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AG - 3. Klausur (Kapitel 9 nur 9/I, 19-27)

FS
von Florian S.

Was ist ein Ordentliches Strafverfahren?

  • kein Anklagegrundsatz, sondern Inquisitionsprinzip: Behörde ist Ankläger und Richter gleichzeitig. Behörde hat aber materielle Wahrheit zu erforschen und alle Umstände zu Gunsten des Beschuldigten zu berücksichtigen (§ 25 Abs 2 VStG).

  • Grundsätze der Mündlichkeit, Unmittelbarkeit, Öffentlichkeit gelten nicht. Sie gelten erst im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten.

  • Einleitung des Verfahrens von Amts wegen (§ 25 Abs 1 VStG). Aufgrund Legalitätsprinzip ist Behörde verpflichtet, bei Vorliegen eines Verdachts Verfahren einzuleiten. (Ehrenkränkung ausschließlich auf Antrag – Privatanklagedelikt)

  • § 33a VStG: Behörde hat anstelle Verhängung Verwaltungsstrafe den Beschuldigten zu beraten und ihn aufzufordern, innerhalb angemessener Frist den Zustand herzustellen („Beraten statt strafen“).

  • kein Anwaltszwang

  • Ermittlungsverfahren ist durchzuführen, in dem der Beschuldigte Gelegenheit zur Rechtfertigung haben muss (ordentliches Verfahren, § 40 VStG). Entfällt nur bei abgekürzten Verfahren.

Beendigung des ordentlichen Verwaltungsstrafverfahrens:

  1. Erlassung eines Bescheids = Straferkenntnis

  2. Einstellung des Verfahrens (§ 45 VStG): formlos oder durch Bescheid; formellen Freispruch gibt es nicht

  3. Aussprechen einer Ermahnung (§ 45 VStG): Ist Verschulden des Beschuldigten und Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat gering, kann Behörde anstelle Verfahrenseinstellung dem Beschuldigten mit Bescheid eine Ermahnung erteilen. Gegen Straferkenntnis kann binnen 4 Wochen ab Zustellung/Verkündung an das Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben werden (§ 7 VwGVG). Verwaltungsgericht kann Straferkenntnis aufheben oder abändern. Es gilt Verschlechterungsverbot: Es darf keine höhere Strafe als im angefochten Bescheid verhängt werden (§ 42 VwGVG). Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte unterliegen der Kontrolle durch den VfGH und durch den VwGH.

Was sind abgekürzte Strafverfahren?

Drei Formen der abgekürzten Verfahren:

  • Strafverfügung (§§ 47 ff VStG)

  • Anonymverfügung (§ 49a VStG)

  • Organstrafverfügung (§ 50 VStG)

    • Strafverfügung

      Strafverfügung: sind Bescheide, die ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren erlassen werden.

      Setzt voraus:

      • Gericht, Verwaltungsbehörde, Organ der öffentlichen Aufsicht aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung oder abgelegten Geständnisses eine Verwaltungsübertretung angezeigt wird

      • aufgrund von Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender Einrichtungen festgestellt wird Geldstrafe bis zu 600 € verhängbar (§ 49 VStG) Innerhalb zwei Wochen Einspruch einlegen (ab Zustellung)

    • Anonymverfügung

      § 49a VStG: Behörde hat die Möglichkeit bei Bagatellfällen eine Strafe zu verhängen, ohne den Täter auszuforschen.

      Setzt voraus:

      • Anzeige der Verwaltungsübertretung auf einer dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen beruht

      • es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt, für die durch Verordnung eine Geldstrafe bis zu 365€ im Vorhinein festgesetzt wurde

      • Anonymverfügung ist kein Bescheid. Gibt auch kein Rechtsmittel dagegen. Wird sie nicht bezahlt, wird sie gegenstandslos. Richtet sich gerade nicht an den Täter. Wird dem Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zugestellt. Bei nicht Bezahlung: Strafverfahren

    • Organstrafverfügung

      § 50 VStG besonders geschulte Organe der öffentlichen Aufsicht ermächtigen, wegen bestimmter, von ihnen dienstlich wahrgenommener oder vor ihnen eingestandener Verwaltungsbetretungen mit Organstrafverfügungen Geldstrafen einzuheben.

