==> Wissenschaftler geben keine politischen Empfehlungen ab
-Positive Aussagen
o beschreibende Aussagen, (klingen unstrittig)
o beziehen sich auf das „Sein“
-Normative Aussagen
o sind wertende Aussagen,
o beziehen sich auf Idealvorstellungen,
o auf das „Sollen“.
-Ausgangsfrage: Sollten Sozialwissenschaftler normative Aussagen treffen, also auch zu den politischen Zielen an sich Stellung beziehen?
o Max Weber und Werner Sombart argumentierten mit „Nein“ und der Kernthese: Es ist nicht Aufgabe der Sozialwissenschaft, Normen vorzugeben – Normen sind nicht wissenschaftlich abgeleitet
o Dem gegenüber stand Gustav von Schmoller: Sozialwissenschaft muss helfen, sich an den richtigen Normen zu orientieren – will vorbeugen und mit Fachwissen präventiv wirken
==> den Streit gewann zunächst Schmoller, Weber trat aus dem Verein aus – heute gelten Webers Thesen als Konsens
-Die Fortsetzung des Konflikts war der Positivismusstreit in den 1960er Jahren
-Hans Albert formulierte daraufhin seinen dreiteiligen Wertebegriff
o Wertbasis
§ Wertsetzung durch Auswahl wissenschaftlichen Methode und der Frage – ist unvermeidbar und kann damit nicht Gegenstand von Kritik sein
o Werte im Objektbereich
§ Beobachtbare Werte als Untersuchungsgegenstand – ist unkritisch, da ein wissenschaftlicher Diskurs über Werte nicht kritisch ist
o Werte im Subjektbereich
§ Meinungen und Ziele des Forschers dürfen nicht in die wissenschaftlichen Ergebnisse miteinfließen und Empfehlungen geben – betrifft den Kern des Werurteilsstreits
-Die Intersubjektive Nachvollziehbarkeit als Kriterium für Wissenschaftlichkeit – ist heute das gängige Kriterium zur Prüfung einer wissenschaftlichen Arbeit – ein anderer Forscher muss zum gleichen Ergebnis kommen, obwohl evtl. andere Meinungen verfolgt
==> Bedingte Empfehlungen ermöglichen es dem Adressaten, Werturteile zu erkennen und kritisch zu prüfen!
==> Fehlt die positive Analyse oder die normative Setzung, kommt es zu Fehlschlüssen! Humes Gesetz: „Aus dem Sein folgt kein Sollen“
o Während positive Aussagen beschreiben, wie etwas ist, beziehen sich normative Aussagen darauf, wie etwas sein soll.
o Welche Rolle normative Aussagen in den Sozialwissenschaften spielen sollten, war lange sehr umstritten und ist es zum Teil noch heute.
o Unvermeidbar sind Wertsetzungen, die bereits mit der Wahl der Fragestellung und der Art der wissenschaftlichen Herangehensweise verbunden sind. Unkritisch ist auch die Auseinandersetzung mit Werten als Untersuchungsgegenstand. Umstritten ist vor allem der richtige Umgang mit den Meinungen und Zielen des Forschers.
o Ein unbedingt empfehlenswerter Umgang mit normativen Setzungen im Subjektbereich ist, diese explizit zu machen, damit andere erkennen können, welche Wertungen vorgenommen wurden.
-Der methodologische Individualismus ist das zentrale Werturteil der Ökonomik– eint die meisten Ökonomen und hat damit einen enormen Effekt
-Methodische Dimension
o Nur Individuen entscheiden und handeln (nicht Staaten, Unternehmen, Gewerkschaften oder andere Kollektive).
-Normative Dimension
o Es existiert kein Wert an sich. Jeder Gegenstand oder Zustand wird erst dann wertvoll, wenn er Individuum Nutzen stiftet
o Erst die Wertschätzung eines Menschen verleiht den realen Wert – umgekehrt gibt es keinen Wert der vom Menschen unabhängig ist
Zur methodischen Dimension des methodologischen Individualismus
-Vermeintliche Handlungen von Kollektiven (Staat, Unternehmen etc.) sind über die Einstellungen, Verhaltensweisen und Entscheidungskalküle ihrer individuellen Mitglieder und die Regeln der Entscheidungsfindung innerhalb der Kollektive zu erklären
-Werte werden nicht von externen Instanzen oder Kollektiven bestimmt. Es gibt keine Werte aus den Dingen selbst heraus, keine ‚objektiven‘ Werte.
