Warum hatte die Nachhaltigkeitsdefinition des Brundtlandberichts Innovationswirkung?
Innovativer Ansatz des Konzepts:
Berücksichtigung künftiger Generationen und deren Lebenssituation im Wege einer inter- und intragenerationalen Gerechtigkeit
Diese Bedürfnisse sollen neben den von der Weltkommission priorisierten Bedürfnissen (Nahrung, Kleidung, Wohnung und Arbeit) all jene umfassen, die sozial und kulturell bedingt in einer Gesellschaft bestehen
—> Schutz der natürlichen Umwelt als Grundlage der menschlichen Bedürfnisbefriedigung
bislang isoliert betrachtete Problembereiche wie Umweltverschmutzung in den Industrieländern, wirtschaftliche Entwicklung und sozial Aspekte miteinander verknüpft und in ein Wirkungsgeflecht setzt
—> Erkenntnis: verschiedenen Probleme innerhalb des Wirkungsgeflechts durch nationale Einzelmaßnahmen nicht lösbar
Grundansatz des Nachhaltigkeitsprinzips (3 Säulen Modell):
Nachhaltige Entwicklung will die menschliche Bedürfnisbefriedigung mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Parametern in Einklang bringen und dabei zukunftsorientiert, mit Blick auf künftige Generationen, vorgehen
Stellen Sie die neoklassische Umweltökonomie und ökologische Ökologie gegenüber und ziehen Sie daraus Schlussfolgerungen für das Unternehmensrecht.
Integration ökologischer Grenzen in das Wirtschaftsrecht
Das Unternehmensrecht sollte Nachhaltigkeitsverpflichtungen nicht nur als wirtschaftliches Korrektiv verstehen, sondern ökologische Belastungsgrenzen aktiv mit einbeziehen.
Langfristige Regulierung statt kurzfristiger Marktanpassungen
Während die neoklassische Umweltökonomie kurzfristige Marktsteuerungen (z. B. CO₂-Steuern) favorisiert, erfordert die ökologische Ökonomie umfassendere regulatorische Vorgaben zur Ressourcennutzung.
Förderung starker Nachhaltigkeit in der Corporate Governance
Unternehmen sollten nicht nur gewinnorientiert agieren, sondern durch rechtliche Vorgaben stärker in ökologisch nachhaltige Modelle eingebunden werden (z. B. Benefit Corporations).
Anreize für nachhaltige Geschäftsmodelle schaffen
Unternehmensrecht sollte nachhaltiges Wirtschaften nicht als Zusatzoption, sondern als Standard definieren – etwa durch Steuervergünstigungen für nachhaltige Investitionen.
Langfristige Haftung für Umweltfolgen
Unternehmen sollten für langfristige Umweltschäden haften, um sicherzustellen, dass externe Kosten nicht auf die Gesellschaft abgewälzt werden.
Weshalb wird der Primacy Shareholder Value für Nachhaltigkeit kritisiert?
Wie ist er im deutschen Recht verankert?
Kritik am Primacy Shareholder Value im Kontext der Nachhaltigkeit
Kurzfristige Gewinnmaximierung
Fokus auf kurzfristige Renditen kann langfristige Umwelt- und Sozialrisiken ausblenden.
Vernachlässigung von Stakeholder-Interessen
Arbeitnehmer, Umwelt und Gesellschaft haben wenig Einfluss, da der Shareholder Value im Vordergrund steht.
Fehlende Anreize für nachhaltige Investitionen
Unternehmen orientieren sich an kurzfristigen Aktienkursen statt an langfristiger ökologischer Verantwortung.
Verankerung im deutschen Recht
Aktienrecht (§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG)
Vorstand großer Unternehmen muss eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ berücksichtigen.
Shareholder-Value-Dominanz
Deutsche Unternehmensgesetzgebung ist traditionell stark auf den Schutz von Kapitalgebern ausgerichtet.
Langsame Integration von Nachhaltigkeit
Obwohl ESG-Faktoren zunehmend relevant sind, bleibt der Shareholder Value in Deutschland die Leitlinie.
Womit wurde Klage gegen KSG begründet und was war die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht?
Begründung der Klage
Unzureichende Emissionsreduktion nach 2030
Die Kläger argumentierten, dass das KSG keine ausreichenden Vorgaben für die Reduktion von CO₂-Emissionen nach 2030 enthalte.
