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BHV

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von Marius M.

Abgrenzung PHV / BHV

Wann greift die Betriebshaftpflichtversicherung (BHV)?

  • 💼 Betriebsbezogener Zusammenhang: Haftungsauslösendes Verhalten muss in einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Betrieb stehen.

  • Handelt es sich um einen Betriebsangehörigen?

  • Liegt Betriebsinteresse vor? Handlung muss (auch mittelbar) den Interessen des Betriebs dienen.

  • Kontrollfrage: Wäre die Person als Privatperson dem Schadensrisiko ausgesetzt?

Beispiele: Betriebsbezogenheit

Ein Büroangestellter soll Briefmarken bei der Post besorgen. Beim Überqueren der Straße übersieht er einen Radfahrer, der stürzt.


Fleischer schlachtet Tier mit illegaler Pistole: Gerade auch nicht ordnungsgemäße Ausübung mitversichert.


➡️ Ergebnis: Da die Erledigung im Auftrag des Arbeitgebers erfolgte, greift die BHV.


Rechtsprechung: OLG Stuttgart, 2019

  • Fall: Schreinerei-Betrieb mit privater und betrieblicher Haftpflichtversicherung.

  • Schaden bei Betriebsfeier: Entsorgung von Asche nach einer Feier führte zu einem Schaden.

  • Entscheidung: Betriebsbezogen, da Feier dem Betriebszusammenhalt diente. Auch das Aufräumen war wegen des Gefahrenpotentials betriebsbezogen.


Abgrenzung: Keine Betriebsbezogenheit

  • Hanfplantagenfall (OLG Köln, 2016):

    • Der Anbau von Cannabis auf dem Dachboden führte zu einem Brandschaden.

    • Privathaftpflicht verweigerte Leistung:

      • „Gefahren des täglichen Lebens“ decken keine betrieblichen oder professionellen Tätigkeiten.

      • Der Anbau war nicht privat, sondern hatte professionellen Charakter (große Mengen, Feinwaage, Dokumentation).


BHV: Entscheidungsgrundsätze für den Mitversicherungsschutz

Positive Entscheidungsgründe: Wann besteht Versicherungsschutz?

  • Betriebsbezogenheit: Tätigkeit steht in einem inneren ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Betrieb.

  • Fachliche/Wirtschaftliche Ergänzung: Tätigkeiten, die technisch oder wirtschaftlich mit dem versicherten Betrieb zusammenhängen (§ 5 HwO).

  • Branchenübliche Hilfstätigkeiten: Auch untypische, aber branchenübliche Tätigkeiten sind versichert.

  • Erweiterte Betriebsrisiken: Tätigkeiten, die dem Betriebszweck dienen, auch wenn sie nicht explizit im Versicherungsschein genannt sind.

  • Weite Risikodefinition: Gerichte legen den Versicherungsumfang oft großzügig aus, wenn ein Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit besteht.

📌 Beispiel: Ein Elektrobetrieb nimmt bei einer Elektroinstallation kleinere Wasserinstallationsarbeiten vor, um die Haupttätigkeit abzuschließen. Versicherungsschutz besteht, da die Tätigkeit eine wirtschaftliche Ergänzung darstellt.


Negative Entscheidungsgründe: Wann besteht kein Versicherungsschutz?

  • Mutwillige Handlungen: Schäden, die durch mutwilliges oder vorsätzliches Verhalten entstehen.

  • Kein innerer betrieblicher Zusammenhang: Tätigkeiten, die ausschließlich privat motiviert sind oder keinen betrieblichen Nutzen haben.

  • Spezialität des Risikos: Fehlen der genauen Angabe der Tätigkeit im Versicherungsschein (z. B. Reparatur von Kfz bei Versicherungsschutz nur für Bootsmotoren).

  • Abweichung vom Berufsbild: Tätigkeiten, die nicht dem typischen Berufsbild oder der Handwerksordnung entsprechen.

  • Deckungsausschluss in AVB: Vertraglich explizit ausgeschlossene Tätigkeiten (z. B. Dachdeckerarbeiten bei Zimmermannsversicherung).

📌 Beispiel: Ein Zimmereibetrieb, der Bitumenbahnen auf ein Dach verschweißt, handelt außerhalb des versicherten Risikos, wenn Dachdeckerarbeiten explizit ausgeschlossen sind.


