Was ist Diskriminierung?
Rössel: Unter Diskriminierung versteht man im Kontext der Ungleichheitsforschung, dass Personen nicht nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit behandelt, sondern bestimmte Personnegruppen meist auf der Grundlage askriptiver Merkmale, schlechter behandelt werden als andere Personengruppen.
Askriptive Merkmale = zugeschriebene Merkmale
schwer veränderbar
soziale Herkunft, Geschlecht, Ethnie
Erworbene Merkmale:
recht leicht veränderbar
Bildung, Beruf, Einkommen
Was ist der Ausgangspunkt für Diskriminierung?
Einteilung von Menschen in Gruppen / soziale Kategorien
Kognitive Ursachen:
begrenzte kognitive Kapazitäten
Menschen arbeiten mit Heuristiken/Vereinfachungen
sparsam - entlasten
Ingroup vs. Outgroup: Die Unterscheidung in "wir" (Eigengruppe) und "die anderen" (Fremdgruppe) ist ein zentraler Mechanismus.
Warum ist die von Rössel vorgeschlagene Definition problematisch bzw. zu eng?
Definition ist sehr eng gefasst und bezieht sich nur auf den Arbeitsmarkt!
wenn es eine Abweichung zu der Entlohnung zu der Leistung besteht
-> Kriterien der Leistungsgerechtigkeit nicht wirklich geeingnet für eine Definition der Diskriminierung
Probleme der Definition:
Schlechterbehandlung: negative und positive Diskriminierung.
Kriterium: Leistungsgerechtigkeit (bspw. Diskriminierung auf anderern Märkten: Wohnungsmarkt, Partnermarkt)
Bessere Definition: Ungleichbehandlung aufgrund eines wahrgenommenen askriptiven Merkmals
Welche theoretischen Modelle der Diskriminierung werden in den Texten besprochen?
Becker (1957): Diskriminierungspräferenz /Taste-based Discrimination
Arrow / Phelps (1972): Theorie der statistischen Diskriminierung
Reich (1971): Radikale Theorie der Diskriminierung (Konflikttheoretisch)
Madden (1973): Theorie der monopsonistischer Diskriminierung
Gomolla (2016): Institutionelle Diskriminierung
Welche Annahmen macht die Theorie der Diskriminierungspräferenz /Taste based discrimination?
Gerry S. Becker: Diskriminierungspräferenz /Taste-based Discrimination
Abweichung von Annahme (des Marktmodells): es gibt die Präferenz mit bestimmten Tauschpartnern nicht zu tauschen
Präferenz für bestimmte Tauschpartner (Anbieter und Nachfrager) = Bereitschaft auf ökonomische Vorteile zu verzichten
Bei vollständiger Konkurrenz bedeutuet Verzicht auf Gewinn, dass diskriminierende Akteure vom Markt verdängt werden (perfekter Markt)
ABER: Wettbewerb ist nicht perfekt! -> Stabile Diskriminierung
Woher kommen die Präferenzen?
Sie werden nicht erklärt, sondern einfach exogen angenommen
Möglicher Ansatz: Soziale Identität
Ingroup - Outgroup -> Präferenzen
Wie erklärt die Theorie der statistischen Diskriminierung die Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen?
Abweichung von Annahme (des Marktmodells): es gibt nicht die vollständige Information
Informationsasymmetrie:
Arbeitgeberinnen haben nur unvollständige Infos über die Produktivität/Leistungsbereitschaft von Bewerberinnen
Arbeitgeberinnen suchen nach Indikatoren für Produktivität
Zentral: Bildung
Andere Merkmale: Grupenzugehörigkeit (Anwendung stereotyper Vorstellungen zur Leistungsbereitschaft(
Bsp.: Geschlechterdiskriminierung (Frau unproduktiver, da primär verantwortlich für Kinder)
Problem:
Es wird keine Gruppe als Ganzes benachteiligt
Annahme tatsächlicher Unterschiede in Gruppenmittelwerten (der Produktivität)
Welche Annahmen macht die radikale Theorie der Diskriminierung?
Konflikttheoretische Konzeption
Löhne werden nicht durch Produktivität, sondern durch Machtverhältnisse zwischen Arbeitgeberinnen und Beschäftigten bestimmt
Annahme: Arbeitgeberinnen versuchen, Lohn gering zu halten
Methode: Organisationsfähigkeit der Beschäftigten minimieren -> Bevorzung bestimmter Gruppen (höherer Lohn) -> Spaltung der Belegschaft -> geringer Verhandlungsmacht
Welche Annahmen macht die Theorie monopsonistischer Diskriminierung?
Monopson = Marktform mit einem Nachfrager und vielen Anbietern
Monopsonistische Diskriminierung
Annahme: Gruppen von Arbeitnehmerinnen haben unterschiedliche Preiselastizitäten im Bezug auf das Arbeitsangebot
Preiselastitzität gibt an, wie stark das Angebot auf eine Änderung des Preises reagiert
Bsp.: jemand der raucht hat eine hohe Preiselastitziät und würde trotz höherem Kaufpreis weiter Zigaretten kaufen
Monopsone zahlen Gruppen mit niedrigerer Elastitzität weniger -> steigert Untenehmensgewinne
Bsp: Frauen/ethnische Minderheiten sind weniger Lohnempfindlich (Höhere Kosten / Hürden für Stellenwechsel)
Was sind Institutionen?
