Definieren Sie, was man unter digitalen Produkten versteht.
Nennen Sie die wesentlichen spezifischen Eigenschaften von digitalen Produkten und beschreiben
Sie diese kurz.
Erläutern Sie, basierend auf den Erklärungen aus Kapitel 1 der Vorlesung, was ein Markt und
was eine Hierarchie ist.
Bei hierarchischer Koordination und Marktkoordination fallen unterschiedliche Kosten an.
Nennen Sie die anfallenden Kosten und erläutern Sie diese.
Erläutern Sie, wie durch den Nutzen von IT diese Kosten beeinflusst werden können.
Erläutern Sie, was man unter Signaling versteht. Durch welche Eigenschaften zeichnen sich
starke Signale aus? Geben Sie Beispiele hierfür.
Erläutern Sie, was man unter Screening versteht und geben Sie Beispiele für Screening-
Aktivitäten.
Wie wird ein Markt aus ökonomischer und historischer Sicht definiert?
Ökonomisch (Neoklassik): Ein Markt ist der abstrakte Ort des Tausches, an dem das aggregierte Angebot auf die aggregierte Nachfrage trifft.
Historisch: Der Marktplatz ist eine gewachsene Institution, die es Anbietern und Nachfragern ermöglicht, sich zu einer bestimmten Zeit an einem bekannten Ort zu treffen, um Tauschgeschäfte abzuwickeln.
Was sind die fünf zentralen Charakteristika eines vollkommenen Marktes?
Ein vollkommener Markt ist charakterisiert durch:
Homogenität der Güter: Die Güter sind sachlich einzigartig und unterscheiden sich im Urteil der Konsumenten nicht.
Keine persönlichen Präferenzen: Käufer haben keine Vorlieben für bestimmte Anbieter.
Keine räumlichen Präferenzen: Es gibt keine Bevorzugung für einen bestimmten Ort des (Ver-)Kaufs.
Keine zeitlichen Präferenzen: Lieferzeiten oder andere zeitliche Aspekte spielen keine Rolle.
Vollständige Markttransparenz: Informationen sind für alle Marktteilnehmer symmetrisch verteilt.
Welche drei Phasen hat eine Markttransaktion und welche Kosten fallen jeweils an?
Eine Markttransaktion gliedert sich in drei Phasen:
Anbahnungsphase: Informationsbeschaffung über Anbieter, Produkte und Preise (Anbahnungskosten).
Vereinbarungsphase: Aushandeln und Abschluss von Verträgen (Vereinbarungskosten).
Abwicklungsphase: Durchführung des Vertrags, Überwachung und mögliche Anpassungen (Kontroll- und Anpassungskosten).
Wie werden "Digitale Märkte" im engeren und im weiteren Sinne definiert?
Im engeren Sinne: Elektronische Märkte, die alle Phasen der Transaktion (Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung) unterstützen.
Im weiteren Sinne: Elektronische Märkte, bei denen nicht alle Phasen der Transaktion unterstützt werden. In dieser Veranstaltung wird der Begriff im weiteren Sinne verwendet.
Welche zwei grundlegenden Organisationsformen gibt es, um den Güterfluss in der Wertschöpfungskette zu koordinieren?
Markt: Die Koordination erfolgt durch Angebot und Nachfrage sowie Transaktionen zwischen Unternehmen.
Hierarchie: Die Koordination erfolgt durch Weisungs- und Kontrollbeziehungen innerhalb eines Unternehmens
Welche Kostenarten fallen bei der Leistungserstellung an und woraus setzen sich die Koordinationskosten zusammen?
Bei der Leistungserstellung fallen an:
Produktionskosten: Kosten für die physische Produktion und Distribution.
Koordinationskosten: Kosten für die Bestimmung von Preis und Menge, Informationsbeschaffung, Vertragsverhandlungen, Schutz vor Opportunismus und die Auswahl von Verkäufern.
Wie unterscheiden sich die Kostenstrukturen von Markt und Hierarchie?
Welche zwei weiteren Faktoren (neben den Kosten) beeinflussen die Wahl zwischen Markt und Hierarchie?
Spezifizität von Inputfaktoren: Ein Faktor hat eine hohe Spezifizität, wenn er nicht einfach von einer anderen Firma genutzt werden kann (z.B. ein spezieller Supercomputer).
Komplexität der Leistungsbeschreibung: Leistungen mit komplexer Beschreibung werden eher in Hierarchien gehandelt, da die Koordinationskosten dort geringer sind.
Welche drei Effekte hat die Einführung von IT auf Märkte nach Malone et al. (1987)?
Electronic Communication Effect: Mehr Informationen können in gleicher Zeit übermittelt werden; die "Stückkosten" der Kommunikation sinken.
Electronic Brokerage Effect: Broker als Mittelsmänner vereinfachen die Interaktion zwischen Käufern und Verkäufern.
Electronic Integration Effect: IT verbindet Akteure entlang der Wertschöpfungskette und vereinfacht die Zusammenarbeit.
Warum führt die Einführung von IT tendenziell zu einer Bevorzugung von Märkten gegenüber Hierarchien?
Die Einführung von IT begünstigt Märkte aus drei Gründen:
Die „Stückkosten der Koordination“ sinken, wodurch der Nachteil hoher Koordinationskosten bei Märkten abnimmt.
Datenbereitstellung durch Informationssysteme vereinfacht ehemals komplexe Leistungsbeschreibungen.
IT erhöht die Flexibilität von Gütern mit hohem Spezialisierungsgrad
Wie beeinflusst der Einsatz von IT die Agency-Kosten und die internen Transaktionskosten in Abhängigkeit der Unternehmensgröße?
Der Einsatz von IT senkt sowohl die Agency-Kosten als auch die internen Transaktionskosten. Dies verschiebt die Kostenkurven nach unten und ermöglicht es Unternehmen, bei gleichbleibenden Kosten zu wachsen oder bei gleicher Größe Kosten zu senken.
Wie ist ein "Electronic Market System" nach Bakos (1991) definiert?
Ein "Electronic Market System" ist ein organisationales Informationssystem, das teilnehmenden Käufern und Verkäufern den Austausch von Informationen über Preise und Produktangebote ermöglicht. Das Unternehmen, das das System betreibt, wird als Intermediär bezeichnet.
Wie wird ein digitales Gut definiert?
Ein digitales Gut ist ein Gut oder Prozess, das über alle Marktphasen hinweg (Anbahnung, Aushandlung, Abwicklung) in digitaler Form vorliegen kann. Im Gegensatz dazu kommt es bei physischen Gütern spätestens bei der Abwicklung zu einem "Medienbruch" durch den physischen Tausch.
