Fall 1:
Im Verfahren K gegen B wegen Zahlung von 20.000,00 € bestimmt der Richter frühen ersten Termin auf Donnerstag, 17.3. Die Klage nebst Ladung wird dem B am Mittwoch, 2.3. zugestellt. B erscheint zum Termin nicht.
a) Kann auf Antrag des K ein VU ergehen? Wie lautet der Tenor?
VU gegen den Beklagten setzt voraus:
Antrag des Klägers (+)
Mündliche Verhandlung vor Prozessgericht (+)
Säumnis des Beklagten (+)
Kein Erlasshindernis (§§ 337, 335 ZPO): ordnungsgemäße Ladung des Beklagten, § 335 I Nr. 2 ZPO, insbesondere wirksame Zustellung (im RA Prozess § 172 I ZPO); Fristwahrung, § 335 I Nr. 3 ZPO, im ersten Termin muss Einlassungsfrist (nicht nur Ladungsfrist des § 217 ZPO) eingehalten sein: nach § 274 III müssen 14 Tage „zwischen“ Zustellung und Terminstag liegen, nach §§ 274 III, 222 ZPO iVm §§ 187 I, 188 II BGB werden die Tage ab dem 3.3. gezählt, der 16.3. wäre dann der 14. Tag, damit war am 17.3. frühestmöglicher Terminstag
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.000,00 € zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (TB und EG entfallen)
b) Wie wäre es, wenn B zwar persönlich anwesend wäre, aber nicht von einem zugelassenen RA vertreten wird?
Vor dem LG besteht Anwaltszwang, § 78 I ZPO. Wenn B ohne RA erscheint, ist er säumig, es kann VU ergehen, wenn das Gericht nicht nach § 337 ZPO vertagt.
Fall 2
K klagt gegen B auf Ersatz der Schäden eines Verkehrsunfalls. Im Verhandlungstermin (1.2.) bestätigen die Zeugen die Behauptung des B, der Unfall sei für ihn unabwendbar gewesen. Im Fortsetzungstermin (20.3.) ist B säumig. K beantragt den Erlass eines VU. Wird es erlassen?
Nach § 331 I, II ZPO kommt es beim VU gegen den Beklagten nur auf das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers an
(also auf die Klage, weil der Kläger darauf konkludent Bezug nimmt, § 137 III ZPO).
Bisherige Beweisergebnisse spielen keine Rolle (Ausnahme: Kläger macht sie sich zu eigen).
Das VU wird also ergehen, Beklagter kann Einspruch einlegen.
Fall 3
Klage über 1.000,00 € + 12 % Zinsen seit…, der B ist im Termin säumig. Der Kläger erklärt im Termin, der B habe die 1.000,00 € inzwischen bezahlt, nicht aber die Zinsen und Kosten. Welchen Antrag soll K stellen? Wie wird verfahren?
K muss seinen Antrag im Hinblick auf die 1.000,00 € für erledigt erklären und insoweit in einen Feststellungsantrag ändern (zulässige Klageänderung nach einseitiger Erledigterklärung).
Die neuen Anträge müssen in diesem Fall dem Beklagten nicht nach § 335 I Nr. 3 dem B nochmals zugestellt werden, weil sie als Minus im ursprünglichen Antrag enthalten waren. Es ergeht ein VU mit folgendem Tenor:
1.B wird verurteilt, an K 12% Zinsen aus 1.0000,00 € für den Zeitraum vom…bis…zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Hauptsache im Übrigen erledigt ist (oder: Im Übrigen ist die Hauptsache erledigt).
3.Der B hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen
4.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Fall 4
Im Verfahren K gegen B erging gegen B ein VU, wonach er zur Zahlung von 15.000,00 € verurteilt wurde. B legt Einspruch ein.
a) Wie lautet der Urteilstenor, wenn die Beweisaufnahme ergibt, dass K die Forderung in voller Höhe zusteht?
1.Das VU des AG vom…wird aufrechterhalten.
2.Der B hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Vollstreckung aus dem VU darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
b) Was, wenn die Beweisaufnahme ergibt, dass K nichts zusteht?
1.Das VU des AG vom…wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten, die der Beklagte zu tragen hat).
3.Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen SL iHv 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar ohne SL
(ggf. Abwendungsbefugnis, falls „Kosten der Säumnis“ nicht so gering, dass Fall des § 713 ZPO).
c) Was, wenn dem K nach der Beweisaufnahme 10.000,00 € zustehen?
Achtung
Falsch wäre es, das VU aufzuheben und zur Klarstellung neu zu fassen, weil dann wegen § 775 I Nr. 1, 776 ZPO Rangverlust drohen kann, wenn schon aus dem VU mit der Vollstreckung begonnen wurde.
1.Das VU des…Gerichts vom…wird in Höhe von 10.000,00 € aufrecht erhalten.
2.Im Übrigen wird das VU aufgehoben und die Klage abgewiesen
3.Die Kosten des Rechtsstreits hat der B zu 2/3 und der K zu 1/3 zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Beklagten, die der Beklagte zu tragen hat.
4.Das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar gegen SL iHv 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages (709 S.1, S.2). Die Vollstreckung aus dem VU darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden (§ 709 S.3). Das Urteil ist für den Beklagten (bzgl Kosten) vorläufig vollstreckbar ohne SL (§ 708 Nr. 11).
(ggf. Abwendungsbefugnis für K, § 711, wenn kein Fall des § 713)
K (Wohnsitz Köln) klagt gegen B (Wohnsitz Bonn) eine Kaufpreiszahlung vor dem AG Bonn ein. B erhebt Widerklage auf Rückzahlung eines Darlehens. K rügt insoweit die örtliche Zuständigkeit. B stellt Verweisungsantrag/ keinen Verweisungsantrag. Was geschieht jeweils mit der Widerklage?