Wichtige Abgrenzungskriterien:

  • Kriterium der wirtschaftlichen Ergänzung: Tätigkeiten sind versichert, wenn sie den Hauptbetrieb wirtschaftlich sinnvoll ergänzen.

  • Fachliche Nähe: Arbeiten in anderen Gewerken können versichert sein, wenn sie mit dem eigenen Handwerk technisch oder fachlich zusammenhängen (§ 5 HwO).

  • Verkehrsauffassung: Entscheidend ist, ob die Tätigkeit branchenüblich als Nebenleistung des Betriebs verstanden wird.

  • Verwendung des Versicherungsscheins: Detaillierte Risikobeschreibungen und klare Nennung der Tätigkeiten erhöhen die Sicherheit des Versicherungsschutzes.

📌 Praxis-Tipp: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Versicherungsscheins bei neuen Tätigkeitsfeldern oder Betriebserweiterungen.

BHV: Erfüllungsklausel

1. Grundsatz der Erfüllungsklausel (Primärebene)

  • Kein Versicherungsschutz für Erfüllungsansprüche: Vertragliche Erfüllungsansprüche sind grundsätzlich nicht versichert, da sie das Risiko der Vertragserfüllung betreffen und keine ungewissen Ereignisse darstellen.

  • Ziel: Schutz nur vor unvorhersehbaren Schäden, nicht jedoch für den „reinen Leistungsaustausch“ im Vertrag.

2. Abgrenzung: Wann ist ein Erfüllungsschaden gegeben?

Erfüllungsschaden (Kein Versicherungsschutz):

  • Direkter Bezug auf das Vertragserfüllungsinteresse.

  • Anspruch auf Nacherfüllung, Nachbesserung oder Ersatzlieferung.

  • Kosten, die anfallen, um den ursprünglichen vertraglichen Zustand herzustellen.

  • Schadensersatz für entgangene Vermögensvorteile.

  • Schäden durch Nutzungsausfall und fehlenden Vertragserfolg.

📌 Beispiele:

  • Bauunternehmer baut ein Dach falsch ein. Die Kosten, um das Dach neu zu decken, sind nicht versichert.

  • Zahnarzt liefert unbrauchbaren Zahnersatz. Die Kosten für die Neuherstellung gelten als Erfüllungsschaden.

  • Lackierfall: Platten wurden korrekt lackiert, aber durch falsche Lagerung beschädigt – Kein Versicherungsschutz, da die ordnungsgemäße Trocknung zur vertraglichen Leistung gehörte.

  • Landwirt baut falsches Getreide an, Windenergieanlage wird stillgelegt. Nutzungsausfall ist nicht versichert.

3. Wann besteht Versicherungsschutz?

Versicherungsschutz besteht:

  • Bei Folgeschäden, die nicht unmittelbar Teil der Erfüllungsleistung sind.

  • Schäden an Drittsachen, die durch die mangelhafte Leistung entstanden sind.

  • Verzugsschäden, wenn durch die Verzögerung fremde Sachen beschädigt werden.

📌 Beispiele:

  • Ein Installateur verlegt ein Wasserrohr fehlerhaft. Schäden an Wänden und Boden durch austretendes Wasser sind versichert (die am Rohr nicht).

  • Ein Dachdecker arbeitet zu spät, Regen verursacht Schäden am Gebäude. Die Gebäudeschäden sind versichert, nicht jedoch die Kosten der verspäteten Dacheindeckung.

  • Weinlabor erstellt fehlerhafte Rezeptur, Wein verdirbt. Versicherungsschutz besteht.

  • Statikerfall: Mehrkosten durch falsche Berechnung – Versicherungsschutz, da es sich um einen Folgeschaden handelt.

4. Einfache Abgrenzungskriterien

  • „Was wäre, wenn der Vertrag perfekt erfüllt worden wäre?“

    • Kein Versicherungsschutz, wenn der Schaden trotzdem entstanden wäre.

    • Versicherungsschutz, wenn der Schaden nur wegen des Fehlers eingetreten ist.

  • „Betrifft der Anspruch das Interesse am Vertrag oder einen echten Schaden?“

    • Vertragsinteresse: Kein Schutz (z. B. Kosten der Nacherfüllung, Nutzungsausfall).

    • Echter Schaden: Schutz möglich (z. B. Beschädigung fremder Sachen).

