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Verwaltungsprozessrecht

RH
von Robin H.

Zulässigkeit - Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, § 40 I 1 VwGO - Ö-r sowie privatrechtliche Vorschriften sind streitentscheidend; welchen Rechtsweg muss der Kläger einschlagen?

Sind sowohl ö-r als auch privatrechtliche Vorschriften rechtswegbestimmend, hat der Kläger grundsätzlich ein Wahlrecht, welchen Rechtsweg er anruft.

Das Verwaltungs- bzw. das Zivilgericht hat gem. § 17 II 1 GVG unter Hinzuziehung der jeweils privatrechtlichen bzw. ö-r Vorschriften über den Streitgegenstand zu entscheiden. Das angerufene Gericht entscheidet über den verwaltungsrechtlichen Klageteil mit, § 17 II 1 GVG.


Achtung: Dies ist nicht der Fall, wenn die Vorschriften zwar im Ergebnis zum selben Ziel führen, der Sache nach aber andere Ansprüche gewähren. Selbiges gilt, wenn eine Norm offensichtlich nicht einschlägig ist.

Bsp.: Kläger macht gegen Behörde einen Anspruch auf Widerruf einer Äußerung geltend. Der Widerrufsanspruch stützt er sowohl auf Folgenbeseitigung als auch auf Amtshaftung und beschreitet den Zivilrechtsweg. Zwar entscheiden gem. Art. 34 S. 2 GG, § 40 II 1 Hs. 1 VwGO die Zivilgerichte über Amtshaftungsansprüche; stützt der Kläger sein Begehren sowhol auf eine Amtshaftungs- als auch auf einen FBA, entscheidet das Zivilgericht gem. § 17 II 1 GVG über den ansonsten im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machenden Anspruch mit.

-> Ein Amtshaftungsanspruch ist aber von vornehrein nicht auf Widerruf einer Äußerung gerichtet, weshalb der Kläger seinen Widerrufsanspruch nicht im Zivilrechtsweg verfolgen kann.

Zulässigkeit - Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, § 40 I 1 VwGO - Landkreis L nahm durch die Vermittlung von der Liquida AG Kredite iHv 5 Mio. € von B-Bank auf. Nach der Neubesetzung des Landesparlaments wurden die Kredite von der neuen Regierung gekündigt. Der Kreiskämmerer der L gab tätigte im Rahmen eines allgemeinen Interviews bzgl. der Haushaltslage eine Äußerung mit dem Inhalt, dass die Vermutung besteht, dass die Liquida AG nur dazu gegründet wurde, die Bardepotbestimmunggen der BRD zu umgehen.

Die Liquida AG klagt vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe und begehrt von L die Unterlassung, den Widerruf, bzw. die Richtigstellung dieser Behauptung.


Ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben?

I. Zulässigkeit der Klage

  1. Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges, § 40 VwGO

    Der Rechtsweg zum VG müsste zulässig sein. Der Rechtsweg ist nach § 40 I 1 VwGO gegeben, wenn es sich um eine (a) öffentlich-rechtliche Streitigkeit (b) nicht verfassungsrechtlicher Art handelt und (c) keine anderweitige Zuweisungen ersichtlich sind.

    a) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

    Fraglich ist, ob die Äußerung als ö-r oder als privatrechtlich zu qualifizieren ist.

    Ein Über-Unterordnungsverhältnis besteht zwischen L und der Liquida AG im Rahmen des privaten Kreditvergabegeschäfts nicht, sodass nach der Subordinatiostheorie keine ö-r Streitigkeit vorliegt.

    Die Zordnungstheorie entscheidet die Frage danach, ob die Streitentscheidenden Vorschriften ö-r sind. Problematisch ist, dass das private und das öffentliche Recht Unterlassungs- und Widerspruchsansprüche kennt. Es ist also unklar, welche Normen überhaupt zur Anwendung kommen. Demnach muss vorerst die Rechtsnatur der Äußerung (also des Realakts) festgestellt werden.