Klage und WK müssen hinsichtlich ihrer Zulässigkeit getrennt geprüft werden.
Für WK ist örtliche Zuständigkeit fraglich.
Die §§ 13 (Wohnsitz) und 29 ZPO (Erfüllungsort-> L-Handlung in Köln) sind nicht einschlägig.
Ein Gerichtsstand könnte sich aus § 33 ZPO ergeben.
Es fehlt aber an der Konnexität.
Die Darlehensforderung steht mit der Kaufpreisforderung in keinem rechtlichen Zusammenhang.
Mit Verweisungsantrags:
wird die Widerklage abgetrennt (§ 145 II ZPO)
und an Wohnsitzgericht des K (Köln) verwiesen.
Ohne Verweisungsantrag:
ist WK als unzulässig abzuweisen
im Urteil, in dem auch über Klage entschieden wird
oder durch Teilurteil
A klagt gegen B auf Zahlung von restlichem Werklohn in Höhe von 2500 € vor dem Amtsgericht. B beantragt Klagabweisung und erhebt Widerklage auf Schadenersatz aus demselben Rechtsverhältnis in Höhe von 3000 €. Bleibt das Amtsgericht sachlich zuständig?
Bitte bestimmen Sie Zuständigkeitsstreitwert und Gebührenstreitwert.
Das AG bleibt sachlich zuständig, da die Werte von Klage und Widerklage für den Zuständigkeitsstreitwert nicht zusammengerechnet werden (§ 5 ZPO).
Der Zuständigkeitsstreitwert beträgt 3000,00 €, da der höhere Wert maßgeblich ist (arg. aus § 506 ZPO).
Gebührenstreitwert beträgt hingegen 5500,00 € (§ 45 I GKG).
A klagt gegen B auf Zahlung von restlichem Werklohn in Höhe von 2500 € vor dem Amtsgericht. B beantragt Klagabweisung und erhebt Widerklage auf Schadenersatz aus demselben Rechtsverhältnis in Höhe von 3000 €.
Wie ist zu verfahren, wenn die Widerklage über 6000 € erhebt? Wie hoch ist der Zuständigkeitsstreitwert und auf welche Anträge ist ggf. hinzuwirken (Hinweispflicht des Gerichts)?
Der Zuständigkeitsstreitwert beträgt 6000,00 € (keine Zusammenrechnung, § 5 Hs.).
Vom Beklagten sollte Verweisung an das LG beantragt werden (§ 506 ZPO).
Aus der Vorschrift ergibt sich, dass das LG dann für den ganzen Rechtsstreit, also auch die Entscheidung über die Klage, die ja allein in den Zuständigkeitsbereich des AG fallen würde, zuständig ist.
Sollte trotz Hinweis (§ 504) keine Verweisung beantragt werden, wäre die Widerklage als unzulässig abzuweisen (entweder im Urteil über Klage und Widerklage oder durch Teilurteil).
Eine Zuständigkeit des AG könnte sich für die Widerklage auch noch ergeben, wenn nach entsprechender Belehrung der Kläger sich rügelos auf die Widerklage einlässt (§ 39 i.V.m. § 504 ZPO).
K verklagt B vor dem Landgericht auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 5500 € aus einem Unfall. B beantragt Klageabweisung und erhebt Widerklage auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 2500 € aus demselben Unfallereignis. Wie wird das Landgericht hinsichtlich seiner Zuständigkeit entscheiden?
Umkehrschluss aus § 506 ZPO:
LG ist auch für die Widerklage sachlich zuständig.
§ 20 StVG -> es kommt auf § 33 ZPO nicht an
Fall 5
K (wohnhaft in Hamburg) klagt aus einer Forderung aus Darlehen in Höhe von 100.000,00 € einen Teilbetrag von 20.000,00 € gegen B an dessen Wohnsitzgericht Landgericht Bremen ein. B beantragt Klageabweisung und erhebt Widerklage mit dem Antrag, festzustellen, dass er dem K aus dem behaupteten Darlehensvertrag nichts schulde.
Ist die Widerklage zulässig?
Wie hoch ist der Gebührenstreitwert?
Sachl. Zuständigkeit ist unproblematisch, da Klage und Widerklage auch für sich allein in die sachl. Zuständigkeit des Landgerichts gehören.
Ört. Zuständigkeit für Widerklage -> § 29 (wo hypo Pflicht f L-Handlung)?
Ört. Zuständigkeit für Widerklage ergibt sich aus § 33 ZPO.
Konnexität ist gegeben.
Rechtsschutzbedürfnis für Feststellungswiderklage ist gegeben, wenn man den Antrag so auslegt, dass er sich nur auf den die 20000,00 € aus der Klage übersteigenden Betrag des Darlehensvertrages bezieht.
Gebührenstreitwert:
Grds
20000,00 € plus 80000,00 € = 100.000,00 €, § 45 I 1 GKG
Außer (wie hier)
Darlehensvertrag = „derselbe Gegenstand“ iSv § 45 I 3 GKG, daher höherer Wert maßgeblich = 80.000 €.
Fall 6
Der Kläger erhebt Klage auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall in Höhe von 3000 €. Der Beklagte erhebt Widerklage auf Schadenersatz aus demselben Verkehrsunfall in Höhe von 2000 €.
Wie lautet der Tenor zur Hauptsache und den Kosten, wenn
a) Klage und Widerklage begründet sind
b) die Klage begründet und die Widerklage unbegründet ist
c) Klage und Widerklage jeweils in Höhe von 1000,00 € begründet sind, im Übrigen unbegründet.
