Was ist Verhaltensökonomik?
Behavioral Economics ist der Versuch, das Menschenbild der Ökonomie mit dem Menschenbild der Psychologie wieder zu versöhnen“. (Beck 2014, 9)
Generelle Kritik an der Verhaltensökonomik:
Verhaltensökonomik ist kein geschlossenes Theoriegebäude, die Theorie liefert keine eindeutigen Prognosen.
Auch die Methoden der experimentellen Ökonomie liefern nicht immer eindeutige Ergebnisse.
Daher sind die Ergebnisse der Verhaltensökonomik häufig nicht geeignet, als Grundlage für eine konsistente, praxistaugliche Politik zu dienen.
Empirische, methodische und normative Kritik von Gigerenzer am Heuristiks-und- Bias-Programm von Kahnemann/Tversky.
Generelle Kritik am Homo Oeconomicus Modell ist dann abzulehnen, wenn es als Modell und nicht als Norm verwendet wird. Die Rationalitätsannahmen der Ökonomik dürfen nicht grundsätzlich verworfen werden.
Die Unterstellung irrationalen Verhaltens dient als „Türöffner“ für einen stärkeren Staat, der in die Freiheiten der Bürger eingreift.Verhaltensökonomik
Zusammenfassung und Kritik Fortschritte durch die Verhaltensökonomik:
Die Forschung der Verhaltensökonomik zeigte, wie Entscheidungen getroffen werden.
Mit Hilfe der Verhaltensökonomik wurde das Entscheidungsverhalten von Menschen untersucht; bei Auffälligkeiten können neue Experimente, Modelle oder Hypothesen entwickelt werden.
Durch die psychologischen Überlegungen zur Verhaltensökonomik können die Modelle der klassischen Ökonomik ergänzt und bereichert werden.
Der Mensch hat „konstruktivistische“ und „intuitive“ Intelligenz; manchmal tun Menschen sich schwer, logisch-rational zu entscheiden.
Die Experimente haben empirische Evidenz, selbst wenn die Ergebnisse nicht eindeutig sind.
Wichtige Vertreter der National - und Verhaltensökonomik
Verhalten:
Vernon Smith
Bruno Frey
Ernst Fehr
Amos Tvesky
Elinor Ostrom
Daniel Kahnemann
Nationalökonomen:
Adam Smith
John Keynes
Jeremy Bentham
Friedrich von Hayek
Definition Neoklassik / Homo Ökonomikus
"Homo Oeconomicus als zentrale Annahme der klassischen Ökonomie”
Methodologischer Individualismus:
Entscheidungen über Bedürfnisse und deren Befriedigung werden stets von Einzelpersonen getroffen.
Rationalität:
Individuen entscheiden sich unter Abwägung von Nutzen und Kosten verschiedener Handlungsalternativen für diejenige Verhaltensweise mit dem größten erwarteten relativen Nutzen.
Keine Fehler bei der Informationsaufnahme; keine systematischen Fehlentscheidungen
Unbegrenzte Willenskraft (frei von Emotionen und Selbstkontroll- problemen)
Eigennutz:
Individuen verhalten sich eigennützig
Anreize bestimmen das Handeln:
Systematische Reaktion auf Anreize
Anreize werden durch Präferenzen und Einschränkungen hervorgerufen
Veränderungen der Einschränkungen des Möglichkeitsraumes verändern menschliches Verhalten
Verfügbares Einkommen, relative Güterpreise und benötigte Zeit sind die wichtigsten Restriktionen
Nachteile:
Realitätsferne
Normativität
Vorteile:
Ermöglicht Modellbildung und (mathematische) Formalisierunge
Definition Heuristik
Heuristiken sind Lösungen von Entscheidungssituationen unter Verwendung vereinfachen- der Regeln. Sie ermöglichen Schlussfolgerungen ohne vollständige Information.
Entscheidungsergebnisse sind dann nicht unbedingt logisch zwingend, aber häufig angemessen und nützlich.
Aber: systematische Fehleinschätzungen („bias“) möglich.
