Beweisbedürftigkeit: Grundlagen
Parteien haben Gericht entscheidungserhebl. Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen
Tatsache beweisbedürftig, wenn (1) entscheidungserheblich, (2) von Gegenpartei hinreichend bestritten und (3) nicht bereits erwiesen
Tatsachen: vergangene, gegenwärtige und künftige Vorgänge und Zustände der Außenwelt (äußere T.) sowie des Seelenlebens des Menschen (innere T.)
Auch mglw. Gegenstand des Beweises:
Erfahrungssätze (= aus best. Tatsachen gezogene Schlussfolgerungen)
Dem Gericht unbekannte Rechtssätze anderer Staaten, § 293
Entscheidungserheblichkeit einer Tatsache (Beweisbedürftigkeit)
Entscheidungserheblichkeit des Klägervortrags
Vom K vorgetragene Tatsachen sind entscheidungserheblich, wenn sie bei unterstellter Richtigkeit Auswirkungen auf Schlüssigkeit der Klage haben
Entscheidungserheblichkeit des Beklagtenvortrags
Vom B …. , wenn sie bei unterstellter Richtigkeit zum Entfallen der Schlüssigkeit der Klage führen
Fehlende Beweisbedürftigkeit
Zugestandene Tatsachen (§§ 288, 138 II)
ausdrücklich zugestandene und nicht ausdrückl. bestrittene Tatsachen = unstreitig
Offenkundige Tatsachen (§ 291)
allgemein- und gerichtskundige Tatsachen
Eingreifen einer gesetzlichen Vermutung (§ 292)
Rechtsvermutungen (zB. §§ 891, 1006 I 1 BGB) und Tatsachenvermutungen (zB. §§ 938, 1117 III, 2009 BGB)
Widerlegbarkeit durch Beweis des Gegenteils
Eingreifen eines Anscheinsbeweises (…)
Darlegungslast
Welche Partei muss welche Tatsachen vortragen?
Grundsatz: Jede Partei trägt DL für die tatsächlichen Vrs. der für sie günstigen Rechtsnormen.
K hat anspruchsbegründende Tatsachen darzulegen
B hat Tatsachen zur Begründung rechtshindernder, rechtsvernichtender oder rechtshemmender Einreden vorzutragen
Beweislast
Subjektive Beweislast (Beweisführungslast)
Welche Partei muss für eine Tatsache Beweis antreten?
Objektive Beweislast
Zu wessen Lasten geht Nichtaufklärbarkeit einer entscheidungserhebl. streitigen Tatsache (= Situation des “non liquet”)?
Grundsatz: Jede Partei trägt Beweislast für die tatsächl. Vrs. der ihr günstigen Norm.
abweichende Beweislastverteilung möglich
gesetzliche Beweislastregeln (zB. § 932 BGB)
gesetzliche o. tatsächliche Vermutungen (zB. §§ 280 I 2 BGB)
Anscheinsbeweis (Fehlende Beweisbedürftigkeit)
Durch Beweis des ersten Anscheins (prima-facie-Beweis) kann bei typ. Geschehensabläufen von best. Tatsachen (Anscheinsbasis) nach allg. Erfahrungssätzen auf das Vorliegen anderer Tatsachen oder Umstände geschlossen werden.
Bsp: Auffahrender hat Unfall schuldhaft herbeigeführt, da unaufmerksam, zu schnell, zu wenig Abstand
Anscheinsbeweis kann von Gegenpartei erschüttert werden, indem sie ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden atypischen Geschehensablauf behauptet (ggf. beweist)
Beweisarten – Überblick
Unterscheidung nach der Beweislast
Hauptbeweis
Gegenbeweis
Beweis des Gegenteils
Unterscheidung nach der Beweisnähe
Unmittelbarer Beweis
Mittelbarer Beweis
Unterscheidung nach der Beweislast (Beweisarten)
von der beweisbelasteten Partei zu führender B.
