Kognitives Modell der PTBS – Ehlers & Clark (2000)
Was ist die zentrale Idee von Ehlers & Clark (2000)?
PTBS entsteht, wenn die betroffene Person das Trauma so verarbeitet, dass eine „gegenwärtige Bedrohung“ bestehen bleibt
Diese Bedrohung ist nicht real, sondern das Ergebnis von:
Negativer Bewertung des Traumas oder seiner Folgen
Art der Gedächtnisverarbeitung → unvollständig, unverbunden, nicht zeitlich eingeordnet
Was führt zu der gegenwärtigen Bedrohung?
1. Negative Bewertung des Traumas / der Konsequenzen:
z. B. „Ich bin schuld“, „Ich bin nicht sicher“, „Mein Leben ist ruiniert“
Bewertet eigenes Verhalten und das Verhalten anderer während/nach dem Trauma negativ
Führt zu Gefühl von Kontrollverlust, Scham, Schuld, Angst
2. Charakteristika des Traumagedächtnisses:
Wahrnehmungsnah (v. a. sensorisch), nicht sprachlich/konzeptuell
Schlechte Integration in autobiografisches Gedächtnis
Aktivierbar durch Trigger → Flashbacks, Intrusionen
Gefühl: Bedrohung ist wieder real
Was sind typische Auslöser und Symptome (von der wahrgenommenen gegenwärtigen Bedrohung)
Gedächtnisphänomene liefern Trigger für Symptome wie:
Intrusionen
starke emotionale Reaktionen (z. B. Angst, Erstarren)
vegetative Erregung → Gefühl, als wäre das Trauma jetzt
Welche Strategien wendet die Person an – und was passiert dadurch?
Typische Bewältigungsstrategien:
Gedankenunterdrückung
Vermeidung traumaassoziierter Reize
Grübeln („Was wäre wenn …?“)
Sicherheitsverhalten
Problem:
Diese Strategien verhindern, dass neue, korrigierende Erfahrungen gemacht werden
Die negative Bewertung bleibt bestehen → Teufelskreis, der die Störung aufrechterhält
Wie entsteht chronische PTBS laut Modell?
Zusammenspiel der Komponenten:
Trauma wird negativ bewertet und schlecht verarbeitet
Erinnerung wird als gegenwärtig erlebt
Betroffene entwickeln Verhaltensstrategien, die Symptome kurzfristig mildern
Langfristig verhindern diese die Verarbeitung → Chronifizierung
Kreislauf: → Trauma → Bewertung/Gedächtnis → Bedrohung → Kontrolle/Vermeidung → keine Veränderung → PTBS bleibt
Zusammenfassung und grafik
nicht Trama selbst erklrät Symptome osnder Wahrnehmung einer schwerengegenwärtigen Bedrohung
Grundlage der Wahrnhemung:
Kognitionen/Bewertung Trauma
Trauma Gedächtnis
Bedrohung löst intrusive Erinnerungen, Symptome der Erregung, Emotionen und Verhaltensweisen aus
Entscheidend: Interpretation des Traumas
und seiner Konsequenzen
Modell der kognitiven Bewertung (Janoff-Bulman)
Glaube an die eigene Unverwundbarkeit
Vor dem Trauma: „Mir passiert so etwas nicht“ → Gefühl von Schutz und Unantastbarkeit
Nach dem Trauma: „Es kann mir jederzeit passieren“ → Verlust von Sicherheit und Kontrollgefühl → Angst vor erneuter Hilflosigkeit
Auffassung, dass die Welt verstehbar ist
Vor dem Trauma: „Meine Welt ist kontrollierbar und vorhersehbar“ → Glaube an Ordnung, Logik und Kontrolle
Nach dem Trauma: „Die Welt ist unberechenbar, chaotisch“ → Verlust des Sinngefühls → Gefühl von Willkür und Ausgeliefertsein
Überzeugung, dass das eigene Selbst wertvoll ist / Annahme einer gerechten Welt
Vor dem Trauma: „Die Welt ist gerecht – Menschen bekommen, was sie verdienen“ „Ich bin ein guter Mensch, mir sollte so etwas nicht passieren“
Nach dem Trauma: → Gefühl: „Ich bin hilflos, ich habe das nicht verhindern können“ → Schuld, Scham, geringerer Selbstwert → Welt erscheint ungerecht, Vertrauen in Fairness verloren
Annahme, dass man anderen Menschen trauen kann
Vor dem Trauma: Vertrauen in andere, soziale Sicherheit
Nach dem Trauma: „Ich kann niemandem mehr trauen“ → Rückzug, Misstrauen, Bindungsprobleme → Angst vor Ausgeliefertsein in Beziehungen
Emotionsverarbeitungstheorie (Foa & Rothbaum 1998)
Grundannahme der Theorie
Nach einem Trauma wird ein Furchtnetzwerk im Gedächtnis gespeichert
Es verknüpft:
äußere Reize (Ort, Person, Geräusch …)
innere Reaktionen (Gefühle, Gedanken, Körperempfindungen)
Bewertungen über das Selbst („Ich bin hilflos“, „Ich bin schuld“)
Dieses Netzwerk wird durch Trigger aktiviert → Symptome (z. B. Flashbacks, Angst)
Pathologische vs. nicht-pathologische Verarbeitung
Nicht-pathologisch (rechte Seite der Grafik):
Erlebtes wird als zeitlich abgeschlossen erkannt
Emotionale & kognitive Verarbeitung findet statt
Die Erfahrung wird nicht verallgemeinert
z. B. „Dieser Mann war gefährlich“ (≠ „alle Männer sind gefährlich“)
Selbstbild bleibt weitgehend stabil
Pathologisch (linke Seite der Grafik):
Erlebtes wird nicht richtig verarbeitet
Einzelreize (z. B. „Glatze“, „Waffe“) werden generalisiert
Das Ich wird negativ umgedeutet („Ich bin inkompetent“, „Ich bin gefährlich“)
Symptome wie Vermeidung, Intrusionen, starke Angst bleiben bestehen
Warum wird ein Trauma manchmal nicht verarbeitet?