-Nur die Individuen selbst können wissen, was ihnen etwas im Unterschied zu etwas anderem wert ist (und dabei z.B. auch externe Instanzen einbeziehen)
o Religiöse Werte, Artenvielfalt, etc. erhält alles erst einen Wert, wenn einzelne Individuen ihnen einen Wert beimessen
==> Interpersonelle Nutzenvergleiche sind nicht möglich! (Objektivität wäre vonnöten – faktisch ist dies aber nicht möglich)
-Wichtigste Kriterium zur Beurteilung der Wohlfahrt einer ganzen Gruppe
-Pareto‐Verbesserung
o Gegenüber dem Status‐Quo stellt sich mindestens ein Individuum besser, kein Individuum stellt sich schlechter (A wäre pareto-superior gegenüber B)
-Pareto‐Optimum
o Ausgehend vom Pareto‐Optimum ist keine Pareto‐Verbesserung möglich – alle Individuen der Gruppe sind bestmöglich gestellt, ohne dass es einem Individuum schlechter geht
-Eindeutige Aussagen über die Verbesserung, bzw. Entwicklung einer Gruppe sind nur möglich wenn keine gegensätzlichen Bewegungen passieren
-Das Pareto‐Kriterium ist mit einer individualistischen Perspektive vereinbar!
-Beurteilung von Prozessen durch rational nutzenmaximierende Individuen – diese werden sich mindestens gleich, eher besser, aber nie schlechter stellen
==> Freiwillige Tauschhandlungen = Pareto‐Verbesserungen
-1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: Jedes Wettbewerbsgleichgewicht auf einem vollkommenen Markt ist ein Pareto‐Optimum
==> Funktionierende Märkte führen zu verschwendungsfreien Zuständen – alle Verbesserungsmöglichkeiten sind ausgeschöpft (Märkte sind maximal effizient)
-2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: Jedes Pareto‐Optimum ist bei entsprechender Ausgangsverteilung als Wettbewerbsgleichgewicht realisierbar.
==> Allokationsfragen(/-problem) können von Distributionsfragen (Verteilungsproblem) getrennt werden kann – bei vollständiger Konkurrenz – damit wird implizit angenommen, dass Verteilungsfragen bei allokativen Analysen zunächst nicht beachtet werden müssen
==> unendlich viele Pareto-Optima sind verfügbar – wo man auskommt hängt vom Ausgangspunkt ab (von wo aus Tauschhandlungen beginnen) – der wiederum ist wohlfahrtspolitisch beeinflussbar
o Wie können die knappen Ressourcen so auf die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten aufgeteilt werden, dass ein verschwendungsfreier Zustand erreicht wird? – Ziel: Pareto-Effizienz
o Wie kann man den Kuchen möglichst groß machen?
==> Ökonomen beschäftigen sich üblicherweise mit Fragen der Allokation!
o Wie können die knappen Ressourcen auf die verschiedenen Gesellschaftsmitglieder verteilt werden, damit diese ihre Ziele erreichen können?
o Wie verteilen wir den Kuchen unter uns?
o Die zentrale Wertsetzung der ökonomischen Theorie ist der methodologische Individualismus.Dieser prägt sowohl die methodische Herangehensweise als auch den Umgang mit normativen Fragen.
o Das Pareto‐Kriterium ist gut mit dem methodologischen Individualismus vereinbar, weil es keinen interpersonellen Nutzenvergleich erfordert.
o Jede freiwillige Tauschhandlung auf einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt stellt eine dezentral organisierte Pareto‐Verbesserung dar.Gäbe es einen Zustand, in dem nicht mehr getauscht würde (d.h. keiner will mehr), wäre das Pareto‐Optimum erreicht.
o Allokative Fragen können von distributiven Fragen getrennt werden. Aus ökonomischer Perspektive gilt es, zunächst nach verschwendungsfreien Zuständen zu suchen.
-Alle Punkte auf der Nutzenmöglichkeitenkurve sind in der statischen Betrachtung pareto-optimal (vereint alle pareto-optimalen Punkte)
-Eine Umverteilung von Gütern und Faktoren kann keine Verbesserung eines Individuums erreichen, ohne ein anderes Individuum schlechter zu stellen.