5. Fazit

Erfüllungsschäden: Keine Deckung für Nacherfüllung, Ersatzlieferung, direkte Vertragsinteressen, Nutzungsausfall oder fehlenden Vertragserfolg.

Versicherte Schäden: Folgeschäden, Drittschäden, Verzugsschäden, die außerhalb des vertraglichen Hauptzwecks liegen.

Entscheidend: Unterscheidung zwischen dem unmittelbaren Leistungsinteresse und unvorhergesehenen Schäden an fremden Gütern.


BHV: Nutzungsausfall & Verzugsschäden

✅ 1. Grundsatz: Nutzungsausfall vs. Verzugsschaden

  • Nutzungsausfall: Kein Versicherungsschutz, wenn der Schaden allein durch den Ausfall des Vertragsgegenstands entsteht und nur das Nutzungserwartungsinteresse betrifft.

  • Verzugsschaden: Versicherungsschutz möglich, wenn durch die verspätete Leistung echte Drittschäden entstehen, die über das Erfüllungsinteresse hinausgehen.

✅ 2. Entscheidungsgründe: Wann besteht Versicherungsschutz?

Nutzungsausfall (Kein Schutz)

  • Direkter Bezug zum Leistungsgegenstand: Schaden entsteht durch die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Vertragsobjekts.

  • Unmittelbares Erfüllungsinteresse betroffen: Es geht um die Kompensation für entgangene Nutzung, kein echter Drittschaden.

📌 Beispiel:

  • Bohrinsel-Fall (BGH 1985): Kran stürzt ein, Nutzungsausfall verursacht Bauverzögerungen.

  • Entscheidungsgrund: Schaden nur durch fehlende Kran-Nutzung, daher kein Versicherungsschutz.

Verzugsschaden (Versicherungsschutz möglich)

  • Über das Erfüllungsinteresse hinausgehender Schaden: Echter Sach- oder Personenschaden durch äußere Einflüsse.

  • Außervertragliches Ereignis: Ein zusätzlicher, unvorhergesehener Faktor führt zum Schaden.

📌 Beispiel:

  • Dachdecker-Fall (BGH 1975): Dach zu spät gedeckt, Regen verursacht Schäden im Gebäude.

  • Entscheidungsgrund: Schaden nicht durch den Verzug selbst, sondern durch das äußere Ereignis (Regen). Versicherungsschutz bejaht.

✅ 3. Abgrenzung Nutzungsausfall vs. Verzugsschaden

Kriterium

Nutzungsausfall (❌ Kein Schutz)

Verzugsschaden (✅ Schutz möglich)

Schadenursache

Fehlende Nutzungsmöglichkeit

Externes Ereignis (z. B. Wetter)

Betroffenes Interesse

Vertragliches Erfüllungsinteresse

Echter Schaden an fremden Gütern

Typisches Beispiel

Kran-Ausfall auf Bohrinsel

Regenschäden durch verspätetes Dach

Fazit

✔ Nutzungsausfälle: Kein Versicherungsschutz, wenn der Schaden nur aus der fehlenden Nutzung resultiert.

✔ Verzugsschäden: Versichert, wenn ein unvorhersehbares Ereignis den Schaden auslöst.

Entscheidend: Liegt ein echter Vermögensschaden außerhalb des reinen Vertragsinteresses vor?

BHV: Mangelbeseitigungskosten

✅ 1. Grundsatz: Kein Versicherungsschutz für Erfüllungsschäden

  • Erfüllungsschaden = Äquivalenzinteresse: Kosten zur Wiederherstellung des vertraglichen Sollzustands sind nicht versichert.

  • Versicherungsschutz nur bei: Schäden, die über das unmittelbare Vertragsinteresse hinausgehen (z. B. Drittschäden).

✅ 2. Entscheidungsgründe: Wann besteht kein Versicherungsschutz?

Erfüllungsschaden: Direkter Bezug zum vertraglichen Leistungsinteresse (Äquivalenzinteresse). ❌ Erfüllungssurrogate: Ersatzkosten, die anstelle der Erfüllung treten (z. B. Rückbau, Reparatur, Gutachten). ❌ Nacherfüllungskosten: Bei Verletzung der Hauptleistungspflicht (keine Deckung gem. § 635 BGB).