Verfügbarkeits- heuristik
Beurteilung auf Basis Zugänglichkeit relevanter Erinnerungen
Beispiel
Das Zurückführen von Krankheitssymptomen auf eine Krankheit von der man kurz zuvor gehört/gelesen hat.
Mögliches Proble
Priming-Effekt = Einflüsse durch bereits bekannte Informationen
Repräsentativ- heuristik
Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten basierend auf Ähnlichkeits- prinzipien, aber unter Vernachlässigung von Basisrateninforma- tionen. Zugehörigkeit einer Person wird auf der Basis der Repräsen- tativität für prototypische Vertreter einer Kategorie vorge- nommen.
Jack wurde aus einer Gruppe von 70 Juristen und 30 Ingenieuren ausgewählt. Jack ist 45 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Er ist konservativ, sorgfältig und ehrgeizig. Er interessiert sich nicht für Politik und verwendet seine Freizeit auf seine Hobbys, wie z. B. Tischlern, Segeln und mathematische Denksportaufgaben. Welchen Beruf hat Jack?
Bestätigungs- irrtum (confirmation bias)
Menschen neigen dazu, Fakten im Sinne bereits vorgefasster Mei- nungen zu suchen und zu interpretieren.
Confirmation bias kann sowohl bei der Suche nach als auch bei der Interpretation von Informationen auftreten.
Meinung zur Todesstrafe wird durch (die gleiche) Literatur zur Todesstrafe bestätigt – egal, ob man für oder gegen die Todesstrafe ist.
Überoptimis- mus (overcon- fidence)
Phänomen, dass Menschen sich selbst und ihre Fähigkeiten eigennützig und egozentrisch beurteilen.
Folgen
Falsche Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten (Kontrollillusion, Selbstüberschätzung)
Rückschau- fehler (hindsight bias)
Phänomen, dass das Wissen um den Ausgang eines Ereignisses oder die Antwort auf eine Frage die Urteilskraft eines Menschen bezüglich dieses Ereignisses oder der Frage verändert.
Folge
wer den Ausgang eines Ereignisses kennt, überschätzt die Möglichkeit, diesen Ausgang vorauszuahnen; die Urteilskraft wird verzerrt.
Varianten
Gedächtnisdesign: im Rückblick passt man die ursprüngliche Schätzung über eine Wahrscheinlichkeit dem korrekten Wert an.
Hypothetisches Design: kennt man den Ausgang eines bestimmten Szenarios, glaubt man (fälschlicherweise) im Nachhinein, diesen Ausgang so vorausgeahnt zu haben.
Outcome Effect: kennt man den Ausgang eines Ereignisses, so überschätzt man die Fähigkeit anderer Personen, die den Ausgang nicht kennen, diesen so vorauszusehen.
Arten von Emotionen
Soziale Emotionen: z. B. Zorn, Hass, Schuld, Stolz, Scham
Emotionen über etwas, das hätte passieren können: z. B.