Nenne die drei Hauptkategorien digitaler Güter mit je zwei Beispielen.
Informations- und Unterhaltungsgüter: z.B. Videos, Grafiken, Produktinformationen.
Symbols, Tokens, Concepts: z.B. Tickets, Reservierungen, Finanzinstrumente.
Prozesse und Dienstleistungen: z.B. elektronische Nachrichten, Auktionen, interaktive Services.
Welche Besonderheiten weist der Nutzen von digitalen Gütern auf?
Der Nutzen hängt stark von den subjektiven Präferenzen der Konsumenten ab.
Der Nutzen kann stark zeitgebunden sein (z.B. Wetterbericht).
Sie sind leicht archivierbar, wodurch Nutzen aus angesammelten Informationen gezogen werden kann (z.B. Wetterdaten für Klimaprognosen).
Positive Externalitäten (Nutzen):
Nutzen digitaler Güter steigt mit Nutzerzahl
Beispiel: Teams, Adobe, PowerPoint
Negative Externalitäten (Nutzen):
Überlastung möglich bei hoher Nutzung
Beispiel: Telefonnetz – Leitungen belegt
Exklusivität von Informationen:
Exklusive Infos (z. B. Börsendaten) oft wertvoller
Digitale Exklusivität schwer sicherzustellen
Was sind die drei Alleinstellungsmerkmale digitaler Güter?
Unzerstörbarkeit: Digitale Güter unterliegen keinem Verschleiß.
Einfache Veränderbarkeit: Sie können (mit der passenden Software) leicht modifiziert werden.
Einfache Reproduzierbarkeit: Kopien können zu Grenzkosten von praktisch Null erstellt werden.
Erkläre die Coase-Vermutung (Coase Conjecture) im Kontext digitaler Güter.
Da digitale Güter unzerstörbar sind, konkurriert ein Monopolist mit seinen eigenen, früher verkauften Gütern. Rationale Konsumenten antizipieren zukünftige Preissenkungen und verschieben ihre Käufe, was die Marktmacht des Anbieters untergräbt. Als Lösung bieten sich Verleihmodelle, Fixpreisgarantien oder stetige Produktweiterentwicklungen an.
Warum neigen Märkte für digitale Güter zur Bildung von natürlichen Monopolen?
Die Kostenstruktur ist durch sehr hohe Fixkosten (oft versunkene Kosten) für die Erstellung der ersten Einheit und Grenzkosten nahe Null für jede weitere Kopie gekennzeichnet. Dies führt zu stetig fallenden Durchschnittskosten, wodurch ein einziger Anbieter den Markt am effizientesten bedienen kann und hohe Eintrittsbarrieren für Konkurrenten entstehen ("Winner-takes-it-all").
Welche Bepreisungsstrategien sind für digitale Güter besonders geeignet und warum?
Da die Grenzkosten nahe Null sind, ist eine kostenbasierte Bepreisung nicht sinnvoll. Stattdessen wird eine nutzen- bzw. wertbasierte Bepreisung empfohlen. Dies kann durch Preisdifferenzierung geschehen, die sich an Kundencharakteristika, der Nutzungsintensität oder der Produktqualität orientiert.
Unterscheide Skaleneffekte bei physischen und digitalen Gütern.
Physische Güter: Skaleneffekte entstehen durch effizientere Produktion in großen Anlagen, bessere Einkaufskonditionen und die Verteilung der Fixkosten auf mehr Einheiten (Fixkostendegression).
Digitale Güter: Der Skaleneffekt ist extrem und beruht auf der einfachen Reproduzierbarkeit. Nach hohen Anfangsinvestitionen bleiben die Kosten für jede weitere Einheit konstant und extrem niedrig.
Was sind Verbundeffekte (Economies of Scope) und nenne ein Beispiel aus dem digitalen Bereich.
Von Verbundeffekten spricht man, wenn die gemeinsame Produktion mehrerer Güter, die einen gemeinsamen Inputfaktor nutzen, günstiger ist als deren getrennte Produktion. Beispiel: YouTube nutzt seine Video-Plattform als gemeinsamen Input, um sowohl eine breite Palette an Videoinhalten als auch gezielte Werbevideos anzubieten.
Welche positiven Effekte können Raubkopien für einen Softwarehersteller haben?
Netzwerkeffekte: Illegale Nutzer können durch Mundpropaganda die Bekanntheit steigern und so legale Nutzer anziehen.
Marktdurchdringung: Raubkopien können helfen, einen De-facto-Standard zu etablieren.
Lock-In-Effekte: "Raubkopierer von heute sind Upgradekäufer von morgen", da sie sich an die Software gewöhnen und später möglicherweise für neue Versionen oder Support zahlen.
Unterscheide den Authorship-Rights- vom Property-Rights-Ansatz im Urheberrecht.
Authorship-Rights-Ansatz: Schützt primär das geistige Eigentum des Schöpfers an seiner Idee.
Property-Rights-Ansatz: Schützt primär die ökonomische Vermarktung der Idee durch den Schöpfer. Aus dieser Sicht ist nicht jede einzelne Nutzungshandlung eine Verletzung, sondern oft erst die Kombination von Aktivitäten.
Nenne je zwei zentrale Chancen und Risiken, die aus den Eigenschaften digitaler Güter resultieren.
Chancen: Erhöhtes globales Marktpotenzial und Kostenreduktion durch digitale Prozesse ohne Medienbrüche.
Risiken: Erhöhter Konkurrenzdruck durch globale Transparenz und die Copyright-Problematik aufgrund der einfachen und perfekten Reproduzierbarkeit.
Warum ist die Annahme "1 Raubkopie = 1 verlorener Verkauf" ökonomisch oft nicht haltbar und welche positiven Effekte können von Raubkopierern ausgehen?
Geringere Zahlungsbereitschaft: Es ist anzunehmen, dass Raubkopierer eine andere, meist niedrigere Zahlungsbereitschaft für die Software haben als legale Nutzer. Viele hätten das Produkt zum regulären Preis also ohnehin nicht gekauft. Die Anzahl der Kopien kann daher nicht 1:1 in Verkaufsverluste umgerechnet werden.
Positive Netzwerkeffekte: Illegale Nutzer können positive, direkte Netzwerkeffekte erzeugen. Durch ihre Nutzung und Mundpropaganda steigt die Bekanntheit und Attraktivität der Software, was wiederum legale Nutzer anziehen kann.