örtl. Zuständigkeit: § 20 StVG
Vorüberlegung:
§ 45 I 3 GKG: wirtschaftl. Betrachtung -> hier (-)
Daher: Gebührenstreitwert 5000,00 €
a)
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3000,00 € zu zahlen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 2000,00 € zu zahlen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen Kläger 40 % (2/5) und Beklagte 60% (3/5).
b)
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
c)
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1000,00 € zu zahlen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1000,00 € zu zahlen.
3. Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen Kläger 60 % (3/5) und Beklagte 40 % (2/5).
Fall 7:
K klagt gegen B auf Zahlung von 20.000 €. B beantragt Klageabweisung und bestreitet die Entstehung der Klageforderung. Er rechnet hilfsweise mit einer Gegenforderung in Höhe von 20.000 € auf und erhebt (wegen derselben Gegenforderung) hilfsweise Widerklage über 20.000 € für den Fall, dass die Klageforderung bereits ohne Hilfsaufrechnung nicht besteht. Ist die Widerklage zulässig?
Es handelt sich um eine Hilfswiderklage.
Sie ist geltend gemacht unter der innerprozessualen Bedingung, dass die Klage bereits ohne die Hilfsaufrechnung unbegründet ist (Klaganspruch ist nicht entstanden oder entstanden, aber wegen anderen Verteidigungsvorbringens erloschen).
Die Erhebung eine (Wider-)klage unter einer innerprozessualen Bedingung ist zulässig. Der Gebührenstreitwert dürfte jeweils 40000,00 € betragen.
Entweder wird die Hilfsaufrechnungsforderung
gemäß § 45 III GKG hinzugerechnet,
da über sie entschieden wird (dann wird nicht über die Widerklage entschieden)
oder es werden Klagforderung und Hilfswiderklagforderung zusammengerechnet (§ 45 I GKG),
wenn über die Hilfswiderklagforderung (dann nicht über die Hilfsaufrechnungsforderung) entschieden wird.
Fall 8:
Bei einem Verkehrsunfall sind die Autos von K und B zusammengestoßen. Halter K klagt gegen Halter B auf Ersatz seines Schadens. B erhebt Widerklage gegen K und dessen Versicherung K2 auf Ersatz seines Schadens. Zulässig?
Bei Einbeziehung Dritter in den Rechtsstreit greift § 33 ZPO nicht. Er gilt nur im bereits bestehenden Prozessrechtsverhältnis.
Es muss also die örtl. Zuständigkeit für K2 aus and. Gründen gegeben sein.
Beim Verkehrsunfall greift immer örtl. Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO (Ort der unerlaubten Handlung) und § 20 StVG
Fall 9
B hat dem K eine Sache unter Eigentumsvorbehalt verkauft und geliefert. Wegen Zahlungsverzugs erklärt der B den Rücktritt und verlangt die Sache heraus. K verweigert die Herausgabe. B nimmt die Sache dem Kläger gegen dessen Willen weg. K klagt vor dem Amtsgericht auf Herausgabe der Sache wegen verbotener Eigenmacht. Daraufhin beantragt B widerklagend, sein Eigentum und das fehlende Besitzrecht des K festzustellen. Bitte skizzieren Sie den Aufbau der Entscheidungsgründe
petitorische Widerklage.
Eigentlich müsste Klage aus § 861 BGB stattgegeben werden und Widerklage aus Eigentum in Verbindung mit Vertrag auch; dann könnte aber B bei der Vollstreckung des K das rechtskräftige Urteil, in welchem sein Eigentum und das fehlende Besitzrecht des K festgestellt wäre, nutzen und Vollstreckungsabwehrklage erheben. Das wäre sehr umständlich.
Daher wurde von Rechtsprechung und Literatur folgende Lösung entwickelt:
Aus der analogen Anwendung von § 864 II BGB wird geschlossen, dass bei gleichzeitiger Entscheidungsreife und Begründetheit der Widerklage bereits die Besitzschutzklage abgewiesen werden darf. Dann ist es zweckmäßig, ausnahmsweise die Widerklage zuerst zu prüfen, da ihre Begründetheit ansonsten inzident bei Prüfung der Begründetheit der Klage geprüft werden müsste.
Die Entscheidungsgründe könnten wie folgt formuliert/aufgebaut werden:
Die zulässige Klage ist unbegründet, weil die Widerklage zulässig und begründet ist. Da Klage und Widerklage zur Entscheidung reif sind, folgt aus der Begründetheit der Widerklage die Unbegründetheit der Klage. Dies ergibt sich bei petitorischen Widerklagen, mit denen der Beklagte Eigentumsrechte geltend macht, aus der analogen Anwendung von § 864 II BGB. Diese Vorschrift regelt, dass ein auf verbotene Eigenmacht gestützter Anspruch erlischt, wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Täter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstandes verlangen kann.
Wenn sich aber, wie hier, der Beklagte noch nicht auf ein rechtskräftiges Urteil berufen kann, seine entscheidungsreife Widerklage aber begründet ist, könnte der Kläger seinen titulierten Anspruch aus § 861 Abs. 1 BGB letztlich ohnehin nicht durchsetzen, da seine Besitzansprüche gemäß § 864 II BGB durch die rechtskräftigen Feststellungen bezüglich der Widerklage erloschen wären. Da der Gesetzgeber dieses sinnlose Hin und Her durch § 864 II BGB ausschließen wollte, der vorliegende Fall aber von der Norm nicht erfasst wird, liegt eine planwidrige Regelungslücke vor, die nur durch analoge Anwendung der Vorschrift sachgerecht geschlossen werden kann.
- Zulässigkeit der Widerklage
- Begründetheit der Widerklage
Die Klage ist unbegründet, weil der auf verbotene Eigenmacht gestützte Anspruch des Klägers - oben dargestellt - wegen des Erfolgs der Widerklage in analoger Anwendung von § 864 II BGB erloschen ist.