Bedauern, Enttäuschung, Erleichterung
Emotionen über das, was passiert: z. B. Freude, Kummer
Emotionen über den Besitz anderer: z. B. Neid, Eifersucht,
Schadenfreude
Andere Emotionen: z. B. romantische Gefühle, Zufriedenheit, Ekel
Eigenschaften der Verhaltensökonomik
Begrenzte Rationalität
Menschen machen Fehler bei Informationsaufnahme und – verarbeitung und greifen daher zu Heuristiken
(einfache Problemlösungsmechanismen)
Begrenzte Willenskraft
Vertagung unbequemer Entscheidungen
Begrenzter Eigennutz
Fairness (oder andere Nutzenkonzepte) spielen eine Rolle
Phasen der Entscheidungsfindung nach der Prospect Theory
Editier-phase (Alter- nativen werden geordnet und sortiert)
Coding: Entscheidungen werden als Gewinne oder Verluste zu einem Referenzpunkt wahrgenommen
Combination: vereinfachte Entscheidungsfindung durch Addition von Wahrscheinlichkeiten mit gleichem Ergebnis
Segregation: Herausrechnen der sicheren Alternativen
Cancellation: Alternativen mit gleichen Komponenten werden vernachlässigt
Simplification: Auf-/Abrunden von Werten
Eliminierung domininierter Alternativen
2. Evaluierungsphase (Bewertung der verschiedenen Alternativen)
Wert einer Alternative ist abhängig von zwei Elementen:
Referenzpunkt
Höhe der Abweichung vom Referenzpunkt
Unterschied zwischen 100/200€-Gewinn wird stärker wahrgenommen als Unterschied zwischen 1.100/1.200€-Gewinn
Verlust von 200 statt 100€ schmerzhaft; Verlust von 1.100 statt 1.000€ von geringer Bedeutung
Kurve hier steiler, weil Menschen Verlusten ein höheres Gewicht beimessen als Gewinnen
Die zentralen kognitiven Merkmale der Prospect Theory sind zusammengefasst
Die Beurteilung erfolgt in Bezug auf einen neutralen Referenzpunkt („Anpassungsniveau“)
Das „Prinzip abnehmender Empfindlichkeit“
Verlustaversion
Endowment effect (Besitztumseffekt)
Menschen messen Gegenständen einen höheren Wert zu, wenn sie im Besitz dieser
Gegenstände sind.
Beispiel:
• Probanden bekommen einen Krug geschenkt. Später wird angeboten, diesen gegen einen
Schokoriegel einzutauschen. Eine zweite Gruppe bekommt einen Schokoriegel geschenkt und
darf den gegen einen Krug eintauschen. In beiden Fällen entscheiden sich 90 % der
Probanden, das zunächst erhaltene Geschenk zu behalten.
Folgen:
• Gilt eher für private als für professionelle Verkäufer.
(Daher machen Berater häufig Sinn).
Erklärungsansätze:
• Prospect Theory: Verluste werden höher gewichtet als Gewinne.
• Projection Bias: Veränderung wird antizipiert, aber Größe der Veränderung wird falsch
eingeschätzt
35Verhaltensökonomik
Status-Quo-Bias
Menschen wollen, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind. Sie haben eine Präferenz für den gegenwärtigen Zustand.
Versuchspersonen bekommen die Wahl, Geld anzulegen, das sie geerbt haben. Sie legen das
Geld in der gleichen Form an, wie sie es vererbt bekommen haben.
• Amtsbonus für Amtsinhaber bei Wahlen;
• Widerstand gegen (wirtschafts-)politische Reformen;
• Höhere Zahlungsbereitschaft bei Bestandskunden;
• Festhalten an erfolglosen Geschäftsmodellen von Unternehmen
Erklärungsansätze
• Folge des Besitztumseffekts
• Festhalten am Status quo als effiziente Heuristik
Verankerungseffekt (anchoring)
Als Verankerungseffekt wird das Phänomen bezeichnet, dass Menschen sich bei der
Schätzung unbekannter Größen an Ausgangswerten orientieren und diese dann die
Schätzung beeinflussen, selbst wenn die Ausgangswerte nichts mit der Schätzung zu
tun haben.
• (unverbindliche) Preisempfehlungen wirken wie ein Anker und beeinflussen die
Zahlungsbereitschaft
• Präferenzen von Menschen sind nicht stabil und nicht wohldefiniert
Ankerindex
Der sog. Ankerindex, kann als Maß für den Einfluss herangezogen werden.
Berechnung: Differenz der gewählten Zahlenwerte, geteilt durch Differenz der Ankerzahlen
Kein Einfluss durch Ankerzahlen, d. h. alle geben die gleiche Antwort (z. B. die Richtige), dann ist die Differenz im Zähler null: Ankerindex 0 %. 100 % Einfluss durch Ankerzahlen (die Antworten sind mit den Ankerwerten identisch). Zähler = Nenner, Ankerindex 100 %.
Studenten: (71.196 -63.571 )/(83.900-65.000) = 0,42
Makler: (75.190 -67.811 )/(83.900-65.000) = 0,40
Framing
Framing beschreibt, dass die Formulierung eines Problems Einfluss auf die Wahl des Entscheiders nehmen kann. Wichtig ist hierbei auch, dass die verschiedenen Optionen vollständig formuliert werden.
