Was versteht man unter synthetischer Letalität?
→ Synthetische Letalität beschreibt den Zustand, bei dem der gleichzeitige Verlust zweier Gene zum Zelltod führt, während einzelne Defekte jeweils überlebbar sind.
→ Das Konzept wird u. a. zur gezielten Krebstherapie genutzt (z. B. BRCA/PARP)
Wie funktioniert eine synthetisch letale Krebstherapie?
Synthetisch letale Krebstherapie
→ Sie nutzt eine genetische Schwäche in Krebszellen (z. B. Mutation in Gen A),
→ & hemmt gezielt ein zweites Gen (Gen B),
→ aufgrund von synthetischer Letalität stirbt die Tumorzelle (Gen A & Gen B kaputt)
→ die gesunde Zelle überlebt allerdings (Gen A funktioniert & nur Gen B kaputt)
-> Beispiel in der klinik
BRCA1/2-Mutation (Gen A defekt) → Tumorzellen
PARP-Inhibition (Gen B gehemmt)
führt nur in Tumorzellen zum Zelltod, nicht in gesunden
DNA Reparatur Inhibitoren in der Krebstherapie
→ zwei Arten
Monotherapie → bei synthetischer Letalität
Tumorzellen haben oft bereits defekte DDR-Gene (z. B. BRCA1/2).
Wenn man zusätzlich einen weiteren Reparaturweg blockiert, den die Zelle zur Kompensation braucht → synthetisch letaler Effekt → Zelltod
Beispiel:BRCA1-defiziente Tumoren → PARP-Inhibition → Tumorzelltod
Kombitherapie → mit DNA-Schädigenden Substanzen
Viele Chemo/Strahlentherapie erzeugen DNA-Schäden
Tumorzellen versuchen, diese Schäden zu reparieren
Wenn man die Reparatur zusätzlich blockiert, z. B. mit HR- oder NHEJ-Inhibitoren, bleibt der Schaden bestehen → verstärkter Tumorzelltod
Reparatur Inhibitoren:
HR Inhibition
(Targets: MRE11, RAD51, BRCA, RPA, PARP etc.) → stören homologe Rekombination
Beispiele: → Mirin (MRE11-Inhibitor) → Olaparib (PARP-Inhibitor, in Klinik)
NEHJ Inhibition (Targets: DNA-PKcs und andere PI3Ks)
Beispiele:
→ NU7026, NU7441 (DNA-PKcs-Inhibitoren)
synthetischen Letalität zw. PARP1 und BRCA2
–wichtigstes Konzept der zielgerichteten Krebstherapie
→ PARP-Inhibition ist tödlich für Zellen mit BRCA2-Defizienz, da diese keine DNA-Doppelstrangbrüche (DSBs) korrekt reparieren können → synthetisch letaler Effekt
Was passiert bei PARP1-Inhibition?
Normalerweise: → PARP1 erkennt und repariert Einzelstrangbrüche (SSBs) → Zelle überlebt
Bei PARP1-Inhibition: → SSBs bleiben unrepariert → bei Replikation → Replikationsgabel-Kollaps → DSBs
Zellen mit funktionierender HR (z. B. BRCA2 intakt): → reparieren DSBs durch homologe Rekombination → Überleben
HR-defiziente Zellen (z. B. BRCA2-Mutation): → können die DSBs nicht reparieren → Zelltod
Beispiel - Olaparib
→ Olaparib hemmt PARP1
→ verhindert die Reparatur von SSB, die während Replikation zu DSB werden
→ BRCA2−/ Zellen sind HR-defizient und können diese DSBs nicht reparieren
→ was zum Zelltod führt (synthetische Letalität).
Beispiel – Inhibition HR
-> BLM, SLX4 und GEN1 spielen alle eine Rolle beim Auflösen der HJ
SLX4 allein fehlt → Zellen überleben.
BLM oder GEN1 allein fehlen → Zellen überleben.
ABER: SLX4 fehlt + zusätzlich Knockdown von BLM oder GEN1 (z.B mit siRNA) → Zelltod = synthetische Letalität
Beispiel – Inhibition D-Loop
→ RAD54 ist entscheidend für den dHJ-Weg, → RAD51AP1 für SDSA. → Fehlen beide, versagt die D-Loop-Bildung vollständig und Zellen werden hochsensitiv gegenüber PARP-Inhibition (z. B. Olaparib), was zur synthetischen Letalität führt
Genome-wide CRISPR Knockout Screen
→ Was lässt sich mit einem genome-wide CRISPR Knockout Screen identifizieren? Gene, die essenziell für Zellüberleben sind (Knockout = Zelltod) sowie Gene, deren Verlust zu Medikamentenresistenz oder erhöhter Zellfitness führt.
Ablaufschritte:
CRISPR gRNA Bibliothek auswählen (z. B. GeCKO v2) → Enthält gRNAs gegen (fast) alle Gene des Genoms. → Jede gRNA wird ein bestimmtes Gen ausschalten.
Zellen infizieren (z. B. mit Lentiviren) → Niedrige MOI (Multiplicity of Infection): → jede Zelle bekommt nur eine gRNA → nur ein Gen wird ausgeschaltet.
Selektion transduzierter Zellen → z. B. durch Puromycin-Resistenzgen im Vektor → nur erfolgreich infizierte Zellen überleben.
