Leitliniengerechte Behandlung
S3-Leitlinie (abgelaufen seit 2021 -> derzeit in Überarbeitung)
Kind unter 3 Jahre:
sollte: Elterntrainings zur Verminderung von Risikofaktoren
Kinder zwischen 4- bis 6 Jahre:
kann: soziales Kompetenztrainings
wenn aber in Kombination mit Elterntrainings und ggf. schulzentrierte Intervention
Kind zwischen 3- bis 12 Jahren:
soll: Elterntraining
soll: Kombi aus elternzentrierter und kindzentrierter Behandlung bei vielfältiger und schwerwiegender Symptomatik
Kind zwischen 6- bis 12 Jahre
sollte: soziales Kompetenztrainings
Möglichst in Kombination mit Elterntrainings und ggf. schulzentrierten Interventionen
Kind zwischen 12- bis 18 Jahre
soll: multimodale Intensivbehandlung bei schwerwiegender Symptomatik
sollte: soziales Kompetenztraining für Kinder zwischen 12- bis 14 Jahre
kann: soziales Kompetenztraining ab 14 Jahre
kann: Elterntraining, wenn die Inhalte an das Jugendalter angepasst werden
Leitliniengerechte Behandlung: Eltern- bzw. familienzentrierte Interventionen
sollte: kognitiv-behaviorales Therapiekonzept
sollte: folgende Methoden
Psychoedukation
Verstärkertechniken
Modelllernen
Feedback: Rückmeldung von angemessenem Erziehungs- und Interaktionsverhalten
Übung von Verhaltensänderungen im natürlichen Umfeld, Selbstmanagementmethoden
Verbesserung der Konfliktlösung (einschließlich elterlicher Ärger- und Stressregulation)
Strategien zum Aufbau einer angemessenen familiären Kommunikation
Leitliniengerechte Behandlung: Patientenzentrierte Intervention
Sollte: Einzel 20-25, Gruppe 10-18 Sitzungen
Sollte: folgende Methoden:
Modelldarbietung
Interventionen zur Veränderung von aggressionsauslösenden Denkinhalten und von ineffizienten Problemlöseprozessen
Methoden der Affektregulation
Rollenspieltechniken
Verhaltensübungen inklusive Rückmeldung und Rollentausch
Verstärkungstechniken
Transfertechniken inklusive Selbstmanagementmethoden, Selbstreflexion, Übungen im natürlichen Umfeld, Einbeziehung von Eltern, Erziehern, Lehrern oder Gleichaltrigen in die Intervention
Leitliniengerechte Behandlung: Teilstationäre oder stationäre Behandlung
sollte: Einbettung der Methoden in milieutherapeutisches Setting im multiprofessionellen Behandlungsteam.
Leitliniengerechte Behandlung: Multimodale Behandlung
soll: Wenn sich die Symptomatik auf mehrere Bereiche erstreckt
soll: Jugendliche zwischen 12- bis 18 Jahre bei schwerwiegender Symptomatik
sollte: kognitiv-behavioral systemisch ausgerichtet sein & relevante Risikofaktoren fokussieren & protektive Faktoren stärken
Leitliniengerechte Behandlung: Pharmakotherapie
soll nicht routinemäßig
sollte bei schwerwiegender Aggressivität mit Wutausbrüchen und ausgeprägter emotionaler Dysregulation erwogen werde, wenn psychosoziale/psychotherapeutische Interventionen unzureichend waren
Höchste Evidenz für Risperidon
Setting
In der Regel können Kinder/Jugendliche mit SSV ambulant behandelt werden.
Voraussetzung für eine ambulante Behandlung ist die Kooperationsbereitschaft der Hauptbezugspersonen und des Patienten. -> Herstellung 1. Therapieziel! (KKP)
Familiäre Belastungen (z. B. Partnerschaftskonflikte, psychische Störungen der Eltern) und außerfamiliäre Belastungen (z. B. problematisches Wohnumfeld, Belastung am Arbeitsplatz), die zur Einschränkung der familiären Ressourcen führen, sind bei der Durchführung von Interventionen in der Familie zu beachten. (KKP)
Erklärung: wenn es keine Kooperationsbereitschaft gibt, soll man die Therapie nicht ablehnen, sondern die Herstellung der Kooperationsbereitschaft als 1. Therapieziel definieren, d.h. man soll in die Kooperationsbereitschaft investieren, auch wenn es (noch) keine gibt.