Mentale Kontenführung
Statt bei Entscheidungen alle relevanten Tatbestände einzubeziehen, ordnen
Menschen die Konsequenzen unterschiedlicher Handlungen verschiedenen mentalen
Konten zu und vernachlässigen alle anderen Aspekte.
Je nachdem, wie eine Entscheidungssituation in mentalen Konten dargestellt wird, können bei ein und derselben Entscheidungssituation unterschiedliche Verhaltensweisen resultieren.
Sunk cost-Effekt: zusätzliche Anstrengungen werden unternommen und zusätzliche Kosten in Kauf genommen, um eine verlorene Ausgabe nicht verloren zu geben. Die versunkenen Kosten sind aber (eigentlich) nicht entscheidungsrelevant.
Mental Accounting hilft Menschen, einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben/Nutzen und Kosten zu halten.
Mentale Kontenführung als effiziente Heuristik.
Prospect Theory: Verluste werden höher bewertet als Gewinne, so dass es zum Sunk cost-Effekt kommt.
Erwartungsnutzentheorie: Exponentielles Diskontieren
In der traditionellen Ökonomie wird der zukünftige Nutzen einer Entscheidung durch exponentielles Diskontieren berechnet (Discounted-Utility-Modell)
Annahme: Menschen planen ihren Konsum über alle zukünftigen Perioden und gewichten die zukünftigen Konsumzahlungen mit einem individuellen Diskontsatz, der zukünftigem Konsum ein geringeres Gewicht verleiht als heutigem.
robleme des Discounted-Utility-Modells
Weitere (Konsum-)Alternativen werden nicht berücksichtigt
Unabhängigkeit im Nutzen und im Konsum
Wie wollen Menschen ihren Nutzen über die Zeit verteilen (gleichmäßig, zunehmend..)? Welchen Einfluss hat mein Konsum heute auf meine Konsumentscheidung morgen?
Konstante Nutzenfunktion
Bleibt die Nutzenfunktion über den gesamten Zeitraum stabil?
Konstanter Diskontfaktor
Güter werden (möglicherweise) unterschiedlich diskontiert.
Zeitinkonsistenz
Unabhängigkeit des Nutzens vom Zeitpunkt des Konsums?
Positive Zeitpräferenzen
Zeitkonsistenzen
Eine Entscheidung zwischen zwei verschiedenen Optionen sollte sichnicht ändern, wenn man beide Optionen um die gleiche Zeitspanne verschiebt.
Wer heute bekundet, dass er lieber 13 Monate auf 1.010 € wartet statt 12 Monate auf 1.000 €, der sollte nach Ablauf der 12 Monate die 1.010 € in einem Monat den 1.000 € sofort vorziehen.
Verletzung der intertemporalen Nutzenmaximierung, z. B. durch
Selbstkontrollprobleme
Die Verhaltensökonomik verwendet das Konzept des hyperbolischen Diskontierens, bei dem Zeitinkonsistenzen berücksichtigt werden
Gute Vorsätze: langfristige Gesundheitsvorteile werden gegen kurzfristige Belohnungen eingetauscht;
Sparvorhaben: kurzfristiger Konsum statt Alterssicherung;
Klausurvorbereitung: Freizeit wird gegen die langfristigen Vorteile einer guten Klausurvorbereitung eingetauscht
Nutzenkonzepte
Neoklassische Ökonomik
Die neoklassische Ökonomik geht davon aus, dass Individuen sich uneingeschränkt eigennützig verhalten und stets den Eigennutz maximieren.
In der Theorie des Haushalts: Repräsentieren die Präferenzen die Bedürfnisbefriedigungswünsche des Haushalts
Verhaltensökonomik
In vielen ökonomischen Handlungen und Entscheidungssituationen spielen aber andere Überlegungen als der Eigennutz eine Rolle
Altruismus: bedeutet, dass man sich um das Wohlergehen anderer Menschen sorgt.