Lock-In-Effekte: Nutzer, die mit einer Raubkopie starten, gewöhnen sich an die Software. Dies senkt ihre Wechselkosten und macht sie zu potenziellen Käufern von zukünftigen Upgrades oder legalen Versionen ("Raubkopierer von heute sind Upgradekäufer von morgen").
Wie werden Raubkopien aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive bewertet und welche drei grundlegenden Lösungsansätze gibt es, um ihnen zu begegnen?
Gesamtwirtschaftliche Perspektive: Ob Raubkopien schädlich sind, hängt vom Verhältnis des Verlusts an Produzentenrente zum Gewinn an Konsumentenrente ab. Auf monopolartigen Märkten können sie sogar den Wettbewerbsdruck erhöhen, was als wohlfahrtsförderlich angesehen werden kann.
Lösungsansätze:
Rechtlich: Nationale Gesetze (z.B. Patentgesetz) und internationale Abkommen. Das Hauptproblem hierbei ist die Kontrolle und die globale Durchsetzbarkeit.
Technisch: Maßnahmen wie Zugriffskontrolle, Nutzungsbeschränkungen oder Verschlüsselung. Die Probleme sind hier die oft aufwendige technische Realisierung und die mangelnde Akzeptanz bei den Nutzern.
Ökonomisch: Eine angepasste Produkt- und Preispolitik, wie z.B. Preisdifferenzierung oder Versionierung (Light- vs. Premium-Versionen), um unterschiedlichen Zahlungsbereitschaften entgegenzukommen.
Was ist die Konsequenz von unvollkommenen Märkten und asymmetrischer Information?
Auf unvollkommenen Märkten haben die Marktteilnehmer keine vollständigen Informationen. Dies führt dazu, dass Anbieter, Nachfrager, Produkte und Preise verschiedenartig sind. Die Sammlung und der Transfer von Informationen werden entscheidend, damit die Akteure am Marktgeschehen teilnehmen können.
Definiere "Signaling" und "Screening" und nenne jeweils ein Beispiel.
Signaling: Wird von der besser informierten Marktpartei initiiert, um Informationen über die Produkt- oder Servicequalität zu geben. Ein Signal ist besonders aussagekräftig, wenn hohe Kosten für den Signalisierenden mit niedriger Qualität verbunden sind. Beispiele: Qualitätssiegel, Bildungsabschlüsse, Marken.
Screening: Wird von der schlechter informierten Marktpartei initiiert, um Informationen zu beschaffen. Es hilft, Vertragsbedingungen zu erstellen, die von niedrigqualitativen Partnern nur schwer zu erfüllen sind.
Erkläre die drei Gütereigenschaften nach Nelson (1970) sowie Darby und Karni (1973).
Sucheigenschaften: Eigenschaften, die vor dem Kauf einfach beurteilt werden können. Beispiele sind Preis, Farbe oder Größe.
Erfahrungseigenschaften: Eigenschaften, die erst nach der Nutzung des Gutes festgestellt werden können. Beispiele sind Geschmack, Tragekomfort oder Produktausfälle.
Vertrauenseigenschaften: Eigenschaften, die selbst nach der Nutzung nur mit sehr hohen Kosten beurteilt werden können. Beispiele sind die Qualität einer ärztlichen Behandlung oder die biologische Herkunft von Lebensmitteln.
Warum existiert Preisstreuung (Price Dispersion) für homogene Güter?
Preisstreuung für homogene Güter existiert, weil sich Menschen in ihren individuellen Suchkosten unterscheiden. Suchkosten sind der "Wert, den sie beispielsweise ihrer Zeit zuordnen". Kunden mit hohen Suchkosten neigen eher dazu, einen höheren Preis zu akzeptieren, während Kunden mit niedrigen Suchkosten eher weitersuchen, um den günstigsten Preis zu finden.
Skizziere die grundlegenden Annahmen des Preisdispersions-Modells nach Shy (1996).
Es gibt mehrere Läden (z.B. 3), die ein homogenes Gut zu unterschiedlichen Preisen (PD für günstig, PND für teuer) verkaufen.
Die Produktionskosten sind null.
Kunden haben individuelle Suchkosten s.
Kunden kennen die durchschnittliche Preisverteilung, aber nicht, welcher Laden welchen Preis hat.
Jeder Kunde entscheidet, ob er sucht (Kosten: PD+αs) oder zufällig kauft (erwartete Kosten: p).
Was ist das "Diamond Paradox"?
Das Diamond Paradox beschreibt eine Situation, in der die Suchkosten (a) so hoch werden, dass die Läden ihre Preise so setzen, als wären sie Monopolisten auf dem Markt. Obwohl es Wettbewerb gibt, führt die Trägheit der Käufer aufgrund hoher Suchkosten zu Monopolpreisen.
Wie haben sich die Suchkosten durch digitale Märkte (z.B. Check24) verändert?
Die Suchkosten sind teilweise dramatisch gefallen. Gründe dafür sind:
Physische Distanzen sind weniger relevant.
Bisher unauffindbare Güter können auf digitalen Märkten gefunden werden.
Neue Anbieter für bekannte Produkte sind leicht zu finden.
Informationen sind schneller erreichbar, reichhaltiger und aktueller.
Unterscheide zwischen simultaner und sequentieller Suche.
Simultane Suche: Der Kunde entscheidet vorab, wie viele Angebote er einholt, trägt die gesamten Suchkosten auf einmal und wählt dann das günstigste gefundene Produkt aus.
Sequentielle Suche: Der Kunde besucht einen Laden, stellt den Preis fest und entscheidet dann, ob die erwartete Ersparnis durch einen weiteren Suchschritt die zusätzlichen Suchkosten übersteigt. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis es sich nicht mehr lohnt weiterzusuchen.
Sequentielle Suche – Modell nach Shy (1996)
Was ist die "Reservationspreisstrategie" im Modell der sequentiellen Suche?
Die Reservationspreisstrategie beschreibt, dass ein Konsument einen maximalen Preis p im Kopf hat, den er zu zahlen bereit ist. Trifft er auf einen Preis p, der kleiner oder gleich seinem Reservationspreis ist (p≤p), kauft er das Produkt (dies wird als "optimal stopping rule" bezeichnet). Ist der Preis höher, sucht er weiter
Welchen Einfluss haben Suchkosten (s) auf das Suchverhalten und den Reservationspreis (p)?