      • Strafen müssen im vorherein festgelegt werden und dürfen 90€ nicht übersteigen.

      • Sie ist zu übergeben oder am Tatort zurückzulassen

      • Sie ist KEIN Bescheid – kein Rechtsmittel zulässig.

      • Bei nicht Bezahlung, ist der Täter zu ermitteln und ein Strafverfahren einzuleiten.


Was ist die rechtliche Kontrolle?

Es wird nur die Vereinbarkeit des Staatsaktes mit den Regeln des übergeordneten Rechts geprüft. Die Kontrolle wird nur durch unabhängige Gerichte durchgeführt. Der Rechtsschutz in Kontrolleinrichtungen sind fast immer auf Prüfungsanträge durch bestimmte Staatsorgane angewiesen

  • Die Prüfung, ob Gesetze verfassungkonform sind, obliegt dem Verfassungsgerichtshof.

  • Die Rechtskontrolle der Urteile oder Beschlüsse der ordentlichen Gerichte obliegt dem instanzmäßig übergeordneten Gerichten und letztlich dem obersten Gerichtshof.

  • Die Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns bei nichthoheitlichen Verwaltungshandelns obliegt den ordentlichen Gerichten und bei hoheitlichen Verwaltungshandelns den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts.

  • Für Staatsakte, für die die Verfassung keine Rechtskontrolle einrichtet (zB. Parlamentsbeschlüsse), führt eine Rechtswidrigkeit zur absoluten Nichtigkeit des Staatsaktes.

Auf Prüfungsanträge angewiesen.

Diese kann nicht jeder stellen, sondern nur bestimmte Staatsorgane sowie jene rechtsunterworfenen, denen die Rechtsordnung ein subjektives Recht auf die Rechtskontrolle eines bestimmten Verwaltungsaktes einräumt.

Nicht jede Verletzung des objektiven Rechts durch die Staatsorgane, ermöglicht den Rechtsweg – benötigt die Einräumung eines subjektiven Rechts durch die Rechtsordnung

Wenn das objektive Recht ausschließlich Regelungen im öffentlichen Interesse trifft und den Einzelnen nur als Folgeerscheinung oder Reflexwirkung berührt, liegt kein subjektives Recht vor.

Hat der Einzelne kein subjektives Recht – Rechtsweg nicht möglich

Kann ggf: Petition, Beschwerde an die Volksanwaltschaft oder Aufsichtsbeschwerde einbringen.

  • Petition: sind Anträge allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung oder der Vollziehung bestimmte Normen zu erlassen oder bestimmte rechtliche Zustände abzustellen. (Art 11 StGG)

  • Beschwerde an die Volksstaatsanwaltschaft: Gegenstand können nur Missstände in der Verwaltung bzw die Säumnis eines Gerichts mit der Vornahme einer Verfahrenshandlung sein

  • Aufsichtsbeschwerde: kann der Rechtsunterworfene das übergeordnete Verwaltungsorgan auf einen rechtswidrigen Akt einer untergeordneten Verwaltungsbehörde aufmerksam machen und die Ausübung von Aufsichtsmitteln anregen.


Was ist der Verfassungsgerichtshof?