Behandlung → z. B. mit einem Medikament, Bestrahlung oder anderen Stressfaktoren. → Ziel: herausfinden, welche Knockouts empfindlich oder resistent machen.
DNA isolieren und gRNA-Sequenz analysieren → PCR + Next Generation Sequencing → Wie häufig kommt jede gRNA noch vor?
Auswertung (Bioinformatik)
BRCA2-Defizienz und ihre Implikationen
Krebsrisiko: Mutationen in BRCA2 (und BRCA1) sind mit einem erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs verbunden. Z.B. liegt das Brustkrebsrisiko für BRCA1/2-Mutationsträgerinnen bei 70/69% im Vergleich zu 12% in der Allgemeinbevölkerung.
Tumorsuppressor: BRCA2 ist ein Tumorsuppressorprotein, das entscheidend für die Aufrechterhaltung der Genomstabilität ist. Über 18.000 Mutationen in BRCA2 wurden bei Krebspatienten identifiziert, viele davon Varianten unklarer Signifikanz (VUS).
Funktionelle Domänen: BRCA2 besitzt verschiedene Domänen, die für seine Funktion unerlässlich sind, darunter
BRC-Wiederholungen (binden RAD51),
eine DNA-bindende Domäne (DBD),
eine Tower-Domäne (DNA-Strangaustausch),
eine C-terminale Domäne (stabilisiert RAD51-ssDNA-Filament)
& ein nukleäres Lokalisierungssignal (NLS)
Wie wirken PARP-Inhibitoren bei BRCA2-Defizienz & welche synthetischen Letalitäten sind relevant?
→ PARP1: repariert SSBs; Hemmung bei BRCA2-Mutation
→ DSB-Akkumulation → Zelltod→ Synthetische Letalität: PARP1 & BRCA2 → gezielte Therapie bei HR-Defizienz
→ Resistenzproblem: Zellen finden alternative DSB-Reparaturwege
→ Weitere synthetisch letale Partner:
POLθ: wichtige Rolle bei Endverbindung ohne BRCA2 → Kombi mit PARPi ↑ Wirksamkeit
RAD52: synthetisch letal mit BRCA1/2 & PALB2 (trotz geringer Funktion allein)
CIP2A: Interaktion mit TOPBP1 als potenzielles Target in BRCA-defizienten Tumoren
Rolle von POLθ in Abwesenheit von BRCA2
Verzögerte Reparatur bis zur Mitose:
-> DSBs, die an Replikationsgabel entstehen, sind während S/G2-Phasen schwer reparierbar
->Reparatur durch Polθ (alt-EJ) ist eingeschränkt
-> Reparatur wird "delayed until mitosis".
Vorteil der Verzögerung von alt-NHEJ bis zur Mitose:
-> das zweite Bruchende könnte von einer sich nähernden Replikationsgabel erzeugt werden
-> der Prozess der Chromatinkondensation stellt die richtigen Bruchenden nebeneinander
-> ermöglicht präzisere Verknüpfung ermöglicht.
Polθ und PARPi-Resistenz:
-> PARP1 kann Brüche während der Mitose in Abwesenheit von BRCA2/RAD51 nicht vollständig beheben, da Zellen weiterhin Polθ-vermittelte alt-EJ nutzen können.
Rolle von RAD52 in Abwesenheit von BRCA2
Synthetic lethality: Die Verarmung von Rad52 in BRCA2-defizienten Zellen „mildert den Reparaturdefekt in Abwesenheit von BRCA2“, aber „auf Kosten der Genomintegrität“, was zu einer Anhäufung von Chromosomenfusionen führt, einem Zeichen für End-Joining-Mechanismen.
Regulatorische Funktion: Das Modell legt nahe, dass RAD52 die „rechtzeitige Aktivierung von POLθ“ reguliert. Es „fördert nicht, sondern verhindert die Aktivierung eines alternativen Weges“ - es verhindert die vorzeitige Nutzung von alt-EJ und begrenzt dadurch die Bildung von genomischen Umlagerungen in BRCA2-defizienten Zellen.
Entgegengesetzte Rolle zu den Annahmen: Entgegen der Erwartung, dass Rad52 Rad51 als HR-Vermittler belastet, scheint es in Abwesenheit von BRCA2 eine eher hemmende Rolle bei alternativen Reparaturwegen zu spielen.
Rolle von CIP2A in Abwesenheit von BRCA2
Mitotische Funktion: Im Interphase-Zellzyklus ist CIP2A zytoplasmatisch. Wenn jedoch die DNA durch ionisierende Strahlung (IR) geschädigt wird, zeigt CIP2A einen „auffälligen Anstieg der IR-induzierten γH2AX-fokussierenden CIP2A-Foci, die ausschließlich in mitotischen Zellen zu sehen sind“.
Schutz vor Fehlsegregation: BRCA-defiziente Zellen akkumulieren unterreplizierte DNA und transferieren sie in die Mitose. CIP2A und TOPBP1 „verhindern die Fehlsegregation von azentrischen Chromosomen und den Zelltod“.
Ähnliche Rolle wie RAD52? Die Forschung untersucht, ob CIP2A in BRCA2-defizienten Zellen eine ähnliche regulatorische Rolle wie RAD52 spielt, insbesondere im Hinblick auf die Verzögerung von Reparaturprozessen bis zur Mitose.
Zuletzt geändertvor 14 Tagen