Soziologie ist die Lehre über die Gesellschaft.
Sie untersucht soziale Phänomene, die sie definiert, beschreibt und erklärt
Erklärungen für die Urbanität von Kriminalität
- Tatgelegenheitsstruktur (viele Gelegenheiten: Juweliere, Läden etc.)
- Anonymität (niemand kennt jeden, weniger Kontrolle)
- Bevölkerungsstruktur, -dichte und -verteilung
o Bei Dörfern z.B. ist die Bevölkerung durchmischt und homogener
o viele Menschen im engerem Raum
o große soziale Unterschiede: reich und arm nebeneinander
- Mobilität
- Was ist eine Stadt?
Allgemein: größere Siedlung mit geschlossener Bebauung, hoher Bebauungsdichte, Ortskern, Anziehungskraft auf die Umgebung.
Rechtlich (NRW Gemeindeordnung): Jede Gemeinde ≥25.000 Einwohnern
(auf Antrag: ≥20.000 Einwohner)
Statistisch: Kleinstadt bis 20.000, Mittelstadt bis 100.000, Großstadt ab 100.000 und Megastadt ab 1.000.000 Einwohnern
Stadt:
- Schmelztiegel
- Im permanenten Wandel (sozial, kulturell, ökonomisch)
- ‚Laboratorien der Moderne‘
Land:
- Kontinuität
- Bewahrung von Tradition
Polizeiliche Brennpunkte: Definition
Polizeiliche Brennpunkten (Kriminalitätsbrennpunkte) sind Orte oder Räume, an denen vermehrt Straftaten begangen werden. Ihre Kriminalitätsbelastung hebt sich deutlich von anderen Orten ab.
„gefährlicher Ort“
Typische polizeiliche Brennpunkte:
- Vergnügungs- und Ausgehviertel
- Viertel mit hoher Bevölkerungsdichte, erzwungener Segregation, schlechter gesellschaftlicher Integration und schlechten Lebensperspektiven (vgl. LV 03)
- Orte der Mobilität (Großstadtbahnhöfe, Flughäfen)
Angstorte: Definition
Angstorte sind Orte, die von der Bevölkerung mehrheitlich als gefährlich empfunden werden. Sie sind besonders geeignet dafür, Unsicherheitsgefühle hervorzurufen, die von der objektiven, statistisch ermittelbaren Gefahr, die von dem Ort ausgeht, unabhängig sein können.
Typische Angstorte werden oft deshalb als gefährlich empfunden, weil
- Schlecht ausgeleuchtet, schwer einsehbar, unübersichtlich, anonym
- Verwahrlost, unordentlich
- Ein unbestimmter oder nur vage bestimmter Personenkreis ist von der vermeintlichen oder tatsächlichen Gefahr betroffen
- Mit fehlender Sozialkontrolle assoziiert
- Mit ungenügenden Hilfsmöglichkeiten assoziiert
Sind Brennpunkte und Angstorte identisch?
Nein, weil Angstorte oft subjektiver Wahrnehmung entsprechen, Kriminalitätsbrennpunkte sind objektiv z.B Ringe (Brennpunkt) ist kein Angstort
· Nein: Angst kann von objektiver Gefährdung unabhängig sein
· Es gibt Angstorte, die keine Brennpunkte sind und Brennpunkte, die keine Angstorte sind
Was kann die Polizei konkret tun, um die Kriminalitätsfurcht an einem Angstort zu senken?
- Präsenz nur moderat erhöhen
- Leicht ansprechbare Einsatzkräfte: Fahrradstreife, mobile Wache, Bezirksbeamte, ggf. Reiterstaffel
- Einbeziehung von Ordnungspartnerschaften und Präventionsräten
- Wenn Kriminalitätsfurcht objektiv begründet ist: gewissenhafte Strafverfolgung, Präventionsmaßnahmen
- Informationskampagnen
- Videoüberwachung?
Kriminalitätsfurcht
Die Erzeugung eines subjektiven Sicherheitsgefühl [hält] die Gesellschaft in der Waage.
Ursachen von Kriminalitätsfurcht (im Allgemeinen oder einem bestimmten Ort):
- Kriminalität
- Zu hohe polizeiliche Präsenz
- Politische oder mediale Überbetonung spektakulärer Straftaten z.B. Sexualdelikte, Raubdelikte, Kindesentführung, Mord, Ausländerkriminalität, Jugendkriminalität
- Entstehung von Kriminalitätsfiguren – Stereotype, in denen sich gesellschaftliche Problemthemen verdichten: „Der Migrant wird zum Repräsentanten einer aus den Fugen geratenen Welt, die an die eigene Haustür klopft“
Videoüberwachung kann grundsätzlich auf zwei Weisen präventiv wirken.
Welche?