Verstoß gegen Grundrechte
Die Kläger beriefen sich auf das Grundrecht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) und Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG).
Sie leiteten zudem ein „Grundrecht auf eine menschenwürdige Zukunft“ und das „ökologische Existenzminimum“ aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20a GG ab.
Ungleichgewicht der Lastenverteilung
Die Klage kritisierte, dass zukünftige Generationen unverhältnismäßig hohe Emissionsminderungen leisten müssten, während aktuelle Verpflichtungen unzureichend seien.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (24.03.2021)
Grundrechtsverletzung festgestellt
Das Gericht erklärte, dass das KSG die Freiheitsrechte junger Menschen verletze, da es die Reduktionslast in die Zukunft verlagere.
Unzureichende Verhältnismäßigkeit
Das KSG genügte nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot, CO₂-Reduktionen vorausschauend und grundrechtsschonend zu verteilen.
Auftrag zur Nachbesserung
Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis zum 31.12.2022 konkrete Maßnahmen für Emissionsreduktionen nach 2030 festzulegen.
Nennen und nehmen Sie Stellung zu mindestens 3 Kritikpunkten am LkSG.
Unklare Haftung & fehlende Klagerechte für Betroffene
Das LkSG sieht keine direkte zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vor, sondern nur Bußgelder und Verwaltungsstrafen.
Menschen, die durch Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette geschädigt werden, können keine eigenen Schadensersatzansprüche geltend machen, sondern nur NGOs oder Gewerkschaften können in ihrem Namen klagen.
Stellungnahme: Kritiker bemängeln, dass das Gesetz dadurch nicht weit genug geht und Unternehmen nur begrenzt haftbar macht. Andererseits argumentieren Befürworter, dass eine zu starke Haftung Unternehmen aus Deutschland benachteiligen könnte.
Hoher bürokratischer Aufwand für Unternehmen
Unternehmen müssen umfangreiche Risikoanalysen durchführen, Berichte verfassen und Beschwerdemechanismen einrichten.
Besonders für kleinere Zulieferer und mittelständische Unternehmen kann dies eine große Belastung sein.
Stellungnahme: Die Bürokratiekosten könnten die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen, insbesondere gegenüber Unternehmen aus Ländern ohne vergleichbare Regelungen. Andererseits soll genau diese Sorgfaltspflicht dazu führen, dass Menschenrechte effektiver geschützt werden.
Beschränkte Durchsetzbarkeit bei mittelbaren Zulieferern
Das Gesetz unterscheidet zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern.
Während Unternehmen für ihre direkten Zulieferer klare Maßnahmen ergreifen müssen, besteht bei mittelbaren Zulieferern nur eine anlassbezogene Sorgfaltspflicht.
Stellungnahme: Kritiker bemängeln, dass Verstöße in tiefen Lieferketten (z. B. Rohstoffabbau) oft schwer aufgedeckt werden und das Gesetz dort wenig Wirkung zeigt. Befürworter argumentieren, dass eine vollständige Kontrolle globaler Lieferketten kaum realistisch ist.
Weshalb wurde im Aktienrecht langjährig Langfristigkeit mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt?
Unsicherheit über den Nachhaltigkeitsbegriff
Nachhaltigkeit war lange ein Fremdkörper im Aktienrecht, weshalb sie zunächst auf die zeitliche Dimension reduziert wurde.
Fokus auf Unternehmenswertsteigerung
Aktienrechtliche Regelungen zur Vergütung (z. B. § 87 Abs. 1 S. 2 AktG) legten fest, dass Vorstandsvergütung auf eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ ausgerichtet sein soll.
Dies wurde zunächst als Forderung nach langfristiger wirtschaftlicher Stabilität interpretiert.
Einfluss der Finanzkrise 2008
Die Krise führte zu einer stärkeren Regulierung der Vorstandsvergütung, wobei nachhaltige Unternehmensentwicklung als Mittel gegen kurzfristige Gewinnmaximierung verstanden wurde.
Spätere Differenzierung durch Gesetzgebung
Seit 2020 macht das Aktienrecht (ARUG II) klar, dass Nachhaltigkeit und Langfristigkeit nicht gleichzusetzen sind, sondern soziale und ökologische Faktoren einzubeziehen sind.
