Rechtliche Grundstrukturen des Unternehmenskaufs
Kein eigenständiges Unternehmenskaufrecht – BGB gilt
Zwei Vertragsmodelle:
Share Deal: Kauf von Gesellschaftsanteilen
Asset Deal: Kauf von Vermögensgegenständen & Schulden
Unterschiedliche Rechtsformen:
Kapitalgesellschaft: beide Modelle möglich
Personengesellschaft: rechtlich Share Deal, steuerlich Asset Deal
Einzelunternehmen: zwangsläufig Asset Deal
Auswirkungen unterscheiden sich für Käufer und Verkäufer:
steuerlich
haftungsrechtlich
vertragstechnisch
Haftung:
Share Deal: Käufer übernimmt alle Altlasten
Asset Deal: Käufer wählt, Verkäufer behält ggf. „leere Hülle“
Asset-Deal-Verträge sind komplexer wegen sachenrechtlicher Anforderungen
Steuerliche Unterschiede:
Verkäufer:
Asset Deal: voller Gewinn steuerpflichtig
Share Deal: Teileinkünfteverfahren / §8b KStG
Käufer:
Asset Deal: Kaufpreis abschreibbar
Share Deal: kein Abschreibungspotenzial
Arbeitsrecht – Share Deal
Beim Share Deal werden Anteile am Unternehmen verkauft, die Rechtspersönlichkeit des Unternehmens bleibt unverändert.
Arbeitsrechtliche Folge:
Arbeitsverhältnisse bleiben unverändert bestehen.
Kein Betriebsübergang nach § 613a BGB, da der Arbeitgeber formal derselbe bleibt.
Alle Rechte und Pflichten aus Arbeitsverträgen bleiben erhalten.
💡 Beispiel Eine GmbH wird durch Verkauf von 100 % der Anteile an einen Investor übertragen. Die GmbH als Arbeitgeber bleibt bestehen → alle Arbeitsverträge laufen unverändert weiter.
Zusammenhang
Arbeitsrechtlich ist der Share Deal meist unkomplizierter, da kein Arbeitgeberwechsel stattfindet.
Arbeitsrecht – Asset Deal
Beim Asset Deal werden einzelne Vermögensgegenstände und Verträge übertragen, nicht die Gesellschaft selbst.
In der Regel liegt ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vor.
Arbeitsverhältnisse gehen automatisch auf den Erwerber über.
Arbeitnehmer müssen informiert werden und haben ein Widerspruchsrecht.
💡 Beispiel Ein Krankenhaus verkauft seine gesamte Chirurgie-Abteilung (inkl. Personal und Geräte) an einen anderen Betreiber. Die Arbeitsverträge der betroffenen Mitarbeiter gehen automatisch auf den Käufer über.
Asset Deals sind arbeitsrechtlich oft komplexer, da Informationspflichten, Fristen und Widerspruchsrechte zu beachten sind.
Wettbewerbsrecht
Wettbewerbsrechtliche Vorschriften (insbesondere Kartellrecht) sollen sicherstellen, dass M&A-Transaktionen nicht zu einer unzumutbaren Marktbeherrschung führen.
Inhalte:
Anmeldepflichten bei nationalen und EU-Kartellbehörden (z. B. Bundeskartellamt, Europäische Kommission)
Prüfung der Marktanteile und Wettbewerbsverhältnisse
Untersagung oder Genehmigung unter Auflagen möglich
💡 Beispiel Zwei große Lebensmittelhändler wollen fusionieren. Das Bundeskartellamt prüft, ob dadurch in bestimmten Regionen ein Quasi-Monopol entstehen würde. → Genehmigung nur unter Bedingung, dass Filialen verkauft werden.
Wettbewerbsrechtliche Prüfungen können Zeitplan und Struktur einer Transaktion stark beeinflussen.
Frühzeitige Einbindung von Kartellrechtsexperten verhindert Verzögerungen oder Blockaden.
Wettbewerbsrecht – Prüfungsparameter
Kartellbehörden prüfen M&A-Transaktionen nach festgelegten Parametern, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden (sachlich oder räumlich).
Typische Prüfungsparameter:
Marktanteile der beteiligten Unternehmen
Marktabgrenzung (relevanter Produkt- und geografischer Markt)
Marktzutrittsschranken für neue Wettbewerber
Konzentrationsgrad des Marktes
Potenzieller Einfluss auf Preise, Qualität, Innovation
Ergebnis kann sein: Genehmigung, Genehmigung mit Auflagen, Untersagung.
💡 Beispiel Zwei Telekommunikationsanbieter wollen fusionieren → Behörde prüft, ob die Kundenpreise steigen könnten und ob der Wettbewerb durch hohe Investitionskosten für neue Anbieter behindert wird.
Wertpapierrecht
Regelt öffentliche Übernahmen und Beteiligungserwerbe bei börsennotierten Unternehmen in Deutschland (v. a. WpÜG).
Ziel: Transparenz, Gleichbehandlung aller Aktionäre und faire Abläufe.
Gleichbehandlung & Transparenz
Alle Aktionäre müssen gleich behandelt werden (kein Vorteil für einzelne).
Erwerbsvorgänge und Übernahmeabsichten müssen offengelegt werden.
Veröffentlichungspflichten bei Anteilsüberschreitungen
Meldung an BaFin und Börse bei Überschreiten bestimmter Beteiligungsschwellen (3 %, 5 %, 10 %, …).
Veröffentlichungspflicht innerhalb weniger Handelstage.