- Prozessuale Nebenentscheidungen
Klage: k —> B aus 433 II: 10.000 (4.000 begründet)
WK: B—> K aus 823 I: 20.000 (15.000 begründet)
Kostenentscheidung?
Klageforderung: K unterliegt iHv 6000
WK: K unterliegt iHV 15.000
Gebührenstreitwert: 30.000. 45 I 1
K unterliegt insgesamt iHv 21.000
B unterliegt iHv 9.000
K, anwaltlich vertreten, verklagt B vor dem Landgericht auf Zahlung von 6.000 €. B erscheint im Termin ohne Anwalt und erklärt, er rechne auf mit einer gleich hohen Gegenforderung. K beantragt den Erlass eines Versäumnisurteils.
a) Kann Versäumnisurteil erlassen werden?
Die Aufrechnungserklärung ist zwar grdsl. materiell-rechtlich wirksam, aber B ist vor dem LG nicht postulationsfähig. Da er im Termin also keinen Antrag auf Klagabweisung stellen kann, kann ein Versäumnisurteil erlassen werden
b) Kann B später seine Gegenforderung noch gesondert einklagen?
Ausgangspkt
materiell: A-Erklärung (wirksam)
prozess: Prozesshandlung unwirksam
p: Auseinanderfallen
Lsg: § 139 BGB
Streng genommen würde B durch die materiell-rechtlich wirksame Aufrechnungserklärung seine Gegenforderung verlieren, ohne dass sie als Verteidigungsmittel beachtet worden wäre. Das Versäumnisurteil wäre materiell-rechtlich zu Unrecht ergangen. Wegen dieses unbefriedigenden Ergebnisses führt nach h.M. die Doppelnatur der Aufrechnungserklärung unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 139 BGB dazu, dass nur beide Rechtshandlungen gemeinsam wirksam vorgenommen werden können oder eben keine wirksam ist. B kann also seine Forderung später gesondert einklagen.
Fall 1
c) Was kann B noch tun?
B kann aber auch über einen Rechtsanwalt gegen das Versäumnisurteil Einspruch einlegen und im Einspruchsverfahren erneut (diesmal prozessual wirksam) die Aufrechnung erklären und so den ursprüngl. Rechtsstreit gewinnen.
K verklagt B auf Zahlung von 10.000 €. B erklärt die Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 15.000 €.
a) Das Gericht weist die Klage ab, da die Klage unschlüssig sei.
b) Das Gericht weist die Klage ab, da die Aufrechnung durchgreife.
b) Das Gericht gibt der Klage statt, da die Gegenforderung nicht bestehe.
Kann B die 15.000 € nach Abschluss des Verfahrens jeweils noch gesondert einklagen?
Umfang der gerichtlichen Prüfung
a) Über die Aufrechnungsforderung wurde nicht entschieden. Daher kann B sie gesondert einklagen.
b) Ja, nur iHv 5.000€. Klageforderung u Gegenfroderung (iHv Klageforderung, also 5000) rechtskräftig
Entscheidung über die Aufrechnungsforderung kann gemäß § 322 II ZPO nur in Höhe der Klagforderung in Rechtskraft erwachsen.
Grund: 322 II = rechtsfähige Entscheidung, nicht rechtskräftige
Bei b) uwurde in Höhe von 10.000,00 € über die Aufrechnungsforderung entschieden.
B kann jeweils die Forderung iHd restlichen 5.000,00 € gesondert einklagen.
c) Entscheidung über NIchtvorleigen der Gegenforderung iHv Klageforderung (10.000) erwächst in Rechtskraft
arg:
Entscheidung über Aufrechnungsforderung kann gemäß § 322 II ZPO nur iHd Klagforderung in Rechtskraft erwachsen.
Bei c) wurde iHv 10.000,00 € über die Aufrechnungsforderung entschieden.
B kann also jeweils die Forderung iHd restlichen 5.000,00 € gesondert einklagen.
Fall 3:
K klagt eine bestimmte Kaufpreisforderung gegen B ein (Prozess 1). Während des laufenden Prozesses klagt B in anderen Prozessen (2 und 3) gegen K und K rechnet in den Prozessen 2 und 3 mit seiner Kaufpreisforderung auf. B hält die Aufrechnung in den Prozessen 2 und 3 für unzulässig.
a) Ist die Aufrechnung zulässig?
b) Welche praktische Lösung kann es geben?
a) Durch Aufrechnungserklärung im Prozess wird Aufrechnungsforderung nicht rechtshängig (arg. § 261 I ZPO: Nur durch Erhebung (Klage) wird Rechtshängigkeit der Streitsache begründet).
Daher ist die Aufrechnung grundsätzlich zulässig.
b)„Wettlauf der Gerichte“
Wenn in einem der drei Prozesse über die (Aufrechnungs-)Forderung entschieden werden würde, würde diese Entscheidung ja gemäß § 322 II ZPO in Rechtskraft erwachsen. Dann erst würde die Rechtskraft einer weiteren Entscheidung über diese Forderung entgegenstehen.
Praxis würden die Gerichte der späteren Prozesse ihrer Verfahren gemäß § 148 ZPO aussetzen bis zur Entscheidung über den ersten Prozess.
Fall 4:
K verklagt B auf Zahlung von 50.000 € Werklohn aus dem Einbau von Fenstern. B bestreitet das Bestehen der Forderung, da die Arbeiten mangelhaft seien und die Vergütung daher nicht fällig sei. Er rechnet hilfsweise mit einer Schadenersatzforderung in Höhe von 60.000 € auf, denn bei den Einbauarbeiten habe K die Stromleitungen beschädigt. K bestreitet die Schadensersatzforderung nicht.
a) Wie verfährt das Gericht?
b) Wie hoch ist der Streitwert?
a) Das Gericht prüft die Begründetheit der Klagforderung im Hinblick auf die gerügten Mängel. Erst wenn es zur Fälligkeit der Vergütung, also Begründetheit der Klage ohne die Aufrechnung kommt, prüft es die Aufrechnungsforderung. Da K sie nicht bestreitet, prüft das Gericht nur die prozessuale Zulässigkeit des Aufrechnungseinwands und weist sodann ggf. die Klagforderung ab.
b) Der Streitwert beträgt, auch wenn über die Aufrechnungsforderung entschieden wird, nur 50.000,00 €, da die Aufrechnungsforderung gemäß § 45 III GKG bestritten sein muss, um den Streitwert zu erhöhen.
