Nachhaltigkeit und Vorstandsvergütung - Fakten
Begriff der Nachhaltigkeit fand erstmals im Zusammenhang mit der Vergütung des Vorstands Eingang in das Aktienrecht
Seit 2009: Vergütungsstruktur ist auf eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ hin auszurichten (erstmal nur im Sinne einer Langfristigkeit)
Seit 2020: Vergütungsstruktur in börsennotierten Gesellschaften ist auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten
=> Damit macht der Gesetzgeber deutlich, dass Nachhaltigkeit und Langfristigkeit nicht deckungsgleich sind
Finanzkrise 2007/2008 (Anhänge)
Seit der Finanzkrise 2007/2008 wird die Vergütung der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat zunehmend reguliert
sowohl durch den nationalen als auch durch den europäischen Gesetzgeber
Auseinanderklaffen der Einkommensschere mit Blick auf die Bezüge der Vorstandsmitglieder einerseits und das allgemeine Lohnniveau andererseits hat nicht nur in Deutschland zu politischen Diskussionen geführt
Das KonTraG
Einführung der Kriterien der Langfristigkeit und der Nachhaltigkeit als zwingendes Orientierungsziel ist maßgeblich vor dem Hintergrund der Finanzkrise und ihrer Folgen zu sehen:
Hauptauslöser:
identifizierte hohe Risikobereitschaft der Vorstände
mit den dominierenden Vergütungsstrukturen begründet
Diese Vergütungsstrukturen waren in Deutschland maßgeblich durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich von 1998 (KonTraG) bestimmt
ermöglichte Festlegung der aktienbasierten Vergütungen für Vorstände
Das VorstAG
Nach der Finanzkrise versuchten daher verschiedene Regelgeber, die Vergütungsstrukturen mit dem Ziel umzugestalten, unverantwortliche Risiken zum Nachteil des Unternehmens zu vermeiden.
VorstAG mit der grundlegenden Änderung des §87 AktG im Jahr 2009:
Regulierung der Vorstandsvergütung richtet sich an Aktiengesellschaften (hier vor allem an die Börsennotierte)
Mit dem VorstAG fand der Begriff der Nachhaltigkeit erstmals Eingang in das Aktiengesetz -> neu eingefügter §87 Abs. 1 S. 2 AktG
Ausrichten der Vergütungsstruktur in börsennotierten Gesellschaften auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung
Weiter sollen variable Vergütungsbestandteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben
Vor der Inkraftsetzung des VorstAG hatte der Aufsichtsrat nur dafür Sorge zu tragen, dass die Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitgliedes und zur Lage der Gesellschaft stehen
=> VorstAG bewirkte eine weitere Verrechtlichung der Vergütung. Die Bedeutung des Kriteriums der nachhaltigen Unternehmensentwicklung war besonders umstritten.
Das VorstAG - Zwei Ansichten
Im Wesentlichen standen sich zwei Ansichten gegenüber:
Forderung, das Kriterium der Nachhaltigkeit mit dem Kriterium der Mehrjährigkeit gleichzusetzen
ohne darin eine Pflicht zur Ausrichtung der Gesellschaft auf ökologische oder soziale Belange zu sehen
Zweite Sichtweise lehnte die Gleichsetzung der Begriffe schon aus systematischen Gründen ab
Dauerhafte Rentabilität des Unternehmens sei als Zielsetzung nicht überzeugend
=> Weite Ansicht konnte sich in der Folge nicht durchsetzen
=> Für die aktienrechtliche Nachhaltigkeit blieb es damit jahrelang zunächst bei einem zeitlichen Verständnis und einer Gleichsetzung mit dem Begriff der Langfristigkeit
Unionsebene
Auch auf Unionsebene war es die Finanzkrise, die Anlass zur Forderung nach besseren Vergütungsstrukturen gab
Zunächst mittels unverbindlichen Empfehlungen seitens der EU-Komission
uneinheitliche Rechtslage in Europa
Beseitigung durch Änderung der Aktionärsrechtlinie und der Rechnungslegungsrichtlinie
Dabei zeigte sich, dass der Unionsgesetzgeber den Begriff der Nachhaltigkeit gerade nicht auf die zeitliche Komponente beschränken wollte
Insbesondere die zweite Aktionärsrechterichtlinie aus 2017 verwendet die Begriffe der Langfristigkeit und der Nachhaltigkeit explizit nebeneinander, nicht synonym
=> Richtlinie 2019 durch das ARUG II umgesetzt
ARUG II
Ausrichtung der Vergütungsstruktur auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten.
Zukunftsbezogenheit sowie die Dreidimensionalität der ökonomischen, ökologischen und sozialen Komponente kommen zusammen
Verpflichtet den Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften, ein System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder zu entwickeln und auch insoweit die Vorgabe der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen (§87a)
Mit dem Vergütungssystem sowie dem Vergütungsbericht des Aufsichtsrats ist sodann die Hauptversammlung zu befassen
Zwingende inhaltliche Anforderungen sieht die Vorschrift im Einklang mit ihrer europäischen Ursprungsnorm nicht vor
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