Wahrung der Einhaltung der Verfassung richtet die Art 137 ff B-VG ein eignes Gericht ein - Verfassungsgerichtshof

Besteht aus 14 Mitglieder (Präsident, Vizepräsident und zwölf Mitglieder, sechs Ersatzmitglieder) – Richter nur nebenamtlich tätig

Entscheidet grds im Plenum mit einfacher Mehrheit - Präsident selbst hat kein Stimmrecht

Dirimierungsrecht: im Falle von Stimmengleichheit

Sitz ist in Wien

Aufgaben:

  • Kausalgerichtsbarkeit (Art 137 B-VG): entscheidet über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund/Länder/Gemeinden /Gemeindeverbänden

  • Kompetenzgerichtsbarkeit (Art 138 B-VG): Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden; ordentlichen Gerichten und Verwaltungsgerichten oder dem VwGH, VfGH und allen anderen Gerichten, sowie zwischen den Ländern untereinander

    • Positiver Kompetenzkonflikt: zwei oder mehrere Zuständigkeit beanspruchen

    • Negativer Kompetenzkonflikt: Kein Staatsorgan zuständig fühlt

  • Kontrolle von Gliedstaatsverträgen (Art 138a B-VG)

  • Beschlüsse und Meinungsverschiedenheiten in Verbindung mit Einsetzung und Tätigkeit der Untersuchungsausschüsse des Nationalrates (Art 138b Abs 1 B-VG) sowie Anfechtung von Entscheidungen des Präsidenten des Nationalrates und des Vorsitzenden des Bundesrates betreffend die Klassifizierung von Informationen (Art 138b Abs 2 B-VG)

  • Normenkontrolle (Art 139 und 140 B-VG) Kontrollmonopol über generelle Rechtsnormen

    • Abstrakte Normenkontrolle losgelöst von einem konkreten Anlassfall

    • Konkrete Normenkontrolle konkreter Anlassfall, soweit die Norm präjudiziell ist

  • Prüfung von Staatsverträgen (Art 140a B-VG)

  • Wahlgerichtsbarkeit (Art 142 B-VG): Anfechtung von Wahlen, Volksbegehren, Volksbefragungen, Volksabstimmungen und Europäischen Bürgerinitiativen, Mandatsverlust in einem allgemeinen Vertretungskörper und Amtsverlust

  • Staatsrechtliche Anklage (Art 142 B-VG) Obersten Organe der Verwaltung von anderen Staatsorganen angeklagt

  • Beschwerden gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte (Art 144 B-VG)

Parallelbeschwerde zulässig

99Sukzessivbeschwerde ist nicht zulässig

Im Bereich der Normenkontrolle bewegt sich der VfGH in einem

Spannungsfels zwischen Politik und Recht

Im Wesentlichen ist der VfGH kein Gesetzgebungsorgan, er kann verfassungswidrige Gesetze nur aufheben und nicht abändern

Was ist die Volksanwaltschaft?

Art 148a ff B-VG

Bürger eine möglichst formlose Beschwerdemöglichkeit in jenen Fällen zu ermöglichen, in denen keine Rechtsmittel mehr offen stehen

Ist ein Hilfsorgan der Gesetzgebung und organisatorisch ein Bundesorgan

Besteht aus drei Mitgliedern (Volksanwälte)

Werden vom Nationalrat für eine Periode von sechs Jahren gewählt (nur eine Wiederwahl möglich), Art 148g B-VG

Ist in der Ausübung ihres Amtes unabhängig (Art 148a Abs 6 B-VG)

Jedes Mitglied ist hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit den Mitgliedern der

Bundesregierung nach Art 142 Abs 2 lit b B-VG gleichgestellt (Art 148g Abs 6 B-VG)

Nähe Bestimmung: Volksanwaltschaftsgesetz 1982

Kann alle Missstände der Bundesverwaltung aufgreifen (der Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung)

Können von Amts wegen oder auf Beschwerde tätig werden (Art 148a B-VG)

Rechtlichen Möglichkeiten sind beschränkt:

  • Empfehlungen an die obersten Organe der Bundesverwaltung, an die Organe der Selbstverwaltung sowie weisungsfreie Behörden

    Verwaltungsorgan trifft aber keine rechtliche Verpflichtung, diese Empfehlung umzusetzen – Nichtumsetzung muss begründet werden

  • Verordnungsprüfungsverfahren für Bundesverordnungen durch den Verfassungsgerichtshof beantragen (Art 139 Abs 1 Z 5 B-VG)

Zur Kontrolle der Bundesverwaltung eingerichtet.