Ein Anstieg der Suchkosten s erhöht den Reservationspreis p des Konsumenten. Der Konsument ist also bereit, einen höheren Preis zu akzeptieren, da das Weitersuchen teurer ist.
Wenn die Suchkosten s gegen null gehen, sucht der Konsument so lange, bis er den absolut günstigsten Preis gefunden hat.
Nenne die zentralen Ergebnisse des Suchkostenansatzes.
Das Informationsbeschaffungsverhalten der Nachfrager ist von den Suchkosten und der Preisverteilung abhängig.
Bei steigenden Suchkosten sinkt der Suchumfang.
Je größer der Anteil der Ausgaben für ein Gut an den Gesamtausgaben ist (z.B. Hauskauf), desto geringer sind die relativen Suchkosten und desto höher ist der Suchumfang
Wie werden Leistungseigenschaften bei asymmetrischer Information nach ihrer Beurteilbarkeit kategorisiert?
Leistungseigenschaften eines Austauschobjektes werden danach kategorisiert, wann sie beurteilt werden können:
Sucheigenschaften: Sind vor dem Vertragsabschluss beurteilbar (z.B. "Open Qualities").
Erfahrungseigenschaften: Sind erst nach dem Vertragsabschluss beurteilbar (z.B. "Hidden Qualities" oder "Hidden Effort").
Vertrauenseigenschaften: Sind auch nach dem Vertragsabschluss nicht (oder nur mit sehr hohen Kosten) beurteilbar (z.B. "Veiled Qualities" oder "Veiled Effort").
Was ist die grundlegende Annahme der Informationsökonomie als Teildisziplin?
Die zentrale Annahme ist, dass Märkte durch asymmetrische Informationen und Unsicherheit der Marktteilnehmer gekennzeichnet sind. George Stigler formulierte den Leitsatz: „One should hardly have to tell academicians that information is a valuable resource: knowledge is power“. Damit wurde Information als wertvolle Ressource in der ökonomischen Theorie etabliert.
Unterscheide zwischen Ereignisunsicherheit und Marktunsicherheit.
Ereignisunsicherheit (exogene Unsicherheit): Bezieht sich auf die Unsicherheit der Marktteilnehmer über die zukünftige Entwicklung der Umwelt. Sie betrifft Variablen außerhalb des ökonomischen Systems.
Marktunsicherheit (endogene Unsicherheit): Entsteht innerhalb des ökonomischen Systems, weil Anbieter unvollkommene Informationen über die Präferenzen der Nachfrager haben und Nachfrager nicht alle Leistungen (z.B. Preis, Qualität) der Anbieter einschätzen können.
Was sind die zentralen Unterschiede zwischen Suchkostenansätzen und Qualitätsunsicherheitsansätzen?
Die beiden Ansätze unterscheiden sich hauptsächlich in ihren Annahmen über die Umweltbedingungen und den Kenntnisstand der Handelnden:
Suchkostenansätze:
Umwelt: Gehen von der Existenz von Sucheigenschaften, Preis- und/oder Qualitätsstreuung sowie dem Anfall von Suchkosten aus.
Kenntnisstand: Der Suchende hat eine subjektive, aber korrigierbare Annahme über die Verteilung der gesuchten Größen (z.B. Preise).
Qualitätsunsicherheitsansätze:
Umwelt: Fokussieren auf Erfahrungs- und/oder Vertrauenseigenschaften in einer Erstkaufsituation. Die Qualität ist nicht sofort ersichtlich.
Kenntnisstand: Die Nachfrager wissen, dass die Anbieter einen Wissensvorsprung haben und kennen den Zusammenhang zwischen Signalkosten und Qualität.
Was versteht man unter "Adverse Selection" (adverse Selektion) und wie führt sie zu Marktversagen?
Adverse Selection beschreibt ein Marktversagen, das durch eine vorvertragliche Informationsasymmetrie entsteht. Der Verkäufer kennt die Produktqualität, der Käufer jedoch nicht. Da Käufer die Qualität nicht einschätzen können, bildet sich ein einheitlicher Durchschnittspreis. Dies führt zu Marktversagen, weil:
Verkäufer guter Qualität können keinen angemessenen Preis erzielen und verlassen den Markt.
Käufer fürchten, nur schlechte Qualität zu erhalten ("Lemons") und ziehen sich ebenfalls vom Markt zurück. Dieses Konzept wurde von George Akerlof am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes als "The market for lemons" beschrieben.
Wie kann "Signaling" dem Problem der adversen Selektion entgegenwirken? Nenne Beispiele.
Durch Signaling kann die besser informierte Seite (der Verkäufer) glaubhaft ihre hohe Qualität signalisieren. Ein Signal ist dann besonders aussagekräftig, wenn die Kosten für das Signal negativ mit der Qualität korrelieren – es ist also für Anbieter hoher Qualität günstiger, das Signal zu erwerben, als für Anbieter schlechter Qualität. Beispiele:
TÜV-Zertifikat: Für schlechte Autos nur schwer zu erlangen.
Garantien: Für Anbieter schlechter Produkte zu kostspielig.
Bildungsabschluss: Für leistungsfähigere Studierende leichter zu erreichen.
Was ist "Screening" im Kontext von Qualitätsunsicherheit?
Screening wird von der schlechter informierten Partei (dem Käufer/Arbeitgeber) initiiert, um die Informationsasymmetrie bezüglich der Qualität abzubauen. Ziel ist es, durch gezielte Informationsbeschaffung oder Vertragsgestaltung eine Selbstselektion der Anbieter zu bewirken. Beispiele:
Im Einzelhandel: Nutzung von Stiftung Warentest oder Online-Bewertungen, um Qualität zu prüfen.
Auf dem Arbeitsmarkt: Gestaltung von Arbeitsverträgen, die nur von hochqualifizierten Bewerbern erfüllt werden können.
Definiere "electronic Word-of-Mouth" (eWoM) und erkläre seine Hauptfunktion.
eWoM ist jede positive oder negative Aussage von potenziellen, aktuellen oder ehemaligen Kunden über ein Produkt oder ein Unternehmen, die über das Internet einer Vielzahl von Menschen zugänglich gemacht wird. Die Hauptfunktion von eWoM (Online-Bewertungen) ist die Umwandlung von Erfahrungs- in Sucheigenschaften. Durch das "Peer-Learning" können potenzielle Käufer vor dem Kauf von den Erfahrungen anderer lernen und so die Qualitätsunsicherheit reduzieren.
Warum nehmen Online-Bewertungen oft eine "J-Form" in ihrer Verteilung an?
