Am 01.07.2010 verhandelt Getränkegroßhändler G mit dem Prokuristen P der X-KG über den Verkauf seiner alten Ladeneinrichtung zu einem Preis von 10.000 Euro. P ist durchaus an der Einrichtung interessiert, behält sich den endgültigen Entschluss jedoch noch vor, um zunächst mitKomplementär K Rücksprache zu halten. G geht davon aus, dass der P ihm umgehend mitteilen werde, wenn der Vertrag nicht zu Stande kommen soll. P hört sich jedoch zunächst nach günstigeren Angeboten um. Als G nichts weiter von P hört sendet er am 03.07.2010 folgendes Schreiben an die X-KG:
„Hiermit bestätige ich Ihnen den mit Ihrem Prokuristen P am 01.07.2010 geschlossenen Kaufvertrag über eine Ladeneinrichtung zu einem Preis von 10. 000 Euro.“
Als K das Schreiben am 04.07.2010 erhält geht er davon aus, der Inhalt sei mit P abgesprochen und kümmert sich nicht weiter darum. Am 15.07.2010 erfährt P von dem Schreiben.Da er inzwischen eine Einrichtung für 8. 000 Euro erworben hat, schreibt er sofort an G, dass er kein Interesse mehr habe.
G verlangt von der K-KG Abnahme und Zahlung von 10. 000 Euro, zu Recht?
A. G -> X KG auf KP Zahlung gem. 433 II BGB
I. A.e.
Wirksamer Vertragsschluss
a) Einigung 01.07. (-)
b) Einigung 03.07., Kaufmännischen Bestätigungsschreibens
a) Absender und Empfänger müssen nach herkömmlicher Ansicht grds. Kaufleute sein. Inzwischen wird allerdings von vielen vertreten, dass es ausreiche, dass sowohl der Schweigende (= Empfänger) als auch der Absender des Bestätigungsschreibens wie Kaufleute am Geschäftsverkehr teilnehmen und deshalb von ihnen die Beachtung kaufmännischer Verkehrssitten und eine entsprechende Betriebsorganisation erwartet werden kann.
Vorliegend ist Großhändler G Kaufmann i.S.d. § 1 Abs. 1 HGB, auf die X-KG werden als Personenhandelsgesellschaft gem. § 6 HGB die Vorschriften über Kaufleute angewendet.
b) Vorherige Vertragsverhandlungen
Dem Kaufmännischen Bestätigungsschreiben müssen Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrags vorangegangen sein. Erforderlich ist zudem ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang des Bestätigungsschreibens mit den über den Vertrag geführten Verhandlungen. Wann ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang gegeben ist, ist eine Frage des Einzelfalls: Fünf Tage als noch unmittelbar bewertet, drei Wochen dagegen zu lang.
In unserem Fall liegen lediglich 3 Tage zwischen den Verhandlungen und dem Schreiben, so dass ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang bejaht werden kann.
c) Redlichkeit des Absenders
Der Absender des Bestätigungsschreibens muss in gutem Glauben handeln. Hierdurch soll ein Missbrauch dieses Rechtsinstituts verhindert werden. Der Absender ist etwa nicht schutzwürdig, wenn sich zwei Bestätigungsschreiben kreuzen. Weiterhin u.U. keine Schutzbedürftigkeit, wenn der Absender wusste, dass er mit einem falsus procurator verhandelt hat. Kenntnis eines Vertreters des Absenders sind gem. § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
Vorliegend sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Redlichkeit des G in Frage stellen.
d) Kein Widerspruch des Empfängers
Ist der Empfänger mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens nicht einverstanden, so muss er unverzüglich widersprechen, wobei dies i.S.d. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB zu verstehen ist.
Der vertretungsberechtigte Komplementär K (§§ 161 Abs. 2, 125 HGB) hat das Schreiben am 04.07.2010 erhalten und nicht widersprochen. Ein Widerspruch erfolgte zwar von P, jedoch erst am 15.07.2010. Die Aufgabe des Bestätigungsschreibens ist es, für Klarheit im Rechtsverkehr zu sorgen, so dass an den rechtzeitigen Widerspruch hohe Anforderungen zu stellen sind. Ein Widerspruch nach über einer Woche genügt diesen Anforderungen nicht, insofern kann nicht mehr von einem unverzüglichen Widerspruch der X-KG gesprochen werden.
Zuletzt geändertvor 7 Tagen