    (BVerwGE, 50, 282, 286: Rechtsnatur der Streitigkeit im Abwehrfall hängt von der Rechtsnatur des abzuwehrenden Staatshandelns ab)

    P: Zuordnung von Realakten

    Ob ein Realakt privatrechtlicher oder ö-r Natur ist, bestimmt sich nach der Zielsetzung und dem Gesamtzusammenhang (tatsächliches Handeln muss eng mit einem unzweifelhaften Verwaltungshandeln zusammenhängen).

    Zudem ist im Zweifelsfall von einer Vermutung für ö-r Handeln auszugehen, wenn die Behörde unmittelbar ö-r Aufgaben erfüllt (Vermutungsregelung).

    Zum einen tätigt K die Aussage in seiner Rolle als Beamter. Zum anderen wurde sie im Zusammenhang mit einem Interview getätigt, welches über die Haushaltslage des Ö informieren soll.

    Die Erklärung war somit eindeutig verwaltungspolitisch ausgerichtet und ist deshalb dem allgemeinen Bereich des Landkreises zuzuordnen. Aufgrund des engen Sachzusammenhangs mit hoheitlichem Handeln war die Äußerung ö-r Natur.

    Das Vorliegen einer ö-r Streitigkeit ist damit zu bejahen.




Zulässigkeit - Statthafte Klageart - Der russische Staatsbürger Dimitij beantragte eine Spätaussiedlerbescheinigung gem. § 15 I Bundesvertriebenengesetz beim Bundesverwaltungsamt. Sein Erstantrag sowie sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurden abgelehnt.

Dimitrij klagt und beantragt, die Behörde unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide zu verpflichten, ihm die Bescheinigung auszustellen.

Welche Klageart ist statthaft?

Klageart

Die statthafte Klageart bestimmt sich nach dem klägerischem Begehren, wie es sich bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage darstellt, vgl. § 88 VwGO.

Problematisch ist, dass Dimitrij zwei Entscheidungen begehrt, nämlich

  • die Entscheidung, das abgeschlossene Verfahren wieder aufzunehmen (presowie

  • die Entscheidung, ihm eine Bescheinigung auszustellen.

Beides sind VA.

Dimitrij will die Behörde zur Entscheidung verpflichtet, sodass die Verpflichtungsklage einschlägig ist.

Fraglisch ist, ob dieses Begehren zwingend mit zwei Verpflichtungsklagen verfolgt werden muss oder eine genügt, da das Begehren letztendlich auf die Erteilung der Bescheinigung, also die Sachentscheidung der zweiten Frage, abzielt. Diese prozessuale Frage ist streitig.

  • e.A.: Zwei Verpflichtungsklagen

    • Arg.: Wortlaut -> “eines VA”

    • Arg.: Prozessuale Sytematik -> über die Zulässigkeit und Begründetheit des zweiten Begehrens kann nicht entschieden werden, ohne das Ergebnis des ersten zu kennen (Erst muss über Wiederaufnahme, dann über Erteilung entschieden werden).

    • Kritk = Arg. der hM

  • hM (BVerwG; BeckOK/VwGO § 51 Rn. 65): eine Verpflichtungsklage

    • Arg.: Erstere Ansicht stößt in Hinblick auf den durch Art. 19 IV GG gewährten effektiven Rechtsschutz auf Bedenken (Rechtsschutz soll wirkungsvoll sein und zeitgerecht erfolgen) -> Es besteht die Gefahr, dass die erste (prozessuale) Entscheidung positiv beschieden wird, die zweite Klage aber noch nicht spruchreif wäre, weil erst noch die Verwaltung eine Sachentscheidung treffen müsse. Mit der daraus resultierenden Verzögerung wäre dem Kläger nicht gedient.

