Lernziele dieser Einheit
-> Das Prinzip der Medien-Selbstkontrolle
was ist das?
warum gibt es sie?
wie funktioniert sie?
Welche Ziele hat sie?
Welche Institutionen gibt es?
-> Der Presserat und seinen Pressekodex
Beschwerdeverfahren
Typologie der Beschwerden
Stärken und Schwächen
-> Welche Konkurrenz-Modelle gibt es?
Folgende Begriffe sollten Sie verstanden haben
und wiedergeben können:
-> Freiwillige Selbstkontrolle
-> Regulierte Selbstkontrolle
-> Innen- und Außenfunktion der Medien-Selbstkontrolle
-> Öffentliche Rüge
Warum wird den Medien eine
autonome Selbstkontrolle gewährt?
Historische Gründe: Aus der Deutschen Geschichte gelernt; Medien sollten nicht mehr zu Propagandazwecken instrumentalisiert werden können
Strukturelle Gründe: Nur mit freien Medien funktioniert eine Demokratie; wichtige Aufgaben: Informationspflicht, Objektivität, Pluralismus herstellen, Meinungsbildend sein, Kritik- und Kontrollfunktion
Was bedeutet Medien-Selbstkontrolle?
Selbstkontrolle bedeutet Freiheit, aber auch Verantwortung
Selbstkontrolle bedarf der Einsicht und Anerkennung; anders als etwa das von außen gesetzte Recht, das sich Zwangsmittel zur Durchsetzung bedienen kann
Selbstkontrolle hat eine Appell- und Orientierungsfunktion
Ziele der Medien-Selbstkontrolle
Staatliche Kontrollen und Einflussmaßnahmen abwehren
Normen und professionelle Grundsätze aufstellen
Missstände beseitigen
Beschwerdeinstanz
Welche Merkmale hat die Medien-Selbstkontrolle?
Freiwillig
Selbst-Kontrolle
Kontrolle
Transparent und öffentlich
Wichtige Institutionen der Medien-Selbstkontrolle
Der Deutsche Presserat (seit 1956)
Der Deutsche Werberat (seit 1972)
Der Deutsche Rat für Public Relations (seit 1987)
Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) (seit 1994)
Rundfunkspezifische Gesellschaftskontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
14 Landesmedienanstalten im privaten Rundfunk
Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) (seit 1949)
Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter (FSM) (seit 1997)
Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) (seit 1994)
Medien Selbstkontrolle - Unterscheidung
Es wird unterschieden in:
Freiwillige Selbstkontrolle und
Regulierte Selbstkontrolle
Kennzeichen der freiwilligen Selbstkontrolle
Prinzip der Räte
Aus jeweiligen berufsspezifischen
Verbänden
Arbeiten als selbst disziplinäre Organe
Verhaltensrichtlinien aus
Sprechen Rügen bei Missbrauch aus
Schieds- und Schutzfunktion
Moralische Steuerung
Selbst-Kontrolle durch berufsständische Vertretung
Sanktionierung durch Berufsmoral und Öffentlichkeit
Kennzeichen der regulierten Selbstkontrolle
auch von den Berufsgruppen getragen
Möglichkeit der Vorkontrolle (FSF, FSK, USK)
Geldstrafen und Ausschluss (FSF)
Regulierung bezieht sich vor allem auf Jugendmedienschutz
Kommission für Jugendmedienschutz als zentrale Aufsichtsstelle
Zusammenarbeit mit Obersten Landesjugendbehörden (FSK, USK: Erteilung der Altersfreigaben)
Möglichkeit der Indizierung: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (Spiele, Filme) bedingte Freiwilligkeit
moralische und rechtliche Steuerung
Selbst-Kontrolle erfolgt durch staatliche und professionelle Anerkennung
Ziele und Aufgaben des Deutschen Presserates
Der Presserat gehört zur Kategorie der freiwilligen Selbstkontrolle!
Eintreten für die Pressefreiheit
Eintreten für unbehinderten Zugang zu Nachrichtenquellen
Wahrung des Ansehens der Presse
Erstellen von publizistischen Grundsätzen und Richtlinien für die redaktionelle Arbeit
Beseitigung von Missständen im Pressewesen
Behandlung von Beschwerden über redaktionelle Veröffentlichungen und journalistische Verhaltensweisen auf Basis des Pressekodexes
Selbstregulierung des Redaktionsdatenschutzes
Ansprechpartner von Lesern, Journalisten und Verlegern
-> alles keine rechtlichen Mittel
-> Redaktionen haben kein Zwang zum Rügenabdruck
-> nur moralische Sanktionierung und ethische Orientierung mit Appellfunktion etc.
Aufbau Presserat
Maßnahmen des Presserates
1. Begründete Beschwerde ohne Maßnahme
2. Hinweis
3. Missbilligung
4. Öffentliche Rüge
5. Sonderfall: nicht öffentliche Rüge
So läuft das Beschwerdeverfahren beim Deutschen Presserat
Eingang der Beschwerde Jede Person kann – kostenfrei und schriftlich oder online – eine Beschwerde beim Presserat einreichen.