Die J-förmige Verteilung der Bewertungen entsteht durch zwei Effekte (Biases):
Underreporting Bias: Kunden neigen dazu, besonders dann eine Bewertung zu schreiben, wenn sie entweder sehr zufrieden (hohe Bewertung) oder sehr unzufrieden (niedrige Bewertung) sind. Die moderate Mitte wird seltener bewertet.
Purchasing Bias: Es kaufen vor allem diejenigen ein Gut, die von vornherein erwarten, damit zufrieden zu sein. Dies führt zu einer Tendenz zu positiveren Bewertungen.
Welche Gefahren und Risiken sind mit Online-Bewertungen verbunden?
Die Hauptgefahren sind:
Gefälschte Bewertungen: Besonders auf Plattformen, wo kein verifizierter Kauf vorausgeht, können Unternehmen gefälschte positive Bewertungen für sich oder negative für die Konkurrenz erstellen.
Betrügerische Verkäufer ("Milking Strategy"): Verkäufer (z.B. auf eBay) können bewusst betrügerisch handeln, die schlechten Bewertungen in Kauf nehmen und anschließend ihr Konto löschen, um sich mit einem neuen, "sauberen" Profil wieder anzumelden.
Führen Online-Bewertungen kausal zu mehr Verkäufen? Nenne Belege.
Ja, Studien belegen einen kausalen Effekt. Es reicht nicht, nur eine Korrelation festzustellen, da gute Produkte ohnehin mehr verkauft werden und bessere Bewertungen erhalten. Belege aus Experimenten:
eBay-Experiment (Resnick et al.): Gleiche Produkte erzielten mit einem Verkäuferkonto mit sehr gutem Bewertungsprofil einen um 8,1 % höheren Preis als mit einem neuen Konto.
Yelp-Studie (Luca): Restaurants, deren Durchschnittsbewertung knapp aufgerundet wurde (z.B. von 3,24 auf 3 Sterne vs. 3,25 auf 3,5 Sterne), hatten 5-9 % höhere Einnahmen, obwohl die tatsächliche Qualität fast identisch war.
Amazon vs. B&N (Chevalier & Mayzlin): Ein Anstieg der Bewertungsanzahl auf einer Seite (im Vergleich zur anderen) führte zu einem Anstieg der relativen Verkaufszahlen auf dieser Seite.
Welche Rolle spielt die Varianz von Bewertungen im Modell von Sun (2012)?
Im Modell von Sun (2012) ist die Varianz (V) der Bewertungen ein Indikator für die Art des Produkts.
Eine hohe Varianz deutet auf ein Nischenprodukt hin, das von manchen Konsumenten geliebt und von anderen gehasst wird.
Eine niedrige Varianz deutet auf ein Mainstream-Produkt hin. Interessanterweise kann eine höhere Varianz die Nachfrage steigern, aber nur, wenn die Durchschnittsbewertung (M) niedrig ist. Dies liegt daran, dass bei einer niedrigen Durchschnittsbewertung eine hohe Varianz signalisiert, dass es dennoch eine Gruppe von Käufern gibt, die das Produkt lieben und eine hohe Zahlungsbereitschaft haben.
Was ist Preisdifferenzierung und welche drei Grade werden unterschieden?
Preisdifferenzierung (oder Preisdiskriminierung) ist eine Preispolitik, bei der Anbieter für gleiche oder sehr ähnliche Produkte unterschiedliche Preise verlangen, um die maximale Zahlungsbereitschaft (Konsumentenrente) der Nachfrager abzuschöpfen. Man unterscheidet:
1. Grad (Perfekte Preisdifferenzierung): Jeder Kunde zahlt seinen individuellen maximalen Reservationspreis. Die gesamte Konsumentenrente wird zur Produzentenrente.
2. Grad (Nichtlineare Preissetzung): Die Preise variieren je nach gekaufter Menge (Mengenrabatt), Qualität (z.B. Flugklassen) oder Kaufzeitpunkt.
3. Grad (Gruppenbasierte Preissetzung): Verschiedene Kundengruppen (z.B. Studenten, Rentner) zahlen unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt.
Wie verändern sich Konsumentenrente, Produzentenrente und Wohlfahrt bei perfekter Preisdifferenzierung (1. Grades) im Vergleich zum Einheits-Monopolpreis?
Bei perfekter Preisdifferenzierung (PD 1. Grades):
Konsumentenrente: Wird vollständig abgeschöpft und beträgt Null.
Produzentenrente: Ist maximal und entspricht der Summe aus der ursprünglichen Produzentenrente und der ursprünglichen Konsumentenrente.
Wohlfahrtsverlust: Es gibt keinen Wohlfahrtsverlust. Das Ergebnis ist effizient, da bis zur Wettbewerbsmenge (QP) produziert wird, aber die gesamte Rente an den Produzenten geht.
Auf welchen Grundlagen können Unternehmen den Markt für eine Preisdifferenzierung segmentieren?
Unternehmen können den Markt anhand verschiedener Kriterien segmentieren, um unterschiedliche Preise durchzusetzen:
Unterschiedliche Preissensitivität: Verschiedene Käufergruppen reagieren unterschiedlich stark auf Preisänderungen.
Netzwerkeffekte: Der Preis kann basierend darauf variieren, wie sehr der Nutzen eines Gutes von der Anzahl anderer Nutzer abhängt.
Lock-In-Effekte: Hohe Wechselkosten können durch niedrige Einstiegspreise und spätere Preiserhöhungen ausgenutzt werden.
Sharing / Licensing: Der Zugang zu Gütern wird für verschiedene Gruppen unterschiedlich gestaltet, z.B. über Bibliothekslizenzen für Fachzeitschriften.
Definiere "Versionierung" und erkläre das Ziel dieser Strategie.
Versionierung ist eine Form der Preisdiskriminierung (auch Qualitätsdiskriminierung genannt), bei der verschiedene Versionen eines Produktes mit unterschiedlicher Qualität hergestellt und angeboten werden. Ziel: Konsumenten sollen sich durch ihre Wahl selbst einer Gruppe zuordnen ("Selbstselektion"). Damit offenbaren sie ihre jeweilige Zahlungsbereitschaft (Willingness to Pay - WTP), was es dem Anbieter ermöglicht, diese abzuschöpfen.
Erkläre das Ergebnis der Versionierung im Modell von Varian, wenn Kundencharakteristika beobachtbar sind.
Wenn die Charakteristika der Kundengruppen (z.B. "Student" vs. "Berufstätig") für den Anbieter beobachtbar sind, kann er eine perfekte Preisdifferenzierung 3. Grades durchführen.
