Platons Gattungstheorie
Einleitung:
Die Frage betrifft die Unterscheidung und Einteilung der Dichterzeugnisse nach ihrem Gattungsbegriff.
Erste Überlegungen dazu stammen von Platon in seiner Politeia (um 390-370 v.Chr.).
Platon’s Unterscheidung der Dichter:
Dichter sprechen entweder als sie selbst (diégesis), lassen andere sprechen (mímesis) oder mischen beides.
Drei Arten von Dichtungen (laut Platon):
Dithyrambos: Dichter sprechen als sie selbst (erzählen).
Drama: Dichter lassen andere sprechen (nachahmende Darstellung, z.B. Tragödie und Komödie).
Epos: Mischung aus beiden (z.B. Ilias von Homer – teilweise Erzählung, teilweise Dialoge der Figuren).
Bedeutung der Unterscheidung:
Diese Unterscheidung zwischen Erzählen und Nachahmung (tell vs. show) ist heute noch wichtig in der Erzähltheorie.
Sie beschreibt Verfahrensweisen innerhalb der Erzählkunst und ist weniger eine Grundlage für Gattungsdefinitionen.
Missverständnis der modernen Gattungstrias:
Die Trennung von Lyrik, Drama und Epos basiert nicht direkt auf Platons Klassifikation.
Dithyrambos ist ebenfalls eine erzählende Dichtung, nicht nur eine hymnische Chorlyrik.
Lyrik als Gattung gibt es bei Platon nicht – er ordnet diese dem Gesang zu.
Historische und moderne Perspektive:
Das moderne Verständnis von Lyrik ist oft auf gesungene Gedichte oder Songtexte ausgerichtet.
Platons Einteilung betrifft nur erzählerische Gattungen.
Schlussfolgerung:
Gattungstrias Lyrik/Epik/Dramatik ist keine selbstverständliche Einteilung, sondern historisch gewachsen.
Andere Künste und Medien beeinflussen die Bestimmung von Gattungen.
Aristoteles
Platon's Kriterium: Ein systematisches Kriterium, das jedoch auf einem anderen Dichtungsbegriff beruht als unser heutiger.
Das Redekriterium wurde von Platon eingeführt, wird aber erst durch die Poetik des Aristoteles wirkmächtig.
Aristoteles definierte in seiner Poetik das Redekriterium weiter und schuf die erste große Gattungstheorie.
Aristoteles unterscheidet Dichtungen anhand dreier Kriterien:
Mittel der Nachahmung 🎭
Gegenstände der Nachahmung 👥
Modus der Nachahmung 🎤
Nachahmung kann mit verschiedenen Mitteln erfolgen, ähnlich wie ein Maler Farben verwendet:
Rhythmus 🥁
Sprache 🗣️
Melodie 🎶
Beispiel: Flöten- und Zitherspiel nutzen Melodie und Rhythmus, während die Tanzkunst nur Rhythmusverwendet.
Aristoteles erklärt, dass die nachgeahmten Gegenstände immer „handelnde Menschen“ sind. Diese können:
Idealisiert (besser dargestellt) ✨
Realistisch (möglichst ähnlich) 🤔
Karikiert (schlechter dargestellt) 🤡
Diese Unterscheidung gilt nicht nur für Dichtkunst, sondern auch für Malerei und andere Künste.
Aristoteles definiert drei mögliche Arten der Nachahmung:
Berichten (z. B. Homer als Erzähler) 📖
Erzählen in der Rolle eines anderen 🎭
Szenische Darstellung (alle Figuren sind handelnd) 🎬
Bei der Nachahmung durch Berichten kann der Erzähler:
Entweder in der Rolle eines anderen sprechen
Oder als er selbst berichten, wie im Dithyrambos (Lyrik).
Im Unterschied zu Platon reduziert Aristoteles die drei ursprünglichen Fälle auf zwei:
Drama: Figuren treten als handelnde Personen auf 🎭
Berichten/Erzählen: Erzählende Darstellungen durch den Dichter 📚
Lyrisches Sprechen wird bei Aristoteles nicht berücksichtigt – es gibt keine Theorie des lyrischen Sprechens 🎤❌.
Aristoteles’ Poetik führt eine spezifische Differenzierung von Nachahmung ein, die heute noch relevant ist für Literaturtheorie.
Wichtige Kategorien: Nachahmung durch Mittel, Gegenstände und Modus.
Die Gattungsbezeichnung für Werke, die nur Sprache verwenden, wie z. B. die Sokratischen Dialoge, wird von Aristoteles als zu unklar angesehen.
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