📌 Typische Beispiele:

  • Pkw-Umrüstung: Motorschaden nach fehlerhafter Umrüstung – Keine Deckung für Rückbaukosten.

  • Lagerhallenfall: Kosten für Wiederherstellung des Bodenbelags nach Fehlschicht – Nicht versichert.

  • Befeuchtungsanlage: Kosten zur Mangelbeseitigung – Kein Versicherungsschutz.

✅ 3. Wann besteht Versicherungsschutz?

Drittschäden: Schäden an fremden Sachen, die nicht Teil des Vertrags sind. ✔ Nebenpflichtverletzungen (§ 280 BGB): Wenn der Schaden außerhalb des direkten Leistungsinteresses entsteht. ✔ Über das Äquivalenzinteresse hinaus: Bei echten Folgeschäden (z. B. Sachschäden durch Wasserschaden).

📌 Beispiel:

  • Estrich-Fall: Beschädigung des Heizestrichs bei Mangelbeseitigung – Versicherungsschutz möglich, wenn Drittschaden.

✅ 4. Einfache Abgrenzung: Erfüllungsschaden vs. Drittschaden

Kriterium

Kein Versicherungsschutz (❌)

Versicherungsschutz (✅)

Interesse des Geschädigten

Äquivalenzinteresse (Vertragserfüllung)

Über das Vertragsinteresse hinaus

Schadenstyp

Nacherfüllungs- & Reparaturkosten

Echte Sach- oder Personenschäden

Typisches Beispiel

Rückbau fehlerhafter Leistungen

Schäden an fremden Gütern (Drittschäden)

Normenbezug

§ 635 BGB (Nacherfüllung)

§ 280 BGB (Nebenpflichtverletzung)


BHV: Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel (Erweiterte Produkthaftpflichtbedingungen)

✅ 1. Grundsatz: Was sind Mangelbeseitigungsnebenkosten?

  • Definition: Kosten, die zusätzlich zur direkten Mängelbeseitigung anfallen, z. B. für Vor- und Nacharbeiten wie Freilegung, Transport, Gutachten.

  • Unversichert: Ohne spezielle Klausel sind Mangelbeseitigungsnebenkosten in der BHV grundsätzlich nicht gedeckt (A1-3.2 AVB BHV).

✅ 2. Wann besteht Versicherungsschutz?

Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel:

  • Versichert sind Kosten, die erforderlich sind, um das mangelhafte Werk zugänglich zu machen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen.

  • Voraussetzung: Ein echter Folgeschaden muss eingetreten sein (z. B. Sachschaden an Drittsachen).

  • Deckungserweiterung: Besonders relevant für Handwerker, wenn preisgünstige Teile in teure Sachen verbaut werden.

📌 Typische Beispiele:

  • Installationsfehler: Bei undichter Fußbodenheizung sind Freilegungskosten versichert, wenn ein Folgeschaden am Parkett entstanden ist.

  • Rohrleitungsfall (BGH 1991): Wasserflecken im unteren Stockwerk durch undichte Rohre – Freilegungskosten gedeckt, da Sachschaden (Folgeschaden) vorhanden.

✅ 3. Wann besteht kein Versicherungsschutz?

Kein Folgeschaden:

  • Kosten, die ausschließlich der Nachbesserung dienen, sind nicht versichert (reine Erfüllungskosten).

  • Beispiel: Freilegung eines unbeschädigten Parkettbodens, um ein defektes Wasserrohr zu reparieren – kein Versicherungsschutz, da kein zusätzlicher Schaden an fremden Sachen entstanden ist.

Unklarer Versicherungsschutz bei Generalunternehmern (GU):

  • Problem: Alle Gewerke aus einer Hand (= interner Erfüllungsschaden).

  • Gewerke müssen funktional getrennt sein (Nicht: Wand + Putz, sondern Bad + Trockenbau) —> Versichert lt. Rechtsprechung.

📌 Fallbeispiel: Klausurfall 2024

  • Sachverhalt: VN (Generalunternehmer) wird auf Mangelbeseitigung an Wannendichtbändern in sämtlichen Wohneinheiten in Anspruch genommen, obwohl nur in zwei Wohnungen ein Wasserschaden eingetreten ist.

  • Entscheidungsgründe:

    • Kein Versicherungsschutz für Nachbesserungskosten in Wohneinheiten ohne Wasserschaden, da kein Folgeschaden eingetreten ist.

