Mehrebenensystem - Definition und Regelungsebenen
Nachhaltigkeit im Recht ist in einem Mehrebenensystem verankert, das verschiedene Regelungsebenen umfasst.
Völkerrecht
Internationale Abkommen (z. B. Pariser Abkommen, Biodiversitäts-Konvention)
Rechtsverbindlichkeit oft erst durch nationale Umsetzung
Grundsatz 27 der Rio-Deklaration (1992) als Wegweiser für nachhaltige Entwicklung im Völkerrecht
Europäische Union
Schafft direkt geltendes Recht (Verordnungen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV)
Richtlinien müssen von Mitgliedstaaten umgesetzt werden
Nachhaltigkeit als Verfassungsprinzip der EU (Art. 3 Abs. 3 EUV)
Nationales Recht
Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht.
In Deutschland teilweise in der Verfassung verankert (Art. 20a GG – Umweltschutz als Staatsziel)
Diskussion über weitergehende Verfassungsänderungen (z. B. Art. 20b GG für Nachhaltigkeit)
Private Akteure & Unternehmen
CSR und freiwillige Nachhaltigkeitsinitiativen
UN Global Compact und OECD-Leitlinien als nicht-verbindliche, aber einflussreiche Standards
Primärrecht
Primärrecht sind die grundlegenden Verträge der EU (z. B. EUV, AEUV), auf denen das gesamte EU-Recht basiert.
Nachhaltigkeit als Verfassungsprinzip
Art. 3 Abs. 3 EUV: Nachhaltige Entwicklung als Unionsziel, verbunden mit dem Binnenmarkt.
Erwägungsgrund 8 der EUV-Präambel & Art. 21 Abs. 2 lit. d EUV: Verpflichtung zur Förderung nachhaltiger Entwicklung.
Umweltbezogene Verpflichtungen:
Art. 11 AEUV: Umweltaspekte müssen in alle EU-Politikbereiche integriert werden (Querschnittsklausel).
Art. 191 AEUV: Verpflichtung zur Umweltvorsorge.
Grundrechte & Nachhaltigkeit:
Art. 37 EU-Grundrechtecharta: Enthält den Grundsatz des Umweltschutzes (keine subjektiven Rechte, aber Verpflichtung für Behörden).
Sekundärrecht
EU-Sekundärrecht umfasst Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, die aus dem Primärrecht abgeleitet sind.
Schwerpunkt auf Umwelt: Nachhaltigkeit im Sekundärrecht wird v. a. ökologisch interpretiert.
Wichtige Regelungen:
Nicht-finanzielle Berichterstattung: Große Unternehmen müssen über soziale & ökologische Aspekte berichten.
EU-Aktionärsrechterichtlinie: Bezieht sich auf Nachhaltigkeit.
EU-Finanzierungsinitiativen: Fördern nachhaltiges Wachstum, oft mit Fokus auf Ökologie.
Begriffliche Orientierung: An den UN-Nachhaltigkeitszielen, aber mit stärkerem Fokus auf Wirtschaft.
Agenda 2030: Durch EU-Politik in den Rechtsrahmen integriert.
Verfassungsrecht - nationale Ebene
Im deutschen Verfassungsrecht findet sich das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung zwar ansatzweise, es fehlt jedoch an einer ausdrücklichen Normierung
Vorschlag im Rahmen des Nachhaltigkeitsdiskurses: Aufnahme eines Staatsziels der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit + Optionen einer Präambelergänzung
In der Vergangenheit wurden Nachhaltigkeitsbelange oft mit Umweltschutz gleichgesetzt
Aktuell beherrscht der Gedanke der Generationengerechtigkeit den verfassungsrechtlichen Nachhaltigkeitsdiskurs —> Einführung einer Schuldenbremse im Jahr 2009
Einfach-gesetzliche Ebene
Auf der einfach-gesetzlichen Ebene dominiert das Öffentliche Recht - speziell das Verwaltungsrecht - die Implementierung des Nachhaltigkeitsprinzips
Das Privatrecht ist erst seit kurzer Zeit zum Instrument der Förderung von Nachhaltigkeit geworden
Insbesondere große transnational agierende Unternehmen befinden sich in einem Diskurs über deren Verantwortung (CSR)
Zuletzt geändertvor 2 Monaten