      -> dh in der Praxis entscheidet das VG (sofern gebundene Entscheidung oder Ermessen auf null) bereits im Rahmen der Klage über die Wiederaufnahme sogleich über das materiell-rechtliche Begehren des Klägers => vertretbar aus Gründen der Prozessökonomie

Achtung: Das VG kann nur dann über das materiell-rechtliche Begehren des Klägers entscheiden, wenn die Entscheidung bereits feststeht oder das Ermessen der Behörde auf null reduziert ist => Andernfalls muss die Ermessensentscheidung bei der Behörde bleiben (Gewaltenteilung?)


Anfechtungsklage/Zulässigkeit - Klagebefugnis - wonach richtet sich die Klagebfugnis?

Nach § 42 II VwGO ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den VA bzw. dessen Ablehnung/Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Hier ist es Aufgabe des Prüflings, die Möglichkeit der Rechtsgutverletzung näher zu begründen.

Hierzu wurden zwei Theorien entwickelt:

  1. Möglichkeitstheorie

    Die Rechtsverletzung muss tatsächlich möglich erscheinen. Die Möglichkeit ist vom Klausurbearbeiter substantiiert darzulegen.

    Bsp.: K führt an, durch die Videoaufnahme in seinen Rechten verletzt zu sein. Auf Grundlage des Vorbringens des K käme hier insbesondere eine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 I iVm Art. 1 I GG in Betracht. Daher ist besteht zumindest die Möglichkeit einer Rechtsverletzung (sog. Möglichkeitstheorie).

  2. Adressatentheorie

    Ist der Kläger Adressat eines belastenden Verwaltungsakts ist anzunehmen, dass er zumindest in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG verletzt ist und daher klagebefugt ist.

    -> So argumentiert auch jede Hemmer-Falllösung (Detterbeck eher kritisch; hM begnügt sich aber mit Adressatentheorie)

    Bsp.: Die Aufhebung ist ein belastender VA. Der SV 05 ist Adressat, so dass eine mögliche Rechtsgutverletzung zumindest von Art. 2 I GG durch die Aufhebung der Bewilligung vorliegt und der SV 05 daher klagebefugt ist (sog. Adressatentheorie).

    Adressatentheorie kann nicht angewandt werden, wenn ein Dritter (nicht Adressat) Anfechtungsklage, Verpflichtungsklage, § 80 V 1 VwGO erhebt.



Vorläufiger Rechtsschutz, § 80 V VwGO - Prüfungsaufbau (belastender VA)

Zu prüfen ist, ob der Antrag Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist der Fall, wenn er zulässig und soweit er begründet ist.

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthaftigkeit des Antrags

Die Statthaftigkeit des Antrags richtet sich nach dem Begehr des Klägers (§§ 88, 120 VwGO). X/Y begehrt […]. Dafür könnte der Antrag nach § 80 V 1 VwGO statthaft sein.

  • Abgernzung zu einem Antrag nach § 123 I VwGO (Subsidiarität gem. § 123 V VwGO).

III. Antragsbefugnis

-> § 42 II VwGO analg

IV. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit

V. Gerichtszuständigkeit

VI. Ordnungsgemäßer Antrag

-> §§ 81 f. VwGO analog

VII. Rechtsschutzbedürfnis

  1. Notwendigkeit der parallelen Einlegung des Rechtsbehelfs

  2. Keine evidente Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs

  3. Vorherige Anrufung der Behörde (§ 80 IV, VI VwGO)

VIII. Nur bein Anhaltspunkten zu prüfen:

  • Beiladung, § 65 VwGO -> Bei Drittbetroffenheit, zB Nachbarschaftsklage.

  • Fehlen anderweitiger Rechtshängigkeit und Rechtskraft, § 17 GVG

B. Begründetheit

Der Antrag ist begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig ist oder wenn das Aussetzungsinteresse des Antragsstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt. Das ist dann der Fall, wenn die Klage der S in der Hauptsache bei gebotener summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten Erfolg haben wird.