Das Trauma ist zu überwältigend, um integriert zu werden
Die Person vermeidet Erinnerungen & Trigger
Das Erlebnis wird nicht sprachlich/kognitiv verarbeitet, sondern bleibt auf emotionaler, sensorischer Ebene aktiv
Es kommt zu einer Verfestigung des Furchtnetzwerks
Ziel der Therapie
Ziel ist es, das Furchtnetzwerk gezielt zu aktivieren, damit neue Informationen ergänzt werden können:
„Ich habe es überlebt“
„Ich bin jetzt sicher“
Dies erfolgt durch:
Exposition (sich erinnern, konfrontieren)
Neubewertung des Selbst („Ich habe richtig reagiert“)
Ziel: Integration der Erinnerung ins autobiografische Gedächtnis → Reduktion der Symptome
Leitlinie PTBS Behandlung
Bevorzugte Psychotherapieformen
(hohe Empfehlungsgrade – KKP = „kann/könnte-klinisch-praktisch empfohlen werden“)
Trauma-fokussierte kognitive Verhaltenstherapie (KVT-TF) → z. B. Exposition in sensu/in vivo, kognitive Umstrukturierung, Imagery Rescripting Empfehlungsgrad A
EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) Empfehlungsgrad A
Narrative Expositionstherapie (NET) KKP – v. a. bei multiplen Traumata oder komplexer PTBS
Wichtige therapeutische Elemente:
Psychoedukation → zur Normalisierung & Verständnis der Symptome
Stabilisierung (bei Bedarf) → zur Affektregulation vor Konfrontation
Exposition (in sensu/in vivo) → kontrollierte Konfrontation mit Traumaerinnerungen
Kognitive Umstrukturierung → Veränderung dysfunktionaler Bewertungen (z. B. Schuld, Kontrollverlust)
Integration in Lebensgeschichte / Neubewertung
Was wird nicht empfohlen?
Psychodynamische Verfahren (ohne Trauma-Fokus) → nur bei mangelnder Verfügbarkeit anderer Verfahren oder auf Wunsch
Reine Stabilisierung ohne Exposition → nicht ausreichend bei PTBS
Medikamentöse Monotherapie → nicht erste Wahl, nur als Zusatz oder bei schwerer Komorbidität (z. B. Antidepressiva)
Besonderheiten:
Behandlung möglichst frühzeitig beginnen
Bei komplexer PTBS / komorbider Erkrankung: multimodale Behandlung + Phasenmodell
Bei akuter Suizidalität oder schwerer Dissoziation: zuerst Stabilisierung!
Diagnosekriterien F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung
A. Kurz oder langanhaltendes Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung ausgesetzt, dass bei nahezu jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde
B. Anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, wiederholende Träume oder innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stehen
C. Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stehen, werden tatsächlich oder möglichst vermieden. Dieses Verhalten bestand nicht vor dem Erlebnis
D. Entweder 1 oder 2:
1. Teilweise/vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern
2. Anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor der Belastung) mit 2 oder mehr der folgenden Merkmale:
a. Ein- und Durchschlafstörungen
b. Reizbarkeit/Wutausbrüche
c. Konzentrationsstörungen
d. Hypervigilanz
e. Erhöhte Schreckhaftigkeit
E. B,C,D treten innerhalb von 6 Monaten nach Bealstung auf oder nach der Belastungsperiode
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