Erst wenn keine Kooperationsbereitschaft hergestellt werden kann/ das Therapieziel nicht erreicht wird, kann man eine ambulante Therapie / Therapie ablehnen
Was sind potentielle Ziele der Therapie?
Auf Ebene des Kindes:
Wenn nicht vorhanden: Herstellung der Kooperationsbereitschaft
Verbesserung der Impulskontrolle
Verbesserung von Emotionsregulation, v.a. Wutkontrolle
Verbesserung von Sozialverhalten und Kommunikationsfertigkeiten
Verbesserung der sozialen Perspektivenübernahme
Auf Ebene der Eltern:
Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung
Angemessene Grenzen setzen lernen
Behandlungsbausteine VT
Auf Ebene des Kindes
Baustein: Sozial-Kognitive Intervention
Lernen, Ärger-Gedanken frühzeitig zu erkennen und diesen entgegen zu wirken
typische Denkfallen identifizieren und lernen, diese bei sich zu erkennen
Mitfühlen / Soziale Perspektivenübernahme
Baustein: Problemlöse- und Fertigkeitentraining
Kommunikationstraining
Training von sozialen Problemlösefähigkeiten
Kontakte aufnehmen und Freunde finden; Nicht immer der Erste sein müssen; Konflikte lösen und Rechte durchsetzen
Baustein: Ärger-Management-Training / Ärgerkontrolltraining
Impulskontrolle
Emotionsregulation, v.a. Wutkontrolle
Auf Ebene der Eltern
Spieltraining
Eltern lernen sich im Spiel vom Kind führen zu lassen
Ziel: Aufbau einer positiven Beziehung
Erziehungstraining
Elternen lernen, dem Kind effektiv Anweisungen zu gebe und Konsequenzen durchzusetzen
Ziel: Angemessen Grenzen setzen lernen
Multisystemische Familientherapie (MST)
Eltern- + kindzentrierte Intervention
für Jugendliche (12- bis 17 Jahre) und deren Eltern/Bezugspersonen
-> Der Schwerpunkt liegt auf der “Befähigung” der Betreuer (Eltern) zur Lösung aktueller und zukünftiger Probleme
Der MST-”Klient” ist die gesamte Ökologie des Jugendlichen - Familie, Gleichaltrige, Schule, Nachbarschaft
Aufsuchendes Versorgungsmodell, um Barrieren zu senken
Ein Team von 3-4 Therapeut:innen ist für den Jugendlichen und seine Familie rund um die Uhr ansprechbar
Ziele:
Fokus auf Positivem und Stärken
Verantwortliches Verhalten fördern
Durchführung:
Wird in einem Behandlungsteam durchgeführt (1 Supervisor, 3-4 Therapeuten)
pro Therapeut: 4-6 Familien, pro Team/Jahr: 50 Familien
Verfügbarkeit des Teams 7 Tage/ Woche, 24 Std. (nachts für Notfälle)
Therapiedauer: 3-5 Monate, durchschnittlich 60 Std. Kontakte
meist täglicher Kontakt zum Patienten / zur Familie
Therapie meist in der Familie, Schule, an anderen Orten in der Gemeinde
Positive Parenting Program (Triple P, Sanders)
Elternzentrierte Intervention
für Eltern von Kinder zwischen 0-16 Jahre
Programm für positive Erziehung
Störungen mit oppositionellen Trotzverhalten
Verhüten/vermindern bzw. Selbstregulation der Kinder fördern
Förderung positiven Erziehungsverhaltens und der Eltern-Kind-Beziehung (= Reduktion dysfunktionalen, harschen Umgangs)
Steigerung der elterlichen Kompetenz
Förderung der kindlichen Entwicklung
Reduktion kindlicher Verhaltensprobleme
Verbesserung der Kommunikation über Erziehung
Reduktion von mit Erziehung verbundenem elterlichem Stress