I. Passivlegitimation, § 78 VwGO

II. Formelle Rechtmäßigkeit

  1. Zuständigkeit

  2. Verfahren

    • Problem: Notwendigkeit Anhörung iSv § 28 LVwVfG vor Erlass der AOsV (i.E. Nein)

  3. Form

    • Hinreichende Begründung des Vollzugsinteresses nach § 80 III 1 VwGO




Vorläufiger Rechtsschutz, § 80 V VwGO - wie prüfe ich die Statthaftigkeit des Antrags bzw. wie erfolgt die Abgrenzung unter den Rechtbehelfen, die vorläufigen Rechtsschutz gewähren?

Statthaftigkeit des Antrags

Der Antrag müsste statthaft sein. Die Statthaftigkeit richtet sich nach dem klägerischen Begehren, wie es sich bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage darstellt (§§ 122 I, 88 VwGO)

-> In der Subsumtion muss deutlich werden, dass die Antragstellerin ein Interesse an einer “sofortigen” Regelung hat und damit vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Oft werden Signalwörter wie “schnellstmöglich” oder “so bald wie möglich” im SV genannt.

-> In einem nächsten Schritt ist festzustellen, welche Form des vorläufigen Rechtsschutzes statthaft ist.

Demnach ist sowohl ein Antrag gem. § 123 I VwGO als auch nach § 80 V 1 VwGO auf Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs denkbar, wobei § 80 V 1 VwGO gem. § 123 V VwGO vorrangig zu § 123 I VwGO ist.

  • § 80 V 1 VwGO ist statthaft, wenn in der Hauptsache die gerichtliche Aufhebung des belastenden VA begehrt wird (also eine Anfechtungsklage in der Hauptsache einschlägig wäre)

    • Prüfung § 35 VwVfG

    -> Wichtig: Es bedarf daneben die Feststellung, ob ein Fall des § 80 V 1 Alt. 1 (Anordnung) oder § 80 V 1 Alt. 2 VwGO (Wiederherstellung) vorliegt.

  • § 123 I VwGO ist statthaft, wenn in der Hauptsache keine Anfechtungsklage einschlägig ist. Es in der Hauptsach also um:

    • die Versagung eines begünstigenden VA geht (Verpflichtungsklage)

    • die Versagung einer hoheitlichen Begünstigung geht (Leistungsklage)

    • die Abwehr schlicht hoheitlichen Handelns geht (Unterlassungsklage)

    IdR reicht in der Klausur folgende Formulierung: XY begehrt den Erlass des versagten und ihn begünstigten VA (Situation der Verpflichtungsklage). Es geht im also nicht um die Abwehr eines ihn belastenden VA, sodass § 123 VwGO einschlägig ist.

    Es handelt sich um eine einstweilige Anordnung in Form der Sicherungs- (S. 1) bzw. Regelungsanordnung (S. 2).

    -> Die Feststellung der Anordnungsform muss hier immer kurz fallen.


Vorläufiger Rechtsschutz, § 80 V 1 VwGO - allgemeines Rechtsschutzbedürfnis - welche Prüfungspunnkte müssen hier immer angesprochen werden?

VII. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Antragssteller müsste rechtsshutzbedürftig sein. Zwar indiziert das Vorliegen der gesetzlich normierten Sachentscheidungsvoraussetzungen das Rechtsschutzinteresse des Klägers.

  • Einlegung eines Rechtsbehelfs

Umstritten ist aber, ob das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis auch dann gegeben ist, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nicht vor oder zeitgleich mit dem Antrag aus § 80 V 1 VwGO erhoben wird.

  • hM: Antrag ist nur zulässig, wenn Rechtsbehelf (Anfechtungsklage oder Widerspruch) spätestens im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung nach § 80 V 1 VwGO eingelegt wurde (§ 80 V 1 setzt damit vorherige oder gleichzeitige Einlegung des Rechtsbehelfs in der Hauptsach voraus).