Er bietet jeder Gruppe eine auf sie zugeschnittene Qualität zum jeweiligen maximalen Preis (Reservationspreis) an.
Der Gewinn des Anbieters ist die Summe der abgeschöpften Zahlungsbereitschaften aller Gruppen.
Die Konsumentenrente ist in diesem Fall Null.
Welches Problem ergibt sich bei der Versionierung mit nicht beobachtbaren Kundencharakteristika und wie wird es gelöst?
Sind die Kundentypen nicht beobachtbar, besteht das Problem, dass auch Kunden mit hoher Zahlungsbereitschaft (WTP) die günstigere, niedrigqualitative Version kaufen könnten. Lösung: Optimierte Selbstselektion. Der Anbieter muss die Preise und Qualitäten so gestalten, dass die Kunden freiwillig die für sie vorgesehene Version wählen. Dies wird erreicht, indem man der Gruppe mit hoher WTP einen Anreiz gibt, die teurere Version zu kaufen. In der Regel geschieht dies, indem man ihnen bei Wahl der Hochqualitätsversion eine gewisse Konsumentenrente belässt (Fläche B' in der Grafik). Der Preis für die Hochqualitätsversion wird also nicht maximal gesetzt, um die Selbstselektion zu gewährleisten.
Wohlfahrt auf einen Blick: fasse alle nochmal zuammen
Welche praktischen Hinweise zur Versionierung von Produkten gibt die Vorlesung?
Design für Versionierung: Produkte sollten so gestaltet werden, dass sie leicht versionierbar sind.
Top-Down-Entwicklung: Entwickle zuerst die höchste Qualität und leite davon niedrigere Qualitätsstufen ab (z.B. durch Entfernen von Features).
Anzahl der Versionen: Biete so viele Versionen an, wie es sinnvoll unterscheidbare Kundengruppen gibt. Falls unsicher, sind mindestens drei Versionen oft eine gute Strategie, um die "Extremeness Aversion" (Abneigung gegen Extreme) auszunutzen.
Dimensionen der Versionierung: Nutze verschiedene Dimensionen zur Differenzierung, wie z.B. Verzögerung, Leistungsumfang, Bildauflösung, Rechengeschwindigkeit oder Support.
Definiere direkte und indirekte Netzwerkeffekte.
Direkte Netzwerkeffekte: Der Nutzen eines Gutes für einen Konsumenten steigt mit der Anzahl der anderen Konsumenten auf derselben Marktseite, die dieses Gut ebenfalls nutzen. Beispiel: Je mehr Freunde WhatsApp nutzen, desto nützlicher ist es für mich.
Indirekte Netzwerkeffekte: Der Nutzen für die Nutzer einer Marktseite steigt, wenn die Anzahl der Nutzer auf der anderen Marktseite zunimmt. Beispiel: Je mehr Verkäufer es auf eBay gibt, desto attraktiver wird die Plattform für Käufer.
Wann können direkte Netzwerkeffekte auch negativ sein?
Direkte Netzwerkeffekte können negativ werden (sog. "Congestion" oder Überlastungseffekte), wenn:
es bei zu vielen Mitgliedern schwierig wird, die relevanten Interaktionspartner zu finden.
die Leistungskapazität der Plattform nicht ausreicht und der Service durch zu viele Anfragen zusammenbricht (z.B. überlastete Server).
die Nutzer stark segmentierte Untergruppen bilden und ein Wachstum der Gesamtplattform keinen Nutzen mehr für die spezifische Untergruppe stiftet.
Erkläre das Metcalfe'sche Gesetz und grenze es von Sarnoff's und Reed's Law ab.
Metcalfe'sches Gesetz: Beschreibt, dass der Wert eines Netzwerks (z.B. Facebook) proportional zum Quadrat der Anzahl seiner Teilnehmer wächst (V∝n2). Dies liegt daran, dass die Anzahl der potenziellen Kommunikationsverbindungen exponentiell zunimmt.
Abgrenzung:
Sarnoff's Law (Broadcast-Netzwerke, z.B. Yahoo): Der Wert ist nur proportional zur Anzahl der Nutzer (V∝n).
Reed's Law (Gruppenbildende Netzwerke, z.B. WhatsApp-Gruppen): Der Wert wächst noch schneller, da er von der Anzahl der möglichen Untergruppen abhängt (V∝2n).
Beschreibe die Grundannahmen und die resultierende "Nachfragekurve" im Modell zu direkten Netzwerkeffekten nach Varian (2006).
Annahmen:
Ein Markt mit 100 potenziellen Nutzern, deren grundsätzlicher Reservationspreis v von 1 bis 100 reicht.
Der individuelle Nutzen hängt von der Gesamtanzahl der Nutzer n ab: U(v,n)=v⋅n.
Der indifferente Nutzer v^ ist derjenige, für den der Nutzen genau dem Preis p entspricht: p=v^⋅n.
Die Anzahl der Nutzer n ist gleich 100 minus dem Reservationspreis des indifferenten Nutzers: n=100−v^.
Nachfragekurve: Durch Einsetzen der Gleichungen ergibt sich eine Parabel, die die möglichen Marktgleichgewichte beschreibt: p=n(100−n).
Erkläre das Konzept der multiplen Gleichgewichte und der "kritischen Masse" im Varian-Modell.
Bei einem gegebenen Preis p gibt es in der Regel drei Gleichgewichtspunkte:
Ein stabiles Gleichgewicht bei Null Nutzern (niemand tritt bei, da der Nutzen zu Beginn Null ist).
Ein instabiles Gleichgewicht, die sogenannte kritische Masse (z.B. bei n=10 im Beispiel).
Ein stabiles Gleichgewicht bei einer hohen Nutzerzahl (z.B. bei n=90 im Beispiel).
Die kritische Masse ist ein "Tipping Point":
Fällt die Nutzerzahl unter die kritische Masse, kollabiert das Netzwerk und die Nutzerzahl sinkt auf Null.
Übersteigt die Nutzerzahl die kritische Masse, sorgt der Netzwerkeffekt für eine Sogwirkung, und die Nutzerzahl wächst von allein auf das hohe, stabile Gleichgewicht an.
Welche strategische Implikation ergibt sich aus dem Varian-Modell für einen Plattform-Anbieter?