von der nicht beweisbelasteten Partei zu führender B. zur Erschütterung der durch Hauptbeweis gewonnenen Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit einer Tatsache
Begr. von vernünftigen Zweifeln genügt
Hauptbeweis zur Widerlegung einer gesetzlichen Vermutung (§ 292) durch Gegner
Überzeugung des Gerichts vom Nichtvorliegen der vermuteten Tatsache notwendig (bloße Zweifel genügen nicht)
Unterscheidung nach Beweisnähe (Beweisarten)
Führung des B. über Tatsache, die selbst TB-Merkmal der einschlägigen Rechtsnorm ist
(zB. Nennung eines Zeugen für B. des mündl. Kaufvertragsschlusses)
Führung des B. über Tatsachen, die nicht zum gesetzlichen TB gehören, aber Rückschluss auf Vorliegen eines TB-Merkmals rechtfertigen (Indizien)
Beweisverfahren – Überblick
Arten des Beweisverfahrens
Strengbeweis (Normalfall)
Freibeweis (Ausnahme)
Ablauf des Beweisverfahrens
Beweisantritt
Anordnung der Beweisaufnahme
Durchführung der Beweisaufnahme
Bindung des Gerichts an die fünf gesetzl. vorgesehenen Beweismittel (“AZSUP”) und das förmliche Beweisverfahren nach §§ 355 ff.
Zulassung von anderen Beweismitteln nach gerichtlichem Ermessen (zB. amtliche u. telefonische Auskünfte) oder
Modifikation des Verfahrens (zB. schriftliche Zeugenaussage)
zulässig in sog. Bagatellverfahren (§ 495a) und bei Einverständnis der Parteien (§ 284 I S. 2, 3)
durch Angabe Beweisthema und Beweismittel
siehe jew. §§ 371, 373, 403, 420, 445 I
bei Zeugen: Beweiserhebung auch von Amts wegen möglich (§§ 141, 142, 144)
formlose Anordnung in mündl. Verhandlung
Ausnahme: Notwendigkeit eines Beweisbeschlusses nach §§ 358, 358a (Inhalt Beweisbeschluss: § 359)
vor Prozessgericht, § 355 I 1
Ausnahmen: §§ 355 I 2, 361, 362
Beweiswürdigung – Überblick
Grundsatz der freien Beweiswürdigung, § 286 I
Berücksichtigung des gesamten Verhandlungsinhalts und Beweisaufnahme nach freier Überzeugung
Beweis einer Behauptung (+), wenn Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt
“nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.”
Begründungspflicht der Gerichts, § 286 I 2
Ausnahme bei gesetzlichen Beweisregeln, § 286 II
Bindung des Gerichts an gesetzl. Beweisregeln (zB. §§ 165, 314, 415 ff.)
Beweismittel – Überblick
Augenschein, §§ 371 ff.
Zeugen, §§ 373 ff.
Sachverständige, §§ 402 ff.
Urkunden, §§ 415 ff.
Parteivernehmung, §§ 445 ff.
Merke: “AZSUP”
Augenschein (Beweismittel)
Jede Form der unmittelbaren Wahrnehmung von beweiserheblichen Tatsachen, körperlichen Eigenschaften oder Zuständen durch das Gericht selbst
Jede Form der sinnlichen Wahrnehmung (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten)
Zeugen (Beweismittel)
Kann jede Person sein, die nicht Partei ist
Pflicht des Zeugen zum Erscheinen vor Gericht (Folgen des Ausbleibens: 380 I)
Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Aussage (§§ 395, 396)
Zeugnisverweigerungsrechte: §§ 383, 384
Folgen der Zeugnisverweigerung: § 390
Pflicht zur Beeidigung, § 391
Sachverständige (Beweismittel)
Informiert Gericht über bestimmte Erfahrungssätze und Zusammenhänge
Sonderfall: sachverständiger Zeuge, § 414 -> Aussage als Zeuge
Urkunden (Beweismittel)
Urkunde = Jede durch Schriftzeichen verkörperte Gedankenerklärung
Unterscheidung:
Öffentliche Urkunden, § 415 I
Privaturkunden, § 416
Parteivernehmung (Beweismittel)
Subsidiarität ggü. sonstigen Beweismitteln (vgl. §§ 445 I, 448)
Parteivernehmung auf Antrag, § 445 I
Parteivernehmung von Amts wegen, § 448
Zuletzt geändertvor 4 Tagen