Was ist die Errungenschaft der Agenda 2030 und der Sustainable Development Goals. Welche Kritik/Probleme gibt es an ihnen?
Errungenschaften der Agenda 2030 und SDGs
Ganzheitlicher Nachhaltigkeitsansatz
Stärkung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen: Ökologie, Ökonomie und Soziales.
Globale Verbindlichkeit
Die SDGs gelten für alle UN-Mitgliedstaaten, nicht nur für Schwellenländer.
Konkrete Zielvorgaben
17 Ziele mit 169 Unterzielen und über 230 Indikatoren zur Messung des Fortschritts.
Verbesserte institutionelle Strukturen
Einführung eines Nachhaltigkeitsforums, das regelmäßig Fortschritte überprüft.
Bessere Kohärenz zwischen Entwicklungs- und Nachhaltigkeitspolitik
Zusammenführung verschiedener internationaler Nachhaltigkeitsinitiativen in einer umfassenden Agenda.
Kritik und Probleme
Freiwilliger Ansatz
Die Umsetzung basiert auf freiwilligen Verpflichtungen der Staaten, keine verbindlichen Sanktionsmechanismen.
Uneinheitliche Fortschritte
Während in einigen Bereichen Fortschritte erzielt wurden, sind andere Ziele (z. B. ökologische Nachhaltigkeit) teils sogar rückläufig.
Operabilitätsprobleme
Zielkonflikte zwischen wirtschaftlichem Wachstum und ökologischer Nachhaltigkeit erschweren die praktische Umsetzung.
Fehlende Finanzierung
Viele Staaten haben Schwierigkeiten, die erforderlichen Mittel für eine vollständige Umsetzung bereitzustellen.
Komplexität und Messbarkeit
Die Vielzahl an Indikatoren macht die Erfolgskontrolle kompliziert und schwer vergleichbar.
Erklären Sie das Mehrebenensystem.
Nachhaltigkeit im Recht ist in einem Mehrebenensystem verankert, das verschiedene Regelungsebenen umfasst.
Völkerrecht
Internationale Abkommen (z. B. Pariser Abkommen, Biodiversitäts-Konvention)
Rechtsverbindlichkeit oft erst durch nationale Umsetzung
Grundsatz 27 der Rio-Deklaration (1992) als Wegweiser für nachhaltige Entwicklung im Völkerrecht
Europäische Union
Schafft direkt geltendes Recht (Verordnungen nach Art. 288 Abs. 2 AEUV)
Richtlinien müssen von Mitgliedstaaten umgesetzt werden
Nachhaltigkeit als Verfassungsprinzip der EU (Art. 3 Abs. 3 EUV)
Nationales Recht
Umsetzung europäischer Vorgaben in nationales Recht.
In Deutschland teilweise in der Verfassung verankert (Art. 20a GG – Umweltschutz als Staatsziel)
Diskussion über weitergehende Verfassungsänderungen (z. B. Art. 20b GG für Nachhaltigkeit)
Private Akteure & Unternehmen
CSR und freiwillige Nachhaltigkeitsinitiativen
UN Global Compact und OECD-Leitlinien als nicht-verbindliche, aber einflussreiche Standards
Warum/Wann ist das Stakeholder Value Prinzip eine Hürde für Nachhaltige Entwicklung. Wie sieht die Lage in Deutschland aus?
Wann ist das Stakeholder-Value-Prinzip eine Hürde für Nachhaltigkeit?
Kurzfristige Orientierung
Unternehmen müssen oft kurzfristige Interessen verschiedener Stakeholder (z. B. Investoren, Lieferanten) berücksichtigen.
Nachhaltigkeit erfordert jedoch langfristige Investitionen, die sich erst später rentieren.
Interessenkonflikte zwischen Stakeholdern
Stakeholder-Ansätze können zu Widersprüchen führen, wenn Umwelt- und Sozialbelange mit wirtschaftlichen Zielen konkurrieren.
Unternehmen könnten sich für wirtschaftlich vorteilhafte, aber umweltschädliche Maßnahmen entscheiden.
Fehlende klare Nachhaltigkeitsverpflichtungen
Während der Shareholder-Value-Ansatz eine klare Fokussierung auf Kapitalgeber vorgibt, bleibt Nachhaltigkeit im Stakeholder-Ansatz oft unverbindlich.