Definition: Regeln, die das Zusammenleben und die Interaktion von Menschen strukturieren.
Merkmale:
Regeln sind den Beteiligten bekannt.
Einhaltung wird sanktioniert (Belohnung/Bestrafung).
Sie schaffen Erwartbarkeit im Handeln.
Beispiele: Gesetze, Normen (Begrüßung), Schulpflicht, Ehe, Familie, Leistungsprinzip (Meritokratie).
Was ist institutionelle Diskriminierung?
Institutionelle Diskriminierung (Gomolla 2016):
Definition: Eingebettete Praktiken in Organisationen, die soziale Gruppen benachteiligen oder ausschließen.
Wichtiger Punkt: Wirkt unabhängig von individuellen Vorurteilen oder Absichten.
Wirkweise: Praktiken werden oft als "normal" oder "selbstverständlich" angesehen.
Ziel der Analyse: Zeigen, wie Diskriminierung durch das normale Handeln von Organisationen entsteht.
Abgrenzung: Nicht jede Ungleichheit zwischen Gruppen ist institutionelle Diskriminierung.
Wie kann institutionelle Diskriminierung auf das Beispiel der Gymnasialempfehlung angewendet werden?
Gymnasialempfehlungen sind Empfehlungen der Lehrkräfte
basierend auf den Noten der Fächer
laut KMK allgemein leistungsrelevante Eigenschaften berücksichtigen
Einschätzung des Elternhauses (Unterstüzungsbereitschaft)
Erfüllung von Kriterien wie Selbsständiges Lernen
Sozialverhalten
Problem: Ungleiche Leistungsansprüche an SuS aufgrund des Elternhauses
Akademikerkinder müssen weniger Leistung vorzeigen als Kinder mit Migrationshintergrund um eine Gymnasialempfehlung zu erhalten
Fazit: Regeln und Praktiken im Schulsystem können Ungleichheit reproduzieren.
Hier geht der Faktor dieser Möglichen Unterstützungsbereitschaft gegen das Leistungsprinzip!
Wie unterscheidet sich Diskriminierung von Rassismus?
Rassimus:
umfassender - nicht nur individuelle Vorurteile, sondern als Ordnungssystem
Ordnungssystem manifestiert sich auf kultureller, institutioneller und struktureller Ebene
Eintielung von Personen in homogenen Gruppen (auf Basis von Ethnise, Nationalität)
Biologisierung /Naturalisierung von Gruppenunterschieden
Hierarchisierung von Gruppen
ABER: Nähe zur insitiutionellen Diskriminierung
Diskriminierung:
Die konkrete Handlung der Ungleichbehandlung.
Ist die Umsetzung von Ungleichheit, die durch Rassismus (oder andere Mechanismen) erzeugt wird.
enger: es geht explizit um Ungleichbehandlung
breiter: weitere Merkmale (Geschlecht, Behinderung, soziale Herkunft)
Was ist eine sog. Correspondence-Studie? Warum kann mit ihr Diskriminierung dokumentiert werden?
Correspondence Studie - Diskriminierung belegen:
experimentelles Forschungsdesign zur empirischen Messung von Diskriminierung
Reale Stellenanzeigen /Wohnungsanzeigen
Wissenschaftlerinnen verschicken fiktive Bewerbungen, die sich nur beim interessierenden Merkmal unterscheiden (bsp.: Geschlecht, Migrationshintergrund, etc.)
Vergleich des Rücklaufs
Unterschiede im Rücklauf lassen sich auf eine Ungleichbehandlung aufgrund des unterschiedlcihen askriptiven Merkmals zurückführen -> Diskriminierung
Empirische Ergebnisse für Diskriminierung:
Studie Schunck und Gereke: Bewerbungen identisch bis auf Namen
Deutsch, Dänisch knapp 10% höherer Anteil positiver Rückmeldungen als Griechen und knapp 20% höherer Anteil als Türken (siehe Folie 24) -> Bei Männern
ethnische Hierarchie ersichtlich
Bei Frauen geringere Unterschiede zwischen den Ethnien
Wahrscheinlichkeit eine positivere Rückmeldung generell höher als bei Männern
Folie 25:
Deutsch vs. Türkisch Vergleich mit hinzunahme der jeweiligen Reference Zeugnisse
Türkisch-stämmige Bewertbungen werden unabhängig der Referenzen stark benachteiligt (bei Männern und Frauen der Fall)
Hinweis auf Taste-Based-Discriminination
Frau mit Kopftuch -> starke Benachteiligung gegenüber identischer Bewerbung ohne Kopftuch
Diskriminierung von sozialen Gruppen trägt zur Entstehung von sozialer Ungleichheit bei.
Woher kommen negative Stereotype zu Outgroups?
Social Identity Theory (Tajfel 1981)
Soziale Identität: Teil unseres Selbstbildes, der aus der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen entsteht.
Positives Selbstbild: Menschen streben danach, sich selbst positiv zu sehen.
Sozialer Vergleich: Wir vergleichen unsere Eigengruppe (Ingroup) mit anderen Gruppen (Outgroups).
Mechanismus: Um den eigenen Wert und den der Eigengruppe zu steigern, neigen Menschen dazu:
Der Ingroup positive Eigenschaften zuzuschreiben.
Der Outgroup negative Eigenschaften zuzuschreiben.
Folge: Dies führt zur Entstehung und Aufrechterhaltung negativer Stereotype über Fremdgruppen.
Zuletzt geändertvor 8 Tagen