-> keine bestrittene Forderung
-> nur 50.000, nicht 100.000€
Fall 5:
K klagt 10.000 € gegen B ein. B bestreitet die Forderung, hilfsweise rechnet er mit einer Gegenforderung in Höhe von 15.000 € auf, die K bestreitet. Das Gericht hält die Klageforderung ohne die Hilfsaufrechnung für begründet, weist die Klage aber ab, weil die Hilfsaufrechnung durchgreift.
Wie lautet die Kostenentscheidung?
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
50% / 50% -> 92 I 1 Alt. 1
Streitwert nach § 45 III GKG 20000,00 €, K und B haben jeweils im Hinblick auf 10000,00 € den Rechtsstreit verloren.
Fall 6:
K klagt gegen B 6000,00 € ein. Neben weiterem Verteidigungsvorbringen rechnet B hilfsweise auf mit einer Forderung über 8000 €. Das Gericht entscheidet, dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nur in Höhe von 5000 € entstanden ist und in Höhe von 1000 € aufgrund der Hilfsaufrechnung des Beklagten erloschen ist.
a) Wie hoch ist der Gebührenstreitwert?
Gebührenstreitwert = 11.000€
6000,00 € (Klage)
5.000 (Gegenforderung)
11.000, 45 III GKG
b) Wie lautet die Kostenentscheidung?
b) Bildung der Kostenquote: Aufteilen nach Klag- und Aufrechnungsforderung:
Kläger
obsiegt mit
unterliegt mit
von insgesamt
bezüglich
5000
1000
6000
Klagforderung
4000
Aufrechnungsforderung
9000
2000
11000
gesamt
Der Kläger unterliegt also in Höhe von 2000/11000 = 18 %.
Die Kostenentscheidung lautet:
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/11 und der Beklagte zu 9/11
Der Kläger klagt vor dem LG schlüssig begründet 5500 € ein. Der Beklagte zahlt nach Rechtshängigkeit alles. Der Kläger erklärt daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widerspricht ohne Begründung und beantragt Klagabweisung. Wie lautet der Tenor zu Hauptsache, Kosten und vorläufiger Vollstreckbarkeit?
1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Wie Fall 1., aber Beklagter ist nach Rechtshängigkeit aber vor Abgabe der Erledigungserklärung des Klägers in anderen Gerichtsbezirk gezogen. Ist das angerufene Gericht weiter zuständig oder muss der Rechtsstreit verwiesen werden?
Im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des neuen Antrags auf Feststellung der Erledigung war die örtl. Zuständigkeit des zunächst angerufenen Gerichts nicht mehr gegeben.
Aber Rechtsfigur der sog. qualitativen Modifizierung: Erledigungserklärung stellt keinen neuen Anspruch dar, sondern nur Reduzierung des ursprüngl. Klagebegehrens gem. § 264 Nr. 2 ZPO, für das Gerichtsstand ursprüngl. gegeben war und deshalb gemäß § 261 III Nr. 2 ZPO bestehen bleibt.
Kläger klagt schlüssig begründet vor LG auf Zahlung von 5500,00 €. Bekl. zahlt nach Rechtshängigkeit, erklärt aber dazu, die Zahlung erfolge unter dem Vorbehalt der Rückforderung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Der Kläger erklärt daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widerspricht und beantragt Klagabweisung. Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt?
Die Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht führt gdsl. nicht zur Erfüllung und ist deshalb kein erledigendes Ereignis.
Aber: Die Erledigungserklärung des Klägers beinhaltet eine konkludente Aufrechnungserklärung.
Der Rechtsstreit wird durch diese „versteckte“ Aufrechnungserklärung des Klägers erledigt. Der Kläger rechnet gegenüber dem vorbehaltenen Rückforderungsanspruch des Beklagten auf mit seiner ursprüngl. Klagforderung, wodurch beide Forderungen erloschen sind.
Kläger klagt vor AG 3000,00 € ein. Bekl. erklärt nach Rechtshängigkeit Aufrechnung mit einer gleich hohen unstr. Forderung. Beide Forderungen standen sich schon vor Rechtshängigkeit aufrechenbar gegenüber. Der Beklagte hat aber auf die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung des Klägers weder gezahlt noch die Aufrechnung erklärt. Der Kläger erklärt nun den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widerspricht und beantragt weiterhin Klagabweisung. Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt?
Nach § 389 BGB bewirkt Aufrechnung Rückwirkung des Erlöschens der Forderungen auf den Zeitpunkt, in welchem sich die Forderungen aufrechenbar gegenüberstanden. Daher war streitig, ob Erledigung eingetreten ist oder Rückwirkungsfiktion durchgreift.
(Dann wäre Klage von Anfang an unbegründet gewesen).
BGH hat Meinungsstreit durch Urt. in 2003 beendet, wonach es nur auf Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung ankommt.
Kläger klagt eine verjährte Forderung in Höhe von 3000,00 € vor dem AG ein. Nach Rechtshängigkeit erhebt Bekl. die Einrede der Verjährung. Kläger erklärt den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Beklagte widerspricht und beantragt Klagabweisung. Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt?
Auch hier hat der BGH in 2010 entschieden, dass es auf den Zeitpunkt der Erhebung der Einrede der Verjährung ankommt und nicht auf den Zeitpunkt, in dem Verjährung eingetreten ist.
