Wie lauten soziologische Herangehensweise an die Frage der Erblichkeit von kognitiven Eigenschaften/Fähigkeiten?
Ablehnung genetischer Erklärungen (Bartram et al. 2024)
Kritische Auseinandersetzung mit Genetik (Bartram et al. 2024)
Integration biologischer & sozialer Modelle (Freese 2008)
Warum sollte die Frage nach der Vererblichkeit geklärt werden? Warum ist es ein uneasy topic?
Berührt (normative) Fragen bzgl. Gerechtigkeit sozialer Ordnung sowie der Möglichkeit, verändernd einzugreifen.
Fehlinterpretation genetischer Daten zur Legitimation sozialer Ungleichheit
Gefahr normativer Fehldeutungen (z. B. IQ = naturgegeben → Ungleichheit „gerecht“)
Welche gegensätzlichen Positionen gibt es zur Erblichkeit?
Blank slate assumumption:
weißes Papier, Mensch durch Experience geprägt
nichts angeborenes
Verhaltensgenetik:
Gene steuern unser Entwicklung -> Verhalten, Handeln, Einstellungen -> Eigenschaften werden vererbt
-> Gene und Umwelt stehen in Wechselwirkung zueinander!
Alte Debatte:
Nature vs. Nurture
Biologischer Determinismus (keine sozialen Einflüsse) vs. Blank Slate (keine biologischen Einflüsse)
Was untersucht die quantitative Verhaltensgenetik?
Einfluss genetischer und nicht-genetischer Faktoren auf phänotypische Merkmale
Vergleich von Verwandtschaftsgraden (z.B. Zwillinge)
Untersuchung des Zusammenspiels von Genen und Umwelt
Erblichkeit = Anteil genetischer Varianz an Gesamtvarianz in Population
ABER:
Kontext-abhängig
Unklar über den Mechanismus
Zu welchem Ergebnis kommen solche Zwillingsstudien der quantiativen Verhaltensgenetik?
Beispielforschung: Zwillingsstudien (eineiige vs. zweieiige)
Eineiige Zwillinge korrelieren stärker in Bezug auf ihre Körpergrößen als die zweieiigen Zwillingen
Eineiige Zwillinge = genetisch Identisch (gleiches Erbgut)
Zwillige interessant weil sie prinzipiell die selben Umwelteinflüsse erfahren haben müssten
Ergebnis:
82% der Varianz der Körpergröße sind auf genetische Variation (in der Population zurückzuführen -> Erblichkeit
8% auf geteilte Umwelteinflüsse
10% auf nicht-geteilte Umwelteinflüsse
Was sind die wichtigsten Einschränkungen von Erblichkeitsschätzungen?
Kontextabhängig (Ort, Zeit, Gesellschaft)
Keine Aussagen über einzelne Personen
Kein genetischer Determinismus (trotz hoher Erblichkeit)
Bsp.: Kurzsichtigkeit (zu 90% erblich), aber durch soziale Intervention (Brille) korrigierbar
Was ist das Problem der unbestimmten Kausalkette?
Problem der unbestimmten Kausalkette (Freese, 2008)
Gen A → Merkmal B nur über mehrere indirekte Stationen
Bsp.: Körpergröße → Attraktivität → Interaktionen → Selbstvertrauen → Alter 1. GV
Gene weit weg vom eigentlichen Outcome -> illustriert lange Kausalkette
Kontext-Abhängigkeit auch wichtig: in nahost ländern vermutlich komplett andere Ergebnisse aufgrund von anderer gesellschaftlicher Regelungen
Warum hängt die "Erblichkeit" von den Umweltbedingungen ab?
CFT = Psychologischer Test von kognitiven Fähigkeiten
60% = A= Gesamtanteil der genetischen Varianz an der gesamten Varianz
3% = C= geteilten Umweltanteil Varianz
37% = E = Anteil der nicht-geteilten Umwelt Varianz (z.B. unterschiedliche Freundeskreise)
Tracking:
Genetik scheint da nicht so viel Einfluss zu haben wie die geteilte Umweltvarianz (29% = A, 66% = C, 6% = E)
Beispiel: Schulerfolg von Kinder und dem sozioökonomischen Status der Eltern
Keine Scheinkorrelation
Unter Einbezug der koginitiven Fähigkeiten von den Eltern und den Kindern bleibt die Korrelation bestehe
Fazit zu den zwei Positionen zu Erblichkeit
Soziologie /empirische Sozialforschung profitiert von einer Zusammenarbeit mit der (Verhaltens-)Genetik -> Erklärungen werden besser
-> Soziale Kontext von großer Bedeutung beim Genotyp-Phänotyp Link
-> Erklärungen ohne Wissen um soziale Mechanismen nicht möglich
Zuletzt geändertvor 7 Tagen