Ausgangsfrage: Welches Pareto-Optimum ist optimal/gesellschaftlich am meisten anzustreben?
-Zentrales Werk: Abram Bergson (1938): A Reformulation of Certain Aspects of Welfare Economics
-Grundidee der sozialen Wohlfahrtsfunktion: Eine soziale Wohlfahrtsfunktion bringt alle möglichen pareto-optimalen Nutzenverteilungen in einer Gesellschaft in eine klare Rangordnung
-Aber welche Rangordnung?: Wie sollen individuelle Nutzen bei gegenläufigen Vorstellungen gewichtet werden? Es bedarf einer Wertsetzung, mit welchem Aggregationsverfahren die individuellen Nutzenniveaus miteinander verknüpft werden sollen – dies steht aber im Gegensatz zur reinen allokativen Analyse mit Hilfe des (unstrittigen) Pareto-Kriteriums und des methodologischen Individualismus (siehe nächster Punkt)
-Welches Kriterium wird für einen interpersonellen Nutzenvergleich herangezogen? Achtung: der methodologische Individualismus verbietet interpersonelle Nutzenvergleiche!
==> gibt keinen Maßstab für die Verrechnung der Nutzen der Individuen – so suggerieren bspw. weit verbreitete Kosten-Nutzen-Rechnungen, dass Ökonomen den objektiv richtigen individuellen Nutzen messen und verrechnen könnten
o Bentham will die Gesamt-Nutzensumme maximieren – alle Erhöhungen einzelner Akteure in Kauf nehmen, solange keiner schlechter gestellt wird
o Bernoulli-Nash geht davon aus, dass negatives Wachstum negative Auswirkungen auf die Gesamtwohlfahrt hat – und umgekehrt
o Rawls legt die gesellschaftliche Wohlfahrt darauf aus, den Nutzen desjenigen zu maximieren, der den geringsten Nutzen hat – alles um denjenigen zu helfen, die am wenigsten haben
Auf der x-Achse steht der Nutzen von Person B (UB), auf der y-Achse der Nutzen von Person A (UA).
Die Kurve stellt die Menge der möglichen effizienten Verteilungen dar.
Punkte auf der Kurve sind Pareto-effizient (man kann keinen besser stellen, ohne den anderen schlechter zu stellen).
Punkte unterhalb der Kurve sind ineffizient.
Zusätzlich sind in der Grafik drei verschiedene Punkte eingezeichnet, die jeweils das Ergebnis einer anderen sozialen Wohlfahrtsfunktion darstellen.
Das Bild zeigt drei prominente Ansätze, wie man gesellschaftliche Wohlfahrt aggregieren kann:
Ziel: Summe der Nutzen maximieren (Utilitarismus).
Wohlfahrtsfunktion:
WBentham=UA+UB
Gezeigt durch den blauen Punkt WBentham, der die Stelle auf der Pareto-Kurve ist, wo die Summe UA+UB maximal ist.
Ziel: Produkt der Nutzen maximieren (oft „Nash-Produkt“ genannt).
WNash=UA⋅UB
Motivation: Man möchte ein Gleichgewicht, das beide (bzw. alle) relativ gut stellt. Ein zu kleines Produkt bedeutet, dass einer fast nichts bekommt.
Gezeigt durch den grünen Punkt WNash
Ziel: Derjenige, dem es am schlechtesten geht, soll möglichst gut gestellt werden
WRawls=min(UA,UB)
Gezeigt durch den lila Punkt WRawls, der dort liegt, wo der Nutzen der schlechter gestellten Person maximal ist.
-Arrow hat versucht, aus individuellen Nutzenfunktionen eine konsistente kollektive Präferenzordnung durch ein Aggregationsverfahren abzuleiten, ohne exogene Wertsetzungen vorzunehmen.
