrufsanspruch bei ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen und anderen entsprechenden Meinungsäußerungen.

  • Kein Schadensausgleich iSd § 249 BGB

  • Geldersatz iSd § 251 BGB statt Beseitigung

    • Kein Kompensationsanspruch des Geschädigten, § 251 I BGB. Die ganz hM verneint das Ersatzforderungsrecht des Geschädigten, denn diese Kompensation entspricht nicht der Funktion des § 1004 BGB, der die ungestörte Ausübung des Eigentumsrechts sichern, nicht aber Schäden ersetzen soll.

    • Ersetzungsbefugnis, § 251 II BGB analog?

      • wohl h.M.: Ersetzungsbefugnis

        • Der schuldlos Handelnde (Störer gemäß § 1004 BGB) darf nicht schlechter stehen als der schuldhaft Handelnde. Letzter kann sich auf den für ihn anwendbaren § 251 BGB berufen.

        • § 251 II BGB liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, dass das Verlangen auf Herstellung eines an sich rechtmäßigen Zustandes rechtsmissbräuchlich ist, wenn die Herstellung unzumutbar ist.

      • starke MM: keine Ersetzungsbefugnis

        • § 1004 BGB ist kein Schadensersatzanspruch

        • Zubilligung der Ersetzungsbefugnis kommt einer rechtswidrigen “privaten Enteignung” gleich und höhlt Art. 14 II GG aus.

        • Als Korrektiv bei Rechtsmissbrauch genügt § 242 BGB.

        • § 251 II BGB sanktioniert die dauerhafte Rechtsusurpation des Störers, die § 1004 BGB gerade verhindern soll.

Unterlassung § 1004 I 2 BGB

Der Unterlassungsanspruch dient der Verhinderung künftiger Beeinträchtigungen (vorbeugende Abwehrfunktion). Dazu kann ggf. auch positives Tun erforderlich sein (zB Beseitigung einer emittierenden Anlage).

Mitverschulden? § 254 BGB analog

Fraglich ist auch, ob § 254 BGB iRd § 1004 BGB anwendbar ist:

  • h.M.: § 254 BGB analog

    • Es ist nicht ersichtlich, warum der beeinträchtigte Eigentümer bei der Geltendmachung eines SEA sich Mitverschulden iSd § 254 BGB entgegenhaltenlassen muss, er aber gem. § 1004 BGB seinen Beseitigungsanspruch voll durchsetzen können soll.

    • Der Anspruch aus § 1004 BGB kann inhaltlich beschränkt oder gänzlich ausgeschlossen sein, wenn der Eigentümer zB “sehenden Auges” eine Eigentumsstörung provoziert und danach den Störer in Anspruch nehmen will.

  • MM: § 254 BGB unanwendbar

    • § 254 BGB knüpft an Verschulden an. Da für § 1004 BGB kein Verschulden des Störers erforderlich ist, kann es ebensowenig auf ein Verschulden des Anspruchstellers ankommen.

    • Die Verpflichtung des Störers aus § 1004 BGB beruht auf dessen gegenwärtiger Usurption von Eigentümerbefugnissen (Zustand), nicht auf einer schädlichen Einwirkung in der Vergangenheit. Deswegen kann auch die Mitverursachung an dieser Entwicklung keine Berücksichtigung finden.

Jedoch auch nach der MM lässt sich eine Haftung ggf. verneinen, denn eine Mitverursachung kann ein Indiz für die Einwilligung des Eigentümers in die Inanspruchnahme seines Eigentums darstellen (Duldungspflicht).

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Ann-kathrin L.

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