Kläger klagt 7000,00 € ein. Bekl. zahlt nach Rechtshängigkeit 3000,00 €. Kläger erklärt den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3000,00 € für erledigt und beantragt, den Beklagten zur Zahlung weiterer 4000,00 € zu verurteilen. Bekl. widerspricht der Erledigung und beantragt Klagabweisung. Bitte fertigen Sie den vollständigen Tenor für die beiden folgenden Varianten (bei Variante 2 die Kostenquote bitte nur schätzen, nicht genau ausrechnen):
Variante 1: Hauptsache ist in Höhe von 3000,00 € erledigt und Beklagter unterliegt auch im Übrigen.
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4000,00 € zu zahlen. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt ist.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Variante 2: Hauptsache ist in Höhe von 3000,00 € erledigt, aber Kläger unterliegt hinsichtlich der weiteren 4000,00 €.
1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3000,00 € erledigt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60 % und der Beklagte 40 %
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit ich Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kostenquote in Klausur schätzen. Streitwertänderung führt bei genauer Berechnung zu komplizierten Berechnungen, da Verfahrensgebühr noch zum höheren Wert angefallen ist, so dass jede einzelne Gebühr gesondert zu quoteln wäre und aus den einzelnen Werten dann eine Gesamtquote zu bilden wäre. Vorschlag: Quote so bilden, als sei keine Erledigung erklärt worden und dann unter Zugrundelegung der Auffassung, dass Streitwert durch Erledigung hinsichtlich dieses Teils auf 80 % sinkt, leichten Abschlag/Zuschlag machen.
Bei vorl. Vollstreckbarkeit sind nur Kosten zu vollstrecken. Hier sind die Kosten noch jeweils unter 1500,00 €, also § 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
Fall 1: Übungsfällen zur Wiedereinsetzung
Das Landgericht Verden erlässt am 1. April ein Versäumnisurteil über 10.000 € gegen B, das dem Anwalt des B am Montag, den 10. April, zugestellt wird. Am Dienstag, den 25. April, geht der Einspruch des Anwalts beim Landgericht Verden ein. Zugleich beantragt der Anwalt Wiedereinsetzung mit der Begründung, seine Sekretärin sei auf der Fahrt zum Gericht in einen Unfall verwickelt worden, weshalb sie den Nachtbriefkasten erst am 25. April um 0:30 Uhr erreicht habe. Eine eidesstattliche Versicherung der Sekretärin wird vorgelegt. Wie ist zu entscheiden?
Gegen ein Versäumnisurteil ist der Einspruch statthaft, § 338. Einspruchsfrist: 2 Wochen lief am Montag, 24. April um 24 Uhr ab, an sich Einspruch zu verwerfen gemäß § 341.
Es ist Wiedereinsetzung zu gewähren: der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, § 233, Notfrist, § 339, § 234: Fristwahrung, § 236: Begründung mit Glaubhaftmachung und Einspruch, § 237: Zuständigkeit.
Der Widersetzungsantrag ist begründet. Verschulden des B schadet, ebenso Verschulden des Anwalts (Zurechnung wegen § 85 Abs. 2). Verschulden von zuverlässigen, geschultem Büropersonal gilt als unverschuldet, wenn nicht zugleich Partei-oder Anwaltsverschulden vorliegt, zum Beispiel durch fehlerhafte Auswahl, Aufsicht, Weisungen. Solches Fehlverhalten fehlt hier.
Entscheidung: die Wiedereinsetzung kann durch einen gesonderten Beschluss bewilligt werden, sie kann auch in den Entscheidungsgründen des Urteils gewährt werden, vergleiche § 238. Die gewährte Wiedereinsetzung ist unanfechtbar, § 238 Abs. 3, und für das Rechtsmittelgericht bindend, auch wenn sie zu Unrecht erfolgte. Auf den zulässig fingierten Einspruch hin ergeht ein Endurteil (Tenor § 343), bei dem die Kosten der Wiedereinsetzung auf jeden Fall dem Beklagten aufzuerlegen sind (§ 238 Abs. 4, Fall der Kostentrennung!). Dieses Endurteil ist mit Berufung anfechtbar.
Wird keine Wiedereinsetzung bewilligt, ergeht ein Urteil, wobei eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist, Normen: § 341 Abs. 1, Abs. 2, § 97 entsprechend:
1. Der Antrag des B auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist wird zurückgewiesen.
2. Der Einspruch des B gegen das Versäumnisurteil wird als unzulässig verworfen.
3. Dem B werden die Kosten auferlegt.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gegen dieses Urteil kann B Berufung einlegen, §§ 341 Abs. 2,511.
Fall 1: Klagehäufung
K will B verklagen auf Zahlung von 50.000 € und Herausgabe eines Pkw (Wert 4.000 €). Zuständigkeit und Zulässigkeit?
K kann die Ansprüche gemäß § 260 ZPO in einer Klage geltend machen. Die Streitwerte werden addiert, § 5 ZPO, daher ist das LG zuständig.