Vergeltung: freundliches Verhalten wird mit freundlichem Verhalten beantwortet; unfreundliches Verhalten wird mit unfreundlichem Verhalten bestraft
Fairness: subjektive Einschätzung über angemessenes Verhalten und angemessene Reaktionen.
Reziprozität: Neigung, mit anderen zu kooperieren
Positiv: Kooperation wird belohnt
Negativ: Verletzung der Kooperationsnormen wird bestraft
Öffentliche Güter
Öffentliche Güter sind ein klassisches Beispiel für Marktversagen. Durch die Nicht-Ausschließbarkeit werden (rein eigennutzorientierte) Konsumenten nicht bereit sein, sich an der Finanzierung des öffentlichen Gutes zu beteiligen, können es aber dennoch nutzen.
Einige Konsumenten beteiligen sich an der Finanzierung des öffentlichen Gutes, andere
nutzen die Trittbrettfahrermöglichkeit. Diejenigen, die sich beteiligen, geben nur einen
Teil des notwendigen Finanzierungseinsatzes dazu
Frage: wovon hängt es ab, ob Allmendegüter ohne Regulierung sinnvoll genutzt werden?
Kommunikation zwischen den Beteiligten,
Nutzungsregeln mit Sanktionierungsmöglichkeiten,
eine klar abgrenzbare Gruppe der Betroffenen,
institutionalisierte Verfahren zur Konfliktlösung und ein Sinn für Eigentum
Neuroökonomik
In der Neuroökonomik sollen die Neurowissenschaften mit den Wirtschaftswissenschaften interdisziplinär verknüpft werden, um zu erklären, wie Entscheidungsprozesse im Inneren des Menschen ablaufen.
Wirtschaftswissenschaften: untersuchen den Umgang mit knappen Gütern.Entscheidungen im ökonomischen Standardmodell sind Ergebnisse wohlüberlegten Handelns, Abwägens und Nachdenkens.Neurowissenschaften zeigen jedoch, dass viele menschliche Entscheidungen
automatisiert oder emotional sind und dass viele Entscheidungen getroffenwerden, ohne zuvor Kosten-Nutzen-Erwägungen zu treffen, Opportunitätskosten zu berechnen oder Gleichungen aufzustellen
Konstituierende Komponenten für Entscheidungen in neuroökonomischen Modellen
m Moment der Entscheidung berechnet das Gehirn einen Entscheidungswert für jede zur Wahl stehende Option (messbar in Form erhöhter neuronaler Aktivität in verschiedenen Gehirnbereichen)
Um zu lernen, berechnet das Gehirn im Moment des Konsums ein Signal, das die Stärke des in diesem Moment erfahren Nutzens wiedergibt.
Entscheidungen werden getroffen, indem die Entscheidungswerte miteinander verglichen werden.
In die Entscheidungswerte werden alle Informationen über die Attraktivität der verschiedenen Optionen integriert
Die Berechnung und der Vergleich der Entscheidungswerte hängen auch von derAufmerksamkeit ab, die das Gehirn verschiedenen Optionen zumisst. Sie beeinflusst die Berechnung und Gewichtung der Attribute und den Vergleich der Entscheidungswerte. Somit kann eine Beeinflussung der Aufmerksamkeit zu Verzerrungen in den Entscheidungen führen.
Implikationen der Neuroökonomik
Ökonomische Konstrukte
Einstellungen der Menschen zum Risiko, zum Sparen oder zur Freigiebigkeit sind nicht in allen Situationen gleich.
Informationsverarbeitung
(implizite) Annahme der (Standard-)Ökonomen, dass Menschen eine gegebene intellektuelle Kapazität haben, so dass sie immer alle Probleme gleich gut lösen.
Neuroökonomie: Intelligenz ist themen-, aufgaben- und domänenspezifisch, nicht universal, wie ökonomische Modelle es annehmen. (z. B. Wason Kartenexperiment)
Direkter Nutzen von Geld
In der traditionellen Ökonomik hat Geld keinen eigenen Wert sondern dient lediglich als Tauschmittel
(„was kann man damit kaufen?“)
Behavioral Finance
Traditionelle Finanztheorie geht von effizienten Märkten mit rationalen Akteuren aus, was von der Behavioral Finance bezweifelt wird.