Vorprüfung
Offensichtlich unbegründet:
Liegt schon aus formalen oder inhaltlichen Gründen kein Verstoß gegen den Pressekodex vor, wird die Beschwerde zurückgewiesen und der Beschwerdeführer schriftlich darüber informiert.
Nicht offensichtlich unbegründet: Die Beschwerde wird weiter bearbeitet.
Stellungnahme der betroffenen Redaktion: Der Presserat fordert die Redaktion auf, sich zur Beanstandung zu äußern.
Ggf. Vermittlung:
Können sich Beschwerdeführer und Redaktion einigen, endet das Verfahren ohne Entscheidung durch den Ausschuss.
Beratung und Entscheidung im Beschwerdeausschuss:
Ist keine Mediation möglich oder erfolgreich, leitet die Geschäftsstelle den Fall an einen der Beschwerdeausschüsse weiter. Ein Gremium von unabhängigen Mitgliedern prüft alle Unterlagen und stimmt über die Beschwerde ab.
Unbegründet:
Keine Sanktion; alle Beteiligten werden über das Ergebnis informiert.
Begründet:
Der Ausschuss kann Maßnahmen aussprechen (z. B. öffentliche Rüge, Missbilligung).
Mitteilung an die Beteiligten: Unmittelbar nach der Entscheidung erhalten Beschwerdeführer und Redaktion eine schriftliche Mitteilung über das Ergebnis und die gegebenenfalls festgelegten Maßnahmen.
Abdruck bei öffentlicher Rüge:
Presserat publiziert eine öffentliche Rüge zudem im Jahresbericht des Presserats. Dies ist eine eigenständige Veröffentlichung, mit der der Presserat seine Entscheidungen dokumentiert
Arten der Beschwerden
Unrichtige oder unsorgfältig recherchierte Berichterstattung → Ziffer 2: Sorgfalt durch irreführende Überschriften (!!), Beschwerden über falsche Tatsachenbehauptungen, fehlende Quellenprüfung oder mangelnde Gegendarstellungen.
Verletzung der Persönlichkeitsrechte → Ziffer 8: Schutz der Persönlichkeit Betroffen sind u. a. unzulässige Namensnennung, Bildveröffentlichung oder Eingriffe in die Privatsphäre.
Vorverurteilung von Beschuldigten → Ziffer 13: Unschuldsvermutung Berichte, die eine Person vor einem Urteil faktisch als schuldig darstellen.
Diskriminierende Berichterstattung → Ziffer 12: Diskriminierungen Beschwerden über rassistische, sexistische, religiöse oder andere herabwürdigende Darstellungen.
Sensationsberichterstattung und Voyeurismus → Ziffer 11: Sensationsberichterstattung, Jugendschutz
Besonders bei Unfällen, Suiziden, Katastrophen oder Gewaltverbrechen.
Schleichwerbung bzw. fehlende Trennung von Werbung und Redaktion → Ziffer 7: Trennung von Werbung und Redaktion Beschwerden, wenn PR-Inhalte nicht als solche gekennzeichnet sind.
Verletzung des Opferschutzes → Ziffer 8 (in Verbindung mit Richtlinie 8.2) Schutz von Opfern bei Verbrechen, insbesondere Minderjährigen oder Hinterbliebenen.
Fehlende Anhörung oder Gegendarstellung → Ziffer 3: Richtigstellung und Ziffer 4: Gegendarstellung
Wird oft gerügt, wenn Betroffene nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme hatten.
Beeinträchtigung der Pressefreiheit durch Einflussnahme → Ziffer 1: Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde Beschwerden gegen mutmaßlich gesteuerte oder parteiische Berichterstattung.
Der Pressekodex
ist ein Wertekatalog
fixiert ethische Normen und Werte
gibt Handlungsanweisungen sowie Orientierung für die publizistische Praxis in den Redaktionen
Richtlinien für guten und fairen Journalismus
Von grundsätzlicher Natur
So heißt es in der Präambel:
„Die publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse“
Hat aber keinen Gesetzescharakter
Was steht im Pressekodex?
Präambel sowie 16 Leitlinien mit 46 Richtlinien
Oberste Gebote wie Wahrheit und Menschenwürde
Journalistische Arbeitsmethoden:
Sorgfaltspflicht
Recherchegrundsätze
Persönlichkeitsschutz
Jugendschutz
Verbot von unangemessener sensationeller Berichterstattung
Diskriminierungsverbot
Trennungsgebote
Welche Alternativen zum Presserat gibt es im Bereich Medien-Selbstkontrolle noch?
Leseranwälte und Ombudsmänner
Leserbeiräte
Verlage führen eigene Kodizes ein (etwa Springer-Verlag)
Mediawatchblogs (etwa der „Bildblog“)
Verein zur Förderung der Publizistischen Selbstkontrolle (FPS) oder das „Netzwerk Recherche“
Mitteilungen von Chefredaktionen über redaktionelle Entscheidungen
Zuletzt geändertvor 3 Tagen