Die zentrale strategische Herausforderung ist es, das Henne-Ei-Problem zu lösen und die kritische Masse (das instabile Gleichgewicht B) zu erreichen. Wenn von Anfang an ein positiver Preis p verlangt wird, tritt niemand dem Netzwerk bei, da der Anfangsnutzen Null ist. Der Anbieter muss also zunächst, z.B. durch kostenlose Mitgliedschaften für eine bestimmte Anzahl an Nutzern, die kritische Masse überschreiten, um anschließend die Sogwirkung des Netzwerkeffekts zu nutzen und das profitablere, hohe Gleichgewicht C zu erreichen.
Wie werden die Gleichgewichts-Nutzerzahlen (n0,n1,n2) für einen gegebenen Preis p im Varian-Modell berechnet?
Was ist eine Plattform im Sinne eines zweiseitigen Marktes?
Eine Plattform ist ein Geschäftsmodell, das wertschaffende Interaktionen zwischen externen Produzenten und Konsumenten ermöglicht. Sie stellt eine offene Infrastruktur für diese Interaktionen bereit und legt die Regeln dafür fest. Wenn zwischen den beiden Marktseiten (Produzenten und Konsumenten) indirekte Netzwerkeffekte wirken, spricht man von einem zweiseitigen Markt.
Unterscheide das Geschäftsmodell "Plattform" vom traditionellen "Pipeline"-Modell.
Pipeline-Modell: Folgt einer linearen Wertschöpfungskette (Produktion → Distribution → Konsument). Der Fokus liegt auf der Kontrolle eigener Ressourcen, interner Optimierung und der Maximierung des einzelnen Kundenwerts.
Plattform-Modell: Orchestriert die Interaktion zwischen externen Produzenten und Konsumenten (Produzent ↔ Plattform ↔ Konsument). Der Fokus liegt auf der Orchestrierung von externen Ressourcen, der Ermöglichung externer Interaktion und der Maximierung des Werts des gesamten Ökosystems.
Nenne die vier Vorteile von Plattformen gegenüber Pipelines.
Eliminierung von Gatekeepern: Plattformen ersetzen ineffiziente "Gatekeeper" (z.B. Verleger) durch Marktmechanismen und Signale aus der Community (z.B. Kundenbewertungen bei Amazon).
Erschließung neuer Wertquellen: Plattformen können schneller wachsen, da sie neue Angebotsquellen erschließen, ohne die dafür nötigen Ressourcen selbst besitzen zu müssen (z.B. Airbnb besitzt keine eigenen Zimmer). Die Grenzkosten für ein zusätzliches Angebot sind vernachlässigbar.
Effektive Nutzung von Feedback: Plattformen können Community-Feedback (z.B. Online-Bewertungen) nutzen, um Qualität besser zuzuordnen und Unsicherheit abzubauen.
Invertierung der Wertschöpfungskette: Plattformen externalisieren vormals interne Ressourcen. Sie müssen Ressourcen nur managen, anstatt sie zu besitzen (z.B. Uber, Airbnb, Meta).
Welche Strategie sollten Plattformen beim Markteintritt verfolgen und warum?
Plattformen sollten eine "Pull"-Strategie verfolgen. Anstatt Kunden durch Werbung "anzustoßen" (Push), sollte der Service so gestaltet sein, dass er Nutzer anzieht. Ein Weg ist es, das Henne-Ei-Problem zu lösen, indem man eine Seite des Marktes stark ausbaut, um die andere Seite anzuziehen. Beispiel: PayPal war anfangs bei vielen Händlern verfügbar und wurde für eBay-Transaktionen verpflichtend, um eine große Nutzerbasis aufzubauen, was wiederum für mehr Händler attraktiv war.
Nenne vier beispielhafte Modelle zur Monetarisierung von Plattformen.
Bepreisung von Transaktionen: Für jede erfolgreiche Vermittlung wird eine Gebühr fällig (Bsp.: eBay, Uber, Airbnb).
Bepreisung des Zutritts: Nutzer zahlen eine Gebühr für den Zugang zur Plattform (Bsp.: Sky).
Bepreisung von Premiumzugang: Basis-Funktionen sind kostenlos, erweiterte Funktionen sind kostenpflichtig (Bsp.: XING).
Bepreisung von vereinfachter Nutzbarkeit: Nutzer zahlen, um Werbung zu entfernen oder Offline-Versionen zu erhalten.
Erkläre die ökonomische Logik hinter der Preisstrategie auf zweiseitigen Märkten. Warum wird eine Seite oft subventioniert?
Die optimale Preisstrategie auf einem zweiseitigen Markt maximiert den Gesamtgewinn über beide Marktseiten, nicht den Gewinn jeder Seite einzeln. Eine Preissenkung auf der einen Seite (Markt C) reduziert zwar den Gewinn auf dieser Seite, steigert aber die Nutzerzahl. Durch den indirekten Netzwerkeffekt wird die Plattform dadurch für die andere Seite (Markt J) attraktiver, deren Nachfrage und Zahlungsbereitschaft steigen. Der zusätzliche Gewinn auf Markt J überkompensiert den Verlust auf Markt C. Im Extremfall wird eine Seite kostenlos oder sogar subventioniert, um die andere, profitablere Seite maximal zu stimulieren. Dies ist die Grundlage für "Freemium"-Geschäftsmodelle.
Fasse die Ergebnisse des Rechenbeispiels zur Preissetzung auf zweiseitigen Märkten zusammen.
Das Beispiel vergleicht die Preissetzung mit und ohne Berücksichtigung der indirekten Netzwerkeffekte (ecj=0.8,ejc=0.3):
Ohne Netzwerkeffekte (Fall 1): Beide Märkte werden isoliert optimiert. Die optimalen Preise sind pc=5 und pj=5, der Gesamtgewinn beträgt 50.
Mit Netzwerkeffekten (Fall 2): Die Preise werden koordiniert. Der optimale Preis auf der Seite mit dem stärkerenEffekt auf die andere Seite (Markt C) wird stark gesenkt (pc∗=2,22), während der Preis auf der anderen Seite (Markt J) erhöht wird (pj∗=7,77).
Ergebnis: Obwohl der Gewinn auf Markt C sinkt, steigt der Gesamtgewinn auf 84,4, was deutlich höher ist als der Gewinn von 77,5, der erzielt würde, wenn man die alten Preise beibehält und die Netzwerkeffekte ignoriert. Dies zeigt, dass die Subventionierung der "einflussreicheren" Marktseite den Gesamtgewinn maximiert.
Was ist eine Auktion und welche zwei Hauptziele können bei ihrer Gestaltung verfolgt werden?