Selbst wenn das LG aus besonderen Gründen (§ 145 ZPO) trennen würde, bliebe die Zuständigkeit davon unberührt (§ 261 III Nr. 2 ZPO
Fall 2: Klagehäfung
K klagt gegen B in einer Klageschrift ein:
a) Beim Landgericht 9.000 € aus Kauf und 4.000 € aus Werkvertrag
b) Beim Amtsgericht Zahlung von 3.000 € und Erlass eines Arrestes deswegen
c) Beim Landgericht 4.500 € aus Kauf und 2.500 € aus Wohnraummiete
Ist die Klagehäufung jeweils zulässig?
a) Die Klagehäufung ist zulässig, K kann seine Ansprüche in einer Klageschrift verbinden (muss er aber nicht). Folge ist, dass das LG insgesamt sachlich zuständig wird.
b) Hauptsache- und Arrestprozess (Eilverfahren) sind verschiedene Prozessarten, weil dafür verschiedene Verfahrensregeln gelten (zB genügt im Eilverfahren die Glaubhaftmachung). Folge: Trennung (§ 145 ZPO).
c) Für Wohnraummietsachen besteht eine ausschließliche Zuständigkeit des AG (§ 23 Nr. 2a) GVG), das Verfahren ist zu trennen (§ 145 ZPO) und die Mietsache an das AG abzugeben bzw zu verweisen. Ob die restliche Kaufsache dann ebenfalls an das AG abgegeben wird, hängt davon ab, ob insoweit die Zuständigkeit gerügt und Verweisung beantragt wird.
Fall 3: Klageänderung
K klagt gegen B auf Zahlung von 2.000 € rückständiger Miete.
a) Nach zwei Monaten erweitert er die Klage um 3.000 €, weil zwei weitere Monatsmieten á 1.500 € fällig geworden seien.
b) Nach ungünstig verlaufener Beweisaufnahme erklärt K, dass er die Klage nun auf Werklohn stütze, weil er für B Autoreparaturen gemacht habe. B beantragt Klagabweisung und behauptet Mängel der Reparatur.
Wie ist die Rechtslage?
Bei Klageänderungen sollte man folgendes prüfen:
gilt eine Änderung nach § 264 als nicht einwilligungsbedürftig?
Wenn kein Fall des § 264 vorliegt:
liegt eine Klagänderung (Streitgegenstandsänderung) vor? Wenn ja
wird Einwilligung des B nach § 267 vermutet oder liegt sie vor?
Falls ausdrücklicher Widerspruch des B vorliegt: hat das Gericht die Änderung bereits stillschweigend als sachdienlich erachtet? § 263.
Wenn nein: liegt Sachdienlichkeit vor? § 263.
Änderung des Klageantrags (1. Erweiterung) stellt stets eine Änderung des Streitgegenstandes dar. Nach § 264 Nr. 2 ist diese Form der Klageänderung aber vom Einwilligungserfordernis des § 263 befreit.
Eine Änderung des Lebenssachverhalts stellt eine Streitgegenstandsänderung dar. Ein Fall des § 264 liegt nicht vor. An sich wäre eine Einwilligung des B erforderlich. Durch das Stellen des neuerlichen Klagabweisungsantrags hat sich B im Sinne von § 267 eingelassen. Seine Einwilligung wird daher unwiderlegbar angenommen, auch wenn sich B dessen nicht bewusst war.
Sachdienlichkeit liegt vor, wenn und soweit die Zulassung der Klagänderung den Streitstoff ausräumt und einem weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Unwesentlich ist, dass neue Beweisaufnahmen und Parteierklärungen erforderlich werden oder eine Instanz verloren geht. Sachdienlichkeit liegt in der Regel nicht vor, wenn ein völlig neuer Streitstoff eingeführt werden soll, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertet werden kann.
Hält das Gericht die Änderung für unzulässig, wird das neue Klagebegehren durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen.
Fall 4: Klageänderung
K klagt gegen B auf Zahlung. Er stützt seinen Anspruch auf einen Kauf aus dem Jahr 2020. Nachdem B die Zahlung nachweist, lässt K diesen Anspruch fallen und stützt den Antrag auf einen anderen Kauf aus dem Jahr 2021. B widerspricht der Auswechslung. Wie ist die Rechtslage?
Sachdienlichkeit § 263 ZPO liegt vor, wenn und soweit die Zulassung der Klageänderung den Streitstoff ausräumt und einem weiteren Rechtsstreit vorbeugt. Unwesentlich ist, dass neue Beweisaufnahmen und Parteierklärungen erforderlich werden oder eine Instanz verloren geht.
Hält das Gericht die Klageänderung für zulässig, ist dies unanfechtbar, § 268 ZPO. Ein Zwischenurteil darüber ergeht in der Praxis nicht. Das Gericht weist nur mündlich auf die Zulässigkeit der Änderung hin. Erst in den Entscheidungsgründen des späteren Urteils wird die Zulässigkeit der Änderung als solcher und des neuen Antrags geprüft.
Hält das Gericht die Änderung für unzulässig, wird das neue Klagebegehren durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen, falls K den neuen Klageantrag nicht zurücknimmt. Im Übrigen ist durch Auslegung oder Befragung zu klären, was mit der ursprünglichen Klage geschehen soll: Will K sie aufrechterhalten, zurücknehmen, verzichten, nicht mehr darüber verhandeln? Meist ist Klagerücknahme gewollt; ist sie mangels notwendiger Einwilligung unwirksam, wird meist Aufrechterhaltung des ursprünglichen Klageantrags gewollt sein; darüber ist dann durch Sachurteil zu entscheiden. Der Tenor „Die Klage wird abgewiesen“ enthält dann eine Klageabweisung des neuen Antrags (Kauf 2021) als unzulässig und des alten Antrags (Kauf 2020) als unbegründet.
Fall 6: Klageänderung
K klagt gegen B 1000 € Schadensersatz ein.
• Später erhöht er die Klage auf 5.000 €, weil weitere Schäden eingetreten sind.
• Später erhöht er auf 5.000 €, weil er zusätzlich ein Darlehen von 4000 € einklagt.
Ist dies jeweils zulässig?
§ 261 Abs. 2 ZPO, im 1. Fall liegt keine Änderung des Klagegrundes vor, eine Zustimmungsbedürftigkeit besteht nach § 264 Nr. 2 nicht.