    • In den betroffenen Wohnungen (Nr. 7, 8, 4) liegt jedoch ein versicherter Sachschaden (Feuchteeintritt) vor.

    • Maßnahmen, die gleichzeitig der Mängelbeseitigung und der Schadensbeseitigung dienen, können gedeckt sein, wenn sie nicht trennbar sind (OLG Rostock 2019).

✅ 4. Prüfreihenfolge zur Deckung von Mangelbeseitigungsnebenkosten in der Klausur:

  1. Versicherungsfall eingetreten ohne Klausel?

    • Ja, nur in Bezug auf die Feuchtigkeitsschäden (Sachschaden).

  2. Besteht eine spezielle Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel?

    • Wenn ja, weiter mit den nächsten Schritten.

    • Wenn nein, grundsätzlich kein Versicherungsschutz für Nebenkosten.

  3. Liegt ein echter Folgeschaden vor?

    • Ist ein Sachschaden an fremden Gütern entstanden, der über das ursprüngliche Erfüllungsinteresse hinausgeht?

    • Beispiel: Wasserschaden in Wohnungen Nr. 7, 8, 4.

  4. Handelt es sich um reine Erfüllungskosten?

    • Sind die Kosten ausschließlich zur Mängelbeseitigung nötig, ohne dass ein Folgeschaden vorliegt?

    • Keine Deckung bei bloßer Nachbesserung (z. B. in unbeschädigten Wohnungen).

  5. Sind die Kosten notwendig, um den Folgeschaden zu beseitigen?

    • Freilegungs-, Zugänglichmachungs- und Wiederherstellungskosten sind versichert, wenn sie zur Schadensbeseitigung beitragen.

  6. Funktionaler Zusammenhang bei Generalunternehmern?

    • Sind die Gewerke funktional getrennt, kann dennoch Versicherungsschutz bestehen.

  7. Versicherungsumfang im konkreten Fall:

    • Deckung (+): Kosten zur Schadensbeseitigung in betroffenen Wohnungen.

    • Deckung (-): Nachbesserungskosten in unbeschädigten Wohnungen ohne eingetretenen Folgeschaden.

🚦 Fazit:

  1. Sachschaden (z. B. durchfeuchtete Wände): Versichert.

  2. Mangelbeseitigungskosten (z. B. Aufbruch der Wände): Nur versichert, wenn die Klausel vereinbart ist.

  3. Austausch der Wannenbänder: Nicht versichert, da Erfüllungsschaden.



BHV: Vorsatz

1. Grundsatz des Vorsatzausschlusses

  • Kein Versicherungsschutz bei vorsätzlicher und widerrechtlicher (Notwehr kritisch) Schadenverursachung (§103 VVG).

  • Erfasst sind alle Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.

  • Nicht erfasst: Bewusste Fahrlässigkeit, da hierbei der Schädiger den Schaden nicht in Kauf nimmt.

  • Erfordernis: Vorsatz muss sich sowohl auf die Handlung als auch auf den Schaden erstrecken.

2. Allgemeine Entscheidungsgründe für oder gegen Vorsatz

  • Für Vorsatz:

    • Zielgerichtetes Handeln auf den Schaden.

    • Repräsentantenhaftung: Vorsatz des Repräsentanten wird dem VN zugerechnet.

  • Gegen Vorsatz:

    • Unbewusste oder bewusste Fahrlässigkeit.

    • Fehlende Schadensabsicht.

    • Kein Wille, den konkreten Schaden zu verursachen (z. B. Spielen mit Feuer ohne Abbrandabsicht, OLG Karlsruhe 2013).

3. Beispiele aus der Rechtsprechung

📌 Fußballfall (OLG Brandenburg 2019):

  • Sachverhalt: Torwart verletzt Spieler bei einem Fußballspiel durch grob fahrlässiges Verhalten.

  • Entscheidung: Kein Vorsatz, da „nur“ grobe Fahrlässigkeit vorlag – Versicherungsschutz (+).

📌 Gartenhüttenfall (OLG Karlsruhe 2013):

  • Sachverhalt: 12-jähriger zündet Gegenstände an, Gartenhütten brennen ab.

  • Entscheidung: Kein Vorsatz, da kein zielgerichtetes Abbrennen der Hütten gewollt war – Versicherungsschutz (+).