Eine Auktion ist ein Marktmechanismus mit kompetitiver und dynamischer Preisfindung, bei dem Anbieter Waren anbieten und Käufer ihre Nachfrage bekunden. Sie ist eine der ältesten Marktformen. Bei der Gestaltung können zwei Ziele im Fokus stehen:
Pareto-Effizienz: Die Auktion führt zu einem Ergebnis, bei dem das Gut an den Bieter mit der höchsten Wertschätzung geht.
Gewinnmaximierung: Die Auktion erzielt den höchstmöglichen erwarteten Gewinn für den Verkäufer.
Dynamische Preissetzung – Was ist das?
Beschreibe die vier grundlegenden Auktionstypen: Englisch, Holländisch, Erstpreis- und Zweitpreisauktion.
Englische Auktion (English Auction): Eine öffentliche Auktion mit steigenden Geboten. Der letzte verbleibende Bieter gewinnt und zahlt sein Gebot.
Holländische Auktion (Dutch Auction): Der Auktionator startet mit einem hohen Preis und senkt diesen schrittweise. Der erste Bieter, der den aktuellen Preis akzeptiert, gewinnt die Auktion und zahlt diesen Preis.
Erstpreisauktion (First-Price Sealed-Bid, FPSB): Jeder Bieter gibt verdeckt ein Gebot ab. Der Höchstbietende gewinnt und zahlt den Betrag seines eigenen Gebots.
Zweitpreisauktion (Second-Price Sealed-Bid, SPSB/Vickrey): Jeder Bieter gibt verdeckt ein Gebot ab. Der Höchstbietende gewinnt, zahlt aber nur den Preis des zweithöchsten Gebots.
Warum ist die Zweitpreisauktion (SPSB) "anreizkompatibel"?
Die Zweitpreisauktion ist anreizkompatibel, weil die dominante Strategie für jeden Bieter darin besteht, seine wahre Zahlungsbereitschaft (WTP) zu bieten. Der Bieter kann durch strategisches Bieten unter seiner WTP seine Gewinnwahrscheinlichkeit nur senken, nicht aber den zu zahlenden Preis (da dieser vom zweithöchsten Gebot bestimmt wird). Mehr als die eigene WTP zu bieten, birgt nur das Risiko, mehr zu zahlen, als das Gut einem wert ist.
Unterscheide zwischen "Private-Value"- und "Common-Value"-Auktionen.
rivate-Value Auktion: Jeder Bieter kennt seinen eigenen, individuellen Wert für das Gut, und diese Werte unterscheiden sich zwischen den Bietern (z.B. ein Kunstwerk für einen Liebhaber). Die Zahlungsbereitschaft der anderen ist unbekannt.
Common-Value Auktion: Der tatsächliche Wert des Gutes ist für alle Bieter gleich, aber sie haben unterschiedliche Informationen über diesen wahren Wert (z.B. eine Öl-Lizenz). Hier besteht die Gefahr des "Winner's Curse": Der Gewinner ist oft derjenige, der den wahren Wert am optimistischsten (und damit am stärksten) überschätzt hat und somit zu viel zahlt.
Was sind die Hauptunterschiede von E-Auktionen zu traditionellen Auktionen?
Die Hauptunterschiede sind:
Zugänglichkeit: E-Auktionen ermöglichen Teilnehmern weltweit den Zugang zu niedrigen Kosten.
Dauer: Die Versteigerung dauert oft länger, z.B. über mehrere Tage.
Teilnehmerzahl: Die Anzahl der Bieter schwankt während der Auktion.
Neue Auktionsarten: Durch das Internet sind zusätzliche Typen wie Name-your-own-price- oder Pay-per-Bid-Auktionen bekannt geworden.
Warum ist die Auktionsform von eBay ein Hybridmodell?
Die eBay-Auktion ("Proxy Bidding") ist ein Hybrid und lässt sich nicht eindeutig einem klassischen Typ zuordnen.
Gegen English Auction spricht: Es gibt einen festen Endzeitpunkt, und der Gewinner zahlt nur das zweithöchste Gebot (plus ein geringes Inkrement).
Gegen Second-Price Sealed-Bid spricht: Der aktuelle Zwischenstand (das zweithöchste Gebot) ist während der Auktion sichtbar, und es können mehrere Gebote abgegeben werden.
Die Klassifikation hängt vom Bieterverhalten ab: Inkrementelles Mitbieten ähnelt einer English Auction, während die einmalige Abgabe des Maximalgebots in den Bietagenten einer Second-Price Sealed-Bid Auction ähnelt.
Erkläre den "Sunk-Cost-Effect" im Kontext von Auktionen.
Der Sunk-Cost-Effect beschreibt die Tendenz von Menschen, ein Vorhaben fortzusetzen, nur weil sie bereits Geld, Zeit oder Mühe investiert haben, auch wenn eine Fortsetzung irrational ist. Bei Auktionen kann dies zu irrationalen Bietentscheidungen führen. Besonders bei Pay-per-Bid-Auktionen wird dieser Effekt ausgenutzt: Bieter haben bereits für jedes Gebot bezahlt ("versunkene Kosten") und bieten weiter, um diese Investition nicht "umsonst" getätigt zu haben.
Wie funktionieren Pay-per-Bid-Auktionen und wie verdienen die Betreiber damit Geld?
Bei Pay-per-Bid-Auktionen müssen Bieter für jedes einzelne Gebot bezahlen (z.B. 0,72 $). Jedes Gebot erhöht den Auktionspreis nur um einen minimalen Betrag (z.B. 0,01 $). Der Gewinner zahlt am Ende den finalen Auktionspreis zusätzlich zu den Kosten für seine eigenen Gebote. Der Betreiber verdient sein Geld durch die Summe aller Gebotskosten von allen Bietern (Gewinner und Verlierer) plus den finalen Auktionspreis. Oft übersteigt dieser Gesamtumsatz den eigentlichen Wert des Produkts bei Weitem.
Welche Risiken und Betrugsformen gibt es bei Auktionen?
Risiken und Kosten:
Verzögerter Konsum durch lange Auktionsdauern.
Infrastrukturkosten zur Verfolgung und Teilnahme.
Mangelndes Vertrauen in Anbieter/Nachfrager.
Versandkosten.
Betrug:
Auktionsmärkte sind anfällig für Betrug, am häufigsten durch ausbleibende Lieferungen oder Zahlungen.
Bei Informationsasymmetrien, Monopolen oder externen Effekten kann es zu gesamtwohlfahrtlich schlechten Ergebnissen kommen.
Zuletzt geändertvor 6 Tagen