-Kollektive Rationalität als Grundbedingung
==> Vollständigkeit; Transitivität (aus Beobachtungen über den Einzelnen können Rückschlüsse auf die Allgemeinheit gezogen werden) und Konsistenz
-Axiome/Anforderungen:
o Universelle Gültigkeit individueller Präferenzen – Meinungsfreiheit: jeder darf andere Vorstellungen haben
o Pareto-Prinzip – keine externen Vorgaben: Soziale Wertsetzung soll aus individuellen Vorstellungen (und damit Wertbeimessungen) entstehen
o Nicht-Diktatur-Bedingung – niemand soll alleine bestimmen: Demokratiebedingung
o Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen – paarweiser Vergleich zur Vermeidung von Manipulation: immer nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten
-Ergebnis:
o Bei mehr als zwei Alternativen ist es unmöglich, eine kollektive Präferenzordnung (bzw. eine soziale Wohlfahrtsfunktion) aus individuellen Präferenzordnungen zu gewinnen, die Arrows Axiome erfüllt (Theorem widerlegt sch selbst)
o Jede soziale Wohlfahrtsfunktion, die den Forderungen nach Transitivität, universeller Gültigkeit, Pareto-Prinzip und Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen genügt, ist diktatorisch – Arrows Theorem widerlegt sich selbst
§ Beispiel der Beweisführung:
§ Wegen der Forderung nach Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen ist nur paarweiser Vergleich der Alternativen erlaubt.
§ Andererseits wird aber Transitivität gefordert, also konsistente Aggregationsergebnisse.
§ Es ist aber nur in einem Fall möglich sicherzustellen, dass ein paarweiser Vergleich zu transitiven Ergebnissen führt: Diktatur bzw. Agenda Setters
==>Dies sind nur einige von vielen Beweismöglichkeiten
-Eine wirtschaftspolitische Maßnahme kann durchgeführt werden, wenn sie kein Individuum schlechter und mindestens eins besser stellt.
-Diese Voraussetzung ist in der Praxis nicht leicht zu erfüllen (oft den Vorwurf, dass dies den Status Quo zementiere)
==> nur IV ist möglich (s gilt als Ausgangspunkt)
Kaldor-Hicks-Kriterium: Es reicht, wenn die Gesamtwohlfahrt steigt, d. h. die Gewinner könnten die Verlierer entschädigen (ohne dass das tatsächlich passiert).
-Zentral: Nicholas Kaldor (1939): The Foundations of Welfare Economics / John R. Hicks (1939): Welfare Propositions of Economics and Interpersonal Comparisons of utility
-Grunkgedanke: Eine Reallokation führt aus gesamtgesellschaftlicher Sicht zu einer Verbesserung, wenn diejenigen, die sich dadurch besser stellen, die anderen, die sich schlechter stellen, kompensieren könnten.
-ABER: Die Kompensation muss aber nicht tatsächlich stattfinden – nur hypothetisch (nur durch Verzicht auf tatsächliche Kompensation entsteht die gewünschte Dynamik)
-Eine wirtschaftspolitische Maßnahme gilt hier also als wohlfahrtssteigernd, wenn der gesamtgesellschaftliche Nutzenzuwachs den Nutzenverlust für Einige überwiegt.
-Ermöglicht mehr Maßnahmen als das Pareto-Kriterium
-Kritik
Es wird nur Effizienz betrachtet, nicht Verteilungsgerechtigkeit
Die tatsächlich Betroffenen (Verlierer) bleiben oft ohne Entschädigung.
Es kann zu Maßnahmen führen, die ungerechte Verteilungswirkungenhaben
-Setzt interpersonelle Nutzenvergleiche (- die aber die normative Dimension des methodologischen Individualismus eigentlich verbietet - objektiv feststellbare kardinale Nutzen) voraus und trifft utilitaristisches Werturteil – geht eigentlich beides Nicht, ist aber ein politisches Hilfsmittel
-Hypothetisch weil: In der Realität kommt man von I und III immer wieder in IV
==> Verstoß gegen methodologischen Individualismus – insgesamt nicht zielführend
Der Bau einer neuen Autobahn bringt vielen Menschen Zeitersparnis und der Wirtschaft Vorteile.
Einige Anwohner leiden aber unter mehr Lärm und verlieren an Lebensqualität.
Wenn die Summe der Vorteile größer ist als die Summe der Nachteile, sodass die Nutznießer die Geschädigten theoretisch entschädigen könnten, gilt das Projekt nach Kaldor-Hicks als effizienzsteigernd, auch wenn niemand tatsächlich entschädigt wird
Zuletzt geändertvor 6 Tagen