Vorschriften für Pflicht-/Übernahmeangebote
Pflichtangebot bei Überschreiten von 30 % der Stimmrechte.
Freiwillige Übernahmeangebote möglich, müssen aber den Regeln des WpÜG entsprechen.
Gegenleistungsregeln & Verhalten der Unternehmensorgane
Angebotspreis darf nicht unter dem höchsten Preis liegen, den der Bieter in den letzten 6 Monaten gezahlt hat.
Vorstand und Aufsichtsrat müssen eine begründete Stellungnahme zum Angebot abgeben.
Squeeze-Out möglich
Bei 95 % (teilweise 90 % bei bestimmten Verfahren) kann der Hauptaktionär Minderheitsaktionäre gegen Barabfindung ausschließen.
💡 Beispiel Ein Investor erwirbt 32 % einer börsennotierten AG:
Innerhalb von 7 Handelstagen Meldung an BaFin & Veröffentlichung.
Pflichtangebot an alle übrigen Aktionäre zum Mindestpreis.
Nach Erwerb von 95 % führt er einen Squeeze-Out durch, um alleiniger Eigentümer zu werden
Steuerrecht – Überblick
Steuerliche Begleitung durch Berater üblich
Relevante Themen:
Unterschiede Asset vs. Share Deal
Verlustvorträge (Einschränkungen)
Zinsschranke bei Fremdfinanzierung
Umgang mit Steuerrisiken der Vergangenheit (vertraglich regeln)
Steuerrecht – Grunderwerbssteuer
Grunderwerbsteuer (GrESt) fällt an, wenn Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte den Eigentümer wechseln.
Relevanz im M&A:
Asset Deal: Übertragung von Immobilien → GrESt wird fällig.
Share Deal: GrESt kann fällig werden, wenn mind. 90 % (bis 2019: 95 %) der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft auf einen Erwerber übergehen.
Gestaltungen mit „Share Deals unter 90 %“ werden oft genutzt, um GrESt zu vermeiden – Behörden prüfen das streng.
Kapitalgesellschaften: >90 % Anteilsübertragung → steuerpflichtig
Personengesellschaften: >90 % Anteil innerhalb 10 Jahren
Steuer entsteht mit Vertragsunterzeichnung, nicht „Closing“
Gestaltung vor Vertragsunterzeichnung erforderlich
Kaufpreisgestaltung – Zahlungsoptionen
Barzahlung:
Zahlung Zug um Zug beim Closing
Einbehalte/Avale zur Absicherung
(Teil-)Zahlung in Aktien:
Besonders bei börsennotierten Käufern
Interessenharmonisierung
Beteiligung am Risiko des Käufers durch Verkäufer
(Teil-)Earn-Out-Zahlung:
Zukunftsabhängige Zahlungen (z. B. Anteil am Gewinn)
Vorteile: Konfliktlösung bei Bewertungsunterschieden
Nachteile: Risiko für Verkäufer, Moral Hazard, komplexe Verträge
Oft eingesetzt bei Übergangsregelungen mit GF-Beteiligung
Finanzierung – Grundlagen
Finanzierung von M&A-Transaktionen erfordert eine Mischung aus Eigenkapital, Fremdkapital und ggf. hybriden Instrumenten.
Wichtige Faktoren:
Höhe des Kaufpreises
Finanzierungsfähigkeit des Käufers
Risikoprofil der Transaktion
Sicherheiten & Cashflows des Zielunternehmens
💡 Beispiel Ein Mittelständler finanziert den Kauf eines Konkurrenten zu 40 % mit Eigenkapital und zu 60 % mit Bankdarlehen.
Unterschiede zwischen strategischen Investoren & Finanzinvestoren:
Finanzinvestoren nutzen oft mehr Fremdkapital (LBO)
Strategen mobilisieren Eigenmittel und streben stabile EK-Quoten an
Finanzierung – Buy-out-Varianten
Buy-outs sind Unternehmensübernahmen, bei denen die Finanzierung häufig stark fremdfinanziert wird.
Fokus liegt auf der Übernahme durch bestehendes oder neues Management bzw. Mitarbeiter.
MBO – Management Buy-out
Übernahme durch bestehendes Managementteam.
Häufig bei Unternehmensnachfolge im Mittelstand. 💡 Beispiel: Geschäftsführer einer Familien-GmbH kauft mit Unterstützung einer Bank die Anteile des ausscheidenden Eigentümers.
MBI – Management Buy-in
Übernahme durch externes Management, das nicht vorher im Unternehmen tätig war. 💡 Beispiel: Ein erfahrener Branchenmanager erwirbt ein Produktionsunternehmen, um es selbst zu führen.
BIMBO – Buy-in Management Buy-out
Kombination aus MBO und MBI: Teile des bestehenden Managements übernehmen zusammen mit externen Managern. 💡 Beispiel: Zwei interne Geschäftsführer und ein externer CEO kaufen gemeinsam ein Unternehmen.
EBO – Employee Buy-out
Übernahme durch Mitarbeiter (nicht nur Management). 💡 Beispiel: Mitarbeiter einer insolvenzgefährdeten Druckerei kaufen den Betrieb, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.
Finanzierungsarten
Eigenmittel: dauerhaft zur Verfügung gestellt
Fremdkapital: verzinst, rückzahlbar (Banken, Anleihen etc.)
Hybridfinanzierung: z. B. Nachrangdarlehen, stille Beteiligung, Genussscheine
Fördermittel: KfW & Länderprogramme für Akquisitionen
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