Länder können die Volksanwaltschaft durch Landesverfassungsgesetze auf für die Landesverwaltung für zuständig erklären oder aber eigen Einrichtungen schaffen (Art 68 Oö L-VG – Art 139 Abs 1 Z 6 B-VG)

Was wird unter Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht verstanden?

Geregelt: Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

Innerhalb von vier Wochen zu erheben Beschwerde hat den nach § 9 VwGVG angefochtenen Bescheid und die Behörde, die ihn erlassen hat (belangte Behörde) zu bezeichnen.

  • Gründe anzuführen

  • Außerdem auf ein konkretes Begehren zurichten.

Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat ex lege aufschiebende Wirkung

  • Kann in Einzelfall ausgeschlossen sein (§§ 13, 22 Abs 2 VwGVG)

  • Im Verwaltungsstrafverfahren kann die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen werden (§ 41 VwGVG)

Belangte Behörde hat die Möglichkeit, eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen (§ 14 VwGVG)

Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufheben, abändern, zurück- oder abweisen

Jede Partei kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung beantragen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag § 15 VwGVG)

Zuständigkeit Bundesverwaltungsgericht oder Landesverwaltungsgericht:

Zuständigkeitsregelung Art 131 B-VG

Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen, hat das Verwaltungsgericht die Beschwerde durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 VwGVG). Dabei hat es:

  • abweisen, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt

  • in Verwaltungsstrafsachen in der Sache selbst zu entscheiden (§ 50 VwGVG)

  • in Administrativverfahren dann in der Sache selbst entscheiden oder den Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen (§ 28 VwGVG)

  • Unzuständigkeit der belangten Behörde den angefochtenen Bescheid aufzuheben und an die zuständige Behörde zu verweisen

Verwaltungsgericht hat eine meritorische Entscheidungszuständigkeit - Ausnahmen sind eng auszulegen.

Was ist ein Individualantrag?

(1) Voraussetzungen für die Stellung eines Individualantrags

Gem. Art 139 Abs 1 und 140 Abs 1 B-VG erkennt der VfGH über:

  • Gesetzwidrigkeit von Verordnungen bzw Verfassungswidrigkeit von Gesetzen

  • Auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Rechtswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet

  • sofern die Verordnung oder das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides (bzw Erkenntnisse) für diese Person wirksam geworden ist

Dieser Antrag eines Rechtsunterworfenen an den VfGH auf Normenkontrolle wird Individualantrag bezeichnet

Unmittelbarer und aktueller Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers vorliegen und ein Umweg über einen anderen Rechtsweg nicht zumutbar sein.

(2) Unmittelbare Eingriffswirkung in eine Rechtsposition

Angefochtene Norm selbst den Antragsteller aktuell und unmittelbar beeinträchtigt.

Liegt dann vor, wenn bereits ein Bescheid, ein Erkenntnis oder ein Urteil die generelle Norm individuell-konkret umgesetzt hat

Außerdem braucht es eine aktuelle Beeinträchtigung, eine potenzielle genügt nicht

(3) Umwegsunzumutbarkeit

Individualantrag = subsidiärer Rechtsbehelf

Normadressaten darf kein anderer gerichtlicher oder verwaltungsbehördlicher Rechtsweg offen stehen!

—> Zumutbar: wenn es offensichtlich ist, dass diese nicht erteilt werden kann oder in aussichtslosen Verfahren

—> Unzumutbar: wenn der Normadressat die generelle Norm übertreten müsste um so ein Strafverfahren zu provozieren und diesem die Rechtswidrigkeit der Verbotsnorm einzuwenden oder ein besonders aufwändiges, teures und langwieriges Verfahren einleiten müsste

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Florian S.

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