Verhindernd und
Verdrängend (Abschreckung)
Kann VÜ Straftaten verhindern, bevor sie geschehen? Vielleicht mit automatisierter Verbrechenserkennung?
nein, erstmal müssen Straftaten erkannt werden, es könnte höchstens das unmittelbare Ansetzen einer Straftat bekanntwerden. Anschließend verlegen die PVB zur Einsatzörtlichkeit und „versuchen“ vor einer Vollendung eingreifen (zeitlich jedoch unmöglich)
Kann VÜ Straftaten durch die Aussicht auf Strafverfolgung verhindern (Prävention durch antizipierte Repression)?
keine eindeutige Antwort möglich, da es sehr auf den Tätertyp ankommt
manche schreckt es nicht ab, da sie die Aussicht auf Strafverfolgung nicht fürchten (z.B. Terroristen)
manche handeln um Affekt; also denken nicht dran oder ist Ihnen in dem Moment egal
manche sind so professionell, dass sie verdeckt handeln, auch wenn die VÜ werden
andere verlagern ihre Straftaten einfach in eine andere Örtlichkeit
Ist Verlagerung von Straftaten (= Verdrängung) immer möglich?
nein, da bestimmte Straftaten an einem Raum gebunden sind
(bspw. Anschläge – viele Leute!)
Ist flächendeckende VÜ eine grundrechtskonforme Möglichkeit, auf Verdrängung zu reagieren?
nein, führt nur zu Überwachungsdruck und ist nicht wirklich zielführend
Ist VÜ im öffentlichen Raum eine sinnvoll kriminalpräventive Maßnahme?
nicht wirklich:
1. Verbrechen werden verlagert, aber für die Strafverfolgung ist flächendeckende VÜ gut!
(präventiv schwierig)
Das Wort ‚Gewalt‘ bezeichnet
➢ eine bestimmte Form der Schädigung (Gewalt im Schädigungssinn) oder
➢ eine bestimmte Form institutionalisierter Macht, z.B. in ‚Staatsgewalt‘ oder ‚Gewaltenteilung‘ (Gewalt im Machtsinn).
Zentrale Ergebnisse zu:
Gewalterleben durch PVB (tätlich, nicht-tätlich)
NRW-Studie:
• knapp 80% der Befragten (ca. 15.000 PVB) erlebten 2011 mindestens einen nicht-tätlichen Angriff
• ca. die Hälfte erlebte mindestens einen tätlichen Angriff
• Häufigste Arten tätlicher Angriffe:
—> Drängeln, Schubsen, Stoßen (75%),
—> Schläge, Tritte (50%),
—> Reißen, Ziehen, Festhalten (40%),
—> Anspucken (30%)
• Verletzungen: 50% der angegriffenen PVB erlitten Verletzungen, leichte Verletzungen (z.B. Beule, Schürfwunde) überwiegen stark, ca. 75% der verletzten PVB mussten nicht medizinisch versorgt werden
• Angriffe wurden in der Regel nicht als belastend erlebt
• 80% der Opfer tätlicher Angriffe waren aus dem Bereich der Bereitschaftspolizei, Wachdienst und Polizeigewahrsamsdienst
keine starken Senkungen, sondern stetige Steigung im Bund
beginnt bei 32.000 Fällen und endet 2023 mit 46.000 Fällen
2019 fängt es an zu sinken, von 9200 Fällen auf 2021 - 7600 Fällen
dann ist wieder eine Steigung auf 9900 Fällen zu sehen, dies könnte man mit der Pandemie in Verbindung bringen - Lockdown
5 wichtige Trends bei der Entwicklung von Gewalt gegen Polizei (in den Jahren 2013-2023)
• Pauschal gesagt, steigen Gewalttaten gegen PVB, steigen seit 2013 auf Bundesebene kontinuierlich an. (Davor gab es eine Wellenbewegung.)
• Schwere KV ist von 2016-19 deutlich rückläufig, zwischen 2019 und 2021 gab es eine Zunahme. Seitdem sinken die Zahlen (zuletzt deutlich).
• Es gab seit 2017 (Neuregelung des §114!) eine statistische Verschiebung von einfacher KV zu tätlichem Angriff.
• Einfache KV sind seit 3 Jahren auf konstant niedrigem Niveau, tätliche Angriffe nehmen seit ihrer Einführung kontinuierlich zu. Widerstand zuletzt ebenfalls.
• Der Schwerpunkt der aktuellen Zunahme von Gewalt gegen PVB liegt v.a. auf Zunahme bei Widerstand und tätlichem Angriff (siehe auch vorige Folie).
Widerstand ist keine Gewalt gegen Polizei
Falls Gewalt gegen Polizei angewendet wurde tätlicher Angriff
Was meint gestiegene Gewaltsensibilität?
Gewalt wird als Handlung an sich und als Mittel zur Konfliktlösung bis auf wenige Ausnahmen und vor allem in Bezug auf die eigene Person strikt abgelehnt.
Wie hängt die gestiegene Gewaltsensibilität mit dem Anstieg der registrierten Fälle von Gewalt gegen PVB (ebenso wie mit dem Anstieg der registrierten Fälle von Gewalt von PVB) zusammen?
Je niedriger die Toleranzschwelle gegenüber Gewalt in einer Gesellschaft ist, desto eher ist davon auszugehen, dass die Betroffenen das Bedürfnis nach einer formellen, d.h. strafprozessualen Reaktion auf die Gewalt entwickeln. Dunkelfeld-Hellfeld-Verschiebung.
Zuletzt geändertvor 22 Tagen