📌 Maßkrugfall (OLG Karlsruhe 2009):

  • Sachverhalt: Schädiger schlägt mit Maßkrug auf Kopf, Scherben verletzen Umstehende.

  • Entscheidung: Vorsatz gegenüber Zielperson, jedoch keine Vorsatzhaftung für die Umstehenden – Versicherungsschutz für deren Schäden (+).

4. Prüfschema für Klausur: Vorsatz prüfen

  1. Handlung: Was hat der Schädiger konkret getan?

  2. Wille: Lag ein zielgerichtetes Handeln auf den Schaden vor?

  3. Schadensbewusstsein: Hat der Schädiger den Schaden als möglich erkannt?

  4. Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit: Hat der Schädiger auf das Ausbleiben des Schadens vertraut?

  5. Zurechnung: Handelte der Schädiger als Repräsentant?


BHV: Risikoerhöhung, Risikoerweiterung und neues Risiko

🚦 1. Risikoerhöhung (§23 VVG, A1-8 AHB BHV)

  • Definition: Qualitative Veränderung des bestehenden Risikos.

  • Beispiele:

    • Erwerb eines Arbeitskrans durch Bauunternehmer (erstmalig).

    • Schlechtere Wartung oder ungelerntes Personal.

  • Rechtsfolgen:

    • Automatische Mitversicherung, aber Anzeigepflicht bei Aufforderung durch Versicherer.

    • Kündigung, Prämienerhöhung, Leistungsfreiheit möglich (§§24-26 VVG).

📈 2. Risikoerweiterung

  • Definition: Quantitative Veränderung ohne qualitative Änderung.

  • Beispiele:

    • Einstellung neuen Personals oder Erwerb weiterer Maschinen.

  • Besonderheit:

    • Kein Anzeigebedarf, Versicherungsschutz besteht automatisch.

    • Erhöht Flexibilität des Vertrags.

🆕 3. Neues Risiko & Vorsorgeversicherung (A1-9 AVB BHV)

  • Definition: Gefahr, die nicht mehr aus dem bestehenden Risiko stammt.

  • Abgrenzung:

    • Innerer Zusammenhang: Erweiterung/Erhöhung.

    • Kein Zusammenhang: Neues Risiko.

  • Beispiele:

    • Zimmereibetrieb übernimmt Kunststoffschweißarbeiten.

    • Baubetrieb beginnt mit Ziegelherstellung.

    • Dachdeckerbetrieb vermietet Gerüste.

  • Rechtsfolge:

    • Automatisch über Vorsorgeversicherung versichert.

    • Anzeigepflicht binnen eines Monats nach Aufforderung.

    • Prämienvereinbarung erforderlich, sonst Erlöschen des Versicherungsschutzes rückwirkend.

🛠️ 4. Nachhaftung bei Betriebsaufgabe (A1-10 AVB BHV)

  • Dauer: 5 Jahre ab Vertragsende.

  • Umfang: Versicherungsschutz im bisherigen Umfang.

  • Deckung: In Höhe der unverbrauchten Jahreshöchstersatzleistung.

🔍 Prüfschema: Risikoänderungen in der BHV

  1. Art der Änderung:

    • Qualitativ: Risikoerhöhung?

    • Quantitativ: Risikoerweiterung?

    • Neues Risiko: Besteht kein innerer Zusammenhang zum bestehenden Risiko?

  2. Versicherungsschutz:

    • Automatische Mitversicherung: Bei Risikoerhöhung/-erweiterung.

    • Vorsorgeversicherung: Bei neuem Risiko (Anzeige- & Prämienpflicht).

  3. Anzeigepflichten prüfen:

    • Risikoerhöhung: Bei Aufforderung durch Versicherer.

    • Neues Risiko: Binnen eines Monats nach Aufforderung.

  4. Rechtsfolgen:

    • Bei Nichtanzeige oder fehlender Prämienvereinbarung: Erlöschen des Versicherungsschutzes rückwirkend.

💡 Merksatz:

Risikoerhöhungen und -erweiterungen sind automatisch versichert, neue Risiken nur über die Vorsorgeversicherung mit Meldepflicht. Bei Betriebsaufgabe besteht für 5 Jahre Nachhaftung im bisherigen Umfang.

Author

Marius M.

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