Metapher: Das Haus
- Metapher, um zu erklären, dass erst eine positive Beziehung aufgebaut werden muss, bevor eine Veränderung des Problemverhaltens stattfinden kann. (-> Bevor man anfangen kann, am Dach zuarbeiten, muss erst das Fundament und der Wohnbereich stehen)
- Beispiel: eine Auszeit ist nur eine Strafe für ein Kind, wenn die Interaktion des Kindes mit den Eltern sonst positiv ist; wenn die Zeit mit den Eltern für das Kind bestrafend oder negativ ist, ist ein Time-Out eine Belohnung, weil das Time-Out eine Entlastung von der negativen Interaktion mit den Eltern ist
- d.h. das Fundament und der Wohnbereich sind die Basis für alle Interventionen
Beispielprogramme
-> THAV für Kinder (Görtz-Dorten & Döpfner, 2010)
Kindzentrierte Intervention: 6- bis 12 Jahre
Einzeltherapie
Bearbeitung der kognitiv-emotionalen Störungskomponente
Sozialkompetentes Verhalten (durch Problemlöse- und Fertigkeitentraining)
12 Bausteine mit 5 übergeordneten Themenbereichen
Vorbereitung, Diagnostik und Verlaufskontrolle
Sozial-kognitive Interventionen
Ärgerkontrolltraining
Problemlöse- und Fertigkeitentraining
Rückfallprävention und Abschluss
-> Parent Child Interaction Therapy (PCIT, (Brinkmeyer & Eyberg, 2003)
Für Kinder (2-7 Jahre) und deren Eltern/Bezugspersonen
Positive Beziehung (wieder) aufbauen (Eltern lernen, dem Kind zu folgen; Spieltherapie)
Angemessene Grenzen setzen lernen (Erziehungstraining)
Fokus der Aufmerksamkeit: auf positiven Eigenschaften des Kindes
Ablauf: wöchentlich ambulante Termine, Live-Coaching durch Therapeut:in, Hausaufgaben
Hausaufgabe: es soll sich jeden Tag für einen kurzen Zeitabschnitt (5-15min) mit dem Kind und den Hausaufgaben beschäftigt werden (die sogenannte wertvolle Zeit). Wichtig: Die wertvolle Zeit soll eine angenehme und positive Erfahrung sein.
Spieltraining nach PCIT ausführlich
Eltern lernen, sich im Spiel vom Kind führen zu lassen
Unangemessenes Verhalten wird ignoriert; angemessenes Verhalten verstärkt
Dabei Anwendung von ELVIS-Strategien:
E = Echte Begeisterung
L = beschreibendes, spezifisches Lob
V = Verhaltensbeschreibung
I = Imitation
S = Spiegeln
die ganze Zeit über coacht der/ die Therapeut:in die Eltern; dabei soll auch der/die Therapeut:in unangemessenes Verhalten ignorieren (bspw. unangemessene Kommentare) und angemessenes Verhalten stärken.
erst wenn Eltern sich im Spiel von Kind führen lassen können UND dabei eine positive Atmosphäre gestalten können UND unangemessenes Verhalten ignorieren können UND angemessenes Verhalten verstärken können ist das Spieltraining abgeschlossen
Erziehungstraining nach PCIT ausführlich
Eltern lernen dem Kind effektiv Anweisungen zu geben und Konsequenzen durchzusetzen
Anweisungen werden bei Bedarf gegeben und sind leicht verständlich, direkt, positiv und spezifisch
Abfolge logischer Konsequenzen
befolgt das Kind die Anweisung: Beschreibendes Lob
befolgt das Kind die Anweisung nicht: Warnung
befolgt das Kind auch die Warnung nicht: festgelegtes Time-Out
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