Ohne gesetzliche Regelungen wird Nachhaltigkeit als „nice-to-have“ betrachtet.
Lage in Deutschland
Aktienrecht und Nachhaltigkeit
Deutsche Unternehmensgesetzgebung berücksichtigt Nachhaltigkeit nur begrenzt.
§ 87 Abs. 1 Satz 2 AktG verpflichtet börsennotierte Unternehmen zwar zu einer nachhaltigen Vergütungsstruktur, aber dies bleibt vage.
Langsame Anpassung an Nachhaltigkeitsziele
In Deutschland gibt es bislang wenige verpflichtende Regeln, die Nachhaltigkeit verbindlich in Unternehmensentscheidungen integrieren.
Legislative Maßnahmen zur Förderung nachhaltigen Unternehmertums stehen noch am Anfang.
Welchen Zweck verfolgt eine GmbH VE? Nennen Sie Vor- und Nachteile.
Ziel ist es, umweltschonendes Handeln, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit in Einklang zu bringen
Gesellschaftskapital und Unternehmensgewinne dauerhaft gebunden und nicht an Gesellschafter ausgeschüttet (Asset Lock)
Unternehmensverantwortung innerhalb einer Fähigkeiten- und Wertefamilie
Wird nur auf Ebene der Gesellschafter innerhalb einer engen Gemeinschaft übergeben
Verantwortungseigentümer zwar Stimm- und Teilhaberrechte, jedoch keine Ansprüche auf Gewinnausschüttung und Liquidationserlös
VE soll aber ermöglichen, dass investierte oder gespendete Mittel dauerhaft für den Unternehmenszweck verwendet und nicht entnommen werden
Vorteile
Einführung würde einen nachhaltigen Umgang mit dem Unternehmen sichern
Start-Ups, denen häufig der Ruf des schnellen Exits anhafte, könnten ein glaubhaftes Signal abgeben und somit einen Nachteil gegenüber etablierten Unternehmen wettmachen
Geltende Recht gerade für junge Unternehmen als zu starr und zu aufwendig wahrgenommen
Nachteile
Wahl der herkömmlichen Rechtsformen könnte mit der Stigmatisierung verbunden sein, nicht verantwortlich mit dem Eigentum umzugehen
Anreizmechanismen würden ausgeschaltet werden
Kopplung von Eigentum und Verantwortung sowie Risiko und Haftung nicht gegegben
keine Kontrollmechanismen
Bedingungslose Unterordnung unter den Willen eines womöglich längst Verstorbenen soll dem Stiftungsrecht vorbehalten bleiben
Inwiefern können freiwillige Standards wie C2C-Zertifikate Unternehmen helfen nachhaltiger zu werden?
1. Verbesserung der Ressourcennutzung
C2C (Cradle to Cradle)-Zertifikate fördern die Kreislaufwirtschaft, indem sie sicherstellen, dass Produkte wiederverwendbar oder biologisch abbaubar sind.
Unternehmen entwickeln umweltfreundliche Materialien und Prozesse, um die Zertifizierung zu erhalten.
2. Förderung von Innovation
Die Anforderungen von C2C treiben Materialforschung und nachhaltige Produktdesigns voran.
Unternehmen erhalten Wettbewerbsvorteile durch innovative, langlebige und schadstofffreie Produkte.
3. Verbesserung der Marktposition
Ein C2C-Zertifikat dient als Gütesiegel für nachhaltige Produkte, das Kunden und Investoren anspricht.
Steigende Verbraucher- und Regulierungsanforderungen an nachhaltige Produkte werden besser erfüllt.
4. Unterstützung bei gesetzlichen Anforderungen
Unternehmen mit C2C-Zertifikaten sind oft besser auf zukünftige Umweltregulierungen vorbereitet.
Die Zertifizierung hilft, ESG-Kriterien und Nachhaltigkeitsvorgaben für Berichterstattung und Investitionen zu erfüllen.
5. Effizientere Lieferketten und Kreislaufsysteme
Durch die Einführung von C2C-Prinzipien optimieren Unternehmen ihre Ressourcenströme, reduzieren Abfall und erhöhen Recyclingquoten.
Nachhaltige Lieferketten tragen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten bei.
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