Im 2. Fall der nachträglichen objektiven Klagenhäufung ist streitig, ob diese als Klageänderung anzusehen ist. Das wird vom BGH bejaht, weil der Prozess einen anderen (weiteren) Streitgegenstand erhält und der Beklagte mit einer neuen Verteidigung antworten muss. Anderer Ansicht: Klageänderung und Klagenhäufung seien grundverschieden und es bestehe kein Bedürfnis für die Anwendung von § 263. Begründung: Wenn K eine gesonderte Klage wegen des Darlehens erhebt, kann sich B auch nicht wehren.
Fall 8: Klageänderung
K klagt gegen B auf Übereignung eines Pkw hilfsweise, für den Fall der Unmöglichkeit, auf 5.000,00 € Schadensersatz wegen Nichterfüllung.
Ist das zulässig?
Unter den Voraussetzungen des § 260 kann K auch mehrere Anträge im Eventualverhältnis stellen: Haupt- und Hilfsantrag. Unter welcher Bedingung der Hilfsanspruch erhoben wird, muss K angeben: in der Regel: wenn der Hauptantrag unbegründet ist.
Entscheidung im Urteil: wird dem Hauptantrag stattgegeben, wird der Hilfsantrag im Tenor und in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt (aber im Tatbestand). Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags entfällt mit Rechtskraft rückwirkend.
Ist der Hauptantrag unbegründet oder unzulässig und Hilfsantrag begründet, wird ihm entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen
Fall 10: Klageänderung
K klagte von einer Gesamtforderung über 50.000 € nur 5.000 € vor dem AG ein.
a) K obsiegte.
b) K verlor.
c) K obsiegte in Höhe von 2.000 €.
K klagt nun die restlichen 45.000 € ein. Umfang der Rechtskraft?
a) Bei der offenen Teilklage bringt K in der Klage zum Ausdruck, dass er nur einen Teil einklagt. Streitgegenstand ist nur der eingeklagte Teil, nur auf ihn erstreckt sich die Rechtskraft. Das LG kann die Klage über die restlichen 45.000 € abweisen, ohne durch Rechtskraft gehindert zu sein. (B könnte im Erstprozess negative Feststellungsklage erheben, die darauf gerichtet wäre festzustellen, dass er auch den Rest nicht schuldet).
b) Wie Variante a), das LG kann der Klage über den Rest stattgeben (hM, arg. Wortlaut des § 322 I ZPO).
c) Wenn K vor dem LG nur die restlichen 45.000 € einklagt, ist die Klage zulässig, klagt er 48.000 € ein, steht in Höhe von 3.000 € die materielle Rechtskraft entgegen.
Fall 11: Klageänderung
K verklagt B auf Kaufpreiszahlung. Der Klage wird stattgegeben, das Urteil rechtskräftig. Steht im folgenden Gewährleistungsprozess das Bestehen des Kaufvertrages fest? Was hätte beim ersten Prozess beachtet werden müssen? Wie ist es, wenn B zur Zahlung ZuZ gegen Übereignung der Sache verurteilt worden wäre?
Der Umfang der materiellen RK ergibt sich idR aus dem Tenor (§ 322 I ZPO), die Rechtskraft wirkt nur soweit, als über den durch Klage erhobenen Anspruch entschieden ist. Anspruch ist der Streitgegenstand. Inwieweit über ihn entschieden ist, ergibt sich aus der Urteilsformel, wobei zur Auslegung TB und EG heranzuziehen sind.
Nicht in RK erwachsen: die Urteilsgründe, obiter dicta, überschießende/unnötige Bewertungen, in den Gründen festgestellte Tatsachen und TBM (zB Feststellung der Mangelfreiheit der Kaufsache im Gewährleistungsprozess), die den Anspruch bedingenden (vorgreiflichen) Rechtsverhältnisse (zB, dass ein KaufV besteht; hierzu hätte Zwischenfeststellungsklage erhoben werden müssen), vom Beklagten geltend gemachte Einreden und Gegenrechte (Klagt deshalb B bei einer ZuZ Verurteilung später auf die Gegenleistung, kann seine Klage abgewiesen werden).
Fall 12: Klageänderung
K erhebt Klage auf Feststellung, dass B verpflichtet ist, ihm sämtliche künftige Unfallschäden zu ersetzen. Die Klage wird abgewiesen, da ein Endzustand eingetreten sei und keine weiteren Schäden zu erwarten seien. Später treten unerwartet Schäden auf. Kann K (erneut) klagen?
Die Rechtskraft bezieht sich nur auf den Stichtag der letzten mündlichen Verhandlung (folgt aus § 767 II ZPO).
Entstehen Tatsachen erst nach der letzten mündlichen Verhandlung, können sie in einem neuen Prozess vorgebracht werden. K kann deshalb (erneut) klagen.
Fall 3 (mahnverfahren)
Auf Antrag des K ergeht ein Mahnbescheid gegen B über 50.000 €. B legt wegen 10.000 € Widerspruch ein. Gegen den daraufhin erlassenen Vollstreckungsbescheid über 40.000 € legt B in Höhe von 25.000 € Einspruch ein. Wie lautet der Tenor des Urteils, wenn die Forderung begründet ist?
Wegen 10.000 €: normales Klageverfahren nach Widerspruch und Abgabe an das Prozessgericht (merke: wird die Sache komplett abgegeben, wird häufig in der Anspruchsbegründung nur „der Antrag aus dem Mahnbescheid“ gestellt, dann ist im TB der Antrag auszuformulieren).
Wegen 25.000 € liegt VB vor, der wie ein VU zu behandeln ist, also aufrecht zu erhalten oder aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Wegen der restlichen 15.000 € ist der VB rechtskräftig, sie sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
Der Tenor lautet also:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,00 € zu zahlen.
2. Der Vollstreckungsbescheid des AG…vom…wird aufrechterhalten.
3. Der Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
4. VV.
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