    • Arg.: Ohne Einlegung des Rechtsbehelfs fehle es an einem Gegenstand, dessen aW wiederhergestellt werden kann (OVG Münster, Beschluß vom 18.07.1974 - XII B 422/74). Gerichtliche Anordnung der aW würde sonst ins Leere laufen (Detterbeck AllgVerwR, Rn. 1498).

  • a.A.: Eilantrag ist unabhängig von der Einlegung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zulässig.

    • Arg.: Andernfalls würde die Rechtsbehelfsfrist aus § 70 bzw. 74 VwGO umgangen werden.

    • Arg.: Zudem ist in den Fällen, in denen ein Widerspruch gemäß § 68 I 2 VwGO nicht statthaft ist, ein Antrag nach § 80 V 1 VwGO ausweislich des § 80 V 2 VwGO auch bereits vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Es ist nicht sachgerecht, etwas Abweichendes für den Fall der Statthaftigkeit eines Widerspruchs vorzusehen.

  • Vorherige Anrufung der Behörde

Daneben stellt sich die Frage, ob die Zulässigkeit eines gerichtlichen Antrags nach § 80 V VwGO einen erfolglosen Antrag i.S.d. § 80 IV VwGO voraussetzt.

-> Das ist ausweislich des Wortlauts des § 80 VI 1 VwGO nicht der Fall. Eine analoge Anwendung des § 80 IV VwGO kommt nicht in Betracht, da es sich um eine Spezialregelung handelt und der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung die Ausdehnung des § 80 IV VwGO auf § 80 II VwGO ausgeschlossen hat, es also an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.



Vorläufiger Rechtsschutz, § 80 V 1 VwGO - Begründetheit - Formelle Rechtmäßigkeit - Verfahren - Liegt ein Verfahrensfehler vor, wenn der Betroffene vor Erlass der AOsV nicht gehört wird?

Möglicherweise liegt ein Verstoß gegen § 28 I LVwVfG und damit ein Verfahrensfehler vor. § 28 I LVwVfG setzt die Anhörung des Betroffen vor Erlass eines Verwaltungsakts voraus. Ob es einer Anhörung i.S.d. § 28 I LVwVfG auch vor Erlass der Anordnung der sofortigen Vollziehung bedarf, ist fraglich.

a) Unmittelbare Anwendung des § 28 VwVfG

  • e.A.: AOsV ist Verwaltungsakt, sodass § 28 I VwVfG anzuwenden sei -> Anhöhrungspflicht.

    • Kritik: AOsV ist kein eigenständiger VA, da sie keinen eigenen Regelungsgehalt hat; ohne den zugrundeliegenden VA wäre sie gegenstandslos.

  • a.A.: AOsV ist nur ein verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt, sodass § 28 I VwVfG nicht unmittelbar angewandt werden könne

  • w.A.: AOsV istt zwar nur eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt. Anhörung aber erforderlich, sofern AOsV nachträglich zum VA erlassen wird.

b) Analoge Anwendung des § 28 VwVfG

  • e.A.: Analoge Anwendung (+)

    • Arg.: Der Eingriff in Form der sofortigen Vollziehung wirkt genauso intensiv wie ein erlassener Verwaltungsakt, sodass dem Bürger auch hier Gelegenheit gegeben werden muss sich zu äußern.

  • h.M.: Analoge Anwendung (-)

    • Arg.: Gesetzgeber hat die Verfahrensanforderungen abschließend ist § 80 III VwGO geregelt, sodass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle.

    • Zudem kann Ast. seine Einwende im Eilschutzverfahren nach § 80 V 1 VwGO mitteilen, sodass ein hinreichender Rechtsschutz geboten sei.

-> Bei Allgemeinverfügungen sowieso hinfällig, da diese dem Anhörungserfordernis nicht unterliegen (§ 28 II Nr. 4 VwVfG) und für die AOsV nicht anderes gelten dürfe.


Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, § 60 VwGO - wo und wie prüfe ich die Wiedereinsetzung in der Klausur?

Wurde eine Baugenehmigung versagt, kann der Antragssteller Versagungsgegenklage (Verpflichtungsklage) gem. § 42 I Alt. 2 VwGO - gerichtet auf den Erlass der Baugenehmigung - erheben.

Zulässig ist eine Versagungsgegenklage nur, sofern sie fristgerecht, also binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids, erhoben wird, § 74 I, II VwGO.

Versäumt der Kläger die Frist, ist die Klage unzulässig. Abhilfe kann jedoch § 60 VwGO schaffen. Nach § 60 I VwGO ist das Verfahren wieder in den vorherigen Stand zu setzen, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Da es um die Heilung eines Fristversäumnisses geht, ist § 60 VwGO nach dem Prüfungspunkt “Klagefrist, § 74 VwGPO” zu prüfen.

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A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 VwGO

II. Statthafte Klageart

III. Klagebefugnis, § 42 II VwGO

IV. Klagefrist, § 74 VwGP

-> §§ 57 II VwGO iVm 222 I ZPO -> §§ 187 ff. BGB

  • FB: § 187 I BGB -> einen Tag nach dem Ereignis (Zustellung)

  • FE: § 188 II Alt. 1 BGB

-> Fristversäumnis (+)

V. Wiedereinsetzung, § 60 VwGO

Allerdings ist an die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gem. § 60 VwGO zu denken. Danach ist einem Prozessbeteiligten auf Antrag die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorherigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden daran gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten.

  1. Antrag, § 60 I VwGO

  2. Frist, § 60 II 1 Hs. 1 VwGO

    • Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.

    • § 60 II S. 4; ist versäumte Rechtshandlung binnen der Antragsfrist aus § 60 II 1 nachgeholt worden, kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

  3. Fehlendes Verschulden

    Der Antragsteller muss sein fehlendes Verschulden glaubhaft machen, § 60 II 2 VwGO.

    -> Bsp.: Die von B beauftragte und bevollmächtigte Anwältin R reicht die Klageschrift nicht fristgerecht beim VG ein, sodass gem. § 74 I, II VwGO die Klage unzulässig wäre. Gem. §§ 173 VwGO iVm 85 II ZPO steht das Verschulden des Bevollmächtigtem dem Veschulden der Partei gleich. Damit hätte B das Fristveräumnis zu verschulden. Eine Wiedereinsetzung wäre nach § 60 I VwGO ausgeschlossen.

    -> Sonderfall: Organisationsverschulden

    Selbiger Fall wie oben, nur Mitarbeiter M der R reicht den Schriftsatz nicht rechtzeitig ein. M ist nicht von B bevollmächtigt, sodass dessen Verschulden nicht dem B über §§ 173 VwGO iVm 85 II ZPO zuzurechnen ist. Denkbar ist aber, dass dem B ein Organisationsverschulden der R zuzurechen ist. Dies ist der Fall, wenn R die Absendung der Klage nicht einem sorgfältig ausgewählten Mitarbeiter überließ.

    • wenn M nun seine Arbeit stets gewissenhaft erledigte, hat R eine sorgfältige Wahl getroffen und es liegt kein Organisationsverschulden vor.

    • hätte R einen offensichtlich ungeeigneten Mitarbeiter hierfür ausgewählt, wäre ein Organisationsverschulden gegeben. Dieses müsste R und damit auch B sich zurechnen lassen.

  4. Nachholung der Rechtshandlung

  5. Kausalität

    Das schuldlose Handeln muss für die Fristversäumnis kausal gewesen sein.

-> Sofern alle Vss. (+) => Einsetzung in den vorherigen Stand und damit Heilung des Fristversäumnisses.


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Robin H.

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