Traditionelle Finanztheorie: Aktienkurse sind kurzfristig nicht prognostizierbar
Behavioral Finance: Kurse schwanken stärker als rational erklärbar, so dass Kursegemessen am fundamentalen Wert zeitweise zu hoch oder zu niedrig und daher prognostizierbar sind
Anomalien an Finanzmärkten
Kalendereffekte: zu bestimmten Zeiten sind andere Renditen zu erzielen als in der Regelzeit
Mögliche Erklärung: Mentale Kontenführung
Chartanalyse: Interpretation von Aktienmärkten aufgrund historischer Kursverläufe
Mögliche Erklärung: Repräsentativität – Anleger sehen Muster in Wertpapierkursen, die aber nur zufällig entstanden sind.
Home Bias: Anleger investieren verstärkt in Wertpapiere des eigenen Landes
Mögliche Erklärung: Verfügbarkeitsheuristik – Anleger verfügen über mehr Informationen über das Heimatland, was Sicherheit bei Investitionsentscheidungen
gibt.
Überoptimismus: Menschen überschätzen ihre Fähigkeit, an der Börse Gewinn zu machen
Investmenttrends: Investition in Produkte, welche gerade in Mode sind.
Mögliche Erklärung: Verfügbarkeitsheuristik – Produkte sind mental verfügbar,weil sie z. B. in den Medien besonders häufig genannt werden
Ranglisten: jahrelanger Erfolg von Analysten und Vermögensverwaltern wird als Indiz für überlegene Fähigkeiten gewertet
Mögliche Erklärung: Repräsentativheuristik führt zu Investitionen auf Basis vergangener und damit unbedeutender Erfolg
Dispositionseffekt: Gewinneraktien werden zu rasch verkauft; Verliereraktien zu lange gehalten
Mögliche Erklärung: Prospect Theory - Verlustaversion
Einstandspreise/Kursziele: funktionieren häufig als Anke
Mögliche Erklärung: Prospect Theory und confirmation bias
Über-/Unterreaktionen: Marktwerte reagieren auf Nachrichten stärker als es die Fundamentaldaten rechtfertigen würden
Equity-Premium-Puzzle: Aktien haben gegenüber Anleihen einen Risikoaufschlag, der größer ist, als das größere Risiko der Aktien rechtfertigen würde; daher müsste mehr in Aktien investiert werden.
Anwendung psychologischer Prinzipien für die Sozialpolitik
Liberaler Paternalismus (Nudging)
Erkenntnisse der Verhaltensökonomik werden zur staatlichen Verhaltenslenkung der Bürger eingesetzt (Paternalismus ohne Zwang – „Nudge“
Asymmetrischer Paternalismus: Regulierung, die rational handelnden Menschen geringe Kosten auferlegt, aber große Vorteile für diejenigen bringt, die nicht uneingeschränkt rational handeln.
Gestaltung von Default-Optionen
Was ist das Ergebnis, wenn Konsumenten nichts tun?
Welche von zwei möglichen Optionen ist für den Konsumenten die bessere?
Diese Option wird zur Default-Option (Standardoption) erklärt
Ausnutzen des Status-Quo-Bias
Bsp.: Teilnahme an betrieblichen Pensionssystemen wird zur Standardoption
erklärt; in der Folge stiegt die Teilnahmen signifikant an
Versorgung mit Informationen
Semantische Umgestaltung einer Situation durch Art der Informationsdarstellung.
Ausnutzen des Framing-Effektes.
Bsp: Gewinnwahrscheinlichkeiten werden für einen Lottospieler explizit sichtbar gemacht („gewinnen ist so wahrscheinlich wie einen roten Tennisball aus einem riesigen Schwimmbecken voller gelber Tennisbälle zu ziehen“).
Cooling-off-Perioden
Verzögerungsperioden können eingesetzt werden, um emotionale Entscheidungen
zu vermeiden (z. B. Rücktrittsrechte bei Haustürgeschäften).
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